Headbangers Open Air

Brande-Hörnerkirchen, 24.-26.07.2014

HOA flyer 2014Gibt es Kuttenträger im Heavy Metal, die bei den Schlagworten "Hörnerkirchen" und "Gartenparty" nicht an das Headbangers Open Air denken? Wohl kaum. Längst nicht mehr nur für Insider und eine gewisse gemütliche Größe nicht überschreitend, werden jedes Jahr coole Bands eingeladen, oft welche, die man grad gar nicht auf der Uhr hat oder schon aus der Versenkung kommen. Und dieses Jahr sprachen schon Namen wie Warlord, Grand Magus und Riot für sich. Bereits im Vorfeld wurde angekündigt, dass Poltergeist und Hellbringer die absagenden Hatriot und Paradox ersetzten, sowie Anvil für Death Angel auftraten. Und wie gewohnt fand die Warm-Up Show in der Lauschbar des nahegelegenen Itzehoe mit Ruler, Deathrider, Condition Critical und Salem statt. Das Festival selbst startete am Donnerstag, und das bei bestem Wetter und diesmal ziemlich weiblich....

 

Donnerstag, 24.07.2014: Lizzies, Deathriders, Cage, Oliver / Dawson Saxon, Warlord.

lizziesWeil der erste Headliner noch vor Einlass länger Soundcheck machte, verzögerte sich der Beginn des Festivalopeners, der die Spielzeit aber nicht gekürzt bekam. Es weiß wer auf dem diesjährigen Muskelrock Festival zu Gast war, wer die Lizzies sind, nämlich geballte Frauenpower aus Spanien. Warum die meisten all-female Bands eher nach AC/DC als nach Iron Maiden klingen, muss jetzt nicht das Thema sein, zumal hier reichlich Achtziger-Attitüde und überdurchschnittliches Liedgut geliefert wurde. Bei diesen Damen lebten auch optisch die Achtziger auf, bei Shouterin Elena zum Beispiel mit einer Frisur wie Pat Benatar aus der Zeit. Elena, nicht auf dem Mund gefallen und mit viel Selbstbewusstsein ausgestattet, dirigierte die ersten Spektatoren, und auch im Fotograben wurde es schon sehr voll. Komplett in weiß-schwarzen Adidastretern gekleidet, mischten sie ein paar neue Tracks mit in die Setlist, die aus Songs wie "One Night Woman", "Spirit On The Road" und auch dem epischeren "Mirror Maze" bestand. Bei der jungen Patricia an der Flying V musste man nicht das Feeling eines Michael Schenker erwarten, aber das Ufo-Cover "Doctor Doctor" hinterließ einen sehr positiven Eindruck in der Menge, womit die Lizzies ein cooler Opener waren, die mit der Zugabe "Heavy Metal Warriors" eine gediegenen Mitsingpart anstifteten. (Joxe Schaefer).

 

deathridersDeathriders traten schon zum zweiten Mal hier auf dem Festival an, bei deren Namen schon der Achtziger Metaller hellhörig wird. Was macht der Ex-Shouter einer bekannten Thrashband? Ja genau, er gründet eine eigene Band, nennt sie wie ein bekanntes Stück der Scheibe und spielt die Songs aus der Zeit. Im Falle von Neil Turbin, seines Zeichens die Stimme von "Fistful Of Metal", trifft das genau zu. Die Songs des ersten Anthrax Albums sind auch zu gut, um sie ungespielt zu lassen. Mit einer tighten Band im Rücken, alle Members kamen mit Referenzen wie Vengeance, Picture oder Praying Mantis, um nur ein paar H:O:A-relevante zu nennen, war ein hohes Niveau garantiert. Sie gaben alles, besonders den Gitarren lagen Tempo in den Genen, und auch Neil war klasse bei Stimme. Der sang alles perfekt, auch knifflige Höhen. Letztenendes muss die Sängerfrage bei Anthrax an dieser Stelle bestimmt nicht neu diskutiert werden. Aber sollte Neil Turbin damals tatsächlich bei Anthrax ausgeschieden sein, weil man mit seinen Höhen nicht zufrieden war, kann man das Thema im Jahre 2014 definitiv ad acta legen. Denn die waren sehr kräftig, wie auch seine gesamte Gesangsleistung in die Schublade 'sehr imposant' gehört. (Joxe Schaefer).

 

cageBei Cage aus San Diego traf auch der Fall ein, grad auf dem europäischen Kontinent unterwegs zu sein, dass der Besucher mehrerer Festivals diese Band öfters zu sehen bekam. Das Opening Doppel "Hell Destroyer" und Planet Crusher" hatte es schon in sich, und der Shouter im Ledermantel, Mr. Sean Peck, suchte ständig auch den Kontakt zu den Fotografen im Fotograben, gleich mit Posen und direkten Blicken in die Linse. Bei dem Speedspektakel dieser ziemlich neuen Mannschaft um Herrn Peck, wurde es mal wieder eng im Graben, als würde Rob Halford persönlich auf der Bühne stehen. Sean fragte "Are You Ready For The War?", bevor "War Of The Undead" folgte, und sprach auch Glückwünsche aus, dass Germany Fußballweltmeister wurde. Weitere Klassiker wie "Metal Devil folgten, und wir wollen mal sehen, ob Mr. Peck nächstes Jahr hier mit seinen Death Dealer auch halt macht... . (Joxe Schaefer).

 

oliver / dawson saxonWas ist eigentlich aus den Herren Graham Oliver und Steve Dawson geworden? Sie waren Anfang der Achtziger viel umjubelte Ikonen in der Szene, posierten sie mit Saxon damals auf vielen Bildern und Postern der Jugend- und Musikpresse. Und was machen sie nun? Sie gründen eine eigene Band, übrigens mit ex-Saracen Gitarrist Haydn Conway und Graham's Sohn am Schlagzeug, und spielen die Stücke von damals. Irgendwie hatten wir das doch heute schon, im ähnlichen Fall von Neil Turbin. Nur diesmal nennt man sich konkret Oliver / Dawson Saxon, und hat auch einen eigenen Song dabei. Doch die Liste ihres Hitfeuerwerks las sich natürlich wie ein Best-Of-Programm von Saxon selbst: "Rock 'n' Roll Gypsies", "Strong Arm Of The Law", "Denim And Leather", "Crusader", "747 (Strangers In The Night)" aus welchem man etwas von Motörheads "Eat The Rich" heraus gehört haben wollte, "Dallas 1 PM", "Motorcycle Man", "Wheels Of Steel" sowie das eigene "Whippin' Boy" von ihrem 2012er Album "Motorbiker". Die Songs entbehrten jeglicher Kritik, für viele waren sie sogar ein Grund für Freudentänze. (Joxe Schaefer).

 

warlordZum dritten Mal überhaupt, nach Wacken 2002 und Keep It True 2013, gaben sich Warlord in Deutschland die Ehre. Wieder einmal drehte sich das Besetzungskarussell an vier Positionen im Vergleich zum Vorjahr. Lediglich Gitarrist und Chef Bill W. Tsamis und Schlagzeuger Mark Zonder sind noch von früher dabei. Aber solange alles gut klappt, soll es mich nicht stören. Tat es auch nicht, denn die neue Truppe war nach den vier Dates in Griechenland und dem Auftritt auf dem Bang Your Head in der Woche zuvor super eingespielt. Es gab eine gute Mischung aus alten Klassikern und neuen Songs zu hören. Der Opener ”Lucifer´s Hammer” war schon mal amtlich, aber es ging gut weiter: Mit “Mrs. Victoria” gab es eine kleine Überraschung im direkten Anschluss. Auch “Battle Of The Living Dead”, das Bill Tsamis ursprünglich mit seiner Ex-Band Lordian Guard veröffentlicht hatte, fügte sich ebenfalls nahtlos ein. Auch auf Klassiker wie “Winter Tears”, “Black Mass”, “War In Heaven” (ebenfalls von Lordian Guard), “Aliens”, “Lost And Lonely Days”, oder natürlich “Child Of The Damned” sorgten für tolle Stimmung im Publikum. Zwar war der Sound nicht immer optimal und manchmal zog sich das Set auch, vor allem bei den überlangen neuen Songs, aber unterm Strich haben Warlord einen tollen Auftritt hingelegt und waren ein würdiger Headliner am Donnerstag. (Daniel Müller).

 

Freitag, 25.07.2014: Hellbringer, Wizard, Evil Invaders, Turbo, Poltergeist, Xentrix, Diamond Head, Anvil, Death SS.

hellbringerDie Freude war groß, als die Australier von Hellbringer angekündigt wurden. Nachdem der Dreier um die beiden Bennett Brüder "Dominion Of Darkness" veröffentlichte, interviewten wir von CROSSFIRE die Höllenbringer und hofften, sie in unseren Breiten einmal live sehen zu können. Zwei Jahre später war es dann endlich so weit, den knarzigen Bass von Shouter Luke livehaftig vor dem Latz zu kriegen. Zusammen mit der Linkshändergitarre von James Lewis wurde "Deceiver's Chamber" mit coolem Doppelhalsgepose präsentiert, während "The Necromancer" wie Motörheads "Overkill" startete. Doch für viele stand bis hierhin schon fest, im Anschluss den Merchandisestand zu plündern. Immerhin gab es dort zwei verschiedene Shirts und vier Patches. Schon nach "Horror From The Grave" gabs ordentliche Hellbringer-Chöre, daher gut, dass sie diesen Track auch auf hübscher Vinylsingle mitgebracht hatten, die hier auch zum Verkauf angeboten wurde. "Dominions Of Darkness", auf welches das Publikum wiederum gut mitging, gabs danach ein Cover von Possessed auf die Ohren, und später noch passend "Black Magic" von Slayer, aber nicht ohne vorher noch das furiose "Screaming From The Catacombs" zu zünden. Hellbringer waren eine der deftigsten Bands des Festivals, und lieferten einen fetten Gig. Großes Lob an sie mit ihrem Thtrashbrett gesunder Härte, und auf dass wir in Zukunft mehr von ihnen haben werden! (Joxe Schaefer).

 

wizardEs gibt nicht viele klassische Metalbands, die in den Neunzigern groß wurden. Wizard aus Bocholt gibt es jetzt schon seit 1989, und sie haben ohne Break nun schon zehn reguläre Alben am Start, sehr zum Trotz der mageren Neunziger. Das zeugt doch von Qualität und Beständigkeit. So will man sein 25. Jubiläum zu Hause in der Heimatstadt feiern. "Willkommen zum Headbangers Frühschoppen" schallte es über den Platz, vielmehr dem Hof der Tegelhütte, zu Beginn ihres true Programms. Natürlich ist bei Wizard nichts klischeefrei, doch konnten sie aber ihre Songs überzeugend rüberbringen. Das geforderte "Sign Of The Wizard" sogar ad hoc, welches nicht auf der Playlist stand. Die ersten Reihen fraßen ihnen aus der Hand, das sah noch vor einem Jahr im Vorprogramm von Grave Digger nicht ganz so einfach aus, aber Wizard wissen sehr wohl, wie Heavy Metal geht. (Joxe Schaefer).

 

evil invadersGanz klarer Fall von Reineisen auch bei Evil Invaders aus Belgien. Nachdem sie leider terminbedingt beim diesjährigen Bäääm-Festival abspringen mussten, war es also eine besondere Freude, sie hier auf dem Headbangers Open Air wirbeln sehen zu können. Von Tempo war nicht nur ihre Musik bestimmt, sondern auch ihr Acting. Keiner der drei Fronter blieb lange auf einer Bühnenseite, sondern es gab ständig mitreißende Action und Beschleunigungsmetal, in dem auch nach Breaks immer wieder Gas gegeben wurde. Fast schon zu viel Geschwindigkeit, um sich bei den heißen Temperaturen wegzuschütteln. Cool auch für das Auge, dass Bass und die linke Gitarre den gleichen Korpus hatten. Wie die Faust aufs Auge passte das Cover von Exciter "Violence And Force" zur Band, und nach "Victim Of Sacrifice" folgte eine riesige Rückkopplung, aus der "Evil Invaders" entstand. Ein sehr geiler Gig, von dem man nicht genug kriegen konnte. Erwartungsgemäß eines der Festivalhighlights. (Joxe Schaefer).

 

turboIch weiß gar nicht, ob Turbo schon zu Noise Records-Zeiten einmal in Deutschland gespielt haben. Aber 34 Jahre nach der Gründung hatten sie im Vorfeld eine Setlist aus vielen alten Klassikern angekündigt. Und die gab es auch! Zwar gab es auch mit zwei neuen Songs vom aktuellen Album “The Fifth Element" in englischer Sprache, aber man konzentrierte sich auf die alten Sachen, die sie Mitte der Achtziger gemacht hatten. Es gab jeweils drei Songs von “Kawaleria Szatana” (1986) und “Ostatni Wojownik” (1987) und sogar einen von “Dorosle Dzieci” (1982). Auch wenn manche Songs mit englischen Titeln angesagt wurden (wie “The Last Warrior”), wurden sie auf Polnisch (“Ostani Wojownik”) gesungen. Von früher sind nur noch Gitarrist Wojciech Hoffmann und Bassist Bogusz Rutkiewicz mit an Bord, aber die aktuelle Besetzung war technisch versiert, tight und knallte wie Arsch. Trotz der thrashigen Brutalität war die Mucke dennoch immer melodisch und der neue Frontmann Tomasz Struszczyk selbst in hohen Tonlagen sehr gut bei Stimme. Für Viele waren Turbo mit eines der Highlights des Festivals. (Daniel Müller).

 

poltergeistPoltergeist aus der Schweiz waren eine der Überraschungen des Festivals. Von früher waren immerhin noch drei Leute, nämlich Ex-Destruction-Sänger André Grieder (auf dem “Cracked Brain”-Album), Gitarrist V.O. Pulver, der auch bei Gurd aktiv ist, und Bassist Marek Felis mit an Bord. Es gab einen bunten Mix aller drei erschienenen Alben “Depression” (1989), “Behind My Mask” (1991) und “Nothing Lasts Forever” (1993). Alle Songs wurden mit Spielfreude und Präzision runtergehobelt. Die Band kam gut im Publikum an. Ob das aber nun eine Eintagsfliege war, oder tatsächlich bald ein neues Album folgt, entzieht sich meiner Kenntnis... . (Daniel Müller).

 

xentrixAus Preston im Vereinigten Königreich reisten die Thrasher von Xentríx an. Die Band wurde gegen Ende der Achtziger vor allem dadurch bekannt, ihren vertrashten Titeltrack des Soundtracks vom Motion Picture „Ghostbusters“ auf MTV in der Rotation gehabt zu haben. Die Coveridee war ja ganz cool, nur in der Jetztzeit polarisiert das Stück ganz schön. Aber die originalen Mannen aus Lancashire mit Neubasser Chris zeigten sehr deutlich, dass man sie nicht nur auf einen Song reduzieren musste, denn ihr vorgetragenes Material aus der Zeit der Alben „Shattered Existance“ und „Kin“, ihr letztes Album „Scourge“ erschien 1996, konnte hier und heute in Brande absolut überzeugen. Sie waren vor 21 Jahren zuletzt in Germany, und genau so lange war es her, dass neues Material geschrieben wurde. Jetzt aber wurde doch ein neues Stück vorgetragen, nämlich „World Of Mouth“, ein straighter Uptemposong, der ordentlich Applaus verursachte. Das geliebt und gehasste „Ghostbusters“ nur angespielt, ging mit Circle Pit weiter in den nächsten Song. Xentrix haben alles richtig gemacht, und man darf auf ein neues Album gespannt sein. (Joxe Schaefer).

 

diamond headDiamond Head waren wohl die größte Enttäuschung des Festivals. Wirklich schlecht fand ich sie zwar nicht, aber ich weiß von vielen, dass sie das komplett anders sahen. Das lag vor allem an der Setlist. Denn es gab viele neue Songs, die modern und grungig waren. Mit einem solchen als Opener anzufangen, war gewagt und glückte nicht. Zwar gab es auch einige Überraschungen wie “To Heaven From Hell” oder “In The Heat Of The Night” und viele Klassiker wie “Lightning To The Nations”, “Sucking My Love”, “Shoot Out The Lights”, “It´s Electric”, “The Prince” und natürlich “Am I Evil?”, aber eben auch zu viele Lückenfüller, die sich nicht gut in die Setlist einfügten. Schade... . (Daniel Müller).

 

anvilAnvil haben, glaube ich, noch nie ein schlechtes Konzert gespielt, und das war auch heute so. Mit viel Spielfreude und Enthusiasmus hauten sie einen Klassiker nach dem anderen raus und überzeugten auf ganzer Linie. Es gab eine coole Mischung aus alten und neuen Songs. Am besten kamen natürlich die alten Sachen an, allen voran das endlos lange “Mothra” inklusive Dildosolo, “Metal On Metal” oder “Forged In Fire”. Auch die üblichen Geschichten über Lips´ Treffen mit Ronnie James Dio in einem Hotel, dem Schlagzeug-Casting von Cozy Powell bei Rainbow und eine Anspielung auf Black Sabbath (“How can they call their album “13”? “This Is 13!”), aber das kennt man ja schon. Die Kanadier waren auf jeden Fall einer der Höhepunkte des Abends! (Daniel Müller).

 

death ssDeath SS waren schon zum zweiten Mal auf dem H:O:A. Ganz so lange wie 2008 war die Wartezeit dieses Mal nicht. Auch die Bühne war nicht so sehr mit Grabsteinen und umgedrehten Kreuzen verziert wie sonst. Der Einstieg blieb aber gleich. Nach dem Intro “Ave Satani” legten sie furios mit “Peace Of Mind” vom 1991er Album “Heavy Demons” los. Nach “Horrible Eyes” folgte erstmals ein Song vom neuen Album, nämlich “The Crimson Shrine”, wo zuvor aufgrund einer technischen Panne das Intro ausgefallen war. “Where Have You Gone”, wieder von “Heavy Demons”, überraschte mit hohem Speed. Bei “Baron Samedi” gab es von Sänger Steve Sylvester Weihrauch ins Publikum, bevor es mit der Single “The Darkest Night” wieder einen neuen Song gab. Einmal fiel noch das Mikrofon aus, so dass ein Refrain nur Instrumental gespielt wurde und Steve Sylvester für zwei Minuten hinter der Bühne verschwand. Ansonsten gab es, neben der Musik, auch viel zu sehen. Eine Performerin rannte immer mal halbnackt, später dann auch splitterfasernackt über die Bühne, eine Nonne wurde entblößt, aus einem okkulten Buch eine Rede gehalten, ein Strohkreuz angezündet und reihenweise Pyros verballert. Zum Schluss gab es wie immer “Panic” und “Heavy Demons”, bevor man schließlich in seine Zelte und Autos entlassen wurde. Die Band, die dieses Mal nur mit einem Gitarristen anreiste, meisterte diese Situation souverän. (Daniel Müller).

 

Samstag, 26.07.2014: Soldier, Coldsteel, ADX, Tygers Of Pan Tang, Violent Force, Trauma, Whiplash, Grand Magus, Riot.

soldierEine weitere Legende der NWoBHM eröffnete den dritten und letzten Festivaltag. Und wie bei allen Bands dieser Bewegung, ist pfundiges Riffpotential vorgegeben. Der Fünfer von Soldier setzte mit sehr viel Action, die vornehmlich vom Gitarrist Miles Goodman kam, noch eine weitere Schüppe drauf, dass der Auftritt deutlich von einem hohen Spaßfaktor geprägt war. Da flogen Haare und es wurde die Flying V in alle möglichen Positionen gedreht. Letztes verbliebendes Urmitglied war aber Gitarrist Ian Dick. Auf die Ohren drückte so treibendes Zeug wie „Storm Of Steel“, oder „Man From Berlin“, letzteres war ein älter Song für das nächste Album, das hopefully next Year erscheinen soll. Shouter Richard Frost forderte das Publikum mit einfachen Ansagen, und bekam Soldier-Rufe zur Antwort. Weiter im Programm wurde noch das Titelstück der letzten Scheibe „Dogs Of War“ gezockt, wie natürlich zum Abschluss der Bandhit „Sheralee“. (Joxe Schaefer).

 

coldsteelDie Metaller von Coldsteel um Shouter Troy Norr aus Long Island gibt es schon sehr lange, seit Mitte der Achtziger nämlich. Auf Wunsch trat das Quintett ohne Nebel auf, und spulte sein thrashiges Tempoprogramm ab. Nun hier alle Bands aufzuzählen, die für die gewonnene Fußballweltmeisterschaft gratulierten, wäre etwas zu viel des Guten. Doch bei Coldsteel machte es Sinn, weil Troy aus diesem Grund drei Plastikfußbälle ins Publikum warf, die noch bis nach Beendigung des Gigs über die Köpfe der Zuschauer flogen. Troy selbst trat bei den hohen Temperaturen mit Wollmütze an, und sorgte für etwas Verwirrung, indem er für die Aftershow Party am Sonntag in Hamburg warb, wo Coldsteel auch antreten sollten. Allerdings auch eine Band namens Cemetery, die wenn es richtig verstanden wurde, aus vier der Members von Coldsteel bestanden. Man wolle darauf einen Vorgeschmack geben, und spiele nun zwei Songs von ihnen, Troy verließ die Bühne und rechter Gitarrist übernahm die Vocals, stellte sich mit den verbliebenen Drei als Cemetery aus New York vor und stimmte „Shellshock“ an. Man zockte so zwei Songs als Cemetery, dann wieder einen als Coldsteel mit Troy, und abschließend noch einen als Cemetery wieder ohne Troy. Alles klar?!? (Joxe Schaefer).

adx

Bloß eine weitere fossile Ausgrabung waren die Franzosen von ADX ganz sicher nicht. Die Pariser gibt es schon seit 1982, und damit sind sie eine der dienstältesten Speedmetal Bands überhaupt, und sie gaben auch heute noch ziemlich Gas, gleich mit dem Opener ihres aktuellen Albums "Ultimatum" beginnend. Das nicht nur auf der Gartenbühne, sondern auch an der Veröffentlichungsfront. Immerhin warfen sie vier reguläre Alben in den letzten sechs Jahren auf den Markt, dass Szenegurus sie diesen Sommer auch schon in Belgien live gesehen haben, und begeistert waren. Denn tightes Zusammenspiel und definitiv unstatische Action gepaart mit einem Sänger, der top bei Stimme war, machten schon richtig Spaß, wenn auch "King Of Pain" einziger Song in englischer Sprache war. Da ging der Weg nach dem Auftritt direkt zum Merchandise, wo sie drei verschiedene Shirts im Angebot hatten. ADX waren eine der Überraschungen auf dem diesjährigen Headbangers. (Joxe Schaefer).

 

 

tygers of pan tangDie nächste Legende der New Wave Of British Heavy Metal ging auf die Bretter. Die Tygers Of Pan Tang stiegen mit "Keeping Me Alive" vom aktuellen Album "Ambush" in ihren Set ein und zeigten damit galant, sich nicht nur auf die alte Zeit verlassen zu wollen, sondern dass sie auch im Jetzt der Metalwelt ein Wörtchen mitzureden haben. Auch die Fans sahen das so, denn es war nicht einfach bloß sehr voll vor der Bühne, sondern es flogen die Fetzen. Dann ging es aber schnell mit "Love Don't Stay" und "Gangland" und "Don't Stop By" in die Frühachtziger, aber für Songs mit dreiunddreißig Jahren Altersunterschied doch sehr nahtlos. Nicht ganz ohne Hilfe von Jacopo Meille, der sich für die alten Songs der Originalstimme von Alan Deverill annahm, sowie bei "Euthanasia", "Suzie Smiled" und "Dont Touch Me There" der von Jess Cox. Sonst lief hier viel über Urmember und Gitarrist Robb Weir, der auch durch sein schrilles Outfit in Form eines Flammenhemdes und gelber Augenverglasung auffiel. Gute News für alle, die sie verpasst haben, denn im November 2014 kommen sie noch einmal zu uns auf Tour. (Joxe Schaefer).

 

violent forceViolent Force gibt es heuer in zwei Varianten: Einmal die Band ohne den Original-Sänger und einmal mit ihm. Hier auf dem Festival gab es die zweite Variante, denn Rezet haben sich entschlossen, einen Tributegig mit dem echten Shouter Lemmy hinzulegen. Und das klappte gut! Drei ihrer Demos gibt es ja nun auf Vinyl. Und die bekannten Songs der Demos und der einzigen 1987 erschienenen LP “Malevolent Assault Of Tomorrow” kamen gut an. Besser gespielt als die Originalfassungen, kam das Geballer mit einer ungeheuren Präzision super an. Zwar fragte man sich schon, warum ausgerechnet so junge Küken wie Rezet dem Sänger unter die Arme greifen müssen, aber Fakt ist, dass sie ihren Job mit Bravour erledigt haben. Ein kurzweiliges Set, das als “A Night Of Violent Force” angekündigt war, aber schon früher als erwartet beendet wurde. (Daniel Müller).

 

traumaIch habe keine Ahnung, ob es Trauma offiziell wirklich noch gibt. Fakt ist, dass man sie ja eigentlich nur vom Namen her kennt, weil ein gewisser Cliff Burton dort mal vor seinem Einsteig bei Metallica gespielt hat. Das einzige Album “Scratch And Scream” erschien dann aber 1984 bereits ohne ihn. Leider besitze ich diese teure Rarität nicht, so weiß ich auch nicht, ob sie nur das Album gespielt haben. Fakt ist aber, dass sie einen geilen tighten Set hinlegten, der mitreißend war und keine Wünsche offen ließ. Es gab viel Uptempo und Midtempo zum Headbangen bei guten Sound. Auch Sänger Donny Hillier machte seine Sache richtig gut, und kündigte einen neuen Song "High The Scorn" (phon.) an, sowie ein Album noch für dieses Jahr. Ich bin ja mal gespannt, ob das klappt. Cool wäre es, denn dann hätte man auch mal öfter die Gelegenheit, sie mal wieder live zu sehen, und dann mal nicht im Regen wie heute! (Daniel Müller).

 

whiplashWhiplash, die ursprünglich mit drei Tonys ihr legendäres Debüt “Power And Pain” einspielten, waren schon öfter in Deutschland zu sehen. Und auch dieses Mal hat es wieder richtig Spaß gemacht. Das einzige Urgestein der Band, Sänger und Gitarrist Tony Portaro, hat sich zwei neue Leute gesucht und einen furiosen Set hingelegt, der viele Klassiker beinhaltete. Vor allem bei ihrem Hit “Spit On Your Grave” gab es kein Halten mehr. Der Hut wurde mittlerweile zu seinem Markenzeichen. Optisch ist er ganz schön gealtert. Sein Haar ist mittlerweile komplett weiß, aber der alte Haudegen hat es immer noch drauf. Die messerscharfen Riffs und den räudigen Gesang beherrschte er auch noch heute. Und ich hoffe, dass die Band sich mal wieder öfter hier blicken lassen wird. (Daniel Müller).

 

grand magusFür viele war es sehr schön, mal wieder Grand Magus auf dem Festival zu sehen, diesmal sogar schon als Co-Headliner. Die Band ist gewachsen, steigerte sich von Platte zu Platte. Schon beim Soundcheck wurden die 'Ohohos' von "Hammer Of The North", die Basser Fox testmäßig ins Mikro brüllte, von der Menge weiter mitgesungen, noch bis lange nach Beendigung des Soundchecks. Auf Hits wie "Sword Of The Ocean", und "On Hooves Of Gold" folgten schon erste Grand Magus Rufe. "Valhalla Rising" wurde einem Tobi gewidmet, der am Vortag bei einem Autounfall ums Leben kam. Sonst wippte das Gelände mit zu Krachern wie "Ravens Guide Our Way", "Like The Oar Strikes The Water", "Triumph And Power" und "Iron Will". Allesamt Songs, die für das Festival fast schon zu eingängig waren, obgleich aber auch sehr Metal. Bevor man sich nun ernsthaft die Frage stellte, ob Grand Magus polarisieren, hörte man jene Chöre der Abschlussnummer "Hammer Of The North", die man schon im Soundcheck so etwas wie eingeübt hatte. Sie waren noch auf dem Gelände zu hören, als die Band längst von der Bühne war. Ein nicht wegzudiskutierender Fakt, der dieser Band einfach Recht gab. (Joxe Schaefer).

 

riotRiot haben schon so manchen Schicksalsschlag hinter sich. 2012 verstarb das einzige permanente Mitglied der Band, Gitarrist Mark Reale. Er hätte gewollt, dass die Band weiter geführt wird. Also entschloss man sich. die Band in Riot V umzubenennen und das Erbe weiter zu tragen. Das war bereits der dritte Todesfall in der Geschichte von Riot, denn ihre beiden Ex-Sänger Rhett Forrester und Guy Speranza weilen ebenfalls nicht mehr unter den Lebenden. Umso überraschter war ich, dass der neue Frontmann Todd Michael Hall es scheinbar mühelos schaffte, alle seine Vorgänger zu imitieren, waren sie vom Gesangsstil her doch sehr unterschiedlich. Egal ob “Narita”, “Fight Or Fall”, On Your Knees”, “Metal Soldiers”, “Johnny´s Back”, “Hard Lovin´ Man”, “Fire Down Under”, der neue Song “Metal Warrior”, der auf dem neuen Album sein wird, das für September 2014 angekündigt wurde, das hymnische “Angel Eyes” vom 1997er Album “Inishmore”, “Road Racin´”, “Warrior”, “Thundersteel” oder der Raushauer “Outlaw”: Hier funktionierte einfach alles! Die Band war sehr gut aufeinander eingespielt und ich muss zugeben, dass ich Riot gar nicht so permanent schnell in Erinnerung hatte. Die Alben werde ich jetzt auf jeden Fall auch wieder vermehr rauskramen! Riot waren ein würdiger Headliner eines wie immer schönen und gelungenen Festivals! (Daniel Müller).

 

Die Aftershow Party am Sonntag, 27.07.2014 im Rock Cafe St. Pauli bestritten noch Trauma, Coldsteel, Cemetery und Sagitarius. Auf der 2015er Ausgabe des Headbangers darf man sich schon auf Spellcaster (USA), Aftermath (USA), Warrior, Ruthless (USA), Blitzkrieg (UK) und Satan (UK) freuen.



Autor: Daniel Müller & Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer