German Swordbrothers Festival

Lünen, Lükaz, 08.03.2014

PROWLER, WE ARE LEGEND, METAL WITCH, KING LEORIC, WARRANT, ATLANTEAN KODEX

Zum ersten Mal in diesem Jahr stieg die Quecksilbersäule auf fast 20° C mit Sonne pur, da ging der Metaller, der was von sich hält, schon nachmittags in die dunkle Konzerthalle. Das dritte German Swordbrothers stand an, diesmal mit einem reinen Aufgebot an deutschen Bands. In sich hatte es aber schon die Fahrt zum Lükaz nach Lünen. Keine Ahnung, ob sich jemand vorstellen kann, dass es ohne Stau eine Stunde dauern kann, von Dortmund nach Lünen zu fahren. Sollte mich mal jemand fragen, werde ich mich für die Zuschüttung des B236 Tunnels aussprechen, so oft wie der gesperrt ist.

prowlerBei Ankunft lieferten Prowler schon ihr gutgriffiges Metalbrett ab. Nach dem Eröffnungsdoppel und einer amtlichen Begrüßung, feuerten die Leipziger mit „Freedom“ und „Stallions“ zwei weitere Reineisenstücke in die Menge, die vorne vor der Bühne eine größere Abordnung Kuttenträger ansammeln ließ. Die Band schien reges Interesse beim Publikum zu wecken, gemessen daran, wie voll es jetzt schon in der Halle war. Ein buntes Outfit des Fünfers konnte nicht über einen Hang zum Posertum hinwegtäuschen, noch weniger die Hüftschwünge ihres Bassers für weitere Posequalitäten. Auf jeden Fall war ihre Musik metallischer als es ihre Optik vermuten ließ. Da überraschte das Cover von Saxon „Princess Of The Night“, welches mit mehr Drums gebracht wurde, echt wenig. (Joxe Schaefer).

 

we are legendIch werde oft dafür belächelt, dass ich in fünf verschiedenen Bands spiele. Denn so kann ich verschiedene Stile spielen, wenn jede Band seinen eigenen hat. Und es gibt Bands, die verschiedene Richtungen ineinander würfeln. Eine dieser Bands sind We Are Legend aus Balingen, der Stadt in Baden-Württemberg, wo jedes Jahr das Bang Your Head Festival stattfindet. Das Keyboard auf der Bühne sorgte schon in der Umbaupause für heiße Diskussionen. Doch was letztendlich auf uns zu kam, ließ sich dort noch nicht erahnen. Der Gig begann richtig gut mit einem knackigen Riff und gutem, melodischem und kraftvollem Gesang. Das Keyboard blieb seltsamerweise unberührt. Doch spätestens nach zwei Minuten fühlte man sich echt vor den Kopf gestoßen, als Sänger Selin Schönbeck erstmals hinter das Tasteninstrument rannte und darauf herumklimperte. In jedem Song gab es auf einmal klassische Pianoeinlagen, die nie zu dem Rest der Songs passten. Erst beim dritten Song entdeckte ich im Nebel noch einen Backgroundsänger, der alle Texte von einem Notenständer ablas. Bei einem Song jodelte er sogar im Möchtegern-Pavarotti-Stil. Einige Refrains klangen kitschig wie bei vielen Bombast-Trallala Metalbands aus Italien. Ab und zu gab es mal abgehackte Pantera Riffs, es wurde ein Riff vorgegeben, wo man dann auf einen Schlagzeugeinsatz wartete, der jedoch ausblieb, dann folgte mal eine progressive Passage und immer wieder seltsames Keyboard Geklimper zwischendurch. Hier passte irgendwie nichts zusammen. Applaus aus dem Publikum gab es auch kaum. Ob We Are Legend hier also zur Legende geworden sind, darf man also bestreiten, obwohl ich mir sicher bin, dass viele Leute noch über sie reden werden, wenn es um dieses Festival geht. (Daniel Müller).

 

metal witchDie Hamburger Metal Witch hießen nicht nur so, sondern waren auch voll Metal. Optisch machte es schon eine Menge her, dass sie inklusive Bass mit drei Flying V auftraten. Shouter Kay unternahm mit seinem schnurlosen Mikro einige Ausflüge ins Publikum und ließ sich weitersingend und posierend für Photos in der ersten Reihe mit den Fans ablichten. Seine Ansagen waren abgeguckt von bekannten Priest und Saxon Livescheiben, nur mit eigenen Songtiteln versehen. Erprobte Publikumanmachen, die auch hier in Lünen funktionierten. Spätestens mit der Obertempogranate „Curse Of The Wolf“ waren in der Audienz alle Leinen los. Ab jetzt spielte man nur noch Luftgitarre mit einer Flying V, alles andere machte auch gar keinen Sinn. Die fünf Kurzhaarigen brachten kurzum ihren riffbetonten Sound so erdig auf den Punkt, dass man nach diesem Auftritt einfach das Livereview hätte beenden können, denn was sollte man jetzt noch erwarten?  Das sahen so einige abfeiernde Gäste genauso, und handelten jetzt schon nicht nur unter Rufen nach Zugabe Metal Witch als Band des Abends, sondern auch in Gesprächen danach.  (Joxe Schaefer).

 

king leoricDen Livebericht von King Leoric aus Wolfenbüttel in Niedersachsen auf dem Headbangers Open Air hat letztes Jahr Kollege Joxe geschrieben. Dieses Mal war ich dran. Auf dem H:O:A war es so, dass derjenige, der nicht schreiben musste, meistens irgendwo saufen war (etwa nur da? - Anm. d. Red.). Insofern waren King Leoric für mich noch ein unbeschriebenes Blatt. Was die vier Herren boten, war aber genial. Der eingängige Epic Power Metal mit melodischem Gesang in mittlerer Stimmlage war live voll überzeugend. Bassist und Sänger Jens Wunder war mit einem Black Sabbath Shirt bekleidet und sorgte im Publikum gut für Stimmung. Zu einzelnen Songs kann ich leider nichts sagen, da ich leider keines ihrer drei Alben kannte. Aber Fakt war, dass King Leoric live ein absolutes Highlight waren, das in Lünen auch gebührend abgefeiert wurde. Geiler, kurzweiliger Gig! Auch bei King Leoric brummte der Verkauf von Merchandiseartikeln im Anschluss ihres Auftritts, dass es Open-Air Ausmaße angenommen haben soll. Damit dürfte klar sein, dass die Band hier fett gepunktet hat. (Daniel Müller).

 

warrantDann enterten Warrant aus Düsseldorf die Bühne, die sich bereits 1983 gründeten und in der Anfangszeit ein Album und eine EP veröffentlichten. Zwischendurch spielte man auch immer mal wieder live, auch schon einmal in Lünen zusammen mit Lonewolf, wo ich ebenfalls zugegen war. Von damals ist heute nur noch Bassist und Sänger Jörg Juraschek mit an Bord. Die anderen beiden waren deutlich jünger. Egal, Warrant hat man richtig angemerkt, dass sie heute voll Bock drauf hatten. Das Trio versprühte eine Menge Spielfreude und sorgte dafür, dass sich die Fans vor der Bühne (und zwei sympathische, leicht angetrunkene Chaoten) sogar auf der Bühne tummelten und gehörig die Matten kreisen ließen. Aber alles lief sehr freundschaftlich und friedlich ab, nicht so, wie ich es die letzten beiden Male auf U.D.O.-Konzerten gesehen habe, wo die Ordner etwas übertrieben reagiert hatten. Nein, in Lünen wollten alle nur Party machen, und das klappte hervorragend! Das lag vor allem daran, dass Warrant heute auch längst nicht mehr so räudig klingen wie in den Achtzigern. Der Gesang ist viel melodischer und kraftvoller und die Mucke präziser gespielt. Zum Schluss gab es noch einen neuen Song zu hören, was darauf hindeutet, dass sie nun doch endlich mal an einem Nachfolger ihrer beiden Tonträger von 1985 feilen, der wohl auch recht geil werden wird, wie mir scheint. Warrant waren die richtige Band am richtigen Ort und haben einen guten, bleibenden Eindruck hinterlassen. (Daniel Müller).

 

atlantean kodexNachdem inzwischen am Merchandisestand kein einziger Tonträger von Metal Witch mehr erhältlich war, betraten die Süddeutschen von Atlantean Kodex die Bühne. Aus aktuellem Anlass spielte die Band in Shirts von Powervice. Ihr getragener Hardrocksound a la Warlord kam hier in Lünen sehr gut an, wenn auch nicht ganz so enthusiastisch wie noch eine Woche zuvor auf dem Hell Over Hammaburg Festival. Shouter Markus, heute etwas angeschlagen, bat immer wieder das Publikum um Mithilfe, und Lünen folgte nicht nur bei dem Mitgrölgarant „Sol Invictus“. Markus stand aber für den kompletten Auftritt seinen Mann, und machte lediglich bei den Höhen leichte Abstriche. Der Mann an der Lichtanlage glich die Beleuchtung dem Sound der Bayern an, denn es wurde nicht allzu hell und die Scheinwerfer blieben unhektisch. Obwohl nicht alle Besucher mit den langsameren Tempi von Atlantean Kodex konform gingen, und zu späterer Stunde für gewöhnlich schon Gäste abwandern, um den letzten Zug noch zu erwischen, war es doch noch recht gefüllt in der Halle. Für den krönenden Abschluss ihres Gigs hatte man noch „Lucifer’s Hammer“ von Warlord zu geben, sowie “The Temple Of Katholic Magic” vom „The Golden Bough“ Album, welche die Besucher auch besser nicht verpasst hätten. Den Heimweg angetreten, uns die Frage durch den Schädel, ob zum nächsten German Swordbrothers 2015 der Tunnel wohl endlich zugeschüttet sein würde. (Joxe Schaefer).



Autor: Daniel Müller; Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer