MASTERS OF DISGUISE - Passt wie Arsch auf Eimer


Als der Verfasser dieser Zeilen den Kalli kennen lernte, war dieser klampfender Frontmann bei einer kleinen Thrashband namens Abandoned, als sie grad ihr zweites Demo raus hatten. Inzwischen hat Eric „Kalli“ Kaldschmidt, der sich nun Coldsmith nennt, unzählige Bühnen betreten und hatte so einige Slots auf einschlägigen Festivals wie dem Keep-It-True und dem Headbangers Open Air, denn er zockt heute noch zusätzlich u. a. bei Roxxcalibur und neuerdings auch bei Masters Of Disguise. Bei echten Fans des Ami-Stahls klingelt es bei diesem Namen natürlich sofort, denn der wurde vom ersten Album von Savage Grace abgeleitet. Und genau da liegt auch der berühmte Hase im Pfeffer. Die bei den Fans sehr wohl bekannte Band Roxxcalibur steckt dahinter, die mit Originalsänger Chis Logue auf Tour waren, und zusammen ein neues Savage Grace Album aufnehmen wollten. Doch kam es ganz anders.

MASTERS OF DISGUISE logoJoxe: Eine Frage gleich vorweg: Ist das jetzt amtlich, dass Du Dich namentlich verenglischt hast, oder verwendest du den Namen Coldsmith nur bei deinen englischen und amerikanischen Projekten?

Kalli: Hi Joxe, den Namen "Coldsmith" werde ich in Zukunft nicht nur bei meinen internationalen Projekten, sondern auch daheim in der Sauna tragen. Da es ja an jeder Ecke einen Kalli zu geben scheint, war es an der Zeit, das mal durch Zufügen des Nachnamens eindeutig zu machen. Dann weiß jedenfalls gleich jeder, wer gemeint ist, wenn es mal wieder heißt: "Der Coldsmith spielt vielleicht ne Grütze zusammen!"

Joxe: Hauptberuflich seid Ihr ja unter dem Banner von Roxxcalibur unterwegs. Wer nicht genau mitgezählt hat, Euer wievieltes Projekt ist Masters Of Disguise jetzt?

Kalli: Wenn man wirklich alles mitzählt, dann wäre das nach Roxxcalibur, Thunder Rider, Griffin und Savage Grace unsere fünfte gemeinsame Band, Abandoned und Jameson Raid mal nicht mitgezählt, da diese auch unabhängig vom Roxx-Background existieren. Wobei wir ja generell nicht von "Projekten" ausgehen, sondern in der Regel versuchen, die Bands ernsthaft fortzuführen, was aber meist aufgrund der geografischen Trennung und manchmal auch wegen strategischer Differenzen in den seltensten Fällen funktioniert. Roxxcalibur und Masters Of Disguise würde ich aber durchaus als Bands und nicht als Projekte klassifizieren, da wir hier selbst alle Fäden in den Händen halten, um es mal so auszudrücken.

Joxe: Ihr hattet ja schon viele Ideen, originale Protagonisten der damaligen New Wave Of British Heavy Metal musikalisch unter die Arme zu greifen. Euer Drummer Neudi ist darüber hinaus auch Taktgeber bei den Amis von Manilla Road. Wer hatte denn die Idee mit Savage Grace?

Kalli: Initial kam der Kontakt zu Chris Logue 2009 über Oliver Weinsheimer (Veranstalter des Keep-It-True-Festivals) zustande. Der Plan war zuerst, mit Savage Grace nur einen Gig auf dem 2010er KIT zu spielen.

Joxe: Mit Savage Grace Originalsänger Chris Logue wart Ihr für einige Dates auf Tour. Berichte doch mal, wie es für Euch und die Fans war.

Kalli: Ja, nach Bekanntwerden des KIT-Lineups meldeten sich immer mehr Veranstalter, so dass noch eine komplette Europa-Tour gebucht wurde. Als Abschluss spielten wir auf dem Bang Your Head!-Festival. Für uns war es ganz klar eine super Erfahrung. Auch wenn natürlich Chris als einziges Original-Mitglied die ganze Aufmerksamkeit auf sich zog, so war es für den Rest der Band eine Art Feuertaufe, da wir mit dieser Mannschaft so was noch nicht gemacht hatten und rausfinden konnten, ob wir auch auf Tour miteinander harmonieren. Die Fans hatten meines Erachtens jedenfalls viel Spaß und freuten sich einerseits, Chris Logue erleben zu dürfen und andererseits, unsterbliche SG-Klassiker wie „Bound To Be Free“ oder „Master Of Disguise“ endlich mal live zu hören, wozu es ja einer gut geölten Band bedarf, haha. Am Ende hatte Chris Logue ja auch darauf bestanden, dass wir die neue, offizielle Savage Grace-Besetzung sind und er wollte ja eigentlich auch noch ein Album mit uns aufnehmen.

Joxe: Dann hat sich Chris aus dem Staub gemacht. Was glaubst Du, könnten seine Gründe dafür gewesen sein?

Kalli: Da ich ja weiß, warum er so schnell verschwinden musste, brauche ich hier keine Vermutungen anszustellen. Es hatte juristische Gründe und er hat sich mal wieder selbst ins Aus manövriert. Ein Wunder, dass es Brian "The Beast" East damals so lange mit ihm aushielt...

Joxe: War das so oder so ähnlich plötzlich wie bei Cloven Hoof, wo Du mal die Gitarre inne hattest, bis Du auf einmal raus warst?

Kalli: Bei Cloven Hoof war es eigentlich ganz anders, aber am Ende ist alles darauf zurückzuführen, dass eine Person immer die Hosen anhaben will und entweder nicht zuhört oder andere Meinungen nicht gelten lässt. Mit ein Grund, warum ich seit Ende 2013 auch nicht mehr bei Jameson Raid spiele.

Joxe: Dann wolltet Ihr mit Chris ein Album mit neuen Songs aufnehmen. Hattet Ihr mit dem Writingprozess schon begonnen, als Chris noch bei Euch war?

Kalli: Ja, wir hatten damit schon begonnen. Roger und ich hatten jeder für sich Ideen gesammelt und Chris hatte auch schon drei Songs komplett fertig. Allerdings mussten wir wegen vertraglicher Verpflichtungen noch unsere zweite Roxxcalibur-Scheibe dazwischen schieben, was Chris aber nicht schnell genug ging. Deshalb entschied er sich, schon mal mit anderen Musikern ins Studio zu gehen, was uns veranlasste, Savage Grace zu verlassen. Wirklich Schade, aber wir haben dann das Beste daraus gemacht und Masters Of Disguise gegründet.

Joxe: Aber er hat Euch noch den Song „The Templar’s Gold“ da gelassen?

Kalli: Wie gesagt, er hatte uns drei Songs zukommen lassen, von denen wir dann "The Templars' Gold" zur Veröffentlichung ausgewählt hatten. Eigentlich hätten diese Songs ja auf dem "regulären" neuen Savage Grace-Album stehen sollen, aber dazu kam es ja leider nicht mehr...

Joxe: Wann ist denn „The Templar’s Gold“ geschrieben worden, und was hat das plötzliche Ende zu bedeuten, das wie abgehackt klingt?

Kalli: Chris hatte den Song irgendwann zwischen unserer Tour und dem Bang-Your-Head-Festival 2010 geschrieben. Das Ende ist so abgehackt, weil das Band bei den Schlagzeugaufnahmen zu Ende ging! Neudi wollte eigentlich noch weiter spielen, aber ich habe ihm hektisch rumfuchtelnd signalisiert, dass er jetzt zum Schluss kommen muss und dann beendete er diesen Song so abrupt. Wir fanden's aber geil und haben es so gelassen!

MASTERS OF DISGUISEJoxe: Hat er sich nach Veröffentlichung von „Back With A Vengeance“ wieder von sich hören lassen? Wie würdet ihr reagieren, wenn er wieder auftaucht?

Kalli: Ich hatte Chris noch eine Email geschrieben, um ihn davon in Kenntnis zu setzen, was wir mit Masters Of Disguise vor haben, es kam aber nie ein Feedback. Wahrscheinlich tritt er sich täglich in den Allerwertesten, weil er Savage Grace sehenden Auges in den Ruin getrieben hat. Wenn er musikalisch wieder in Erscheinung treten würde, gäbe es erst mal eine Reihe von Leuten, denen er Schadenersatz zahlen müsste, insofern ist das eher unwahrscheinlich. Aktuell hat er ja eine Briefkastenfirma auf Tobago, aber wahrscheinlich fristet er sein Dasein irgendwo in Südeuropa.

Joxe: Wie seid ihr denn an den Mopped-Cop auf dem Cover geraten? Sieht so aus, als wäre er mit dem Savage Grace Debüt zusammen 29 Jahre gealtert…

Kalli: Stimmt! Das ist die Geschichte hinter unserem Song "For Now And All Time (Knutson's Return)". Wir haben den fiesen Highway-Cop Knutson, der ja auf dem Cover der ersten Savage Grace-Scheibe "Master Of Disguise" zu sehen ist, nach 25 Jahren aus dem Knast entlassen, damit er wieder sein Unwesen treiben kann. Zu dem Song haben wir noch ein aufwendiges Video gedreht.

Joxe: Ihr seid ja noch in Euren anderen Bands und Projekten beschäftigt. Was sagen zum Beispiel die Fans von Abandoned, Viron und Roxxcalibur, dass sie auf neue Platten warten müssen?

Kalli: Viron wurde ja offiziell zu Grabe getragen, so dass es auch hier eher unwahrscheinlich ist, dass jemals neues Material veröffentlicht wird. Mit Roxxcalibur ist durchaus ein weiteres Album geplant und zumindest ich habe schon zwei, drei Songs ausgemacht, die wir unbedingt covern müssen, jedoch haben wir aktuell genug mit Masters Of Disguise, und Neudi (inzwischen ausgestiegen und durch Jens Gellner ersetzt, Anm. d. Red.) vor allem mit Manilla Road zu tun, weswegen es zeitlich aktuell einfach nicht drin ist. Mit Abandoned haben wir aktuell keine Ambitionen, ein neues Album zu schreiben. Wir spielen live überall unsere ollen Kamellen wo man uns lässt, und haben Spaß dabei. Das ist ja auch die Hauptsache, haha. Ansonsten gehört Masters Of Disguise aktuell meine volle Aufmerksamkeit.

Joxe: Was liegt als nächstes an bei Masters Of Disguise? Nach ein paar Auftritten vielleicht auch eine Tour?

Kalli: Es gab Pläne, im Sommer 2014 eine kleine Tour zu spielen, aber aktuell sieht es eher so aus, als wären wir erst Ende des Jahres sowie nächstes Frühjahr als Support für befreundete Bands unterwegs. Es wird jedenfalls musikalisch passen wie Arsch auf Eimer. Lasst euch überraschen!

Joxe: Okay, kommen wir mal zum Ende. Welches sind Deine fünf absoluten Lieblingsplatten, die Du mit auf die einsame Insel nehmen würdest?

Kalli: Verdammt, das ist mehr als schwierig. Wahrscheinlich wären das Metallica's „Master Of Puppets“, Savage Grace's „Master Of Disguise“, Accept's „Restless And Wild“, Heathen's „Breaking The Silence“ und Agent Steel's „Skeptics Apocalypse“. Natürlich gibt es noch zig andere Scheiben, die ich nicht missen möchte, aber mit dieser Auswahl könnte ich gut leben!

Joxe: Vielen Dank für das Interview, Kalli! Die letzten Worte gehören Dir!

Kalli: Ich will die aber gar nicht haben! Behalt Deine letzten Worte für Dich, Joxe!



Autor: Joxe Schaefer