LUCID DREAMING - Der Power Metal hat mich erwählt!


Mit dem Projekt Lucid Dreaming betritt ein neuer Stern die Bühne der sogenannten Metal Opern und legt mit „The Cronicles Part I“ ein wahres Monumentalwerk vor, das sich von der Struktur und der Umsetzung von den bekannten Genrewerken, wie zum Beispiel Avantasia deutlich absetzt. In den Kompositionen werden verstärkt Gitarren und Geschwindigkeit einbezogen und die Keyboarduntermalungen treten mehr in den Hintergrund. Das haben wir zum Anlass genommen, ein Interview mit dem interessanten Projekt zu führen. Mastermind Till Oberboßel (auch Gitarrist bei Elvenpath) stellte sich freundlicherweise für das Interview zur Verfügung und erläuterte dabei den Fans Details über die Entstehung und die Umsetzung von dieser komplexen Produktion.

LUCID DREAMING logoMarkus: Erstmal herzlichen Glückwunsch zu Deiner sehr starken Metal Oper „The Cronicles Pt.I“. Was hat Dich dazu geführt dieses umfangreiche Projekt anzugehen?

Till: Hallo und vielen Dank! In der Tat, es ist schon ein recht umfangreiches Projekt geworden und hat auch sehr viel Zeit und Nerven verschlungen, aber nun ist das Album ja endlich fertig und veröffentlicht. Ich war schon immer ein großer Fan von Konzeptalben und mag es, wenn über ein komplettes Album eine Geschichte erzählt wird. Als dann diese sogenannten Metalopern aufkamen, wo jeder Charakter von einem anderen Sänger dargestellt wurde, fand ich das auch sehr interessant – und die Idee, so etwas auch mal zu machen, nahm langsam Gestalt an. Da Elvenpath aber eine feste Band mit einer festen Besetzung und einem einzigen Sänger ist, war mir klar, dass dieses Projekt unter einem anderen Namen erscheinen müsste.

Markus: Wie ist die Idee geboren, auf die Fantasy Pentalogie „The Chronicles Of Prydain“ von Lloyd Alexander zurückzugreifen oder bist Du grundsätzlich an der walisischen Mythologie interessiert?

Till: Diese Pentalogie habe ich schon als Kind zum ersten Mal gelesen und liebe sie seitdem. Ich habe die Bücher über all die Jahre mehrfach gelesen, und als ich mir dann die Frage gestellt habe, was für eine Geschichte ich denn auf dem Album erzählen könnte, bin ich ziemlich schnell bei den Chroniken von Prydain gelandet. Es ist eine sehr interessante Geschichte um den Jungen Taran, sein Heranwachsen, seine Erlebnisse und Begegnungen. Der Stoff eignet sich sehr gut, um ein Metal-Konzeptalbum daraus zu machen. Die Chroniken von Prydain basieren lose auf der walisischen Mythologie, aber nähere Kenntnis derselben ist für das Verständnis der Romane nicht vonnöten. Mein eigenes Wissen ist da auch eher begrenzt, obwohl Wales in der Tat ein sehr mystisches Land ist, welches ich vor zehn Jahren bereist habe und sehr inspirierend fand.

Markus: Du Hast auf Deiner Scheibe die ersten beiden Teile verarbeitet, können die Fans noch auf einen oder vielleicht sogar zwei weitere Teile hoffen?

Till: Das Album trägt nicht umsonst den Titel „The Chronicles Pt. I“, da muss es natürlich noch einen zweiten Teil geben. Ich möchte gerne noch einige weitere Alben mit Lucid Dreaming machen, und zumindest das zweite Album wird ebenfalls von Prydain handeln. Allerdings werde ich nicht alle Bände chronologisch verarbeiten. Das zweite Album wird meinen Lieblingsband der Reihe zum Inhalt haben; den vierten Band „Taran Wanderer“. Taran zieht hier durch das Land, um das Geheimnis seiner Herkunft zu lüften; die Geschichte schreit regelrecht danach, verarbeitet zu werden. Bei manchen Charakteren habe ich schon bestimmte Stimmen im Kopf…wartet es ab.

LUCID DREAMING tillMarkus: In Deinem Großprojekt wirken sehr viele starke Sänger/ -innen mit, zum Beispiel Jutta Weinhold (Ex Zed Yago), Alexx Stahl (Roxxcalibur) oder Thorsten Thassilo Herbert (Dragonsfire), um nur einige zu nennen, Wie hast Du es geschafft, diese renommierten Musiker für Dich zu gewinnen?

Till: Ich war mit all diesen Sängern schon vorher bekannt bis befreundet, lediglich Jason Conde-Housten habe ich bis heute nicht persönlich kennengelernt. Als ich an den Stücken schrieb, musste ich mich mit der Frage beschäftigen, welche Art von Stimme denn zu der jeweiligen Figur passen könnte. Anhand dessen habe ich dann die Sänger ausgewählt. Das war teilweise eine längere Überlegung, teilweise ging es aber auch ganz schnell. Als ich zum Beispiel an Tarans ersten Textzeilen schrieb, hörte ich sofort Leo Stivala in meinem Kopf, wie er diese Zeilen sang…und es passte derart ideal, er mußte also einfach Taran verkörpern. Manche der Sänger sagten auf meine Anfrage hin sofort zu, andere wollten erstmal die Songs hören. Aber im Endeffekt waren alle gerne an Bord und haben ihren Teil zu Lucid Dreaming beigetragen. Ich mußte also keine Millionengagen bieten, um irgend jemand zu überzeugen, haha. Und jeder einzelne hat wirklich großartige Arbeit abgeliefert und seinen Prydain-Charakter zum Leben erweckt, ich bin wirklich sehr zufrieden.

Markus: Ich fand es besonders erfrischend, dass Du nicht die typische Schiene der zur Zeit üblichen Metal Opern wie zum Beispiel von Avantasia verfolgt hast, und Du stattdessen die Gitarren sprechen lässt, dass die Ausrichtung deutlich flotter ausgerichtet ist, damit man wirklich von Power Metal sprechen kann. Was kam es dazu?

Till: Das war eine ganz natürliche Sache. Ich habe diese Richtung nicht bewusst ausgewählt, sie hat mich erwählt, haha. Traditioneller Metal bzw. Power Metal ist trotz eines breitgefächerten Geschmacks einfach meine große musikalische Liebe, und wenn ich an Songs arbeite, kommt immer etwas in dieser Richtung dabei heraus. Dass Lucid Dreaming entsprechend klingt, ist daher nicht verwunderlich. Ich mag zwar auch symphonischere Sachen, aber für meine eigene Musik bevorzuge ich eine gitarrenlastigere Ausrichtung, daher gibt es bei Lucid Dreaming kaum Keyboards und keinen Operngesang.

Markus: Worauf ist es zurückzuführen, dass trotz der stolzen Laufzeit von über 76 Minuten (die erst mal gefüllt werden muss) die Scheibe äußerst kurzweilig wirkt?

Till: Danke erstmal für das Kompliment. In den eher negativen Reviews, welche es neben den Positiven ja auch gab, wurde nämlich gerade die lange Spielzeit oft erwähnt und geschrieben, dass das Album 20 Minuten kürzer hätte sein müssen. Dieser Ansicht bin ich natürlich nicht, daher freut es mich, dass Du das Album ebenfalls trotz der langen Spielzeit äußerst kurzweilig findest. Tja, woran liegt das? Im Endeffekt muss natürlich jeder Fan selbst beantworten, was ihn an Lucid Dreaming anspricht, aber ich finde, das Album ist einfach gut komponiert und arrangiert, so dass keine Langeweile aufkommt. Auf der einen Seite gibt es viele eingängige Melodien mit Ohrwurmcharakter, welche den Hörer fesseln, auf der anderen Seite enthält das Album gerade bei den Gitarren und beim Gesang sehr viele Details, die man nicht sofort erfasst. Da ist häufiges Hören angesagt, und man kann immer wieder neue Details entdecken, auch dadurch ist natürlich ein gewisser Spannungsbogen gewährleistet.

Markus: Mein Lieblingssong der Scheibe ist das elf Minuten Epos „To Caer Dathyl“, welcher Song spricht Dich am meisten an?

Till: Das ist für mich ziemlich schwer zu beantworten, da ich die Songs nicht einzeln wahrnehme; bei mir gehört das komplette Album zusammen und ich höre es mir auch nur komplett am Stück an. Daher habe ich keinen Lieblingssong. Allerdings bekomme ich diese Frage häufiger gestellt, und jeder Interviewer nennt selbst andere Favoriten, daher scheint tatsächlich das ganze Album etwas zu taugen, haha.

LUCID DREAMING tillMarkus: Ist schon eine Tour geplant, damit die Fans diese opulente Komposition auch „Live“ erleben dürfen?

Till: Liveauftritte wären natürlich großartig, sind aber nahezu unmöglich. Da müssten erstmal sehr viele Terminkalender koordiniert werden, bis all die Beteiligten Zeit hätten. Und dann Flüge, Unterkunft, Proben…das wäre ein riesiger finanzieller Aufwand, der nur durch entsprechend große Shows zu rechtfertigen wäre, und das ist einfach unrealistisch. Daher war Lucid Dreaming von vornherein als Studioprojekt geplant und wird es wohl auch bleiben. Heavy Metal fürs Wohnzimmer, haha. Statt mich da in irgendwelche Konzertplanungen zu stürzen, wende ich meine Zeit und Energie lieber für das zweite Album auf.

Markus: Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?  Hast Du nach diesem Projekt schon weitere Ideen, die Du gerne umsetzen willst, um damit die Fans zu begeistern, oder kommt Dein Hauptstandbein Elvenpath wieder zu seinem Recht?

Till: Wie gesagt, ein zweites Album ist geplant, und ich habe auch schon einige Songs fertig geschrieben. Wenn alles gut läuft, werden die Aufnahmen wohl im Sommer 2014 beginnen können. Aber frag mich nicht nach einem Veröffentlichungsdatum. Die Arbeit am ersten Album hat sich deutlich länger hingezogen als geplant, daher habe ich gelernt, dass viele beteiligte Personen ein großer zeitlicher Unsicherheitsfaktor sind. Ich hoffe aber natürlich, dass es nicht allzu lange dauern wird. Mit Elvenpath sind wir momentan viel live unterwegs. Wir haben im Sommer einige schöne Festivals absolviert, in Kürze geht’s nach Griechenland aufs „Up The Hammers Festival“ und anschließend auf eine kleine Tour durch Mitteleuropa als Support für Skyclad. Die Songs für das nächste Album sind komplett geschrieben und wir proben sie momentan ein. Wir wollen uns aber viel Zeit nehmen, um sie detailliert auszufeilen, ausgiebig live zu spielen und so reifen zu lassen. Das neue Album aufnehmen werden wir daher erst im Herbst 2014, mit einer Veröffentlichung könnt Ihr also im Frühling 2015 rechnen.

Markus: Das letzte Wort gehört Dir. Gibt es etwas, das Du den Fans mitteilen möchtest?

Till: Zunächst möchte ich Dir danken, dass ich meine Musik hier vorstellen durfte. Ich weiß Deine Unterstützung sehr zu schätzen. Ich möchte alle Leser grüßen und lade sie ein, Lucid Dreaming (und Elvenpath) mal im Internet zu besuchen (http://www.facebook.com/luciddreamingmetal und http://www.elvenpath.com). Hört Euch einige Stücke an, und wenn Euch die Musik gefällt, dann seid bitte so fair und kauft die CD, statt sie herunterzuladen. Ich verdiene ohnehin kein Geld mit der Musik, da ist jeder Kauf lediglich Schadensbegrenzung. Unterstützt den Underground, geht auf kleine Konzerte, kauft Demos – stay Metal!

Markus: Vielen Dank für das interessante und aufschlussreiche Interview, das ich mit Dir führen durfte.



Autor: Markus Peters