SKELETONWITCH - Lassen die Schlangen los


Skeletonwitch touren sich immer richtig den Arsch ab! Ständig waren sie in den Hallen Europas und auf zahlreichen Festivals zu bestaunen. Und live sind sie richtig gut! Neben dem ganzen Tour-Stress nehmen sie sich zwischendurch aber auch mal die Zeit, ein Album aufzunehmen. Ende Oktober ist es auch endlich wieder soweit: „Serpents Unleashed“, das mittlerweile fünfte Studioalbum der Amis, kommt in die Läden und besticht dieses Mal nicht nur mit geilem Black-/Thrash Metal, sondern auch endlich mal mit einer amtlichen Produktion. Wie die Jungs ihr mittlerweile zehnjähriges Bestehen feiern, und was sonst noch so ansteht, erfahrt ihr von Sänger Chance Gernette, der zu meiner großen Freude sehr ausführlich geantwortet hat!

SKELETONWITCH logoChance: Hey Leute, hier ist Chance, der Sänger von Skeletonwitch. Ich werde die Fragen dieses Interviews beantworten. Ich weiß, dass es ursprünglich für Scott (Hedrick, Gitarrist, Anm. d. Red.) bestimmt war, aber dieses Mal bin ich an der Reihe! Danke für die Gelegenheit, mich hier zu unserem neuen Album zu äußern und danke, dass Du Dir überhaupt die Zeit genommen hast, ein Interview mit uns zu führen. Ich fühle mich geehrt!

Daniel: Normalerweise fange ich immer mit der Frage über die Gründung, die Entstehung und der Veröffentlichungen der Band an, aber da ich eh auf einige VÖs eingehen wollte, spare ich mir das an dieser Stelle mal. Welche Bands haben Euch denn hauptsächlich beeinflusst? Und haben sich diese Einflüsse in den zehn Jahren geändert?

Chance: Ist das ein Hintertürchen, um zu erfahren, von welchen Bands wir am liebsten klauen? Haha! War nur Spaß, aber es kam mir gerade so vor, hehe! Jedes Mitglied von Skeletonwitch bringt seinen eigenen Einfluss mit in die Musik ein. Deswegen findet man auch so viele verschiedene Einflüsse in unserer Musik. Wir wollten eigentlich nie wie eine ganz bestimmte Band klingen, egal ob Thrash-, Black, Death- oder klassischer Heavy Metal, aber ich finde auch nicht, dass dies der Fall ist. Was ich am liebsten höre, und was mir auch am wichtigsten ist, wenn Du jemanden fragst, wie Skeletonwitch klingen, und der Andere sagt: „Keine Ahnung… Skeletonwitch klingen wie Skeletonwitch”, haha!

Daniel: Im Allgemeinen habt Ihr ziemlich okkulte Texte. Geht es Euch darum, bestimmte Klischees zu erfüllen oder steckt hinter allem auch eine bestimmte Kernaussage?

Chance: Es gibt zwar keine Kernaussage von Song zu Song, aber insgesamt ist es schon so, dass ich den Hörer mit meinen Texten erreichen will. Das ist individuell verschieden. Es gibt aber auf jeden Fall Ansichten, Botschaften, Gefühle oder Glaubensfragen, die ich in bestimmten Songs verarbeite. Aber das heißt nicht, dass ich versuche, jemandem meine Meinung aufzuzwingen! Manche Songs handeln von dunklen Träumen, die ich mal hatte oder von persönlichen Wünschen, die nicht einfach so realisiert werden können. Andere Songs sind einfach Geschichten, die ich mir entweder selbst ausgedacht habe, oder die von meinem Standpunkt der Dämonologie als Solches erzählen.

Daniel: Lass uns mal über Euer neues Album „Serpents Unleashed” reden: Wie lange habt Ihr gebraucht, um die Songs zu schreiben und aufzunehmen?

Chance: Die Jungs schreiben ständig Riffs und sammeln Ideen, genauso wie ich ständig Texte schreibe. Aber für dieses Album speziell waren wir von Anfang bis Mitte 2012 mit dem Songwriting zugange. Wir sind sehr viel auf Tour und keine dieser Bands, die auf Tour Songs schreibt. Also machen wir nur zwischen den Tourneen Demoaufnahmen von Songideen. Nachdem wir die Tour zu unserem letzten Album „Forever Abomination” Ende 2013 beendet hatten, es waren immerhin 63 Shows in 65 Tagen (!), haben wir uns eine mehrwöchige Auszeit genommen, um die Köpfe frei zu bekommen, und haben danach von Januar bis März das Songwriting beendet und die Sachen instrumental eingeprobt. Zum Teil hatten die Songs da auch schon fertige Texte. Den Gesang habe ich dann im April fertig ausgearbeitet. Ich feile immer so lange wie möglich an meinen Gesangslinien und schreibe die Texte auch immer erst dann, wenn die Musik komplett steht: Das heißt, dass ich mit dem Texten immer erst im Studio anfange, wenn die Jungs gerade die Musik aufnehmen. Diese Methode war zwar immer sehr stressig, hat sich aber auch letzten Endes bezahlt gemacht. Es wäre zwar auch mal schön, alles fertig zu machen, wenn wir ins Studio gehen, aber dann müssten wir weniger touren, und das ist definitiv keine Option für Skeletonwitch.

Daniel: Ein guter Freund von mir hat mir mal erzählt, dass er ein großer Fan Eurer Musik ist, aber Euch lieber live sieht, weil er den Sound auf Euren Alben nicht besonders mag. Wie sieht das auf dem neuen Album aus? Klingt sie anders vom Sound als Euren alten Alben?

Chance: Auf jeden Fall! Wir haben „Serpents Unleashed” mit und bei Kurt Ballou zu Hause in den God City Studios in Salem, Massachusetts, aufgenommen. Wir waren bereits mit seiner Arbeit vertraut und waren guter Dinge, dass er in der Lage sein würde, die Energie und Intensität unserer Liveshows bestmöglich im Studio einzufangen. Und er hat es tatsächlich geschafft! Das Album klingt roh, organisch und real. Das ist der Sound, den wir schon immer auf unseren Alben haben wollten!

SKELETONWITCH bandDaniel: Ich finde Eure Cover alle sehr gelungen, muss ich sagen. Wer hat sie gemalt und wie seid Ihr mit dem Maler/den Malern in Kontakt gekommen?

Chance: Danke, dass Du das erwähnst! Die Covergestaltung ist uns sehr wichtig. Ich finde, wenn wir all unser Herzblut in die Musik stecken, dann darf das Cover nicht halbherzig sein. Es soll unsere Vision repräsentieren, die unsere Musik darstellt. Wir wollten immer einen Zeichner haben, der sofort alles aus seinem Kopf über die Hand aufs Papier bringt; ein organisches Artwork, das mit einer groben Skizze beginnt und nach und nach zu einem großen Gemälde heranwächst. Das dauert zwar etwas länger, oft auch sehr viel länger, aber das ist es uns wert. Unser erstes Cover für das Debüt „At One With The Shadows” hat Kari Christensen gemalt. Andrei Bouzikov hat sowohl „Breathing The Fire”, als auch „Forever Abomination” gemalt. Und John Baizley zeichnet sich für das Cover des neuen Albums “Serpents Unleashed” verantwortlich. Er hatte zuvor auch schon „Beyond The Permafrost” und die „Worship The Witch” EP veredelt. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie wir damals mit Kari in Kontakt gekommen sind. Was Andrei angeht, waren wir bereits mit seinen Arbeiten vertraut und konnten ihn schließlich für „Breathing The Fire“ für uns gewinnen. Wir haben zwar noch andere Künstler dafür kontaktiert, fanden ihre Entwürfe aber nicht so gut und sind dann schließlich wieder auf Andrei zurückgekommen, und er lieferte uns das Cover dann in Rekordzeit ab! John kennen wir schon ewig, weil wir häufig mit seiner Band Baroness aufgetreten sind. Wir sind dadurch immer in Kontakt geblieben. Er hat zwar brutale, aber auch sehr schöne Cover für „Permafrost“ und jetzt auch für „Serpents Unleashed“ abgeliefert, die perfekt zu der Musik auf den Alben passen.

Daniel: Ihr habt schon auf zahlreichen Festivals gespielt. Wie wichtig ist es Euch, nicht nur Alben aufzunehmen, sondern auch live auf der Bühne zu stehen?

Chance: Ja, natürlich! Denn darum geht es uns hauptsächlich! Uns liegt es halt einfach, live zu spielen, denke ich. Wir lieben es, auf der Bühne zu stehen und zuzusehen, wie die Energie, der Enthusiasmus und unsere individuellen Persönlichkeit in die Musik einfließen, um eine vernünftige Metalshow abzuliefern. Das ist uns am wichtigsten, denke ich.

Daniel: Heute befinden sich immer noch drei der fünf Leute aus der Urbesetzung bei Skeletonwitch. Es scheint so, als wenn die Band nicht bloß ein Job für Euch ist, sondern dass auch richtig gute Freunde hier an einer gemeinsamen Sache arbeiten. Ist es Dir wichtig, dass Du mit allen Bandmitgliedern auch privat gut befreundet bist?

Chance: Ja, auf jeden Fall! Wenn ich die Atmosphäre wie bei einem normalen Job haben wollte, dann würde ich wieder zurück in ein Warenhaus gehen und dort arbeiten oder so… Ich finde, mit Freunden in der Band geht alles lockerer von der Hand. Die Verbundenheit auf der Bühne ist auch größer! Und die Musik profitiert auch davon, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen und nicht nur auf die Kohle aus sind.

Daniel: Ich war etwas überrascht, als ich gelesen habe, dass Eure erste offizielle Veröffentlichung eine DVD war („Live, Friday 13th"). Warum habt Ihr zunächst eine DVD anstelle eines Demos oder einer EP veröffentlicht?

Chance: Das war zu der Zeit keinesfalls so geplant. Es ist an dem Tag einfach so passiert. Ein paar Freunde wollten bzw. mussten fürs College ein Projekt aufnehmen oder so. Oder vielleicht wollten sie es auch nur einfach so für sich aufnehmen. Egal; wir spielten ein Konzert an einem Freitag, dem 13. und die Jungs haben sowohl eine Audio- als auch eine Filmaufnahme davon gemacht und sie dann auf DVD gebrannt. Wir waren eine kleine, lokale Band ohne Plattenvertrag und hatten keine Kohle zu der Zeit, und wollten uns um eine kleine Tour als unbekannte Metalband kümmern. Tja; und dafür brauchten wir halt etwas, um uns Veranstaltern zu präsentieren. Wir wollten den Clubs und Veranstaltern etwas vorweisen, um gebucht zu werden und diese Tour möglich zu machen. Wir hatten bis dato noch keine Musik aufgenommen, hatten dafür aber diese DVD mit einem intensiven Live-Set. Ich würde es nicht wirklich als unsere erste „Veröffentlichung“ bezeichnen, obwohl es das wohl letztendlich ist. Aber ohne diese grottige DVD wäre es vielleicht nie zu unserer ersten richtigen Tour gekommen, mit der wir unseren Namen verbreiten konnten. Ich weiß es nicht, aber darum ging es bei dieser DVD.

Daniel: Ihr habt bislang eine EP und vier Singles auf Vinyl veröffentlicht. Wie wichtig ist es für Euch, dieses alte Kultformat am Leben zu erhalten? Findest es nicht auch viel schöner, ein richtiges Produkt in den Händen zu halten, als blöde, leblose MP3-Dateien auf dem Rechner zu verwalten? Wie stehst Du zu dem Thema?

Chance: Vergiss nicht zu erwähnen, dass auch alle unsere Alben zusätzlich auf Vinyl erschienen sind! Für mich persönlich ist es auf jeden Fall cooler, ein richtiges Produkt in den Händen zu halten. Ich bin mit Kassetten groß geworden. Das waren meine ersten physischen Tonträger, die ich mir selbst gekauft habe. Meine ersten Kassetten waren „Stay Hungry” von Twisted Sister und „Metal Health” von Quiet Riot. Ich war nie der große Vinylsammler. Bei Vinyl geht es mir vor allem um die großen Cover. Ein tolles Cover bringt Dir nichts, wenn Du das Album nur stumpf runterladen kannst. Ich finde es auch schön, dass man sich bei Vinyl zwischen mehreren Farben entscheiden kann. Das ist viel cooler und hat viel mehr Wert für mich. Aber, weißt Du, das ist meine Meinung. Wenn Du ein Album bei iTunes runterlädst, nimmt es auf der anderen Seite keinen Platz weg und geht nicht kaputt oder verloren. Über Kopfhörer klingen MP3-Dateien ja mittlerweile auch ganz gut. Jeder soll es so machen, wie er es haben will. Solange die Musik bei den Leuten ankommt, die sie haben wollen, ist das für mich in Ordnung. Ich werde weiterhin Musik kaufen, Ihr auch und wir sehen uns dann bei den Konzerten!

SKELETONWITCH bandDaniel: Wenn Du heute auf die zehn Jahre Skeletonwitch zurück blickst, gibt es dann eine Veröffentlichung, auf die Du besonders stolz bist oder hinter der Du heute überhaupt nicht mehr stehst? Was waren die schönsten, was die schlimmsten Erfahrungen mit der Band in der letzten Dekade?

Chance: Ich bin stolz auf alle Alben, die wir gemacht haben, weil sie genau den Standpunkt reflektieren, auf dem wir gerade waren. Ich weiß noch, wie glücklich ich war, als wir die ersten 1000 Kopien von „At One With The Shadows” verkauft hatten! Ich gebe zu, dass das Album vom Sound her Scheiße klingt, aber wir waren gerade auf diesem Stand und wussten, wo wir uns produktionstechnisch verbessern mussten. Ich denke, es ist immer so, dass je öfter Du etwas machst, desto besser sollte es dann auch werden. Ich bin der Meinung, dass unsere Diskographie unsere Philosophie sehr gut widerspiegelt. Bei „At One With The Shadows” waren wir noch sehr jung und wussten noch nicht, wie es im Studio zugeht. Wir hatten keine Ahnung von Technik oder so. Wir haben einfach eingestöpselt und gespielt. Und so klang es am Ende auch. „Permafrost” war dann ein weiterer Schritt, sowohl spielerisch, als auch technisch gesehen. Aber wir sind immer noch sehr blauäugig gewesen, waren vorher erst in einem einzigen Studio und waren noch sehr unerfahren. Bei den nächsten beiden Alben war habe ich aufmerksamer zugeschaut und dem Produzenten gesagt, was ich anders oder lauter haben will, damit es besser klingt. Mit Kurt im Studio zu den Aufnahmen von „Serpents Unleashed” waren wir mehr als einverstanden. Das war genau das, was uns für das neue Album vorschwebte! Ich denke, dass sowohl unsere Vision, als auch Kurts tolles Talent gemeinsam dazu beigetragen haben, dass „Serpents Unleashed” so gut geworden ist. Das Album enthält die besten Skeletonwitch Songs bislang und unterstreicht unsere Philosophie, dass man sich immer weiter verbessert, wenn man nur hart genug daran arbeitet. Jeden Tag stehe ich als Tour-Musiker auf und mache was ich immer tun wollte, und merke, dass es das beste Gefühl überhaupt ist. Ich hasse mein Leben nicht, weil ich keine Dinge verrichten muss, die ich hasse. Und das ist großartig! Das ist meine Antwort, wenn Du mich nach meinen besten Erfahrungen mit der Band in den letzten zehn Jahren fragst. Und die schlimmste Erfahrung? Natürlich passiert unglücklicherweise auch immer mal Scheiße auf Tour und Du verpasst bestimmte Dinge zu Hause, während Du auf Tour bist usw. Für mich war es das Schlimmste, dass mein Opa gestorben ist, während ich auf Tour war, und ich mich nicht mehr von ihm verabschieden konnte. Das war für mich das Schlimmste, was mir jemals passiert ist in den zehn Jahren mit Skeletonwitch.

Daniel: Gibt es bestimmte Pläne, das 10-jährige Bestehen von Skeletonwitch zu feiern? Wird es spezielle Konzerte oder eine Compilation mit Raritäten oder Ähnliches geben?

Chance: Im Großen und Ganzen feiern wir das zehnjährige Jubiläum mit „Serpents Unleashed“. Ja, all das eine Dekade lang gemacht haben zu können, wäre schon ein Grund zum Feiern, aber wir sind ja noch lange nicht am Ende! Anstatt sich also ständig auf diese ersten zehn Jahre festzubeißen, wollen wir lieber unser bislang bestes Album raushauen und so lange auf der Bühne Vollgas geben, bis wir wieder das Studio entern, um das nächste Album aufzunehmen!

Daniel: Wie sehen die Zukunftspläne mit Skeletonwitch ansonsten noch so aus?

Chance: In ein paar Tagen werden wir wieder für ein paar Konzerte mit Ghost unterwegs sein. Kurz darauf spielen wir im Vorprogramm von unseren Kumpels The Black Dahlia Murder eine komplette, fünfwöchige Tour durch Nordamerika. 2014 gehen wir dann mit Amon Amarth und Enslaved im Januar und Februar auf Tour. Wir sind also sehr beschäftigt, wollen danach aber auch schon wieder an unserem nächsten Album arbeiten. Danach würde ich gerne wieder zurück nach Europa kommen, die Dinge am Laufen halten, draußen abhängen und neue Leute treffen. Eben all das, was die „Witch” halt so zu tun pflegt!

Daniel: OK, Chance! Die letzten Worte gehören Dir!

Chance: Ich möchte mich bei allen Leuten bedanken, die uns in den letzten zehn Jahren unterstützt haben! Ohne Euch wären wir niemals so weit gekommen! Haltet Ausschau nach unserem neuen Album „Serpents Unleashed”, das Ende Oktober veröffentlicht wird! Und ich hoffe, dass wir einige von Euch auf Tour wiedersehen werden! Danke noch mal, passt auf Euch auf und Prost!

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Autor: Daniel Müller