LEBENSNACHT - Von Authentizität und Ehrlichkeit


Lebensnacht ist das Soloprojekt des Einzelkämpfers Robert Brockmann aus Sachsen, der 2008 anfing, Songs zu schreiben und jetzt, innerhalb kürzester Zeit, wohl alles bisher angesammelte Material auf einmal raus haut. Diese These würde zumindest der Zeitraum von nur zwei Monaten zwischen den Veröffentlichungen beider Alben erklären. Während das Debüt kalten, düsteren Black Metal enthielt, sind auf dem Zweitwerk ausschließlich akustische Klänge zu vernehmen, was so manchem vor den Kopf stoßen könnte. Um das noch recht unbekannte Projekt einmal vorzustellen, habe ich Robert kontaktiert und ihn ausführlich zu Wort kommen lassen.

LEBENSNACHT logoDaniel: Hi Robert! Bitte erzähl uns doch zunächst etwas über die Entstehung von Lebensnacht! Wie kam es zu der Gründung und welche Idee steckte dahinter?

Robert: Hallo Daniel! Lebensnacht entstand 2008 als Musikprojekt ohne Genregrenzen, in dem ich mich austoben konnte. Nachdem sich mein anderes musikalisches Projekt, Tann im Nebel, ein paar Jahre später weg vom Black Metal entwickelte, münzte ich Lebensnacht in das Black Metal-Projekt von heute um. Ich wollte mich nämlich unbedingt in diesem Genre weiterentwickeln und Musik machen. Zudem gestaltete sich die Zusammenarbeit bei Tann im Nebel schwieriger, da mein Kumpane Henrik und ich sehr weit auseinander wohnten. Da ist ein Ein-Mann-Projekt genau das richtige, um die Lücken zu füllen.

Daniel: Welche Bands haben Dich eigentlich zu Deiner Musik für Lebensnacht inspiriert?

Rob: Zu nennen sind Bathory für meinen allgemeinen musikalischen Werdegang. Für Lebensnacht speziell vor allem Bands wie Helrunar und ähnliches. Vieles aus dem Underground. Ich hatte aber nie eine spezielle Band vor Augen, der ich nacheifern wollte. Es waren eher Inspirations- und Ideenquellen. Ich mag einfach simpel gehaltenen, atmosphärisch dichten Black Metal mit viel Midtempo. Burzum dagegen war nie ein Vorbild oder so etwas, obwohl der Vergleich oft kommt. Einzig das Lied „Dunkelheit“ hat mich sehr beeinflusst, aber nur in der Art, dass ich meine Vorliebe für den oben beschriebenen Black Metal erkannt habe.

Daniel: Wovon handeln Deine Texte? Und gibt es eine bestimmte Botschaft, die Du übermitteln willst?

Robert: Ich mag es, Konzeptalben zu kreieren, so dass sich auch der lyrische Schwerpunkt immer etwas verlagert. Aber es geht, grob gesagt, um den Menschen, die Natur, und mit dem neuen Album, welches gerade entsteht, auch die Psyche und das „Leben“ nach dem Tod. „Luonnon Voima“ war noch sehr gemixt und hatte auch Natur und Mensch im Mix als lyrischen Inhalt. Mit „Syksyn Kuoleminen“ habe ich dann ein Konzept verfolgt. Und zwar das Ableben von Herbst zum Winter und als Parallelstrang das Sterben eines Menschen; also quasi gegenseitige Metaphern hergestellt. Mein neues Album nun wird die Fortführung sein, den Naturaspekt aber etwas in den Hintergrund setzen, da sich das Menschlein nun in einem undefinierbaren, dunklen Raum wiederfindet und sich seinem eigenen Dämon stellen muss. Also eine etwas philosophischere Reise, und um einiges dunkler. Einen ersten Eindruck kann man sich schon holen, der Titel „Erwacht“ ist auf der Lebensnacht Soundcloud hörbar.

LEBENSNACHTDaniel: War Lebensnacht von Anfang an als reines Soloprojekt geplant? Hättest Du nicht auch mal Lust, mit Lebensnacht live aufzutreten?

Robert: Ja, es war von Anfang an als Soloprojekt gedacht. Teamarbeit hat seine Vorzüge, alleine arbeiten aber auch. Ich brauchte ein Projekt, wo ich keine Kompromisse machen muss und immer dran arbeiten kann, wann ich will. Ja, live würde ich die Lieder gerne einmal spielen. Ich denke, die Einfachheit und der Rhythmus eignen sich hervorragend, die Mähne zu schütteln und eine geile Atmosphäre zu erzeugen. Wann muss man mal sehen, man muss ja auch erstmal genügend Helfer finden.

Daniel: Du hast zuvor bei NordanVindar gespielt und warst auch Live-Musiker bei Ungoliath. Warum hast Du die Zusammenarbeit mit beiden Bands beendet?

Robert: NordanVindar ist der alte Name von Tann im Nebel, welches ich mit oben genannten Henrik zusammen gemacht habe. Bestimmte Änderungen in unseren Leben und vor allem bei Henriks Musikgeschmack haben dazu geführt, dass wir ein neues Projekt im Auge haben. Außerdem habe ich noch ein Nebensoloprojekt gegründet mit dem Namen Heimfard, welches stark von dem „Viking“-Bathory, Moonsorrow, Doomsword und Falkenbach inspiriert ist und einfach als Ventil für meine Vorliebe zu diesem Genre dient. Ungoliath ist/war ebenfalls ein Ein-Mann-Projekt von Steffen K., einem guten Freund von mir. Er hat einfach gerade keine Zeit dafür (Arbeit, andere Band). Deswegen ist das Projekt im Stillstand, aber falls er weitermacht, bin ich weiterhin dabei.

Daniel: Gibt es noch andere Bands oder Projekte, bei denen Du involviert bist?

Robert: Ja, ich bin Drummer in einer Band aus drei Leuten, James Hawkins, mein Labelpartner aus Canada und Mitglied von As Autumn Calls, und Mark Thompson, ein in Deutschland lebender englischer Maler und Einzelgänger, mit Dispersed Ashes. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen, da wir noch nicht offiziell existieren, hehe! Aber es ist kein Black Metal, so viel kann ich sagen.

Daniel: Deine erste Veröffentlichung war die Split mit Agael. Wie bist Du mit dieser Band in Kontakt gekommen? Und in welchem Format ist diese Split überhaupt erschienen? Auf Tape oder Vinyl?

Robert: Agael ist eines der ersten Bands meines Labels Naturmacht Productions. Ich kenne ihn also seit 2009. Es hat sich eine tiefe Freundschaft entwickelt und das manifestierte sich dann in der Idee einer Split, da wir uns in der Art und Weise Musik zu sehen und zu machen, sehr ähneln. Außerdem war es für uns eine gute Gelegenheit den ersten bzw. zweiten Schritt zu machen. Eine besondere Sache in vielerlei Hinsicht für beide von uns. Erschienen ist sie als CD über mein Label und ist immer noch erhältlich.

LEBENSNACHTDaniel: Deine beiden Alben „Luonnon Voima“ und „Syksyn Kuoleminen“ sind beide innerhalb von wenigen Monaten veröffentlicht worden. Warum ging das so schnell? Hat deswegen alles so lange gedauert? Ich meine, zwischen Gründung und Debüt liegen immerhin fünf Jahre… Und wäre es nicht vielleicht kostengünstiger gewesen, dann eine Doppel-CD anstelle von zwei Alben zu machen?

Robert: Also, wirklich entstanden sind „Luonnon Voima“ 2012 und „Syksyn Kuoleminen“ 2013. Jedoch war erst geplant, „Luonnon…“ anstelle von „Syksyn…“ zu veröffentlichen. Ich habe mich dann jedoch dafür entschieden, „Luonnon…“ als freien Download zur Verfügung zu stellen und „Syksyn…“ als CD zu veröffentlichen, da das Material schon fertig war und sonst über ein Jahr herumgelegen hätte. Ich wollte aber den gegenwärtigen Stand des Projektes darbieten. Und das war dann die beste Lösung.

Daniel: Auf dem Debüt gibt es richtige Black Metal-Songs mit Gitarre und Schlagzeug. Das zweite Album ist viel ruhiger. Ist „Syksyn Kuoleminen“ von daher nur ein Experiment gewesen? Oder wirst Du auch in Zukunft immer mal wieder zwischen Black Metal und Ambient pendeln?

Robert: Also, das Pendeln wird es immer geben, der Ambient ist ein Teil von Lebensnacht und kommt ja auch bei „Luonnon Voima“ vor. Aber „Syksyn Kuoleminen“ war von der Thematik einfach anders. Ich wollte eine eher melancholische Stimmung, denn Dunkle und Zerstörerische kreieren. Ich bin ein sehr intuitiver Musiker, ich schreibe an sich keine Songs. Ich habe eine Idee, wie das Album sein soll, danach richte ich dann alles aus, aber ich weiß trotzdem am Anfang nicht, wie das Album sein wird am Ende. Ein Lied entsteht bei mir mit einem Riff oder einer Akustikpassage bzw. einer Melodie und dann baut es sich auf. Dass sich die Lieder dann ähneln, kann vorkommen. Ich bin nämlich kein Perfektionist, sondern liebe es einfach Musik zu machen. Klar will ich mich verbessern, aber mir geht es sehr um Authentizität und Ehrlichkeit, das was ich am Black Metal so schätze. Es gibt ein Level, was ich erreichen will, soundtechnisch und kompositorisch gesehen, aber es wird nie die Ehrlichkeit und Atmosphäre dafür geopfert werden. Mir ist klar, dass meine Musik manche langweilt und manchen sowieso nicht zusagt, aber das ist mir egal, ich kann und werde nicht anders Musik machen. Ansonsten würde Lebensnacht eine weitere leere Hülle sein, die nur so tut als ob. Das heißt für mich „true“ sein. Wahrhaftigkeit!

LEBENSNACHTDaniel: Was hat es eigentlich mit den finnischen Album- und teilweise auch Songtiteln auf sich? Hast Du finnische Vorfahren oder so? Oder fasziniert Dich einfach nur die Sprache. Bei dem Ambient Projekt Vinterriket aus Bayern war es ja z. B. so, dass er anfangs auch norwegische Titel verwendet hat? Eine nur zufällige Parallele?

Robert: Oh, ich liebe Finnland und die Finnische Sprache. Vorfahren habe ich keine, aber meine Verlobte ist Finnisch. Außerdem haben die Titel einen sehr eigenen Klang und ich bediene mich dem einfach auch als Stilmittel. Aber es stellt auch meine tiefere Verbundenheit zu diesem Flecken Erde dar.

Daniel: Erzähl uns doch bitte auch etwas über Dein eigenes Label Naturmacht Produktionen! Wann und wie kam es zu der Gründung des Labels? Hattest Du vorher schon andere Labels kontaktiert, um Deine Musik zu verbreiten? Oder war es von Anfang an so geplant, dass Du auch ein eigenes Label ins Leben rufst, um befreundete Bands und Bands, die Dir gefallen, zu unterstützen?

Robert: Teils, teils. Entstanden ist es aus dem Wunsch, einmal etwas zu schaffen und dann um der Untergrundszene ein professionelles, aber vor allem ehrliches und faires Label zu geben. Ich wollte und will etwas verändern bzw. erschaffen, was der Masse entgegenwirkt. Das Label ist einmal für meine Bands, auch wenn ich kein Problem hätte, es über andere machen zu lassen. Andererseits ist es für jene Menschen, die genau wie ich Musik machen, um der Kunst willen und sich dadurch verwirklichen wollen. Dabei helfe ich gerne und es ist wunderbar, mit solchen Leuten solch engen Kontakt zu haben, denn oft sind es sehr persönliche Angelegenheiten. Leute, die Musik machen, um Geld und „Ruhm“ zu ernten, sind bei uns definitiv falsch und werden aussortiert.

Daniel: Wie finanzierst Du die Veröffentlichungen eigentlich? Kostet das nicht einen Haufen Geld?

Robert: Ich hatte etwas Erspartes und es ging am Anfang, aber natürlich muss man sehr viel investieren die ersten Jahre und kann nur kleine Schritte machen. Ich habe dann James Hawkins, den ich mit As Autumn Calls unter Vertrag genommen hatte, als Partner gewonnen, sodass die Last und Arbeit von mehreren Schultern getragen werden kann, was der ganzen Sache ungemein geholfen und sie sehr gestützt hat, wofür ich James sehr dankbar bin. Naturmacht Productions/Rain Without End Records ist aber immer noch in einer Entwicklungsphase, aber am Ende sollte sich jedes Unternehmen immer weiterentwickeln, sonst endet es wie Nokia.

Daniel: Dass Du ein Label gegründet hast, zeigt mir, dass Du selbst auch Interesse an physischen Tonträgern hast. Ich persönlich hasse z. B. MP3-Dateien. Wie sieht das bei Dir aus? Du musst ja als Label notgedrungen mit ihnen arbeiten, oder? Sind sie für Dich nur Mittel zum Zweck?

Robert: Ja genau, Mittel zum Zweck. Ich habe bis jetzt nur ein Album digital erworben, was an sich auch eine super Sache ist, vor allem wenn Versandkosten und Lieferzeit astronomisch sind. Auch deswegen und auch um mit der Zeit zu gehen, haben wir es bei Naturmacht Productions/Rain Without End Records mit ins Angebot genommen. Persönlich bevorzuge ich aber, wie du schon sagtest, die CD. Das Artwork gehört einfach zum Gesamten dazu und ist genauso wichtig, wie die Musik selbst. Label-intern zum Arbeiten sind MP3’s jedoch essentiell, sparen Kosten und sind ungemein praktisch.

Daniel: Welche Zukunftspläne hast Du noch mit Lebensnacht und Deinem Label?

Robert: Weiter das zu machen, was wir jetzt tun. Ich denke, damit ein Projekt gelingt, muss es einfach konstant gute Leistungen bringen und überleben, aber dabei auch immer die Seele, die Wahrhaftigkeit erhalten. Das wird die Herausforderung sein, denke ich, beide Dinge weiterhin mit hoher Qualität durch die Wogen und Stürme des Lebens zu steuern.

Daniel: Na gut, Robert! Die letzten Worte gehören Dir!

Robert: Vielen Dank an Dich für das Interview und die guten Fragen. An alle anderen: Keep it true!

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Autor: Daniel Müller