AFTER ALL - Rob Halford hat unseren kompletten Gig gesehen!


Ich kam erstmals mit After All in Kontakt, als ich die Vinylversionen ihrer Alben bei Killer Metal Records bestellt habe. Seitdem gab es hin und wieder Gelegenheiten, die Band live zu sehen. Als ich nach ihrem Konzert in Köln mit Overkill, Destruction und Heathen in Köln im März 2011 aus Geldnot ihren Merchandise stehen lassen musste, habe ich Gitarrist und Gründungsmitglied Dries van Damme per E-Mail kontaktiert und Zeug bei ihm bestellt. So entstand ein Kontakt, der bis heute erhalten geblieben ist. Mit großen Labels wie Ván Records und Roadrunner im Rücken dürften die Belgier nun endlich nach über 20 Jahren den Underground verlassen. Trotzdem sind sie immer noch weitgehend unbekannt. Grund genug also, noch ein bisschen die Werbetrommel für After All zu rühren.

AFTER ALL logo INTI 2012Daniel: Hallo Dries! Lass uns zunächst einmal mit Eurem neuen Album “Dawn Of The Enforcer” beginnen, OK? An der Tracklist ist mir aufgefallen, dass Euren beiden EPs “Betrayed By The Gods” (2010) und “Becoming The Martyr” (2011) komplett auf dem neuen Album enthalten sind. Im Booklet sind auch die selben Studios und Produzenten erwähnt. Sind den sieben alten Songs demnach tatsächlich nur drei komplett neue Songs hinzugefügt worden? Oder habt Ihr die Songs der EPs auch noch einmal neu aufgenommen?

Dries: Hey Daniel. Lass mich erklären, was passierte: Nach unserem letzten Album “Cult Of Sin” aus dem Jahr 2009 löste sich unsere alte Plattenfirma zu dem Zeitpunkt auf, als die Platte promotet und vertrieben werden sollte. Es gab viele gute Kritiken für das Album. Aber es war in den Läden schwierig aufzutreiben. Anfang 2010 stießen dann Sammy als neuer Sänger und Frederik als neuer Bassist zu uns. Wir nahmen ein paar Songs von „Cult Of Sin“ mit der neuen Besetzung noch einmal auf. 2011 kamen dann noch weitere Songs dazu, sowohl alte als auch neue. Diese Aufnahmen wurden dann für die beiden streng limitierten EPs verwendet, die Du erwähnt hast. Diese EPs wurden aber nur zu Promotionszwecken verwendet, um einen neuen Plattenvertrag an Land zu ziehen. Wir haben aber auch einige Exemplare auf den Tourneen, 2010 mit Fear Factory und 2011 mit Overkill, dabei gehabt. Ende 2011 beendeten wir dann die nächsten Aufnahmen, und wir haben sie dann alle zusammen auf „Dawn Of The Enforcer“ gepackt. Wir hätten es schade gefunden, wenn die Songs von „Cult Of Sin“ niemals die Chance bekommen hätten, in vernünftiger Form gehört zu werden. Deswegen haben wir uns entschieden, die neuen Versionen mit auf das Album zu packen.

Daniel: In den BeNeLux-Ländern wurde “Dawn Of The Enforcer” von Roadrunner Records veröffentlicht, in Deutschland, der Schweiz und Österreich jedoch von Ván Records. Das hat mich aufgrund Eurer musikalischen Ausrichtung etwas überrascht. Wie kam es denn dazu?

Dries: Die belgische Abteilung von Roadrunner Records war schon seit einiger Zeit an uns interessiert. Nach dem Killfest 2011 mit Overkill, Destruction und Heathen haben sie uns dann endlich unter Vertrag genommen. Roadrunner haben das Album dann in Belgien und Holland veröffentlicht. Alle anderen Roadrunner-Filialen waren zu dem Zeitpunkt mit Warner verknüpft. Und die hatten gerade leider kein Interesse an Thrash Metal. Ich war schon einige Zeit mit Ván Records in Kontakt, als sie uns einen guten Vertrag anboten. Es war also kein Schnellschuss. Ván Records sind bekannt dafür, dass sie sehr offen für Musik sind. Also waren wir mit ihnen einverstanden. Einige meiner momentanen Favoriten sind dort auch unter Vertrag, zum Beispiel The Devil’s Blood, Year Of The Goat und Necros Christos. Von daher ist es schon ziemlich cool, ein Teil von Ván Records zu sein. Sie haben neben der Vinylversion übrigens auch die CD als exklusiven Digipack gemacht, während Roadrunner nur die Standardversion des Albums in normaler Hülle gemacht haben.

Daniel: Das Cover hat Ed Repka gemalt, der schon für Legenden wie Megadeth, Death, Massacre, Evildead, Atheist, Nuclear Assault, Toxik, Sanctuary, Suicidal Angels und vielen andren gearbeitet hat. Wie seid Ihr mit ihm in Kontakt gekommen?

Dries: Tja, wir sind natürlich alle mit vielen Alben aufgewachsen, die er schon verziert hat. Megadeth, Nuclear Assault und Toxik haben einige meiner Lieblingscover. Es war also von Anfang an klar, das er unser Cover malen musste, haha! Es war echt cool, mit ihm zusammenzuarbeiten. Ich tauschte ein paar Ideen mit ihm aus und er machte daraus genau das Cover, das uns vorschwebte. Es hat sofort alles gepasst.

Daniel: Ihr seid jetzt schon seit über 20 Jahren aktiv. Ihr habt Euch schon mit den größten Bands der Szene die Bühne geteilt: Judas Priest, Sacred Reich, Overkill, Heathen, Destruction, Vicious Rumors, Agent Steel und noch viele andere mehr. Wie kommt es, dass After All immer noch eine Undergroundband ist? Kannst Du Dir das erklären?

Dries: Du hast vergessen, King Diamond, Anthrax, Armored Saint, Exodus, Testament, Forbidden, Anvil, Saxon, Voivod, Laaz Rockit usw. zu erwähnen. Weißt Du, es ist schon etwas Besonderes für uns, so lange ein Teil der Metal-Szene zu sein. Es stimmt zwar, dass der große Durchbruch bisher ausblieb. Aber ich finde, wir haben uns tapfer geschlagen. Mit jedem neuen Album haben wir weltweit Tonträger an Fans verschickt: nach Deutschland, nach ganz Europa, sogar in die USA, nach Russland und Südamerika! Und obwohl wir immer noch eine Undergroundband sind, haben wir weltweit immer mit größeren Bands gespielt. Demnach haben wir wohl alles richtig gemacht. Es ist schwer zu sagen, warum der große Durchbruch ausblieb. Vielleicht hätten wir einfach bessere Promotion oder etwas mehr Unterstützung im Live-Sektor gebraucht. Mit einer richtig großen Band zu touren und die großen Festivals mitzunehmen, würde dabei helfen. Aber hey: Wir arbeiten dran…

AFTER ALL sammy peleman 2012Daniel: Damit habt Ihr bereits begonnen: Anfang des Jahres habt Ihr mit Judas Priest ein Konzert in Belgien gespielt. Erzähl uns doch bitte einmal, wie es genau dazu kam!

Dries: Judas Priest wollte eine bekannte, lokale Band haben, die für sie eröffnen sollte. So kamen sie auf uns. Wir fühlten wir uns sehr geehrt! Wir sind schließlich mit der Musik von Judas Priest, Iron Maiden, Dio, Metallica usw. aufgewachsen. Es war wirklich beeindruckend, mit ihnen zu spielen! Wir spielten in der Lotto Arena in Antwerpen, einer größten Konzerthallen in Belgien überhaupt. Rob Halford hat sich am Bühnenrand unseren kompletten Gig angesehen. Das war schon irgendwie surreal. Nach dem Auftritt haben wir die Band getroffen. Alles lief super. Das war definitive eines der absoluten Höhepunkte in unserer bisherigen Karriere. Ich wünschte, wir könnten noch mehr solcher Shows spielen. Für Iron Maiden zu eröffnen, wäre zum Beispiel noch ein Traum für uns. Vor ein paar Jahren haben wir auch auf dem Graspop Festival hier in Belgien gespielt, wo Iron Maiden Headliner waren. Ich meine, die eine Show mit Judas Priest hat uns gezeigt, dass wirklich alles möglich ist…

Daniel: Das erste Mal kam ich mit After All in Berührung, weil ich mir die Vinyl-Wiederveröffentlichungen “The Vermin Breed” und “This Violent Decline” direkt bei Killer Metal Records bestellt habe. Wie seid Ihr mit Jens Häfner in Kontakt gekommen? Er hört ja eher klassischen Heavy Metal, als moderneren Thrash, den Ihr auf den beiden Alben gespielt habt…

Dries: Ich kam mit ihm in Kontakt, weil ich selbst großer Vinylsammler bin. Als wir damit anfingen, Alben zu veröffentlichen, war für mich sofort klar, dass ich ihn einmal nach Vinylveröffentlichungen von uns fragen würde. Killer Metal Records haben übrigens sehr gute Arbeit für uns geleistet. Wir sind immer noch sehr stolz darauf, dass sie unsere LPs rausgebracht haben!

Daniel: Die Stimme Eures Ex-Sängers Piet Focroul erinnert mich etwas an Russ Anderson von Forbidden, während sein Nachfolger Sammy Peleman eine starke US Metal-Schlagseite im Stil von Flotsam And Jetsam oder Agent Steel hat. Würdest Du mir da zustimmen?

Dries: Ja, absolut! Sammy ist ein echtes Talent. In den höheren Stimmlangen erinnert er mich sehr an Geoff Tate auf dem “The Warning”-Album. Und sowohl John Cyriis, als auch Erik AK gehören ebenfalls zu meinen Lieblingssängern. In sofern passt das schon. Wenn er tiefer singt, erinnert er mich etwas an Warrel Dane. Für uns war Sammy der perfekte Sänger genau zur richtigen Zeit.

Daniel: Warum hat Piet die Band überhaupt nach so langer Zeit verlassen?

Dries: Na ja, ich bin nicht der Typ, der so etwas in der Öffentlichkeit diskutieren will. Aber der Hauptgrund war, dass er nicht genügend Zeit für alle unsere Tourneen aufbringen konnte. Wir sind halt wirklich sehr viel getourt. Und da ist es natürlich wichtig, dass alle Beteiligten verfügbar sind.

Daniel: Und wie seid Ihr dann auf Sammy Peleman gestoßen? Hat er vorher schon in Bands gesungen, mit denen Ihr vertraut wart?

Dries: Sammy hat schon zuvor in anderen Bands gesungen, aber nie etwas Offizielles  veröffentlicht. Wir haben ihn auf einem unserer Konzerte getroffen. Er war einer von denen, die in der ersten Reihe standen und alle Texte lauthals mitgesungen hat. Er kannte alle unsere Texte. So sind wir auf ihn aufmerksam geworden.

Daniel: Die älteste mir bekannte After All-Veröffentlichung ist die Split-EP mit Double Diamond aus dem Jahr 2002. Da habt Ihr noch mehr klassischen Heavy Metal gespielt, bevor Ihr zum Thrash Metal übergegangen seid. Haben sich Eure musikalischen Einflüsse in all den Jahren sehr verändert?

Dries: Oh ja, wir haben seit 1989 eine sehr interessante Entwicklung hinter uns, haha! Für mich persönlich war „Mercury Rising“ aus dem Jahr 2003 eigentlich erst der richtige Beginn von After All, so wie man sie heute kennt. Von da an haben wir uns auf unsere Thrash Metal-Wurzeln besonnen und nur noch schnellere und härtere Songs gespielt.

Daniel: Ich habe alle After All-Veröffentlichungen seit 2002 in meiner privaten Sammlung. Wie sieht es denn mit Euren allerersten Scheiben von 1992 bis 2001 aus? Werden sie eines Tages vielleicht auch auf Vinyl erscheinen? Die einzige CD, die ich von Euch bei Ebay gefunden habe, ist „Dead Loss“ von 2000. Die anderen sind wie vom Erdboden verschwunden. Kann man die denn noch bekommen; vielleicht auf direkt von der Band selbst?

Dries: Alles, was wir vor 2003 gemacht haben, unterscheidet sich drastisch von der Musik, die wir heute spielen. Als wir 1989 anfingen, waren wir eine lupenreine Thrash Metal-Band, die von Bands wie Slayer, Kreator, Sacred Reich, Nuclear Assault, SOD und Konsorten beeinflusst war. Unser erstes Album „Wonder“ war ziemlich alternativelastig, das zweite, „Transcendent“, war sehr metallisch, aber kein Thrash. Das dritte Album „Dead Loss“ war dagegen eine sehr düstere, stimmungsvolle und stellenweise doomige Platte. Ich bin immer noch stolz auf alle unsere Alben. Es war ein langer Weg, aber wir brauchten bis zu „Dead Loss“, um zu erkennen, wo wir genau hin wollten. Da haben wir uns dann wieder auf unsere richtigen Wurzeln besonnen. Seitdem spielen wir 80er Thrash im Stil der Bay Area, aber immer mit vielen Melodien und klarem Gesang. Übrigens: Die meisten limitierten EPs sind komplett vergriffen. Alle unsere regulären Alben – auch die alten - können aber noch direkt auf unser Internetseite, http://www.afterall.be, bestellt werden.

AFTER ALL band INTI 2012Daniel: Ihr habt schon einige Stilwechsel mit After All hinter Euch. Es gab auch einige Besetzungswechsel. War Dir trotzdem von Anfang an klar, dass Du mit dieser Band immer unter dem Namen After All weitermachen würdest?

Dries: Unser Gitarrist Christophe Depree und ich haben diese Band bereits 1989 ins Leben gerufen. Und solange wir beiden dabei sind, werden wir als After All weitermachen. Da gibt es überhaupt keine Diskussion, haha!

Daniel: Lass uns einmal kurz über die belgische Metal-Szene reden, OK? Ich kenne da nicht allzu viele Bands, wenn ich ehrlich bin. Ich kenne nur drei Black Metal-Bands (Ancient Rites, Enthroned und Svartkrist), Double Diamond von Eurer Split-EP und eine geile Power Metal-Combo namens FireForce, die ich auf dem „Metal Against Child Cancer“-Festival 2009 in Deerlijk/Belgien live gesehen habe. Gibt es noch weitere Bands aus Eurem Land, die Du uns empfehlen kannst? Und unterstützen die wenigen belgischen Bands sich gegenseitig, wenn es z. B. um Konzertveranstaltungen usw. geht?

Dries: FireForce ist tatsächlich sogar der neue Name von Double Diamond. Wir sind gut mit ihnen befreundet und spielen hin und wieder mit ihnen zusammen. Es gibt ein paar wirklich coole Bands hier. Die meisten von ihnen spielen extremeres Zeug. Aber es gibt auch ein paar Ausnahmen, z. B. Sardonis, die instrumentalen Sludge/Doom spielen. Oder Guilty As Charged, eine coole Thrash-Band. In den 80ern blühte die belgische Metal-Szene richtig auf und es gab Kultbands wie Cyclone, Acid oder Bad Lizard.

Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit After All aus?

Dries: Wir haben gerade die Videodreharbeiten zu “To Breach And Grieve” abgeschlossen, unserer nächsten Single vom „Dawn Of The Enforcer“-Album. Wir werden natürlich auch 2013 weiterhin ausgiebig touren. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt. In der Zwischenzeit schreiben wir neue Songs für ein neues Album, wozu es aber wohl nicht vor 2014 kommen wird...

Daniel: OK, Dries! Die letzten Worte gehören Dir!

Dries: Danke für Deine Unterstützung, Daniel! Und danke auch an alle anderen deutschen Metalheads, die immer hinter uns standen! Kein Rückzug! Keine Abtretung!

 

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Autor: Autor: Daniel Müller