WHISKEY RITUAL - KINGS


Label:FOLTER
Jahr:2022
Running Time:37:02
Kategorie: Neuerscheinung
 

Ich muss gestehen, ich habe das Vorgängeralbum „Black Metal Ultras“ von Whiskey Ritual verpasst. Dessen Vorgänger „Blow With The Devil“ läuft hier regelmäßig, daher kann es sein, dass ich die stilistische Weiterentwicklung der fünf Italiener versäumt habe. Umso überraschter war ich, was beim Einlegen des aktuellen Werkes „Kings“ aus den Boxen schallte. Klirrende Kälte, deutlich mehr „Black Metal“ als „Black´n Roll“- Attitüde, als ich erwartet hätte. Der Opener .“Kings“ gibt direkt alles und holt den Hörer sofort ab auf eine gut halbstündige Reise durch Underground-Clubs, Exzesse und Schlägereien. Die selbsternannten „Black Metal Ultras“ tischen hierbei gehörig auf. Textlich und inhaltlich bewegt man sich auf gewohntem Terrain, Drogen, Gewalt und natürlich Satan haben allesamt ihren Platz, gewürzt mit allerlei Kraftausdrücken beschert uns das fünfte Full Length Album eine gute halbe Stunde besinnliche Vorweihnachtsstimmung.

Tatsächlich habe ich nie hinterfragt, wie ernst die Message gemeint ist, wirkt es doch wie Black Metal gewordener Gangsta-Rap. Aber Spaß macht es auf jeden Fall, so oder so. Der zweite Beitrag „Robin Hood“ geht wieder etwas mehr in Richtung ihrer Black´n Roll Wurzeln, eine düstere, eingängige Mitgrölhymne, diesen Song werde ich den Rest des Tages im Ohr haben, „Trve Escort“ schlägt in die gleiche Kerbe, während „Rien Ne Va Plus“ dermaßen epochal startet, dass ich mich ein weiteres Mal versichern muss, keinen Sampler eingelegt zu haben. Aber der für Whiskey Ritual typische Heisergesang bestätigt, dass es die richtige Scheibe ist. Sehr finster und wütend, beinahe schon rituell anmutend mit einem (geschrienen) Hintergrundchorus, rast der Track am Hörer vorbei und macht dabei keine Gefangenen. „Jetlag“ zeigt ein wenig Anleihen an alten New York City Hardcore, „Goodfellas“ wiederum könnte aus der Feder von Emperor zu „Nightside“-Zeiten stammen.

„Eye For An Eye“ kommt dermaßen herrlich stumpf aus den Boxen, dass es eine wahre Freude ist. „Blue Lights“ ist wieder eine klassische Black´n Roll Nummer, simpel, aber eingängig komponiert und wird von „Welcome To The Grey Zone“ als Rausschmeißer abgerundet. Nachdem die Band schonungslos mit allem und jedem abgerechnet hat, ist der Release so plötzlich vorbei, wie es angefangen hat. Alles in allem wirkt „Kings“ erwachsener (sofern man dies nicht mit „Vernunft“ assoziiert), besser komponiert als das mir zuletzt bekannte „Blow With The Devil“ und klingt ein deutlich mehr nach klassischem Black Metal, in der kalten und atemlosen Wut erinnert es streckenweise an Ofermod oder Watain, aber ohne diese auch nur ansatzweise zu kopieren.

Fand ich das Quintett schon vorher großartig, katapultieren die Italiener sich mit „Kings“ spontan noch in meine persönlichen Top-Ten 2022. Soundmäßig und spielerisch gibt es nichts zu mäkeln, einziger Wermutstropfen ist, dass die Scheibe so kurz ist. Die Bandbreite der stilistischen Mittel wirkt kurzweilig, macht es aber schwer, einen klaren Favoriten auf dem Silberling zu finden. Zusammengefasst handelt es sich bei „Kings“ um einen hervorragenden Soundtrack für Kneipenschlägereien, Hochgeschwindigkeitsfahrten auf der Autobahn oder eben die Familienfeier an Heiligabend. Klare Empfehlung für jeden, der keinen Wert auf hochglanzpolierten Metal legt, sondern mehr Freude an Räudigkeit und viel Wut hat. Beides gibt es hier zu Hauf.

Note: 8 von 10 Punkten
Autor: Andreas Sprack


zurück zur Übersicht