Pistol: Hallo Wolf, das ist ja pünktlich auf die Minute. Alles klar bei dir?
Wolf: Hi Pistol, ja sicher alles klar. Hast du Whats App? Sonst ruf ich gleich von zu Hause an.
Pistol: Okay kein Problem, das machen wir so. Whats App habe ich nicht.
Wolf: So, da bin ich wieder. Jetzt per Wi-Fi, da ist die Qualität auch besser.
Pistol: Auf jeden Fall, weiß du ich bin mehr so der Handy Abstinenzler und mich nerven diese Dinger nur noch. Gerade wenn ich das sehe auf Konzerten zum Beispiel, da stehen Leute in der ersten Reihe und spielen nur mit ihrem Mobiltelefon rum. Vollkommen respektlos in meinen Augen.
Wolf: Ja, das ist die Zeit heutzutage. Da machst du nichts dran.
Pistol: Nein nicht wirklich. Ich habe mal ein wenig recherchiert und festgestellt, dass du der Einzige übrig gebliebene aus dem Original Line-Up von Accept bist.
Wolf: Genauso so ist es, der letzte Mohikaner der übrig geblieben ist sozusagen haha.
Pistol: Ja, mir fiel da die Geschichte ein, wie ich erstmalig mit Accept in Berührung gekommen bin. Das müsste so 1980 gewesen sein. Kennst du noch die Diskothek im WDR mit Mal Sondock?
Wolf: Ja natürlich, klar! Mal Sondocks Hitparade, logisch!
Pistol: Wir konnten früher immer Freikarten bestellen beim WDR, immer zehn Stück für den Jugendpark in Köln. Also waren wir sozusagen immer da. Und einmal wurde dann eine Neuvorstellung einer Band aus Solingen angekündigt und „I’m A Rebel“ donnerte durch den Tanzsaal. Ja, was soll ich sagen, wir haben die Bude fast zerlegt.
Wolf: Haha, geile Sache. Das ist aber schon eine Weile her.
Pistol: Ja, wie gesagt so 1980 rum müsste das gewesen sein.
Wolf: Ja das kommt hin, klingt zumindest richtig haha.
Pistol: Soweit die Recherche, aber nun zu dir. Du kommst ja ursprünglich aus Wuppertal richtig?
Wolf: Genau, ich bin ursprünglich aus Wuppertal, die Band kam aus Solingen was ja quasi nebenan ist.
Pistol: Dann kennst du ja auch sicher den Michael Wagener gut, ebenfalls aus Wuppertal.
Wolf: Ja natürlich, guter alter Kumpel. Mittlerweile lebt er ja in Nashville
Pistol: Wie ich gehört habe hat er allerdings seine Zelte dort abgebrochen. Ich bin mit seinem Nachbarn, Caleb KBC Sherman, befreundet. Er erzählte mir das.
Wolf: Ja so ist das, er hat sein Studio verkauft und sich mehr oder weniger zur Ruhe gesetzt.
Pistol: Nochmal ein Blick ganz weit zurück, ich habe überlegt ob wir beide nicht schon mal zusammen Steaks gegessen haben.
Wolf: Echt, ja das kann bestimmt sein. Wo denn, wann denn?
Pistol: Nun das war zu den Aufnahmen eures Albums „Eat The Heat“, das wurde ja im Dieter Dirks Studio in Stommeln bei Köln aufgenommen. Zur gleichen Zeit waren Kumpels von mir dort auch im Studio um eine Platte aufzunehmen. Abends ging es dann in ein Steakhaus, was in direkter Nähe war.
Wolf: Ach ja bei der Marianne, stimmt ich erinnere mich.
Pistol: Naja, wir haben dann versucht eurem Sänger David Reece kölschen Dialekt beizubringen. Daran hatte er großen Spaß und bestellt dann nur noch „Early Beer“ also das örtliche Früh Kölsch.
Wolf: Hahaha cool!
Pistol: Ja und ich denke du bist da bestimmt dabei gewesen.
Wolf: Bestimmt sind wir uns da unbekannterweise mal über den Weg gelaufen. Aber jetzt kommen wir auf jeden Fall wieder auf Tour und wollen natürlich ein wenig Werbung machen, damit die Hallen auch schön voll werden.
Pistol: Momentan ist es ja wirklich eine schwierige Situation, wenn ich sehe wieviel Touren mangels fehlenden Vorverkaufs abgesagt werden, ist das echt traurig.
Wolf: Na ich glaube, es ist gar nicht immer der fehlende Vorverkauf. Oftmals geht dem Veranstalter die Luft aus, weil die Kosten so extrem gestiegen sind. Die ganze Landschaft hat sich ja leider total verändert. Alle, die die Covid Zeit durchhungert haben, mussten feststellen, wenn wieder Arbeit kommt, fehlt es überall an Personal. Dazu kommt das alles viel teurer geworden ist, die Lieferketten sind unterbrochen. Hotels, Flüge und vieles andere ist viel kostenintensiver als jemals zuvor. Ein totales Tohuwabohu in der Entertainmentlandschaft.
Pistol: Klar, du musst ja auch viele Dinge vorfinanzieren, gerade bei Festivals.
Wolf: Ja sicher, aber in den seltensten Fällen liegt es an der Band, mehr so in der Natur der Sache. Es bleibt uns im Moment gar nichts anderes übrig, als da irgendwie durchzukommen.
Pistol: Auf jeden Fall. Wir sind ja seit vielen Jahren doch recht nahe am Geschehen und kennen auch viele Leute aus der Branche, also auch Rigger, Caterer oder Security Mitarbeiter zum Beispiel. Echt ein Trauerspiel. Andersrum kündigt zum Beispiel Peter Gabriel eine Tour an und das Ding ist ratzfatz ausverkauft. Wie kann das sein? Da werden Preise von mehreren hundert Euro aufgerufen und die Karten gehen weg wie warme Semmeln.
Wolf: Wahnsinn, das hatte ich noch gar nicht mitbekommen, dass er wieder auf Tour geht.
Pistol: Gut, wie viele andere Bands habt ihr euer altes Label Nuclear Blast verlassen und seid jetzt bei Napalm Records. Ich hatte von anderen Musikern gehört, das sie nicht mit der neuen Arbeitsweise des Labels einverstanden waren.
Wolf: Nee, wir letztendlich auch nicht mehr. Ich meine wir waren viele Jahre super zufrieden mit Nuclear Blast. Es war wie so ein kleines Familienunternehmen, man kannte sich und alles war gut eingespielt. Dann plötzlich verkauft der Markus Staiger den ganzen Laden und dann passiert genau das, was immer in so einem Fall passiert. Immer wenn ein großer Konzern so etwas übernimmt, wandert die halbe Belegschaft ab. Zuerst heißt es natürlich immer alles bleibt beim Alten, es ändert sich nur der Name. Aber das stimmt natürlich in den meisten Fällen nicht. Die Hälfte wird wegrationalisiert, die andere Hälfte hat keinen Bock mehr. Plötzlich ist es eine ganz andere Firma wie vorher, die nichts mehr mit dem zu tun hat, was vorher da war. Wir haben das sofort gemerkt, aber letztlich haben wir auch einfach ein besseres Angebot von Napalm Records bekommen. Da war direkt das Gefühl, das ist ein Team wie Nuclear Blast eben früher mal war. Die stehen hinter der Sache und wollen Accept unbedingt haben. So gab es von unserer Seite aus eigentlich gar kein langes Überlegen.
Pistol: Absolut verständlich, man muss ja auch von irgendetwas leben. Der Markus Staiger hat ja mit Atomic Fire ein neues Label aufgemacht.
Wolf: Ja genau, er fängt jetzt quasi wieder von vorne an.
Pistol: Aber er hat natürlich einen Namen. Und die ehemalige Geschäftsführerin Antje Lange, hat jetzt euer Management übernommen. Vorher hat deine Frau ja diesen Job gemacht.
Wolf: Ja genau.
Pistol: Nun aber zur anstehenden Tour. Ihr kommt im Frühjahr 2023 und wie ich gesehen habe, habt ihr die Iron Maidens mit im Gepäck. Kannst du mir dazu was erzählen? Warum nehmt ihr eine Tribute Band mit auf Tour?
Wolf: Weil das eine geile Frauen Band ist, die unheimlich Stimmung bringt und sie einfach geile Mucke machen. Ich glaube für das Publikum ist das eine interessante Sache. Für uns ist das ein gutes Package und wir kriegen jede Menge begeisterte Resonanz darauf. Iron Maiden Songs sind ja nun sehr beliebt und die Mädels machen wirklich eine fette Show. Das reicht doch schon.
Pistol: Ich habe sie schon mehrfach live gesehen und finde sie auch klasse, vor allen Courtney Cox an der Gitarre und Linda McDonald am Schlagzeug. Sie stammt ja noch von Phantom Blue, auch eine Frauenband von damals.
Wolf: Ja siehst du, also alles richtig gemacht.
Pistol: Auf jeden Fall, mich hatte nur gewundert das ihr als Band mit eigenem Material eine Coverband mitnehmt. Das habe ich persönlich als komisch empfunden.
Wolf: Nee das ist nicht komisch, es wird super werden. Das wirst du sehen!
Pistol: Ja bestimmt, davon gehe ich aus haha. Die Scorpions waren ja jetzt mit den Mädels von Thundermother unterwegs. Allerdings spielen die ja eigene Songs mehr so in die Richtung AC/DC, jedenfalls haben sie zusammen eine Menge Shows in den USA gespielt. Vielleicht hast du sie schon mal gehört.
Wolf: Nein, ich glaube bis jetzt nicht wirklich.
Pistol: Aber wieder zu Accept, was kannst du mir über die Tour verraten. Gibt es Überraschungen die ihr geplant habt?
Wolf: Ja die Überraschung ist natürlich erst einmal das wir neue Songs im Gepäck haben. Es sind ja jetzt die ersten Headline Shows mit unserem aktuellen Album „To Mean To Die“. Das ist ja bereits eine Weile auf dem Markt, veröffentlicht wurde es ja schon in der Pandemic Zeit. Jetzt können wir es zum ersten Mal live präsentieren und natürlich unser jetziges Line-Up. Wir kommen mit drei Gitarristen auf Tour! Also insgesamt sechs Leute in der Band und das knallt schon mächtig! Ich freue mich da unheimlich drauf!
Pistol: Das hört sich ja echt fantastisch an, aber wieso drei Gitarristen? Ist das jetzt eine Dauerbesetzung oder nur das Tour Line Up?
Wolf: Nein das ist jetzt die Dauerbesetzung, wir haben im Sommer schon Festival so gespielt und es ist einfach nur der Hammer! Jetzt willst du sicher etwas über den Hintergrund dazu wissen. Wir haben ja in 2019 eine sehr erfolgreiche Orchestertour absolviert. Leider ohne unseren Gitarristen Uwe Lulis (ex-Grave Digger), der zu der Zeit eine Beinverletzung hatte, die operiert werden musste. Da hatten wir als Ersatz Philip Shouse mit dabei. Er kommt aus Nashville, ein super netter Typ und dazu ein tierischer Gitarrist. Nach der Tour haben wir dann gedacht, es wäre echt ein Jammer den Menschen wieder nach Hause zu schicken, weil wir uns einfach super verstanden haben. Natürlich wollten wir auch unseren Uwe nicht missen und haben einfach beschlossen, es mal mit drei Gitarristen zu probieren. Was soll ich dir sagen, es klappt hervorragend! Die Stimmung innerhalb der Band ist so gut wie noch nie. Wir klingen besser und alle sind total happy mit dieser Konstellation.
Pistol: Jau, das stelle ich mir als ziemliche Wand vor, die da von der Bühne kommt mit drei Gitarren.
Wolf: Genau, da kommt richtig was an. Es macht super Laune auf der Bühne und ich denke das Publikum wird davon auch begeistert sein. Wie schon gesagt, wir haben das im Sommer auf den Festivals getestet, aber jetzt eben als Headline Show.
Pistol: Da gibt es jetzt hoffentlich keine Probleme, also alles unter Dach und Fach? Keine Ausfälle oder sowas?
Wolf: Nee ich hoffe nicht, natürlich nicht. Die Tour steht 100% absolut bombig!
Pistol: Ich meine nur, weil es ja derzeit immer wieder Problem gibt und sei es nur wegen fehlender Visa für die Musiker oder solche Dinge.
Wolf: Nee, nee in dem Fall ist da alles klar, da ist kein Theater deswegen.
Pistol: Das wünsche ich euch auch. Wie siehst du denn überhaupt die Entwicklung in der Szene? Denkst du es geht wieder aufwärts, oder wird man sich noch länger mit den ganzen Schwierigkeiten herumschlagen müssen?
Wolf: Ich glaube, es wird alles noch eine Weile dauern bis die ganzen Nachwehen von der Corona Zeit ausgebügelt sind. Mindesten ein Jahr, allein durch den Stau der da entstanden ist, weil ja niemand mehr touren konnte. Jetzt sind die Türen wieder aufgegangen und alle sind gleichzeitig unterwegs, das muss erst einmal abgearbeitet werden und sich dann hoffentlich wieder einpendeln. Es ist ja schon lange ein Thema, das eventuell viel zu viele Bands unterwegs sind. Zu viele Konzerte und die Fans gar nicht mehr wissen, welches Ticket sie nun kaufen sollen, weil jeden Abend eine andere Band in den ganzen Venues spielt. Ich meine das war ja vor Corona schon, aber jetzt erst recht. Man muss sehen wie lange es dauert und ich hoffe es pendelt sich irgendwann wieder auf so ein Vor-Pandemic Level ein.
Pistol: Es bleibt abzuwarten, aber es ist gut das aus deinem Mund zuhören. Wir haben jahrelang eine Seite betrieben, die Allaboutrock hieß. Dort haben wir für ganz Nordrhein-Westfalen inklusive der Benelux Grenzgebiete die Konzerte gelistet. Alles was irgendwie im Bereich Rock, Metal oder Blues war und jeder Club, egal wie groß oder klein der war. Und dann hast du oft gedacht, wie soll das funktionieren. An einem Abend in einer Stadt bis zu zwanzig Konzerte mit einer quasi identischen Zielgruppe. Das kann nicht funktionieren.
Wolf: Da genau liegt da Problem, es ist ja kein wachsender Markt, sondern eher eine begrenzte Zahl an Zuschauern, die generell auf Shows gehen. Es werden ja nicht immer mehr und man nimmt sich gegenseitig die Zuschauer weg. Und wenn dann soviel Konzerte am gleichen Abend sind, wie du sagst, woher sollen die Zuschauer kommen?
Pistol: Oder die Leute gehen am Ende gar nicht mehr, weil sie sich nicht entscheiden können.
Wolf: Oder sie gehen zu Peter Gabriel haha, weil sie denken er kommt zum letzten Mal und da ist es ihnen dann auch egal wie viel die Karten kosten.
Pistol: Okay aber da gibt es ja eine Menge Künstler wo man das denken könnte.
Wolf: Ja richtig, aber deswegen können die auch diese Preise aufrufen. Denk mal an die Rolling Stones oder ähnliche Bands. Jeder denkt immer, wer weiß ob die nochmal auf Tour kommen. Viele hören ja auch einfach auf, wobei die meisten ja dann doch touren solange sie können. Ich meine warum sollten sie auch aufhören, wenn sie es noch gerne machen und das Publikum noch kommt. Altersbedingt hören aber einige dann doch auf und er Zuschauer denkt, schnell nochmal ein Ticket holen wer weiß ob es nicht das letzte Mal ist.
Pistol: Ja klar, obwohl mein Eindruck ist, dass die wenigsten Rock ‘n’ Roller freiwillig die Bühne verlassen. Mir fällt da im Moment nur der Rudi Lenners ein, der hat auf den Alben „In Trance“ und „Virgin Killer“ der Scorpions getrommelt. Aber das ist eine andere Geschichte. Okay dann verrate mir zum Abschluss noch was dich glücklich macht?
Wolf: Ähm, das ist jetzt aber eine sehr allgemeine Frage. Was macht mich glücklich, hm Erfüllung würde ich sagen. Musik ist für mich eine Erfüllung und es gibt mir ein enormes Glücksgefühl, wenn ich merke die Leute hören das gerne was ich mache. Ich habe nichts Besseres gefunden im Leben als Musik. Es hat einfach eine Langlebigkeit und bedeutet vielen Menschen etwas. Also total anders, als ein Job wo du nur zum Geld verdienen hingehst und schlecht gelaunt deine Zeit dort absitzt. Und vielleicht gar keinen Bock darauf hast. Musik ist für mich die Erfüllung.
Pistol: Prima, dann vielleicht noch ein Wort an unsere Leser und dann sind wir auch durch. Wir sehen uns dann auf der Tour.
Wolf: Astrein mein Lieber, das hat Spaß gemacht. Also Leute, die Tour findet natürlich statt und wir freuen uns riesig darauf, euch endlich wieder alle vor der Bühne zu sehen!