Ralf: Hallo Ronnie! Wie geht es Dir aktuell?
Ronnie: Mir geht es zurzeit richtig gut. Ich habe keine größeren Probleme. Ich folge dem Rat meiner Ärzte, lebe so gesund wie möglich und genieße jeden Tag. Und habe noch einiges vor und freue mich darauf, weiter das zu tun, was ich Liebe: Musik zu machen.
Ralf: Wenn Du sagst, „Musik machen", kommen wir direkt zu Deinem Album „Make it Count“. Es hat, aus meiner Sicht, einen optimistischen Charakter, oder wie empfindest Du das?
Ronnie: Ich bin vielleicht nicht der Richtige, um das zu beurteilen. Es ist für mich eine Art Fortsetzung von „One Shot“, oder nenn es eine Weiterentwicklung. „Make it Count“ habe ich in derselben Art wie „One Shot“ aufgenommen, allerdings war es bei „One Shot“ so, dass ich in einer Schockstarre war, weil der Krebs zurückgekommen ist und gestreut hat. Das hat mich natürlich in eine dunklere Grundstimmung versetzt, was sich auch bei dem Album bemerkbar gemacht hat.
Ralf: Bei „Make it Count“ war es so, dass ich mich mit meiner Krankheit arrangiert habe und den Kampf angenommen habe.
Ronnie: Und es ist auch ein Stück weit heavier geworden. Songs wie „Rising Tide“ oder „Blood Cries Out“ haben richtige Ecken und Kanten, aber es ist immer noch Melodic Rock. Die Songs hätten aber auch auf einem Pretty Maids-Album ihren Platz gefunden. Und ja, ich habe lange nichts mehr gemacht im Pretty Maids-Stil. Es wurde einfach Zeit, wieder was deutlich Härteres zu machen als noch auf meinem ersten Album. Und ich bin seit vierzig Jahren im Metal zuhause, aber genauso im Pop. Ich liebe einfach gute Melodien.
Ralf: Zu einem Guten Song gehören auch gute Melodien.
Ronnie: Als ich mit Chris Laney den Song „Blood Cries out” gemacht habe, kam Chris mit dem Riff, und ich meinte zu ihm, „Das ist too much Pretty Maids", aber der Song hat so viel Energie und klingt einfach gut, dass wir entschieden haben, ihn auf das Album zu packen. Denn man darf nicht vergessen: Pretty Maids sind ein großer Teil meines Lebens, und darauf bin ich immer noch stolz.
Ralf: Wie schreibst Du Deine Songs? Erst die Musik, dann die Gesangslinie? Gibt es da eine feste Vorgehensweise?
Ronnie: Es ist tatsächlich sehr unterschiedlich. Es kommt vor, dass ich in meinem Auto sitze und da eine Melodie im Kopf habe. Dann nehme ich diese sofort auf mit meinem I-Phone auf. Dafür ist die moderne Technik perfekt, und es geht keine Idee verloren. Die eine Idee verwende ich dann letztendlich auch, aber es sind auch noch genug Ideen da, die ich noch nicht aufgenommen habe im Studio. Ich habe noch um die vierhundertfünfzig Ideen auf meinem I-Phone gespeichert. Manchmal nutze ich nur einen Teil und baue in dann in einen Song ein. Es ist also immer wieder anders, wie meine Songs entstehen. Manchmal sitze ich an meinem Piano und spiele einfach Melodien und spiele damit ein bisschen. Dann kommt auf einmal die Melodie, die perfekt ist für einen Song. Allerdings habe ich die meisten Songs auf der Akustikgitarre und der elektrischen Gitarre komponiert.
Ralf: Ist der Song in Deinem Kopf dann schon fertig oder arbeitest Du z.B. mit Chris Laney in Form vom gemeinsamen Jammen an den Songs?
Ronnie: Chris Laney ist ein guter Freund, und wir verstehen uns auch musikalisch sehr, sehr gut. Ich schicke Ihm schon mal meine Ideen, wie zum Beispiel für eine Strophe oder einen Refrain, und er arbeitet damit und sendet mir seine Ideen dazu via I-Phone. So machen wir uns auch die Technik zu Nutze. Klar, es kommt auch vor, dass ich seine Idee nicht gut finde, aber meistens passt es sehr gut, was Chris mir schickt. Wir ticken musikalisch eben gleich, und das macht das Songschreiben auch ein Stück weit einfacher. Das Ganze basiert schwerpunktmäßig auf meinen Ideen, aber z. B. „Blood Cries Out“ haben wir zusammengeschrieben, und bei „Frequenzy of Love“ vom ersten Album kam Chris mit dem Song und fragte, ob ich da Lyrics und eine Gesangline zu finden würde. Bei den Songs war uns beiden schnell klar, „Ja, das ist es, klasse Song." Manchmal schreibt man einen guten Song in zehn bis fünfzehn Minuten, manchmal dauert es Tage oder länger, bis man die passende Idee hat, weil einfach etwas fehlt bei dem Song. Wenn der Song so weit fertig ist, werden die einzelnen Instrumente aufgenommen. Wir machen das im Moment anders als wir das bei Pretty Maids gemacht haben. Wir nehmen die einzelnen Parts auf, und dann werden sie zum Schluss vom Produzenten zusammengefügt. Wir sind nicht mehr zusammen im Studio, wie das früher üblich war. Das hat sich durch die Corona-Pandemie so ergeben.
Ralf: Ich höre hier auch raus, wie wichtig Dir die Musik ist. Was bedeutet Dir Musik, vor allem Deine eigene?
Ronnie: Du hast völlig Recht: Musik macht mein Leben besser. Sie hat quasi mein Leben gerettet. Ich war total down, aber die Arbeit mit „At the Movies", wo ich merkte, es geht, ich kann noch liefern, haben mich wieder motiviert. Aber auch Chris hat da einen großen Anteil. Er hat mir in Arsch getreten und sagte, „Schick mir Deine Ideen, und lass uns was draus machen!" Und es hat mir geholfen, alles etwas positiver zu sehen, dass ich noch was zu sagen habe in der musikalischen Welt. Ich möchte noch meinen ganz persönlichen Fußabdruck in der Musikwelt hinterlassen. Und die großartigen Reaktionen im Netz von Fans zu meinen Songs helfen mir durch diese schwere Zeit. Man kann in der heutigen Zeit einfacher Kontakt aufnehmen, und wenn Fans schreiben, was ihnen die Songs bedeuten oder sie ihnen über schlechte Erlebnis hinweghelfen, fühle ich mich bestätigt in dem, was ich tue.
Ralf: Wenn wir über Songs und deren Wirkung sprechen, möchte ich „Make it Count“ erwähnen, der für mich auch was Besonderes hat. Text wie auch Musik sind ein starkes Statement.
Ronnie: Ja, das stimmt, ich finde, man sollte sein Leben so gestalten, dass auch die kleinen Dinge im Leben zählen. In guten wie in schlechten Zeiten, versuche einfach das, was Du tust, einen Sinn zu geben, für Dich, Deine Lieben und auch Deine Mitmenschen. Es ist wichtig, seinem Tun und Leben einen Sinn zu geben. Ich habe den Text für den Song zum Schluss geschrieben. Ich glaube, die Leute verstehen, was ich erreichen möchte, was ich sagen möchte mit diesem Song. In der Entstehung war es eigentlich eine Piano-Ballade, aber dann hat sich der Song einfach entwickelt. Dann kamen die anderen Teile, die ich seit Jahren im Kopf hatte, aber es hatte nie richtig gepasst. Aber jetzt fühlte es sich absolut richtig an. Chris kam dann noch mit dem verrückten Arrangement, das es soooo nach Abba klingt, aber eben auch perfekt in den Song passt. Chris und ich sind große Abba-Fans, und er hat es geschafft, dass die Gitarren der Abba-Gitarrist für uns gespielt hat. Das hat dem Song die Krone aufgesetzt. Hier passt aber auch alles: die Melodie, der Text, die Melancholie ergeben einen großartigen Song. Es ist mein absoluter Favorit auf dem Album, und solche Songs schreibt man nicht oft in seinem Leben.
Ralf: Auf Deinem Album sind sehr unterschiedliche Songs. War das Deine Absicht?
Ronnie: Es ist so, dass ich für meine Alben voll umfänglich verantwortlich bin. Da gibt es keine Ausreden. Es ist meine Musik. Aber auch Chris hat seinen Einfluss in den Songs. Manchmal kommt er mit einem komplett anderen Beat, was den Song deutlich verändert. Ich höre es und denke, „Ja, das ist es." Es macht den Songs anders, aber es bleibt ein starker Song, und vor allem es bleibt mein Song. Ich hatte am Anfang einige Balladen, die auf das Album sollten, aber dann habe ich mir gesagt, das sind zu viele. Es darf nicht nur aus Balladen bestehen. Da muss auch Uptempo rein, es muss auch Rocken.
Ralf: Wie bist Du zufrieden mit den Verkäufen der neuen Scheibe?
Ronnie: Grundsätzlich bin ich zufrieden, wie die Platte in den Charts ankommt, allerdings bin ich mir sicher, dass wir einen höhere Chartposition in Deutschland hätten erreichen können, wenn das Vinyl zeitgleich erscheinen wäre. Wir sind eingestiegen auf Platz 26. „One Shot“ hingegen war auf Platz 19 notiert. Wenn das Vinyl nicht erst vier Wochen später erschienen wäre, hätten wir sicher eine bessere Platzierung erreichen können. Aber es ist, wie es ist. Es gibt leider zurzeit diese Probleme mit den Presswerken. Aber grundsätzlich bin ich zufrieden, auch mit den Reviews zur Platte, ich habe kein schlechtes gesehen. Jeder hat seine Meinung, aber was Schlechtes konnte ich nicht entdecken.
Ralf: Wie wird es auf dem Live-Sektor aussehen? Wirst Du Konzerte spielen, und wie wird die Band aussehen?
Ronnie: Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen und will auch wieder zurück auf die Bühne, um das Album zu promoten. Ich fühle mich gut. Um das zu tun, trainiere ich täglich, um mich fit zu machen für die Bühne. Man darf nicht vergessen: Ich habe 20% meiner Lunge verloren. Das macht es nicht einfacher, aber es ist möglich. Wir werden wohl mit vier-fünf Shows starten, und eine davon in Deutschland. Ich freue mich riesig darauf, bei Euch wieder auf der Bühne zu stehen. Und dann schauen wir mal, wie es weitergeht. Es ist schwer für mich, lange in die Zukunft zu planen, weil ich nicht sagen kann, ob mir meine Gesundheit einen Strich durch die Rechnung macht. Es wird auch ein Test sein, wie mein Körper darauf reagiert.
Ralf: Es gibt noch eine Frage, die für mich auch für eine Menge Fans da draußen wichtig ist. Gibt es eine Chance auf weitere Pretty Maids-Platten oder Konzerte?
Ronnie: Zurzeit gibt es in der Richtung nichts zu vermelden. Wir haben nicht über eine weitere Pretty Maids-Platte gesprochen oder Konzerte oder irgendwas in der Richtung. Ich habe die Jungs zwischendurch getroffen und Kenn letzten Herbst, aber da gibt es noch eine Menge zu besprechen. Da gibt es einige Dinge, die mich 2019 richtig angepisst haben. Da sind einige Dinge hinter meinem Rücken gelaufen, als ich krank war, die wir aufarbeiten müssen. Ich will aber nicht komplett ausschließen, dass da noch was passiert, aber zurzeit gibt eine keine Pläne. Wir lange nicht mehr miteinander gesprochen, haben uns aber auch nicht aufgelöst.
Ralf: Nochmal zurück zu „Make it Count“: Deine Texte sind sehr persönlich und behandeln auch aktuelle Themen. War das so geplant?
Ronnie: Ein Stück weit ja. Es kommt auch durch meine Krankheit, dass ich auch bei den Texten sehr im hier und jetzt lebe und mich dahingehend auch ausdrücken möchte. Aber es geht nicht nur um die aktuelle Situation in meinem Leben. Es geht eben auch um aktuelle Ereignisse, wie Dinge sich entwickeln etc. Ich war und bin auch immer sehr interessiert an Geschichte. Das hat auch zu den sehr persönlichen, modernen Texten beigetragen. Zum Beispiel „The Unsong Heros“ ist für die Helden, die in der ersten Reihe stehen, wie Ärzte, Krankenschwestern, Feuerwehrleute, Polizisten etc. Ich wollte einfach mehr Texte schreiben, in denen sich die Menschen heute wiederfinden können oder sagen, „Ja, so ist es heutzutage". Ich wollte einfach jetzt nicht Fantasy- oder Sex, Drugs ´n´ Rock Roll-Texte liefern. Davon gab es auch von mir in der Vergangenheit genug. Versteh mich nicht falsch: Ich bin fein mit meiner Vergangenheit, aber ich wollte mich da verändern, und die aktuellen Texte sind das Persönlichste, was ich bisher geschrieben habe. Natürlich sind Rock ´n´ Roll-Texte sind cool, aber die Texte beschreiben, für was ich jetzt stehe.
Ralf: Ich möchte mich für Deine Zeit bedanken und für ein tolles und interessantes Interview. Alles Gute für Dich.
Ronnie: Ich möchte auch Danke sagen! Es hat mich gefreut und liebe Grüße nach Deutschland! Pass auf Dich auf!