NIGHTRAGE - Die schwedisch-griechische Deathmetal Fusion


Aus der Asche von Exhumation (zwei Demos und drei Studio-Alben) entstand im Jahr 2000 Nightrage, die mir zwar bislang kein Begriff waren, jedoch kürzlich ihr bereits fünftes Album „Insidious“ unter das Volk geworfen haben. Vor dem Debüt-Album „Sweet Vengeance“ gab es bereits drei Demos dieser Band, die in Griechenland ansässig ist. Einige Musiker der Band spielten bereits bei so namhaften Bands wie z. B. Firewind, The Haunted, Grotesque oder Septic Flesh, die ich alle sehr gerne höre. Grund genug also, Euch diese geniale Combo etwas näher zu bringen. Das einzig verbliebene Gründungsmitglied, Gitarrist Marios Iliopoulos, stand mir Rede und Antwort:

Hallo Marios! Erzähl uns doch zunächst einmal etwas über die Gründung, Entstehung und Veröffentlichungen von Nightrage!

Hallo, da draußen! Tja, die Band wurde im Jahr 2000 ins Leben gerufen, nachdem sich meine alte Band Exhumation auflöste. Ich wollte mit der Musik weiter machen, die ich am meisten mag. Außerdem war es an der Zeit, endlich die richtigen Leute für diese neue Band zu finden. Deshalb bin ich nach Göteborg (Schweden) umgezogen, um mir eine neue Besetzung zu suchen, mit der ich meine musikalischen Träume verwirklichen konnte. Ich blieb neun Jahre lang in Schweden und habe hart an der Band gearbeitet. Mittlerweile gibt es schon fünf Alben, und es ist toll, dass die Band jetzt schon so lange besteht. Vor zwei Jahren bin ich dann zurück nach Thessaloniki in Griechenland gezogen, wo ich mit der Band weiter gemacht und uns ein schönes Studio eingerichtet habe, wo wir alle unsere Demos für die Nightrage-Alben selbst aufnehmen konnten. Das erste Album hieß “Sweet Vengeance”, und danach folgten noch “Descent Into Chaos”, “A New Disease Is Born”, “Wearing A Martyr´s Crown” und unser neues Album “Insidious”.

Welche Bands haben Euch beeinflusst?

Ich mag viele ältere Bands aus den 1980ern, wie z. B. Iron Maiden, Metallica, Thin Lizzy, Ozzy oder Judas Priest, mit deren Musik ich aufgewachsen bin, und die einen großen Einfluss auf mich gehabt haben. Auch “neuere” Bands wie At The Gates, Sepultura, Death und Carcass waren maßgeblich an unserem Sound beteiligt. Wir mögen aber auch Bay Area Thrash-Bands wie Exodus. Und wir wollten eben alle diese verschiedenen Einflüsse in der Musik von Nightrage verarbeiten.

Ich habe gelesen, dass Euer Ex-Gitarrist kein Geringerer als Gus G. war, der kürzlich Zakk Wylde bei Ozzy Osbourne ersetzt hat. Wie schwer war es, für ihn einen geeigneten Ersatz zu finden? Und habt ihr noch Kontakt zu ihm?

Ja, Gus G. ist mein bester Freund, und er war auch mein großes Vorbild, als ich noch jünger war und er seine ersten musikalischen Schritte ging. Wir haben gemeinsam Nightrage gegründet, als sich meine alte Band Exhumation auflöste, und er hat auch die ersten beiden Nightrage-Alben mit eingespielt. Ich bin sehr stolz darauf, dass er es geschafft hat, neuer Gitarrist bei Ozzy zu sein, und das ist das größte Kompliment an ihn und sein Talent, dass man ihm je machen konnte. Es war sehr schwierig für mich, ihn zu ersetzen, vor allem menschlich gesehen, weil wir wie Blutsbrüder waren. Aber auf der anderen Seite habe ich es natürlich gut verstanden, dass er seine Visionen mit Firewind erfüllen wollte. Wir sind aber immer noch ständig mit Gus in Kontakt. Und im Moment sind Nightrage und Firewind auch gemeinsam auf Nord-Amerika-Tour und haben eine tolle Zeit.


Du und Euer Schlagzeuger habt Eurem Ex-Gitarristen Gus G. live auch bei Firewind ausgeholfen. Die Musik klingt ganz anders als Nightrage. War das nur eine Art Freundschaftsdienst? Oder hörst Du Dir auch privat klassischen Power Metal an?

Ja, es war einfach so, dass er uns gefragt hat, ob wir ihnen aushelfen könnten, und da wir sehr eng befreundet sind, war es für uns selbstverständlich. Wir lieben die Band sowieso, und es macht riesig Spaß, ihre Songs zu spielen. Ich habe ihnen ein Jahr lang am Bass ausgeholfen, und Jo ist gerade dort als Schlagzeuger eingesprungen und leistet dort gute Arbeit.


Ich bin ein großer Fan von alten griechischen Knüppel-Bands wie z. B. Rotting Christ, Varathron, Thou Art Lord, Obsecration, Necromantia, Zemial usw. Ich finde, dass sie aufgrund ihrer Melodieführung alle einen bestimmten Widererkennungswert haben, den man irgendwie nur bei griechischen Bands findet. Wieso klingt ihr so anders? Melodien habt ihr ja reichlich. Aber ihr klingt mehr wie eine schwedische Band, finde ich…

Ja, ich kenne alle diese Bands. Rotting Christ hatten einen sehr großen Einfluss auf die Black Metal-Szene und sind immer noch eine einzigartige Band. Ich finde, dass man diesen urtypischen griechischen Sound auch bei uns ansatzweise heraushören kann, obwohl wir natürlich unüberhörbar hauptsächlich von schwedischem Death Metal beeinflusst sind. Aber Nightrage ist weit mehr als das durch die Art und Weise, wie wir die Musik und die Texte miteinander verbinden. Ich denke, dass wir Griechen ein bestimmtes Gespür für Melodien haben, die man auch in unseren Songs gut heraushören kann.

 

Seid ihr eigentlich mit den Leuten der alten griechischen Bands, wie z. B. Rotting Christ, persönlich in Kontakt?

Ja, ich kenne die Jungs von Rotting Christ sehr gut, und wir sind auch mit ihnen in Kontakt. Sie sind wirklich sehr nette Leute und eine legendäre griechische Band.

Ihr spielt Melodic Death Metal. Welchen Anreiz gibt es für Euch, Brutalität mit Melodieführung zu kombinieren anstatt „nur“ Death Metal oder „nur“ Melodic Metal zu machen?

Ich wollte einen Stil spielen, der uns nicht stilistisch einschränkt. Außerdem wollten wir interessanter sein, und nicht nur schnell und brutal drauflos prügeln. Mir ist es wichtig, viele verschiedene Elemente miteinander zu kombinieren und das perfekte Mittelding für unsere Musik zu finden. Wir werden deshalb noch lange nicht vergessen, dass wir eine Metal-Band sind, nur weil wir mal Akustikgitarren benutzen oder eine schöne Melodie spielen. So klingen unsere Songs lebhafter und haben viel mehr Raum und wechselnde Stimmungen, die aber immer auch eine schöne Atmosphäre für puren Metal schaffen.

Ihr seid technisch sehr versiert. Wie wichtig ist es Euch, technisch anspruchsvolle Musik zu machen? Oder ist das eher Zufall und gar nicht wirklich beabsichtigt?

Na ja, so technisch finde ich uns gar nicht… Wir versuchen nur immer, das Bestmögliche aus unseren Songs herauszuholen. Wir sitzen nicht da und feilen an den technischsten Riffs überhaupt; das ist nicht unser Ding… Wir versuchen einfach, gute ehrliche Songs zu schreiben, die uns gefallen. Man muss ja auch berücksichtigen, dass man live simplere Songs einfach viel besser rüberbringen kann. Wir schreiben also einfach nur Songs, ohne groß über technische Finessen oder so nachzudenken.

Ist es für Euch wichtig, auch live zu spielen? Oder seid ihr eine reine Studio-Band? Ihr bringt schön regelmäßig alle zwei Jahre ein neues Studio-Album raus, was den Anschein erweckt, dass ihr Euren Schwerpunkt nicht gerade auf lange Tourneen setzt…

Ja, uns ist es sehr wichtig, live zu spielen. Und ich kann Dir versichern, dass wir eine Live-Band sind! Wir waren in letzter Zeit nicht mehr so aktiv wie zuvor, weil wir Songs für unser neues Album geschrieben haben. Aber wir haben Pläne, in absehbarer Zeit wieder mehr live zu spielen. Wir haben einen neuen Promoter aus Holland, “Armada Agency”, einer Agentur, die der Band dabei helfen will. Für Februar 2012 ist bereits eine Tour mit einer weiteren Band anvisiert. Im Moment sind wir mit Firewind, Arsis und White Wizzard in Nord-Amerika auf Tour.


NIGHTRAGE 2011 interview 2Wovon handeln die Texte von Nightrage? Und wie wichtig sind sie für Euch? Gibt es eine bestimmte Botschaft, die ihr vermitteln wollt, gilt es, ein bestimmtes Klischee zu erfüllen o. ä.?

Ja, die Texte von Nightrage sind uns sehr wichtig, da sie tief mit der Musik verbunden sind. Unsere Texte handelten bislang immer von der Realität, zwischenmenschlichen Beziehungen und Gefühlen. Auf dem neuen Album „Insidious“ geht es eher um die dunkle Seite des Menschen und wie sie sich auf uns auswirkt. Wir erforschen die inneren Gedanken der Leute im gegenseitigen Miteinander. Es ist sehr interessant und erstaunlich, wie Menschen tagtäglich miteinander umgehen. Wir versuchen uns immer noch in die Lage hineinzuversetzen, wie solch ein Verhalten zustande kommt und erzählen unsere eigenen Geschichten darüber. Natürlich umschreiben wir alles eher poetisch und nicht zu offensichtlich. Diese menschlichen Handlungen können eine menschliche Seele wirklich zerstören. Können wir nur so handeln? Oder können wir unser Verhalten auch verbessern? Natürlich haben wir die Hoffnung, dass irgendwann einmal alles besser wird! Manchmal gibt es Beispiele aus dem wahren Leben, und sie behandeln wir in den Texten unseres neuen Albums. Wir versuchen zu zeigen, wie manche Menschen sich in bestimmten Situationen fühlen, wenn sie schlecht behandelt werden; sowohl verbal als auch physisch. Manchmal vertraust Du Leuten, und sie lassen Dich hängen… Das kann das schlimmste Gefühl von allen sein! Das Leben geht weiter, und man muss mit allem klarkommen, was einen beschäftigt. Lasst Euch nicht unterkriegen! Lasst Euch durch solche Umstände nicht kaputt machen! Es geht darum, Niederlagen einstecken zu müssen und wieder aufzustehen. Es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels.

Werden wir Nightrage auch eines Tages in Deutschland live bewundern können? Habt ihr irgendwelche Tourpläne?

Ja, wie gesagt: Wir arbeiten dran. Und ich hoffe, wir sehen uns!

Da ich aus Griechenland fast nur alte Bands kenne, würde mich noch interessieren, welche neuen Bands Du mir weiterempfehlen kannst. Zähl mal bitte ein paar auf! Ich finde zum Beispiel Profane Prayer, Aenaon, Daylight Misery und Chthonian Alchemy ziemlich geil. Kennst Du sie?

Ich kenne leider keine einzige der Bands, die Du aufgezählt hast… Aber ich weiß, dass viele neue griechische Bands gute Arbeit abliefern. Ihr solltet Euch mal Suicidal Angels, Scar Of The Sun, Psycho Choke, Elysion und Nordor anhören.

Welche Zukunftspläne hast Du in absehbarer Zeit mit Nightrage?

Wir wollen ganz viel live spielen, noch bessere Alben aufnehmen und alles dafür tun, dass es mit der Band weiterhin so gut läuft, solange wir damit glücklich und zufrieden sind.

OK, Marios, die letzten Worte gehören Dir!

Danke für das Interview! Ich hoffe, ihr mögt unser neues Album “Insidious”, kauft es und unterstützt Nightrage. Ich kann es kaum erwarten, Euch alle auf den nächsten Konzerten anzutreffen. Macht´s gut!

Bei Interesse checkt mal die Internetseite der Band. MySpace ist zwar mittlerweile tot, aber zum Reinhören langt es allemal:

www.myspace.com/nightrage



Autor: Daniel Müller