BLOOD GOD / DEBAUCHERY - Für mich ist es alles eins: Debauchery, Blood God und Balgeroth sind zusammen die Trinity Of Blood Gods!


Ich war doch überrascht, als ich sah, dass es „Demons Of Rock 'n' Roll“ sowohl als Hard Rock-Album von Blood God als auch als Death ´n´ Roll-Album von Debauchery gibt. Dies zeigt, dass musikalische Einordnungen häufig nur über den Gesang definiert werden. Um das Verwirrungsspiel um Debauchery, Blood God, Balgeroth und Big Ball endlich aufzulösen (die alle von Thomas Gurrath praktisch im Alleingang geführt werden!), stand der Mastermind ausführlich und geduldig Rede und Antwort.

logoDaniel: Hi Thomas! 2003 wurden Debauchery als Death Metal-Band gegründet. Im Laufe der Jahre ist die Musik aber immer rockiger geworden. logoHat sich das einfach so ergeben, oder haben sich die musikalischen Einflüsse gravierend verändert?

Thomas: Hallo, Debauchery wurde eigentlich einfach als Metal-Band gegründet. Ich wollte nie etwas anderes als Judas Priest und AC/DC spielen. Da ich keinen Sänger gefunden habe, musste ich es selbst übernehmen. Die Stimme war eben, wie sie war. Damit wurde ich dem Death Metal-Genre zugeordnet und habe das so angenommen. Ich mag ja auch Obituary, Six Feet Under und Bolt Thrower. Die Musik bei den Debauchery-Alben ist eigentlich nicht rockiger geworden, es war halt immer Heavy Metal und ist es immer noch. Seit 2010 veröffentliche ich meine Hard Rock-Songs erst unter Big Ball, dann Blood God. Das neue Album „Demons Of Rock 'n' Roll“ ist ein Blood God-Album. Es ist also genau das drin, was draufsteht; mit Death Metal hat das nichts zu tun. 

Daniel: Bei rockigem Death Metal muss ich immer an Six Feet Under denken, seit sie ihre Cover-Alben veröffentlicht haben (Stichwort „T.N.T.“). Dich hat dieser Vergleich genervt, wie ich irgendwo gelesen habe. Dennoch habt Ihr „War Is Coming“ von Six Feet Under live ebenfalls gecovert. War das nicht genau der falsche Weg, um sich von diesen Vorwürfen abzugrenzen?

Thomas: Ich weiß nicht. Meine Musik hat nie wie Six Feet Under geklungen, nur eben meine Debauchery-Monsterstimme. Ich spielte schon immer klassische Metal-Riffs. Meine Stimme klingt wie der Barnes; deshalb der Vergleich. Wenn ich die gleichen Songs mit einer anderen Stimme oder mit Maske singe, vergleicht es übrigens nie jemand mit Six Feet Under. Das neue Album „Demons Of Rock 'n' Roll“ ist ein Blood God-Album. Es hat nichts mit Six Feet Under oder Death Metal zu tun. Auch die Stimme nicht, außer auf der Bonus-CD.

Daniel: Lass uns mal über die Texte reden, die oft sehr sarkastisch wirken. Worum geht es da genau? Und sind sie für Dich eine Art Arschtritt in die Gesellschaft?

Thomas: Auf „Demons Of Rock 'n' Roll“ sind ein paar Texte einfach Quatsch, aber der Rest sind wie immer - seit Anfang an – Fantasy-Texte. Es geht um Monster und Drachen und Vampire. Ich arbeite seit fünftzehn Jahren an meiner eigenen Hintergrundwelt, der „World Of Blood Gods“. Dazu habe ich einige Sachen veröffentlicht, vieles auch nicht, weil ich die Dinge erst ordnen muss. Es ist inzwischen ziemlich umfangreich. Aber es gibt keine sozialkritische oder politische Botschaft. Natürlich beeinflusst mich mein Wissen über Geschichte und Politik, manche der Monster sind die Götter der Tiere und kämpfen für deren Rechte. Aber ich mache im Kern Unterhaltungsmusik mit sehr düsteren Fantasy-Texten.

blood godDaniel: Du bist ein ungemein kreativer Kopf! Man muss nie länger als zwei Jahre auf ein neues Debauchery-Album warten. Dennoch hast Du mit Blood God, Balgeroth und Big Ball noch zwei weitere Projekte parallel laufen. Woher nimmst Du nur diesen Ideenreichtum?

Thomas: Für mich ist es alles eins: Debauchery, Blood God und Balgeroth sind zusammen die Trinity Of Blood Gods. Die Ideen bringen immer wieder neue Ideen hervor. Kreativität ist etwas, das wächst, wenn man es die ganze Zeit nährt. Also man wird nicht cooler oder besser, wenn man nichts macht. Das Einzige, was ausgehen kann, ist die Energie. Bisher veröffentliche ich ungefähr ein Album pro Jahr.

Daniel: Du hast neben Blood God noch eine weitere Hard Rock-Band namens Big Ball. Wo genau liegt für Dich der Unterschied zwischen beiden Bands?

Thomas: Das ist das gleiche. Ich habe 2010 meine Hard Rock-Stimme bei Debauchery ausgegliedert, und es kam ein Album unter dem Namen Big Ball. Danach habe ich es mit dem zweiten Album in Blood God umbenannt. So bin ich auch aus einem sehr schlechten Plattenvertrag gekommen. Man hört noch auf der ersten Blood God-CD im Refrain vom Titeltrack Big Ball als Shout-Chor. Big Ball heißt seit zehn Jahren einfach Blood God. 

Daniel: Du hast es eigentlich schon vorweg genommen: Aber lass uns mal über Deine Projekte reden! Das neue Album „Demons Of Rock ´n´ Roll“ ist – wenn ich richtig recherchiert habe – bereits das zweite „Split“-Album mit Debauchery, wo die Musik und die Texte identisch sind und sich nur durch den Gesang voneinander unterscheiden. Wie kommt das? Hast Du irgendwann mal rockige Death Metal-Songs geschrieben und dann erst gemerkt, dass beide Gesangstile dazu passen? Oder schreibst Du bewusst Songs, wo Du Dir beides zu vorstellen kannst?

Thomas: Die komplette Diskografie steht auf der Homepage www.debauchery.de. Es ist das vierte Blood God-Album. Zum Big Ball-Album (2010) gab es keine Bonus-CD. „No Brain But Balls" war das erste Doppelalbum (2012), dann kam „Blood Is My Trademark" (2014), dann „Thunderbeast" (2016) und jetzt „Demons Of Rock 'n' Roll". Meine Rockstimme habe ich 2009 angefangen. Ich wollte den Debauchery-Sound aber belassen wie er war. Also habe ich das ausgegliedert. Für die Fans der Monsterstimme habe ich bei jedem Blood God-Album immer eine Bonus-CD aufgenommen.

Daniel: Du sollst mal gesagt haben, dass deutsche Texte nur bei Rammstein gut klingen. Dennoch greifst Du bei Balgeroth ebenfalls auf deutsche Texte zurück. Warum?

Thomas: Ich kann mit deutschsprachiger Musik nur wenig anfangen. Deutsch ist einfach so anti-Rock 'n' Roll. Es klingt in meinen Ohren hart und böse, Rockmusik ist für mich positiv und fröhlich. Meine deutschen Texte sind durch Zufall entstanden. Es sollten ein oder zwei Bonustracks werden. Aber dann fand ich die deutschen Texte ganz spannend. Es gibt keine Band, die so klingt oder so etwas macht wie Balgeroth. Meine Hintergrundgeschichte habe ich auch auf Deutsch geschrieben und es passt dann so besser zusammen. Die deutschen Texte laufen unter dem Balgeroth-Namen, um den Debauchery- und Blood God-Sound abzugrenzen. Balgeroth ist böse und brutal. Ich erschrecke mich manchmal selbst. Die Monster und Kreaturen, über die ich singe, sind teilweise auch grenzwertig menschenverachtend. Das liegt einfach an der Natur der Sache, wenn man eine Kreatur erschafft, die zum Beispiel der Schutzpatron der sogenannten Nutztiere ist. Wenn man dann über diese Kreatur singt und im Text ihren Standpunkt einnimmt, ist es im Deutschen deutlich krasser.    

balgerothDaniel: Könntest Du Dir vorstellen, eine Art Doppel- oder sogar Dreifach-Headliner-Tour mit Debauchery, Blood God und/oder Balgeroth zu spielen? Oder wäre Dir das zu anstrengend?

Thomas: Wir haben fast immer Doppel-Shows gespielt, um das aktuelle Album zu featuren. Meistens mit zwei Drittel Debauchery und ein Drittel Balgeroth oder Blood God, was eben das aktuelle Album war. Vielleicht lege ich auch irgendwann alles zusammen und spiele nur noch als Trinity Of Blood Gods. Mein Metal-Monster-Konzept ist in erster Linie für CDs gedacht. Die kommende Blutfest-Tour wird zwei Drittel Debauxhery und ein Drittel Blood God.

Daniel: Bei den Live-Shows spielen Debauchery wie Monster kostümiert, was mich sehr an Gwar und Lordi erinnert. Waren diese Bands eine bewusste Inspiration? Oder hast Du Dich vielleicht unabhängig davon auch von Horror- und Fantasy-Filmen oder -büchern inspirieren lassen (Ork-Kostüme usw.)?

Thomas: Ich lese nur Fantasyliteratur, Horrorcomics, schaue Fantasyfilme, finde Cosplay cool, male Monsterbilder, baue Figuren. Als ich angefangen habe, hatte ich überhaupt kein Geld. Jeder Euro ist in Live-Konzerte und Studio-Alben geflossen. Da war für anderes kaum was übrig. Später mit Konzertgagen konnte ich ein größeres Auto mieten, hatte mehr Platz für Zeugs. Ich habe auch gelernt, andere Sachen zu bauen oder Leute gefunden, die das was ich im Kopf hatte, umsetzen konnten. Lordi und Gwar waren keine Inspiration; weder vom Outfit noch musikalisch. Meine Masken und Rüstungen sind auch ein ganz anderer Stil.Bei Bandoutfits orientiere ich mich eher an Black Metal-Bands wie Immortal oder Cradle Of Filth. Ich wollte einfach, dass wir live und in Videos so aussehen, wie die Monster aus den Texten. Obwohl uns leider Grenzen gesetzt sind: Flügel, mehr Arme, mehr Stacheln, ich muss ja noch Gitarre spielen und singen. 

Daniel: Lass mich Dich kurz noch etwas zu der „Vermarktungsstrategie“ des neuen Albums „Demons Of Rock ´n´ Roll“ fragen: Als Sammler finde ich es immer schön, wenn es eine Version gibt, auf der man möglichst viel Musik auf einem Tonträger bekommt. Die Doppel-CD mit Debauchery und Blood God macht also durchaus Sinn! Aber warum zur Hölle muss man beide Alben separat auf Vinyl kaufen? Und das bei den derzeitigen angestiegenen Preisen, die man für eine LP hinlegen muss? Klar sind 35 € für eine Doppel-LP viel Geld, aber immer noch besser als zwei Einzel-LPs für je 23 €. Wie stehst Du dazu?

Thomas: Ich mache die Bonusalben aus eigenem Antrieb, weil ich es so will. Ich bekomme dafür kein Geld. Und bei CDs ist es möglich, diesen Bonus sehr kostengünstig zu produzieren und so ein Doppelalbum oder Dreifach-CD Album anzubieten. Deshalb geht die Plattenfirma da mit. Und für die Käufer ist es cool, viel gratis dazuzubekommen. Bei LPs ist das nicht so. Die LPs kosten in der Herstellung ein Vermögen, und Doppel-LPs macht meine Plattenfirma in so geringer Auflage gar nicht. In der Vergangenheit gab es immer nur eine LP zum zwei- oder dreifach CD-Digipack. Dieses Mal haben sie zum ersten Mal beide Versionen angeboten. Das ist eigentlich ziemlich cool. So kann jeder die Version kaufen, die ihm besser gefällt. Die Alternative wäre nur eine von beiden Versionen gewesen. 

blood godDaniel: Laut Wikipedia betreibst Du Debauchery, Blood God und Balgeroth im Alleingang. Wieso? Lässt Du Dir beim Songwriting nicht gerne ins Handwerk fuschen? Oder hat das andere Gründe? Und hast Du keine feste Besetzung für Live-Auftritte?

Thomas: Weil ich nie eine Band gefunden habe. Ich habe ein paar langjährige Mitstreiter, aber sie bekommen nicht unendlich viel Urlaub und müssen Familie, Job und Musik miteinander vereinbaren. So habe ich eben ein Team aus mehreren Musikern, die live mitmachen.  

Daniel: Stimmt es eigentlich, dass Du Dein Referat hast sausen lassen, um Dich komplett der Musik zu widmen? Kommst Du mit der Mucke gut über die Runden, gerade jetzt nach zweieinhalb Corona-Jahren?

Thomas: Ja, das stimmt, ich wäre sonst Lehrer geworden. Eigentlich wollte ich beides machen: Lehrer als Job, Musik als Hobby, aber hat so leider nicht geklappt. Bisher ist alles gut, aber die Clubszene leidet sehr unter Corona und den Folgen der staatlichen Verordnungen. Die Vorverkäufe sind fast überall schlecht, und in Kombination mit der Inflation macht es kleine Touren wie meine eigentlich sinnlos.

Daniel: Wie sehen die Zukunftspläne mit all Deinen Projekten aus? Was kommt da alles noch auf uns zu?

Thomas: Ich weiß es nicht genau. Ich habe viel gemacht. Ein böses Debauchery-/Balgeroth-Album, noch ein Blood God Rock-Album, das „Enemy Of Mankind“-Album sollte ich als Re-Release anbieten. Dafür habe ich viel Bonusmaterial aufgenommen. Aber wer weiß, wie ich es veröffentlichen kann. Momentan ist alles noch schwieriger geworden als früher.

Daniel: Alles klar, Thomas! Dann gebührt Dir noch das Schlusswort!

Thomas: Hört in das neue „Demons Of Rock 'n' Roll“-Album rein! Auf meinem YouTube-Channel sind alle Songs und drei neue Videos. Und wir sehen uns hoffentlich auf dem kommenden Blutfest mit Debauchery und Blood God. Alle Toudaten auf www.debauchery.de und www.bloodgod.rocks



Autor: Daniel Müller