EAR DANGER - Eigentlich war Ear Danger als einmalige Sache geplant, um den größtmöglichen Krach bei einem Talentwettbewerb in der Schule zu machen!


Anlässlich ihres 40-jährigen Band-Jubiläums haben die niederländischen Heavy Metal-Veteranen Ear Danger gerade eine neue LP auf den Markt gebracht. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein neues Album, sondern um das komplett neu eingespielte zweite Demo aus dem Jahr 1983 und die 2018 erschienene Mini-CD „Storming The Gates“, die es bislang nur auf CD gab. Ich kontaktierte Bassist und Gründer Matt Verschoor und ließ mit ihm die gesamte Band-Geschichte noch einmal Revue passieren.

logoDaniel: Hi Matt! Lass uns mal ganz vorne anfangen: Wann und wie kam es zur Gründung von Ear Danger?

Matt: Eigentlich war es als einmalige Sache geplant, um den größtmöglichen Krach bei einem Talentwettbewerb in der Schule bei uns in Hoogvliet zu machen, wo wir herkommen. Das klappte ziemlich gut. Es sprach sich herum, dass dort eine ultraharte Band spielen würde, und ganz viele Metal-Fans, die nicht wussten, worum es geht, kamen dort in Scharen hin. Es geriet aus dem Ruder, der Lehrer brach unser Konzert ab, und dann sind alle ausgerastet. Danach gab es leichte Besetzungswechsel, und John an der Gitarre, Dick am Schlagzeug und ich am Bass spielten noch viele lokale Konzerte.   

Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Matt: Ja, wir drei hatten alle vorher in einer Art New Wave-/The Doors-mäßigen Band gespielt. Dort spielte ich übrigens noch Keyboard.   

Daniel: Welche Bands haben Euch beeinflusst? Und haben sich diese Einflüsse im Laufe der Jahre geändert?

Matt: Für mich, alles aus der  New Wave Of British Heavy Metal, kanadischer Metal wie Anvil oder Exciter und französischer Metal.

Daniel: Worum geht es in Euren Texten? Geht es nur um die Erfüllung der üblichen Metal-Klischees? Oder steckt auch mehr dahinter?

Matt: Ja, bei uns gibt es die typischen Themen über Gewalt und Macht. Hin und wieder gibt es jedoch auch Ausnahmen, zum Beispiel „Start Illusion“ (auf „Warrior Soul“), wo es um die Verrücktheit bei Talentshows im Fernsehen geht. 

Daniel: Ihr benutzt häufig Songtitel von anderen Bands, ohne dass es sich dabei um Coversongs handelt: „1000 Days In Sodom“ (Venom), „Children Of The Sun“ (Agent Steel), „Burn At The Stake“ (Hammer Witch, Exciter), „Still Going Strong“ (Anvil), „Give ´Em Hell“ (Witchfynde), „Crusader“ (Saxon) oder “Storming The Gates” (Riot). Sind „geklaute” Songtitel eine Art Tribut an Bands, die Ihr gerne mögt? Oder ergibt sich das eher zufällig? Musikalisch dürfte es ja größtenteils passen…

Matt: Jetzt, wo Du es erwähnst, ist es mir bei zwei Songs sogar überhaupt nicht aufgefallen. Unser „Crusader“ ist übrigens älter als das von Saxon. Es wurde von Dick und einem seiner Freunde geschrieben, kurz bevor sich Ear Danger 1984 aufgelöst hatten. Bei „Storming The Gates“ hast Du tatsächlich recht. Diese Verbindung habe ich nie gesehen. Manche Songtitel sind einfach so offensichtlich, dass sie häufiger von Bands verwendet werden. Denk nur an die „Firepower“ von Judas Priest, wo ebenfalls ein Song mit dem Titel „Children Of The Sun“ drauf war. Was „Still Going Strong” angeht: Den haben John und ich schon 1981 geschrieben, lange vor Anvil. Aber nochmal: Das passiert ständig, ist aber eigentlich auch nicht schlimm, oder? Wir haben auch einen Song namens „Heavy Metal Hammer“. Es würde mich nicht wundern, wenn es den von Metalucifer auch geben würde, haha!   

Daniel: In den Achtzigern gab es lediglich drei Demos von Euch. Warum hat es damals nicht zu einem Album gereicht? Und warum hattet Ihr Euch 1984 überhaupt aufgelöst?

ear dangerMatt: Wir hatten bereits mit den Aufnahmen für ein Album angefangen, aber zu dem Zeitpunkt war bei uns einfach die Luft raus. Bass und Schlagzeug waren bereits im Kasten, aber als die anderen ausgestiegen waren. Wir haben unsere Spuren dann für „King Of The Midnight Fire” für die Split-EP verwendet.

Daniel: 1984 gab es zum Abschied noch die Vierer-Split-EP mit Atomic Rock, Scum und Anwar. Hattet Ihr Kontakt zu diesen Bands, oder war das eine Idee des Labels?

Matt: Nicht wirklich. Die vier Bands wurden völlig unabhängig voneinander ausgewählt. Ich habe von den anderen Bands auch nie wieder etwas gehört, außer von Atomic Rock, die auch mit einem Track auf dem „When The Hammer Comes Down“-Sampler vertreten waren, den ich mal auf Kassette veröffentlicht habe.

Daniel: Zur Reunion von Ear Danger kam es erst 2007. Was habt Ihr in der Zwischenzeit gemacht?

Matt: Dick spielte die meiste Zeit in einer Blues-Band. Nach Ear Danger habe ich bei Tempter, einer Doom Metal-Band, gespielt. Danach habe ich jahrelang gar nichts mehr gemacht. 1995 bin ich dann in eine Blues Rock-Band eingestiegen, dann habe ich Klavier in einer Rock `n` Roll-Band gespielt und Aufnahmen mit Mr. Moonlight gemacht. Das hat ein paar Jahre in Anspruch genommen.

Daniel: Von der Originalbesetzung sind nur noch Du und Schlagzeuger Dick Vijgen mit dabei. Waren die anderen damals nicht an einer Reunion der Band interessiert?

Matt: Entweder waren sie nicht mehr interessiert oder wir. Wie auch immer: Dick und ich waren der Meinung, dass es das Beste wäre, auf eine weitere Zusammenarbeit mit der alten Besetzung keinen Wert mehr zu legen.  

Daniel: Seit 2018 spielt Ihr erstmals mit zwei Gitarristen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Matt: Leon bekam Stimmprobleme, also hat er die zweite Gitarre übernommen, und wir haben uns einen separaten Sänger gesucht. Mehr steckt da nicht hinter.   

Daniel: Kommen wir mal zu Eurer neuen LP „Still Going Strong – 40 Years Of Ear Danger“, die ja eigentlich gar kein richtiges neues Album ist. Auf der A-Seite habt Ihr das zweite Demo von 1983 komplett neu eingespielt. Wieso nicht alle drei?

Matt: Weil sie dann nicht mehr auf eine Seite gepasst hätten, haha! Nein, das zweite Demo hatte drei Songs, die wir zuvor noch nie veröffentlicht hatten, und „Beelzebub’s Friend“. Also haben wir uns dafür entschieden. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, hätten wir aber auch „Heavy Metal Hammer“ vom dritten Demo mit draufpacken können.   

Daniel: Auf der B-Seite befindet sich die EP „Storming The Gates“ aus dem Jahr 2018, die es bislang nur auf CD gab. Ist es Euch wichtig, dass alle Eure Tonträger auch auf Vinyl erhältlich sind?

Matt: Größtenteils schon, aber wir haben auch gemerkt, dass die Leute es so haben wollten. Sie kaufen die LP, weil sie zum einen die Neuaufnahmen des zweiten Demos haben wollen, zum anderen aber auch, weil sie gleichzeitig „Storming The Gates“ auf Vinyl haben wollen.

Daniel: Sind zum 40-jährigen Jubiläum auch wieder Live-Auftritte geplant? Geht da bei Euch in Holland wieder was, nach dem ganzen Corona-Chaos?

Matt: Nächsten Samstag spielen wir live im Blokhut Baroeg in Rotterdam, einem Festival, das fast ausverkauft ist, und am 13.05. im Musicon in Den Haag, zusammen mit Impact.

ear dangerDaniel: Was steht sonst in Zukunft bei Ear Danger an? Wird es bald ein neues Album mit komplett neuen Songs geben?

Matt: Alle neuen Songs sind bereits fertig. Fünf davon befinden sich derzeit in unserem Live-Set. Es sollte also nicht mehr allzu lange dauern.   

Daniel: Na gut, Matt! Dann wären wir durch! Hast Du noch ein schönes Schlusswort?

Matt: Im Ernst, ich war 17, als ich „Beelzebub’s Friend“ geschrieben habe! Ich hätte nie gedacht, dass ich den Song heute mit 58 immer noch gerne spielen würde! Das müssen die besten fünfzehn Minuten meines Lebens gewesen sein, haha! 

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Autor: Daniel Müller