ZEN TRIP - Die klassische Vinyl-Scheibe ist halt die Währung in unserer Szene!


Da ich auch viel im Siebziger-/Progressive Rock beheimatet bin, aber so etwas hier nie zum Rezensieren bekomme, habe ich mir die Gelegenheit nicht nehmen lassen, Zen Trip aus dem Ruhrpott zu interviewen, die ich auch schon mehrmals live bewundern konnte. Sie haben kürzlich ihr neues Album „Sun Voyage" veröffentlicht. Und wie es sich für eine Band gehört, die auf die Sechziger und Siebziger Jahre spezialisiert ist, gibt es alle ihre drei Tonträger ausschließlich auf Vinyl. Ich sprach mit Gitarrist und Sänger und Gitarrist Bernd Krüger, der ausführlich im sympathischen Plauderton antwortete.

logoDaniel: Hi Bernd! Fangen wir mal ganz vorne an: Wann und wie kam es zur Gründung von Zen Trip? Und kanntet Ihr Euch vorher schon?

Bernd: Hey Daniel, erstmal ganz lieben Dank, dass Du uns hier die Möglichkeit gibst, ein wenig über uns zu schreiben und zu informieren. Zen Trip wurde 2014/15 gegründet. Wahrscheinlich kennst Du das: Die Musiker kennen sich vom Ansehen her und haben gerade ihre mehr oder weniger erfolglosen Bandprojekte beendet… Zeit, etwas Neues zu starten! Die erste gemeinsame Jam von mir, Stefan Peddinghaus am Bass und Stephan Makrutzki am Schlagzeug war schon toll! Alle haben gemerkt, da könnte was draus werden.

Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Bernd: Natürlich gab es vorher auch andere Bands in denen wir jeweils gespielt haben. Ich komme ja mehr aus dem Blues Rock-Bereich. Die Namen der Bands wie If 6 Gets 9, The Late Experience oder Ghosttown  zeigen, aus welcher Ecke ich komme. Leider sind alle My Space-/Youtube-Accounts etc. gelöscht. Aufnahmen gibt es natürlich noch irgendwo. Drummer Stephan stammt mehr aus der Stoner-Szene, Bassist Stefan mehr aus der Hardrock- und Heavy-Szene.

Daniel: Was bedeutet der Name Zen Trip eigentlich?

Bernd: Tja, zur Namengebung… Das war nicht so leicht. Wir wollten der ganzen Sache einen wohlklingenden Namen geben… etwas, das unsere Musik auch namentlich wiedergibt. „Zen“, würde ich sagen, steht für das entspannte und nicht aggressive Denken und Tun… Natürlich gibt es bei unserer Musik auch harte Riffs, die aber hoffentlich keine Aggression oder ähnliches hervorrufen. Mit „Trip“ würde ich diesen „Flow“ bezeichnen, der einen umgibt, wenn die Musik hypnotisch wird, der Groove der einen mitnimmt, natürlich auch die Lautstärke, das Gefühl eins mit der Musik zu sein… Lebensfreude, Glücksgefühl! Let your spirit flow!

Daniel: Da ich zwar viel im Siebziger-/Progressive- und Kraut Rock unterwegs bin, aber von Psychedelic Rock praktisch gar keine Ahnung habe, würde mich interessieren, welche Bands Euch beeinflusst haben! 

Bernd: Ich glaube, unsere Einflüsse sind eindeutig hörbar: natürlich Jimi Hendrix, Black Sabbath, die frühen Pink Floyd zu Ihrer „Live At Pompeji“-Zeit, Hawkwind… um nur einige zu nennen.

Daniel: Eure Musik ist deutlich vom Sechziger- und Siebziger Jahre-Sound beeinflusst. Kannst Du Dich überhaupt für „neuere“ Bands begeistern? Und wenn ja: für wen?

Bernd: Natürlich gibt es ja auch viele Bands der Gegenwart, die wir mögen oder uns beeinflusst haben. Denke nur an Kyuss, Monster Magnet, Kadavar, Samsara Blues Experiment, Vintage Caravan usw., um nur einige zu nennen. Die Szene ist voll mit Bands, die klingen, als kämen sie direkt aus den Siebzigern.

Daniel: Eure Songs sind alle sehr lang (zwischen fünf und zwölf Minuten). Ist das etwas, was Ihr Euch von vornherein als Ziel setzt, oder passiert das „einfach so“?

Bernd: Ja, die Songlänge… Da kommt wieder der „Zen“ ins Spiel: Wir wollen uns Zeit beim Aufbau unserer Songs lassen; nichts hektisches, sondern uns, aber auch den Hörer, einstimmen auf das, was da kommen wird: Spannung, Feeling aufbauen… ist aber auch nicht bei allen Songs so!

Daniel: Worum geht es in Euren Texten? Geht es nur um die Erfüllung der üblichen Hippie-Klischees? Oder steckt auch mehr dahinter?

Bernd: Hier kann man sagen, dass wir wirklich das ein oder andere Klischee bedienen: sterbende Sonnen, ferne Galaxien, Drogenfantasien (Bitte richtig verstehen! Wir selbst sind reine Biertrinker!), aber auch das Feeling, mit der Band unterwegs zu sein, wie man es gut bei unserem Song „Ghosttown Blues“ hören kann.

Daniel: Kommen wir mal zu Euren Veröffentlichungen: Eure ersten beiden LPs waren Split-LPs mit einer Band namens Projekt FX3. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande? Kanntet Ihr die Band vorher schon? Oder war das eine Idee des Labels? Und wie wichtig ist es Euch,  dass die Band bei einer gemeinsamen Veröffentlichung auch stilistisch gut zu Euch passt?

Bernd: Gerade in unseren Anfangstagen waren wie sehr viel mit unseren Freunden von Projekt FX3 unterwegs. Ich kann mich da an tolle Konzerte in Karlsruhe, Ulm und Stuttgart erinnern. Wir haben im Zweierpack die Bandbreite des Psychedelic Rock bedient: Projekt FX3 mit ihrem Trance-/Ethno Rock und Zen Trip mehr die rockige Variante. Ich glaube, es waren an die 30 Konzerte, die wir gemeinsam gespielt haben.

zen tripDaniel: Alle drei LPs sind auch in farbigem Vinyl erhältlich. Ich persönlich finde es schön, wenn das farbige Vinyl auch zum Cover-Artwork passt. Hattet Ihr denn ein Mitbestimmungsrecht für die Farbgebung?

Bernd: Zu den Vinyl-Ausführungen von den ersten beiden Alben „Music From Another World Vol. 1 & Vol. 2“ und natürlich vom aktuellen Album „Sun Voyage“ hatten wir das volle Mitspracherecht. Alles wurde gemeinsam mit dem Label besprochen und abgestimmt. Es war bzw. ist eine tolle Zusammenarbeit geworden, aus der eine herzliche und harmonische Freundschaft mit Andy entstanden ist…

Daniel: Alle Eure Platten sind bei Clostridium Records erschienen. Wie seid Ihr mit dem Label in Kontakt gekommen? Und kanntet Ihr zuvor schon andere Veröffentlichungen des Labels?

Bernd: Bei einem unserer Konzerte wurden wir von Andreas Krüger (Nein, wir sind nicht verwandt!) gefragt, eine gemeinsame Vinylscheibe unter seinem Label www.clostriumrecords.com zu produzieren. Die Konditionen und Voraussetzungen waren einfach unschlagbar!

Daniel: Stimmt es eigentlich, dass alle drei Veröffentlichungen ausschließlich auf Vinyl erhältlich sind? Oder sind auch CDs und/oder Kassettenversionen erhältlich oder geplant?

Bernd: Alle drei Alben sind nur und ausschließlich auf Vinyl erhältlich; für uns eigentlich die typische und standesgemäße Art für unsere Musik. CDs sind so gar nicht unser Ding! Ein wenig sehen wir auch den kommerziellen Hintergrund: Die klassische Vinyl-Scheibe ist halt die „Währung“ in unserer Szene. Nach CDs fragt so gut wie niemand.

Daniel: Wie wichtig ist es Euch, das kultige alte Vinylformat am Leben zu erhalten? Und was hältst Du - im Gegensatz  dazu – von diesem neumodischen Kram wie MP3 oder Streaming? Kannst Du dem überhaupt etwas abgewinnen? Es ist doch als Musiker viel schöner, einen richtigen Tonträger in den Händen zu halten…

Bernd: Ganz ehrlich, zumindest ich weiß gar nicht, wie „gestreamt“ wird, haha! Das überlasse ich der jüngeren Generation. Aber natürlich höre ich mal beim Autofahren eine MP3-Datei; das schon, aber es geht doch nichts über das Auflegen einer Platte auf den sich drehenden Teller. Das ist doch Musikgenuss in Reinkultur!

Daniel: Ich mag den warmen, analogen Sound sehr! Wo habt Ihr aufgenommen, und wer hat produziert?

Bernd: Bernd: Das aktuelle Album „Sun Voyage“ haben wir im Mai 2021 in unserem Proberaum an zwei Tagen aufgenommen. Stefan Werni, ein guter Freund, Berufsmusiker und Tontechniker, hat uns professionell, aber auch freundschaftlich betreut. Wir lernten hochwertiges Aufnahmeequipment wie Neumann-Mikrophone und vieles andere kennen; eine tolle Erfahrung! Alles wurde live eingespielt! Es gibt keine Overdubs oder Ähnliches. Der damalige Moment ist genauso eingefangen worden, wie er auf der Platte zu hören ist. Der damalige Rough Mix klang schon großartig! Und nach dem Mastern bei Eroc (vielleicht einigen bekannt als Drummer bei Grobschnitt) klang es, als ob jemand ein Tuch von den Lautsprecherboxen gezogen hätte: klar, transparent, dynamisch!

Daniel: Ich finde, „Sun Voyage“ klingt sehr spontan und teilweise improvisiert. Ihr habt das Live-Feeling gut eingefangen! Habt Ihr ganz klare Songstrukturen, wenn Ihr im Studio seid? Oder improvisiert Ihr tatsächlich?

Bernd: Bernd: Natürlich haben wir unsere Strukturen, aber wir lassen uns immer Freiheiten zu jammen, mal die Lautstärke herunterzufahren, Spannung aufzubauen usw. Das geschieht natürlich live sehr oft. Deswegen klingen die Songs niemals gleich.

Daniel: Ich weiß, dass Ihr ziemlich viel live spielt. Wie wichtig ist es Euch, auch gemeinsam auf der Bühne zu stehen und nicht nur ab und zu im Studio etwas aufzunehmen?

Bernd: Für uns bedeutet das live spielen eigentlich alles! Dieser Moment, unsere Sachen aus dem Proberaum in unsere Autos zu laden, loszufahren, in eine andere Stadt/Bundesland, Menschen kennzulernen und natürlich der Abend selbst, eine fremde Bühne zu betreten und zu spielen. Momente, die unvergesslich bleiben und uns auch als Band zusammengeschweißt haben. Stand 06.04.2022 waren es weit über 70 Konzerte, quer durch unsere schöne Republik.

Daniel: Habt Ihr denn auch schon mit größeren Bands zusammen gespielt? Und wenn ja: mit wem?

Bernd: Während all dieser Zeit durften wir schon Bands wie Jane, oder letztens Ax Genrich (ex-Guru Guru) oder auch namhafte Tribute-Bands, wie die englische Hendrix Tribute-Band Voodoo Room oder die hier ansässigen Electric Voodooland supporten. 2023 wird es ein bekanntes Festival, bei dem wir auch schon gebucht sind, geben. Da werden die Namen noch prominenter sein! Lasst Euch überraschen!

Daniel: Gibt es heute eigentlich eine richtige Psychedelic Rock-Szene? Zu wem habt Ihr Kontakt? Und welche Psychedelic Rock-Bands kannst Du unseren Lesern generell empfehlen, wenn sie sich nun etwas mehr mit dieser Stilrichtung befassen wollen?

Bernd: Die Psychedelic Rock-Szene, ob national oder international, ist wirklich riesig und unglaublich aktiv! Auf all diesen etwas kleineren Festivals, wie das Stoned From The Underground, dem Freak Valley oder dem Aquamaria Festival gibt es so tolle Bands zu entdecken; mit einigen Bands sind wir auch befreundet. Empfehlenswert sind Bands wie Elara Sunstreak Band, Nazca Space Fox, Gamma Brain, ArieZ…um nur einige zu nennen.

zen tripDaniel: Was steht in Zukunft noch so bei Zen Trip an?

Bernd: Zukünftig werden wir hier zu sehen und zu hören sein:
 
08.05. Essen, Stadtfest
14.05. Oer-Erkenschwick, JOE´s
16.07. Wesel, Barfly
13.08. Bottrop, Hotbike
17.09. Cottbus, Rock im Spreewald
24.09.Dortmund, Pauluskirche
01.10.Recklinghausen, Backyard Club

Die Gig-Termine werden ständig aktualisiert, da Corona-bedingt einige Konzerte verschoben wurden und nachgeholt werden, sowie auch neue Termin dazu kommen.

Daniel: Na gut, Bernd! Dann wären wir schon durch. Dir  gebührt das Schlusswort!

Bernd: Danke, mein lieber Daniel, für Deine Zeit und Deine Mühe, Zen Trip hier mal ins „Kreuzfeuer“ zu nehmen! Love, Peace and Heavy Psych!

https://www.facebook.com/ZenTripBand/

https://zentrip.bandcamp.com/

https://www.clostridiumrecords.com/epages/es140532.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/es140532/Categories/Bands/Zen_Trip



Autor: Daniel Müller