KANONENFIEBER - MENSCHENMÜHLE


Label:NOISEBRINGER
Jahr:2021
Running Time:50:37
Kategorie: Neuerscheinung
 

An Kanonenfiber (oder zumindest dem Namen) kam man ja in der letzten Zeit kaum vorbei. Angefangen bei allerlei Werbung bis hin zu einer halböffentlichen Schlammschlacht in den sozialen Netzwerken, danach die empörende Offenlegung der anderen musikalischen Aktivitäten des Menschen hinter Kanonenfieber, lange hat eine Band mit ihrem Debütwerk nicht mehr so viel Aufmerksamkeit erregt. Man konnte auch viel über die oft beschworene Trennung von Kunst und Künstler lernen, die angebracht ist, wenn der Künstler unpopuläre politische Ansichten vertritt, aber offensichtlich ihre Grenzen hat, wenn er nebenher Metalcore macht. Nun. Ich trenne weiter. Und dieses Album lohnt sich! Kanonenfieber sind (beziehungsweise ist, da es sich um ein Einmannprojekt handelt) seit 2020 aktiv und machen mittelschnellen, melodischen Black Metal mit einer glasklaren, druckvollen Produktion. Es handelt sich bei „Menschenmühle“ um ein Konzeptalbum, das sich dem ersten Weltkrieg verschreibt. Wer etwas in Geschichte informiert ist, findet vieles Bekanntes wieder. Die Texte sind allesamt in Deutsch und recht klar verständlich, aufgelockert wird das Werk mit Samples aus Reden aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, die jedoch teilweise sehr lang ausfallen. Der Krieg wird hier nicht glorifiziert, vielmehr beschäftigen sich die Lyrics mit den eher unangenehmen Begleiterscheinungen, denen man als Soldat an der Front mitunter ausgesetzt ist.

Was das Hörvergnügen jedoch schmälert, ist die Tatsache, dass Sänger seinen Text um jeden Preis unterbringen will, ungeachtet des Taktes. An manchen Stellen sind einfach zu viele Wörter für zu wenige Anschläge. Insgesamt richtet sich die Hauptkritik eigentlich ausschließlich an den Gesang. Die gegrowlten Textpassagen („Dicke Bertha“, „Ins Niemandsland“) wirken etwas gekünstelt, der Klargesang im Outro seltsam lustlos, die Intonation des Sängers ist mitunter recht abenteuerlich, was dem Ganzen ab und an eine unfreiwillig komische Note verleiht. Worte wie „Sturm“ oder „Wurf“ werden in schönster „Werner-Wurstblinker-Manier“ betont. Dennoch kann man das Werk hervorragend hören.

Die Songaufbauten sind ausnahmslos gut gelungen, mittels Effekten werden stimmungsvolle Steigerungen eingebaut, es finden sich einige unerwartete Wendungen, die aber allesamt intuitiv und in sich stimmig wirken. Die Idee beispielsweise, in „Grabenlieder“ eine Maschinengewehrgarbe mit dem Schlagzeug aufzugreifen und für den weiteren Songaufbau zu nutzen ist nicht neu, aber gut umgesetzt. Insgesamt unterhält das Album den Hörer ausgesprochen gut, das Album lässt sich hervorragend aktiv, aber auch zur musikalischen Untermalung hören, meine persönlichen Highlights auf der Platte sind „Grabenlieder“ und „Unterstandsangst“.„Menschenmühle“ klingt ein wenig wie Eisregen auf „Marschmusik“ in gut. Eine klare Empfehlung für alle, die etwas mit abwechslungsreichem, Deutschen Black Metal anfangen können und sich nicht von dem Drumherum abschrecken lassen.

 

Note: 7 von 10 Punkten
Autor: Andreas Sprack


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