ANCIENT CURSE - Keine totale Arbeitsverweigerung in puncto Produktivität!


Ich war echt überrascht, als ich zufällig erfuhr, dass die Bremer Progressive Power Metaller Ancient Curse mit „The New Prophecy" ihr erstes Album seit 1997 rausgehauen haben; einer Zeit, wo ich die Band tatsächlich schon kannte und ihre ersten beiden CDs gekauft hatte. Manchmal tut sich eben auch mal nichts, wenn man eine Band über Jahre hinweg aus den Augen verliert, haha! Auch das Beantworten des Interviews hat einige Zeit in Anspruch genommen. Aber so ist das eben bei Ancient Curse: Man nimmt sich die Zeit, aber dafür wird es auch richtig gut! Jedenfalls hat Gitarrist und Sänger Peter „Pepe" Pietrzinski meine Fragen ausführlich und in sympathischem Plauderton zu meiner vollsten Zufriedenheit beantwortet!

logo2Daniel: Hi Pepe! Ihr habt mit „The New Prophecy“ dieses Jahr endlich ein neues Album am Start! Es ist das erste Album seit 1997! Die wichtigste Frage also zuerst: Warum zur Hölle hat es dieses Mal so verdammt lange gedauert? War die Band überhaupt die ganze Zeit über aktiv?

Pepe: Nein, die Band war natürlich nicht die ganze Zeit aktiv, ansonsten käme das in puncto Produktivität ja einer totalen Arbeitsverweigerung gleich, haha! 1999 kam zunächst die räumliche Trennung, ich zum Beispiel bin jobbedingt von Bremen nach Hamburg gezogen, familiäre Gründe - also Nachwuchs - kamen ebenfalls dazu. Der Metal war obendrein zu dieser Zeit quasi „tot“, alles in allem kann man auch einfach sagen, dass die Luft bei uns irgendwie raus war.

Daniel: Fast genauso lange wie Ancient Curse kenne ich auch Metalium-Sänger Henning Basse, den ich zur der Zeit (1998/´99) live mit Brainstorm gesehen habe. Er hat ja den Gesang für Euer neues Album aufgenommen, produziert und zudem ein paar zusätzliche Gesangslinien beigesteuert. Wie seid Ihr mit ihm in Kontakt gekommen?

Pepe: Henning und ich kennen uns seit 2004. Ich habe bei ihm Gesangsunterricht genommen, und wir haben an einigen eigenen, gemeinsamen Songs gearbeitet. So kam es in 2008, dass er mich fragte, ob ich nicht bei Sons Of Seasons einsteigen wollte, da deren derzeitiger Axeman Luca Princiotta (unter anderem Doro) diese Rolle zeitlich nicht mehr ausfüllen konnte. Es folgten zwei tolle Europa-Tourneen in 2009 und 2011, unter anderem mit Epica, Kamelot, Evergrey und Amaranthe sowie die Veröffentlichung der beiden Alben „Gods Of Vermin“ und „Magnisphyricon“.

Daniel: Neben Henning Basse ist auch Kamelot-Songwriter und -Keyboarder Oliver Palotai auf „The New Prophecy“ zu hören. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Pepe: Oliver Palotai ist Mastermind und Gründer von Sons Of Seasons und daher ebenfalls ein Buddie aus dieser tollen gemeinsamen Zeit. Es war mir daher persönlich eine Herzensangelegenheit, dass beide ihren Beitrag auf unserem Album leisten, und sie haben beide einen großartigen Job gemacht, wie ich finde.

Daniel: Sind Henning und Oliver eigentlich auch teilweise mitverantwortlich für die musikalische Ausrichtung des Albums gewesen? Ich finde nämlich, dass „The New Prophecy“ viel Power Metal-lastiger als die beiden alten, eher progressiv ausgerichteten Alben klingt. Oder hat sich das eher zufällig so ergeben?

Pepe: Einen direkten musikalischen Einfluss haben beide nicht. Möglicherweise war meine Zeit bei Sons Of Seasons auch hinsichtlich Songwriting mit prägend. Aber wir alle haben uns als Musiker im Laufe der Jahre weiterentwickelt und sind reifer geworden. Das hört man aus meiner Sicht dem Songwriting auch ganz klar an. Gunnar zu Beispiel hat mit Riot Instinct aus Bremen astreinen Thrash in reinster Bay Area-Manier zelebriert, was man unserem Song „Hypnotize“ durchaus anhört, den er zu dieser Zeit komponiert hat. Keiner von uns hat in der jahrelangen „Ancient Curse-freien Zeit“ sein Instrument an den Nagel gehängt oder war musikalisch untätig. Jeder war weiterhin in verschiedenen Bands und Projekten aktiv.

Daniel: Wie „neu“ sind die neuen Songs eigentlich wirklich? Oder wurde alles Mögliche verwurstet, was sich in den letzten 23 Jahren so angesammelt hat?

Pepe: Bis auf zwei Songs sind alle aus der neuen Ära. Nur „The Shadow“ und „Mind Chaos“ haben ihre ursprünglichen Wurzeln im alten Jahrtausend, also der Zeit vor unserer Abstinenz. Allerdings haben wir die beiden, bis dato noch unveröffentlichten Nummern noch mächtig bearbeitet und gepimpt, bevor sie reif für „The New Prophecy“ waren. Aber es war uns wichtig bei diesen beiden Songs. Sie gelten für uns quasi als musikalischer Brückenschlag zwischen den beiden Jahrtausenden.

ancient curseDaniel: Lass uns mal ein bisschen in Eurer Vergangenheit wühlen! Wie kam es 1985 zur Gründung von Ancient Curse? Und hattest Du zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Pepe: Es gab in Bremen damals eine Reihe von jungen Musikern und Bands, die sich gründeten und entwickelten. Stilistisch hatte man mitunter verschiedene Vorstellungen, und so kam es, dass aus den Mitgliedern zweier verschiedener Bands Ancient Curse (damals noch Bone Breaker) gegründet wurde. Vorher habe ich in einer Band namens Black Widow gezockt.

Daniel: Nach zwei Demos („From Below…“, 1987, und „Contrast In Union“, 1991) erschien 1995 Eure erste EP „Thirsty Fields“, die ich sogar noch als Original-CD von damals besitze! 1997 gab es einen Re-Release davon mit violettem statt grünem Cover und fünf Bonustracks. Wie kam es dazu?

Pepe: Unser damaliges Plattenlabel Music Is Intelligence wollte die „Thirsty Fields“ gerne als Longplayer re-releasen. Somit haben wir dann die vier weiteren Tracks auf dem Album hierfür aufgenommen.

Daniel: 1997 erschien dann meine Lieblings-CD von Euch: das Album „The Landing“. Wie stehst Du heute zu diesem Album?

Pepe: Ich stehe nach wie vor zu 100% hinter den Songs und dem Album! Na klar würde man, rückwirkend betrachtet, heute einiges anders oder zumindest Dinge nicht mehr so machen wie damals. Aber das lässt sich mit einem gewissen zeitlichen Abstand immer leicht sagen. Man hatte zu der Zeit weder die nötige Erfahrung noch die technischen Möglichkeiten, die man heute zur Verfügung hat. Und es ging immer um das zur Verfügung stehende Budget und damit einhergehend um Zeit für die Produktion.

Daniel: Hattet Ihr damals eigentlich mal live im Vorprogramm größerer Bands spielen können? Wie war die Resonanz?

Pepe: Wir haben seinerzeit ein paar coole Festivals gespielt, unter anderem in Sulingen mit Tankard als Headlinger. Die Resonanz war top! Oder auch im Vorprogramm von Sun, einer seinerzeit angesagten Grunge-Band, zu der wir musikalisch eigentlich nicht wirklich passten, aber die Leute fanden gerade den Kontrast geil! Ich erinnere mich, dass wir an diesem Abend grandiose Merch-Verkäufe hatten. Auch im Vorprogramm vom mittlerweile leider verstorbenen, großartigen John Wetton (unter anderem Asia, King Crimson, Uriah Heep, Wishbone Ash und UK) haben wir seinerzeit einen grandiosen Gig abgeliefert!

Daniel: Warum ist nach „The Landing“ alles eingeschlafen? Was war da bei Euch los?

Pepe: Unmittelbar nach „The Landing“ ist noch nicht alles eingeschlafen. Wir haben danach ein aus meiner Sicht sehr starkes Demo „My Own Universe“ aufgenommen, das durchaus Beachtung fand. Die Gründe, die dann zu der langen Pause – offiziell aufgelöst hatten wir uns nie – habe ich ja bereits mit Deiner ersten Frage beantwortet.

Daniel: Du hattest zwischenzeitlich (2007) auch bei Poverty´s No Crime gesungen, von denen ich ebenfalls ein Riesen-Fan bin. Wie kam es damals dazu? Kanntest Du die Band vorher schon? Und wieso währte Dein Gastspiel dort nur so kurz?

Pepe: Das war eine kuriose Geschichte! Ich bin, ebenso wie Du, Fan der Band und wir hatten in der Vergangenheit auch einige Male sehr gute, gemeinsame Gigs. Ich hatte mir dann irgendwann deren zu dem Zeitpunkt aktuelles Album „Save My Soul“ gekauft und Drummer Theo angeschrieben und ihm hierzu gratuliert. Daraufhin fragte er mich, ob ich mir vorstellen könnte, ein paar Gigs als Sänger auszuhelfen, da Volker temporäre, stimmliche Probleme hatte, sie die bereits gebuchten Shows aber ungern canceln  würden. Gesagt, getan! Wir haben ein paar gemeinsame Proben gehabt, und dann ging es auf die Bühne, unter anderem als Support für Threshold in der Zeche, Bochum. Das war wirklich eine tolle Zeit; sehr coole Jungs! Wir haben heute noch guten Kontakt und auch in der „neuen Ära“ bereits zusammen Gigs gespielt.

ancient curseDaniel: Wann habt Ihr angefangen, wieder mit Ancient Curse weiter zu arbeiten? Und was war der Auslöser dafür?

Pepe: Der Auslöser für unsere Reunion war tatsächlich der, dass kurzfristig der Support-Slot für Mob Rules im Bremer Meisenfrei vakant wurde, und ich Peter (Meisenfrei) und Klaus (Mob Rules) fragte, was sie von einem Ancient Curse-Reunion-Gig an diesem Abend halten würden. Beide waren von der Idee total begeistert! Erst dann fragte ich die Jungs, ob sie erstens Bock drauf und zweitens überhaupt Zeit hätten, denn es war ziemlich spontan und kurzfristig. Alle waren sofort begeistert von der Idee. Wir konnten in der Kürze der Zeit noch fünf-sechs Proben organisieren. Jeder hat sich voll fokussiert darauf vorbereitet, und los ging’s! Es war wahnsinnig spannend und aufregend nach so langer Zeit, aber es herrschte eine unglaubliche Magie und Energie auf und vor der Bühne; ein rundum geiler Abend! Schon unmittelbar nach dem Gig war uns allen klar, wir wollen und müssen jetzt gemeinsam weitermachen! Die Idee mit einem neuen Album war also geboren, zumal es bereits ausreichend Songideen hierfür gab.

Daniel: Das neue Album ist bei Pure Steel Records erschienen. Wie kam der Deal zustande?

Pepe: Pure Steel Records sind unmittelbar nach der VÖ unseres Lyric-Videos zu „The Shadow“ an uns herangetreten, um über eine mögliche Zusammenarbeit zu sprechen. Wir hatten zu dem Zeitpunkt bereits auch noch diverse andere Labels angeschrieben, die stilistisch und vom Repertoire her zu uns passen könnten, und es hätte auch noch andere Optionen für uns gegeben. Aber bei Pure Steel hatten wir von Anfang an einfach ein sehr gutes Gefühl, dort am besten aufgehoben zu sein. Sie sind einfach eine großartige, weltweit vernetzte Metal-Familie, und wir nun Teil davon.

Daniel: Wird es eigentlich auch eine Vinyl-Version von „The New Prophecy“ geben? Ist in dieser Hinsicht etwas geplant?

Pepe: Ja Mann, es gibt eine Gatefold-Doppel-LP von „The New Prophecy“! Ganz geiles Teil, mit speziell hierfür entwickeltem Artwork. Kann ich allen Sammlern und Liebhabern nur wärmstens empfehlen! Bestellung direkt über uns oder auch über Pure Steel möglich, aber auch im Plattenladen unseres Vertrauens, bei Hot Shot Records in Bremen, erhältlich. Übrigens: Bei mir persönlich dreht sich auch eher wieder der gute, alte Plattenteller als der CD-Player.

Daniel: Bei der langen Wartezeit wäre es nicht überraschend, wenn es Leute gibt, die Euch jetzt erst für sich entdecken und sich Euer altes Zeug besorgen wollen. Sind Eure alten Tonträger alle noch erhältlich? Und wie kann man Euch bei Interesse am besten kontaktieren?

Pepe: In der Tat wächst unsere Fangemeinschaft stetig. Es sind aber auch noch viele Leute dabei, die noch unsere damaligen Alben kennen und schätzen. Und auch die haben wir mit „The New Prophecy“ positiv überrascht und überzeugt! Die alten Tonträger sind aktuell leider vergriffen (von wenigen Einzelexemplaren mal abgesehen, die sich noch in unserer Merch-Box befinden), aber Pure Steel wird diese möglicherweise neu auflegen; zumindest digital, so der momentane Plan.

Daniel: Du bist – soweit ich weiß – das einzige noch verbliebene Ur-Mitglied von Ancient Curse. Warum handelt es sich für Dich dennoch immer noch um dieselbe Band?

Pepe: Das ist nicht ganz richtig. Auch unser Axeman Gunnar ist Ur-Mitglied. Wir beide haben quasi gemeinsam angefangen, Gitarre zu spielen und machen dies immer noch. Ist das nicht geil!? Dass es sich immer noch um dieselbe Band handelt, ist doch völlig klar, denn in exakt dieser Besetzung hatten wir unsere beste, erfolgreichste Phase, in der wir zwei Alben veröffentlicht haben, unseren legendären Nr. 1-Hit auf Cuba mit anschließender Tournee auf der Zuckerrohr-Insel zelebrierten, und das als erste internationale Band, seit der dortigen Revolution! Nothing left to say, hehe…

Daniel: Wie sehen sonst Eure Zukunftspläne aus? Werden wir erneut so lange auf einen Nachfolger warten müssen?

Pepe: Das kann ich per se verneinen! Wir haben bereits ausreichend neue Songs und Songideen am Start und bereits die ersten neuen Songs aufgenommen, sind also weiterhin sehr aktiv. Nagel mich bitte nicht auf ein Release-Date fest, aber wir sind deutlich „on track“, was das angeht.

ancient curseDaniel: Na gut, Pepe! Dann gebührt Dir noch das Schlusswort!

Pepe: Zunächst mal danke an alle, die uns supporten, die unser Album gekauft haben, insbesondere an die ganzen Magazine weltweit, für die grandiosen Reviews zu „The New Prophecy“. Danke Dir für dieses Interview, Daniel! All das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind! Jetzt wollen wir unser Album natürlich endlich live präsentieren. Es brennt uns mächtig unter den Fingernägeln! Hoffentlich können wir bald alle wieder gemeinsam Konzerte besuchen und ordentlich abfeiern! Das fehlt und nervt mittlerweile gewaltig! Bestätigt sind wir auf dem diesjährigen RFAR-Festival vom 13. bis 14. August in Sandstedt / Offenwarden; unter anderem mit Rage, Thundermother, Ohrenfeindt und vielen anderen! Wir haben mega Bock drauf, mit Euch zu feiern! Kommt vorbei und lasst uns gemeinsam abrocken! Ihr findet uns auf sämtlichen Social Network-Plattformen sowie diverse Videos auf Youtube! Stay healthy, stay heavy, C u soon!

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Autor: Daniel Müller