Daniel: Hi John! Hi Sophie! Bitte lasst uns zu Beginn doch über die Entstehung von Hand Of Kalliach reden! Wann war das? Und wie kam es dazu?
John: Hi Daniel, danke der Nachfrage! Klar, wir fingen im Sommer 2020 während des Corona-Lockdowns in England an, Songs zu schreiben. Wir hatten schon lange die Idee, ein gemeinsames Projekt zu gründen, und die Einschränkungen zu der Zeit waren ein gegebener Anlass dafür.
Sophie: Obwohl wir waschechte Metalheads sind, mögen wir dennoch auch unsere traditionelle Folk Musik, die hier in Schottland immer noch sehr populär ist. Mit Hand Of Kalliach wollten wir beide Seiten miteinander kombinieren und die Leidenschaft und Energie beider Stilrichtungen bündeln. Wir sind natürlich nicht die erste schottische Folk Metal-Band, aber wir finden dennoch, dass wir die Sache ein wenig anders angehen.
Daniel: Ich mag Euren mystischen Bandnamen. Woher stammt er?
Sophie: Danke! Schön, dass er Dir gefällt! Der Begriff „Kalliach” ist eine Anspielung auf „Cailleach”, was wiederum der Name einer schottischen Hexengöttin des Winters ist. In der Schottischen Mythologie besagt die Legende, dass sie an einem unteren Teil eines enormen Strudels an der Küste von Islay lebt, wo ein Teil von Johns Familie herkommt
John: Die Geschichte besagt, dass sie aus diesem Strudel entsteigt und sich im Winter einen bestimmten Platz sucht. Das hat viele bösartige Bedeutungen in der Folklore. Aber man muss auch sagen, dass sie eine Gottheit der Erschaffung ist. Die Musik vereint also beide Seiten von Gut und Böse mit der Geschichte, der Mythologie und den Landschaften der schottischen Inseln. Aber „die uralte Gottheit des Winters, die unter einer gewaltigen Strömung lebt” klang für mich auch immer schon sehr nach Metal, als ich jung war!
Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?
Sophie: John hatte schon in einigen Metal-Bands gespielt, aber ich bin jetzt zum ersten Metal mit involviert.
John: Ich habe in meinen Teenager-Jahren und frühen Zwanzigern viel mehr Musik gemacht und bin mit einer dieser Bands auch auf Tour gegangen. Ich habe hauptsächlich in Grindcore- und Speed Metal-Bands gespielt, also ganz andere Musik gemacht als das, was wir heute machen.
Daniel: Welche Bands haben Euch beeinflusst? Und woher kommt die Inspiration für die keltischen Melodien?
John: Ich denke, dass wir einen sehr breitgefächerten Musikgeschmack haben, der von Metal über Rock bis Folk reicht. Was Metal angeht, bin ich ein großer Fan von Technical- und Melodic Death Metal mit einer atmosphärischen Schlagseite, so wie beispielsweise Fallujah. Außerhalb des Metal mag ich querbeet Sachen wie Schottischen Folk, Downtempo und Shoegaze. Meine bei Spotify empfohlenen Playlists sind manchmal ein wenig bizarr, haha!
Sophie: Ich lehne mich ein bisschen mehr zurück und mag die Mischung aus Speed- und Folk Metal, so wie zum Beispiel Primordial. Außerhalb des Metals mag ich aber auch den Folk- und Indie-Bereich. Ich denke schon, dass die Breite unserer Einflüsse sich gut in unserer Musik widerspielgelt.
John: Vieler unserer keltischen Melodien und Rhythmen wird man so normalerweise nicht in schottischer Folk Musik finden, da sie normalerweise von Instrumenten wie Geige, Akkordeon oder Flöten gespielt werden, während wir sie stattdessen auf verzerrten Gitarren spielen. Die Idee dahinter ist es, dieselbe melodische Energie der traditionellen Musik mit der rohen Power und den Ausdruck, ausgehend von einer Death Metal-Basis, zu erhalten.
Daniel: Worum geht es in Euren Texten? Und woher nehmt Ihr die Inspiration?
Sophie: Wir schreiben ziemlich abstrakte Texte, aber es gibt einen roten Faden auf dieser EP, der an Zeit, Moral, Mythologie und Emotion gebunden ist. Soll heißen, dass es keine bestimmte Kernaussage in unseren Texten gibt. Unsere persönliche Meinung ist, dass Songs in erster Linie von den Hörern selbst interpretiert werden sollten, während wir unsere ganz eigene Interpretation im Kopf haben. Das ist nicht immer das, was der Hörer erkennen mag oder hören möchte, wenn er den Song zum ersten Mal hört.
John: Die Landschaften der Inseln der schottischen Westküste sind eine große Inspiration. Es gibt einen geschichtlichen Zusammenhang der Kulturen Schottlands, Irlands und der nordischen Länder, und sie können ein sehr wilder und stürmischer Ort sein, aber an anderen Tagen auch sehr ruhig. Die zwei Seiten der Landschaften und der Umgebung dort versuchten wir auf dieser breitgefächerten EP einzufangen.
Daniel: Handelt es sich bei Hand Of Kalliach für Euch um eine richtige Band oder nur um ein Nebenprojekt für zwischendurch?
John: Gute Frage! Um ehrlich zu sein, war es anfangs nur ein halbherziges Projekt, als wir anfingen, die Songs zu schreiben, und wir hatten nicht erwartet, dass es so erfolgreich weitergehen würde. Ich hätte es zunächst lediglich als Projekt bezeichnet. Wir waren jedoch überwältigt von der Resonanz, die wir von Leuten bekommen haben, die sich unsere Musik angehört haben. Ich hatte überlegt, wieder in einer richtigen Band zu spielen (was ich in den letzten Jahren nicht mehr getan hatte), aber dies war Musik, die ich langfristig machen wollte. Und das sie so gut ankam, hat mich darin weiter bestärkt, dass hieraus eine richtige Band wurde.
Sophie: Radiostationen wollten unsere Musik spielen, noch bevor wir die Songs überhaupt verschickt hatten. Das hat uns sehr beflügelt. Als wir im Januar zur Band des Monats in der Sendung „The Midnight Hour” bei Metal Meyhem Radio gekürt wurden, waren wir sprachlos. Wir waren so motiviert, dass wir daraus eine richtige Band machen wollten. Wir wollen auch Konzerte spielen, sobald das wieder möglich ist.
Daniel: Hand Of Kalliach betreibt Ihr allein als Ehepaar. Vereinfacht dies Euch, auch zwischendurch einmal zu Hause an Songs zu arbeiten, wenn Euch gerade danach ist?
Sophie: Ja, sehr! Wir können zu zweit sehr ehrgeizig sein, wenn es ums Songs schreiben und aufnehmen geht. Wir haben eine Akustikgitarre im Wohnzimmer stehen, so dass wir morgens eine Melodie schreiben und am Wochenende eine Rohfassung davon machen können, was wir die Nacht zuvor aufgenommen haben.
John: Ja, es ist schon von Vorteil, dass wir beim Songwriting nur zu zweit sind. Wir können viel schneller Ideen ausarbeiten, etwas ändern oder umschreiben, wenn etwas nicht gleich so funktioniert wie wir wollen. Es ist viel komplizierter mit einer kompletten Band, wenn Du alles durchgehen oder per Mail an alle verschicken musst. Und es gibt weniger, worüber man sich aufregen muss. Wenn etwas Geschriebenes nicht funktioniert, muss sich niemand gleich angegriffen fühlen, wenn man etwas überarbeiten oder komplett umschreiben muss!
Daniel: Wo habt Ihr die Songs eigentlich aufgenommen? Habt Ihr so etwas wie ein Home Recording Studio?
John: Na ja, das ein Home Recording Studio zu nennen, wäre stark übertrieben, a wir nur eine Grundausstattung haben. Aber ja, wir haben ein vernünftiges Mikrofon und ein Audio Interface, ein paar Instrumente und ein bisschen Grundwissen über Aufnahmetechniken. Es ist schon beeindruckend, was man heute zu einem günstigen Preis alles für Zuhause bekommen kann!
Sophie: Wir können selbst einen Rough Mix zu Hause machen, bevor wir es einem Sound-Techniker zum Mischen und Mastern geben. Wir haben also nicht traditionell gearbeitet, sondern unter strengen Corona-Vorschriften.
Daniel: Wie lange hat es gedauert, die Songs zu schreiben und aufzunehmen?
John: Wir haben im August 2020 mit dem Schreiben angefangen und haben bis Oktober alle Aufnahmen im Kasten gehabt. Es ging also alles ziemlich schnell. Der Gesang hat am längsten gedauert, wenn eine Menge los ist und die Kinder betreut werden müssen. Aber auch zu Hause Lärm zu machen, war immer eine Herausforderung!
Sophie: Da kann ich nur zustimmen! Aber nochmal: Dadurch dass wir nur zu zweit an den Aufnahmen beteiligt waren, hatten wir ein gutes Zeitfenster für die Produktion und wurden ziemlich schnell fertig.
Daniel: Wenn ich mir das spacige Artwork so ansehe, dann würde ich nie darauf kommen, dass es sich dabei um eine Folk Metal-Band handelt. Welche Idee steckt dahinter?
Sophie: Tatsächlich haben wir dieses Artwork selbst gemeinsam mit einem Freund von John entworfen. Dabei handelt es sich um weiße Tinte in einem großen Wassertank mit ausgeschaltetem Licht. Wir wollten diesen atmosphärischen Vibe auf der EP, der an Meere, Raum und Zeit erinnert. Und natürlich wollten wir auch den zentralen Fokus auf eine abstrakte Interpretation der Cailleach-ähnlichen, weiblichen Gottheit legen.
John: Wir legen viel Wert auf ein gutes Artwork, das zur Musik passt, denn das das ist wahrscheinlich der einzige optische Aspekt für den Hörer, wenn Du Musik für Dich entdecken willst. Es sollte zeigen, worum es bei Dir und der Musik geht. Da wir versucht haben, etwas mit viel Atmosphäre zu erschaffen, das anders sein sollte als alles, was bisher schon da gewesen ist, wollten wir, dass das Artwork dieses auch reflektiert. Es hat ein bisschen gedauert, bis alles fertig wurde, aber wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Und wenn wir damit etwas Interesse erwecken können, dann ist das doch toll!
Daniel: Stimmt es eigentlich, dass es Eure EP nur digital und zum Streamen gibt? Und wollt Ihr das nicht noch ändern?
Sophie: Ja, das stimmt, aber wir warten noch auf die physischen Kopien, die wir ebenfalls bevorzugen. Der Mensch mag einfach den physischen Aspekt lieber: ein gedrucktes Artwork, die Texte usw., und das ist leider etwas, das in der modernen Welt verloren geht.
John: Es kann hart sein, viel Geld für physische Kopien auszugeben, vor allem dann, wenn Du nicht weißt, ob die Leute das Zeug mögen und dann auch kaufen. Du hast weniger Risiko, wenn Du Deine Musik nur digital veröffentlichst. Wir haben jedoch bislang gute Resonanzen bekommen und wollen versuchen, das Interesse der Hörer in physische Kopien umzusetzen. Wir sehen auch, dass Kassetten, Vinyl und CDs eine Art Comeback haben, zumindest im Underground. Das ermutigt uns sehr!
Daniel: Plant Ihr eigentlich auch Konzerte, oder handelt es sich bei Hand Of Kalliach um ein reines Studioprojekt?
Sophie: Auf jeden Fall! Wenn die Läden wieder eröffnen, werden wir definitiv zusehen, dass wir ein paar Konzerte an Land ziehen. Wir wertschätzen die Live-Atmosphäre, und das ist etwas, was wir seit den Corona-Einschränkungen 2020 schmerzlich vermissen.
John: Ja, wir benötigen jedoch noch ein paar Freiwillige, die zusätzlich ein paar Instrumente bedienen, bevor wir auf die Bühne gehen, da wir ja nur zu zweit sind. Aber es gibt ein paar Musiker in Edinburgh und in der Nähe von Glasgow, die uns bereits ihr Interesse bekundet haben. Wir sind also hoffentlich bald in der Lage, eine feste Band auf die Beine zu stellen.
Daniel: Lasst uns bitte auch kurz über die Rock- und Metal-Szene bei Euch in Schottland reden, okay? Denn die ist nicht sehr weit verbreitet. Spontan fallen mir eigentlich nur Nazareth aus den Siebzigern und Holocaust aus den Achtzigern ein. Gibt es überhaupt so etwas wie eine Metal-Szene in Schottland? Und welche Bands aus Eurem Land könnt Ihr uns noch empfehlen?
Sophie: Es gibt schon eine kleine Metal-Szene in Schottland, aber das meiste spielt sich im Underground ab. Es gibt aber in jeder größeren Stadt ein paar Läden, wo Bands auftreten. Und ihre Stilrichtungen sind sehr unterschiedlich.
John: Eine der Leute, mit denen ich früher Musik gemacht habe, spielt heute bei dem Grindcore-Duo Boak (Das ist das schottische Slang-Wort für „Kotze“), und sie treten live auch nur zu zweit auf. Das sollte man sich auf jeden Fall einmal ansehen! Wenn Ihr Black Metal mögt, dann ist Ruadh ein sehr interessantes Projekt von einem Typen, der in Glasgow wohnt. Tom heißt er. Er hat uns schon viel geholfen und spielt sehr eigenständigen Atmospheric Black Metal. Da lohnt es sich auch reinzuhören.
Daniel: Wie sehen denn Eure Zukunftspläne mit Hand Of Kalliach aus?
Sophie: Wir sind überwältigt von den bisherigen positiven Resonanzen, was uns schon irgendwie überrascht hat. Es war ein eher ungewöhnliches Projekt, von dem wir nicht allzu viel erwartet hatten. Unsere Tracks haben aber schon mehrere tausend Klicks bekommen, und wir beeindruckt, wie vielen Leuten unsere Musik gefällt. Wir sind dadurch hochmotiviert und schreiben bereits neues Material mit der Aussicht auf ein paar Konzerte, wenn die Läden wieder auf haben. Ihr könnt also in den nächsten Monaten und Jahren noch sehr viel mehr von uns erwarten!
Daniel: Okay, John und Sophie! Das Schlusswort gehört Euch!
John: Danke, Daniel! Wir möchten uns sehr bei allen bedanken, die uns bislang unterstützt haben. Wir sind sehr dankbar dafür und verneigen uns vor denen, die den Metal Underground am Leben halten.
Sophie: Da stimme ich zu. Die internationale Metal-Gemeinschaft hat un smit offenen Armen empfangen. Vielen Dank dafür! Wenn Ihr Leser jetzt auf dem Laufenden bleiben wollt, dann folgt uns auf Spotify, Bandcamp und unseren unten aufgeführten Social Media-Links. Dann werdet Ihr die ersten sein, die erfahren, wenn es neue Veröffentlichungen von uns gibt!
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