Daniel: Hi Dave! Wie geht´s Dir? Lass uns doch zunächst damit beginnen, wie es letztes Jahr dazu kam, dass Du wieder bei Benediction eingestiegen bist!
Dave: Hey Daniel! Wie geht es Dir? Vielen Dank für das Interview! Wir schätzen es sehr, dass Du Dir die Zeit für uns alte Säcke nimmst! Also, das war so: Ich bekam eine Nachricht von Bassist Dan Bate bei Facebook, und er fragte mich, ob ich mit Daz Kontakt aufnehmen könnte. Das tat ich, und Daz fragte mich, ob wir ein paar ausgewählte Shows zusammen spielen könnten, da der letzte Sänger, Dave Hunt, sich mehr um sein Studium kümmern und sich dafür eine Auszeit nehmen wollte. Es war schnell klar, dass er sich komplett darauf konzentrieren und nicht mehr für ein Album oder mehr zur Verfügung stehen würde, also stieg er aus. Meine Frau und mein Sohn meinten dann, dass ich dieses Angebot annehmen sollte, und das tat ich dann auch.
Daniel: Hast Du den Werdegang von Benediction nach Deinem Ausstieg noch weiter verfolgt? Kennst Du die beiden Alben, die sie nach Deinem Ausstieg veröffentlicht haben, „Organised Chaos“ (2001) und „Killing Music“ (2008)? Und wenn ja: Wie findest Du sie?
Dave: Im Laufe der Jahre schon, ja. Ich habe einmal mit Daz telefoniert. Und dann hat es nicht mehr lange gedauert, bis ich „Organised Chaos“ gehört hatte. Ich erzählte ihm, wie sehr es mir gefiel, und dass der einzigartige Benediction-Sound immer noch allgegenwärtig war. Ich habe mir beide Alben immer öfter angehört, bevor „The Return To Rubicon“ angegangen sind, um einfach noch vertrauter mit ihnen zu sein.
Daniel: Was waren 1998 eigentlich die Gründe für Deinen Ausstieg?
Dave: Das gab es viele Gründe für. Aber der Knackpunkt war wohl, dass ich nach Dänemark gezogen war. Ich bin in ein anderes Land gezogen, habe mir ein neues Leben aufgebaut und noch einmal ganz neu angefangen. Das hat einige Zeit in Anspruch genommen. Es gab viel Papierkram, ich musste mir eine neue Arbeit suchen, und ich musste alles mit einer tourenden Band unter einen Hut bringen. Es war schwierig, aber nicht unmöglich. Heutzutage hat sich alles eingependelt. Ich versuche jetzt sogar, die dänische Staatsbürgerschaft zu übernehmen.
Daniel: Letztes Jahr hast Du in München mit Down Among The Dead Men gespielt, wenn ich mich recht erinnere. Wirst Du weiterhin Teil der Band bleiben? Oder hast Du dafür jetzt keine Zeit mehr?
Dave: Ich glaube, Du meinst Just Before Dawn. Das war 2018 auf dem Dark Easter Metal Meeting. Bei Just Before Dawn bin ich nicht mehr, obwohl ich auf einigen Veröffentlichungen auch noch zu hören sein werde. Wir hatten vor, noch eine Abschiedsshow zu spielen, aber die Pandemie hat uns da einen Strich durch die Rechnung gemacht. Meine anderen Projekte, Down Among The Dead Men, Echelon, Ursinne, Hellfrost And Fire und Troikadon sind jedoch immer noch aktiv. Dabei handelt es sich aber lediglich um Studio-Bands. Ich bezweifle stark, dass ich mit ihnen live auftreten werde. Und Benediction haben bei mir oberste Priorität. Im Moment arbeite ich am dritten Echelon- und am zweiten Ursinne-Album. Die Musik ist schon fertig. Ich arbeite gerade an den Texten. Und auch das Debüt von Hellfrost And Fire wird Anfang 2021 erscheinen. Das Troikadon-Album haben wir noch einmal umgeschrieben, weil wir nicht hundertprozentig damit zufrieden waren. Ein VÖ-Datum ist noch nicht in Sicht, aber es geht langsam voran. Down Among The Dead Men arbeiten ebenfalls schon am vierten Album. Dies wird aber nicht vor 2022 erscheinen.
Daniel: Lass uns mal tief in Deiner glorreichen Vergangenheit wühlen, okay? Das erste Mal bist Du 1990 bei Benediction eingestiegen und hast Barney Greenway ersetzt, der dann zu Napalm Death ging. Ein Jahr später hast Du mit Benediction das Album „The Grand Leveller“ veröffentlicht. Kanntest Du die Band vorher schon, in Zeiten ohne Internet? Und wie seid Ihr in Kontakt gekommen? Kannst Du Dich daran noch erinnern?
Dave: Ich kannte ein paar Leute aus der Band schon von Kneipentouren und Konzerten her, wo sie entweder selbst gespielt haben oder im Publikum standen. Ich stieß auf eine Anzeige, dass sie einen Sänger suchten, und wir haben uns in einer Kneipe getroffen und darüber geredet. Dann hatte ich vorgesungen, und sie haben mich genommen. Ich kann mich daran erinnern, dass ich eine Woche lang im Raum meiner damaligen Arbeitstelle die Texte des „Subconscious Terror”-Albums durch den Raum gebrüllt habe, um mich auf das Vorsingen vorzubereiten. Ich denke, das hat sich ausgezahlt, oder?
Daniel: Wenn Du heute auf all Deine Alben mit Benediction zurückblickst, gibt es dann ein Album, auf das Du besonders stolz bist, oder das Du heute, im Nachhinein, vielleicht nicht mehr so magst? Und wenn ja: Warum?
Dave: Jedes Album hatte seine Qualitäten, und ich kann auch jedem etwas abgewinnen. Für mich ist es unmöglich, einen bestimmten Favoriten zu nennen. Ich kann auch nicht sagen, dass ich eines dieser Alben nicht mag. Ich meine, es ist ja schließlich auch so, dass wir auch nie ein Album rausgebracht hätten, mit dem wir nicht hundertprozentig zufrieden gewesen wären. Sind die Alben in Würde gealtert? Ich denke schon! Ich finde, sie können immer noch standhalten und viele heutige Death Metal-Alben noch locker in die Tasche stecken.
Daniel: Nach dem Ausstieg bei Benediction bist Du zu Bolt Thrower gegangen. „Honour – Valor – Pride” aus dem Jahr 2001, mit Dir am Gesang, ist als das einzige Bolt Thrower-Album ohne den legendären Karl Willets am Mikrofon in die Geschichte eingegangen. Ist das etwas, was Dich stolz macht? Oder fühlt es sich für Dich heute irgendwie „falsch” an?
Dave: Ich denke absolut nicht, dass es die falsche Entscheidung war. Karl wollte nur auf dem „Mercenary“-Album singen, aber danach nicht mit auf Tour gehen. Ich bin dann 1998 bei Bolt Thrower eingestiegen, um diese Tour mit ihnen zu spielen, und habe dann eben auch auf „Honour – Valor – Pride“ gesungen. Da bin ich sehr stolz drauf, und ich werde meine Zeit in der Band immer mit mir tragen. R.I.P. Kiddie! Ich werde mich immer an Dich erinnern, mein Freund!
Daniel: 2004 kam Karl Willets dann wieder zu Bolt Thrower zurück. War das ein Schritt, den Du eingesehen hast, auch von Seiten der Fans?
Dave: Ich hatte die Band damals aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Karl zurück in die Band zu holen, war die logische Konsequenz. Und als dieser Entschluss feststand, schrieb ich Jo Bench noch, wie sehr ich mich darüber gefreut hatte.
Daniel: Bist Du nach Deinem Ausstieg denn noch mit Bolt Thrower in Kontakt gebleiben? Oder gab es danach „böses Blut“ oder ähnliches?
Dave: Nein, überhaupt nicht! Meine Band Downlord ging sogar 2006 mit ihnen in Skandinavien auf Tour. Ich bin immer mit ihnen in Kontakt geblieben, und ich habe sogar ein paar Videos für sie gemacht. Sie sind auch auf meinem Youtube-Kanal zu sehen (Bei Interesse könnt Ihr den Links am Ende des Interviews folgen).
Daniel: Was denkst Du über Memoriam, die heute ja immer als Nachfolge-Band von Bolt Thrower gehandelt werden?
Dave: Sie sind definitive keine „Nachfolge-Band”! Sie haben eine eigene Identität und eine andere Energie. Es ist ein Trugschluss, dass sie allgemein als „Bolt Thrower II” bezeichnet werden, und das wird dem Vermächtnis von Bolt Thrower auch nicht gerecht.
Daniel: Ich bin überrascht, dass es so kurz nach Deinem Wiedereinstieg schon ein neues Bendiction-Album gibt: „Scriptures”! Es wird am 16.10.2020 erscheinen. Das ging ziemlich schnell! Warst Du überhaupt am Songwriting beteiligt? Oder war das Album bereits komplett fertig, als Du wieder dazugestoßen bist?
Dave: Die Musik war komplett fertig. Es ging nur noch um meine Texte. Ich hatte zuhause zwar noch viele alte, unverwertete Texte rumfliegen, aber ich wollte für das neue Benediction-Album frische Texte schreiben. Die Musik hat mich in dieser Entscheidung noch bestätigt, und harte Arbeit ist mir nicht fremd (Wie bereits erwähnt, hatte ich in letzter Zeit für viele Bands etwas geschrieben). Als ich Demoaufnahmen der Songs aufgenommen hatte, konnten die Jungs sehen, was oder ob noch etwas an den Songs geändert werden musste, oder ob noch mehr oder eher weniger Gesangslinien benötigt werden würden. Erst dann würden wir einen Song als fertig absegnen. Es gab auch noch drei Texte von meinem Vorgänger Dave Hunt (die er auch schon live gesungen hatte), die die Jungs unbedingt behalten wollten. Ich habe sie dann auf meinen Gesangsstil umgemünzt und den Text etwas abgerundet, um ihnen all den Respekt zu zollen, der ihnen gebührt.
Daniel: Was kannst Du uns den schon über das neue Album verraten?
Dave: Ein abwechslungsreiches und gut ausbalanciertes Old School Death Metal-Album in all seinen Facetten, das wie immer schnelle, Midtempo- und schleppende Passagen beinhaltet.
Daniel: Das Album erinnert mich etwas an „Transcend The Rubicon” (1993) (welches übrigens mein erstes Benediction-Album war, was ich mir selbst gekauft hatte, als ich 14 war und es gerade veröffentlicht wurde). Würdest Du mir da zustimmen?
Dave: Aus meiner Sicht ist von jedem bisherigen Album etwas dabei. Ich sehe es sowohl von den Texten als auch von der Musik her, also mit einem dritten Auge, kann man sagen.
Daniel: Wo habt Ihr das Album aufgenommen, und wer hat produziert?
Dave: „Scriptures” wurde in einem Zeitraum von wenigen Monaten im Grindstone Studio in Südost-England von Scott Atkins aufgenommen, und er hat einen sehr hervorragenden Job gemacht. Ihr werdet es hören.
Daniel: Ich finde Euer Cover geil, was mich an alte Benediction-Cover erinnert. Stammt es vom selben Künstler wie damals?
Dave: Nein, das hat dieses Mal jemand anderes gemacht. Sein Künstlername lautet Wolven Claws. Er arbeitet aber auch noch unter einem anderen Namen. Falls ältere Fans sich noch an unsere 1992er Tour mit Bolt Thrower und Asphyx erinnern sollten: Da hat er bei uns Bass gespielt.
Daniel: „Scriptures” wird auch auf Vinyl erscheinen. Wie wichtig ist es für Dich als alter Hase in der Szene, dieser alte Kultformat heute noch am Leben zu erhalten? Und was denkst Du – im Gegensatz dazu – über diese neumodischen Medien wie Downloads oder Streaming? Ist es für einen Musiker nicht viel cooler, einen richtigen Tonträger in den Händen zu halten?
Dave: Ich persönlich bin auch kein Freund von Streaming-Diensten, wie z. B. Spotify. Die Künstler werden für ihre Musik nicht bezahlt. Das ist natürlich meine ganz persönliche Meinung. Ich kann aber schon verstehen, dass es für viele Leute so einfacher ist. Aber glaub´ mir: Das bedeutet nicht, dass ich moderner Technik völlig abgeneigt bin! Ich mag es aber so menschlich wie möglich. Ich habe auch eine große Ansammlung von MP3s für unterwegs. Aber ich besorge mir auch immer eine CD oder Vinyl, wenn mir das Album etwas bedeutet. Ich bin gerade dabei, mir wieder alles von Celtic Frost, Venom und Slayer auf Vinyl zu besorgen. Mir wurden 1994 alle LPs von Leuten gestohlen, die ich gut kannte. Ich werde ihren Untergang mit Eifer erwarten.
Daniel: Neben Dir sind auch Bassist Dan Bate (2018) und Schlagzeuger Giovanni Durst (2019) neu bei Benediction. Weißt Du, warum die Besetzung einen Rundumschlag brauchte?
Dave: Oh, das gibt es viele Gründe für; im Guten wie im Schlechten. Vielleicht wird die Wahrheit eines Tages ans Licht kommen. Auch hier werde ich diesen Tag mit Eifer erwarten. Was ich aber sagen kann, ist, dass die neue Besetzung sehr robust ist. Wir haben uns nicht nur als Musiker enorm verbessert, sondern arbeiten auch als Individuen besser zusammen; wie eine gut geölte Maschine. Aber es gibt auch keine persönlichen Differenzen mehr innerhalb der Band. Humor ist auch wichtig; speziell für mich.
Daniel: Was werden wir denn live von Euch erwarten können? Welche Songs werdet Ihr spielen? Wird es auch Songs von den drei Alben geben, auf denen Du nicht gesungen hast („Subconscious Terror”, „Organised Chaos” und „Killing Music”?), oder nur ein Old School-Set mit ein paar Songs vom neuen Album?
Dave: Ich werde nichts verraten! Komm einfach zu einem unserer Konzerte und finde es selbst heraus! Bis jetzt haben wir noch nicht über eine bestimmte Setlist gesprochen. Ich überlasse das den anderen Jungs, weil ich mich nicht für bestimmte Favoriten entscheiden kann und auch der Meinung bin, dass das neue Album eine echte Granate geworden ist.
Daniel: Dann sag uns doch noch eben, was in Zukunft noch bei Benediction geplant ist!
Dave: Nun, vor allem müssen wir zu allererst diese Scheiß Pandemie loswerden, denn dann können wir endlich wieder live spielen! Das ist sehr frustrierend, gelinde ausgedrückt. Durch den Lockdown wurden wir zwar sehr kreativ, so dass ein neues Album schneller in Angriff genommen werden könnte. Aber das kann ich momentan noch nicht bestätigen oder abstreiten. Zunächst stehen erstmal Auftritte im Vordergrund, um „Scriptures“ ordentlich zu promoten.
Daniel: Na gut, Dave! Wir sind am Ende des Marathons angelangt, haha! Dir gebührt nun noch das Schlusswort!
Dave: Vielen Dank für dieses geniale Interview, Daniel! Ein Hoch auf die CROSSFIRE-Leser! Bleibt der Szene treu, und die Szene wird Euch treu bleiben! Bleibt gesund, tragt Eure Masken und wascht Eure Hände!
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