EDEN WEINT IM GRAB - Ich finde Mörder nicht faszinierend!


Eden Weint Im Grab wurden 2004 als Soloprojekt von Blake gegründet, der die ersten Alben „Traumtrophäen Toter Trauertänzer“ (2004) und „Trauermarsch Nach Neotopia“ (2008) sowie die cineastische Lyrik-CD „Der Herbst Des Einsamen (Eine Dekomposition Der Lyrik Georg Trakls)“ im Alleingang veröffentlichte, ehe man ab dem Spukalbum „Geysterstunde I“ (2011) als vollwertige Band agierte und auch regelmäßig live spielte. Es folgte 2012 das Akustikalbum „Nachtidyll – Ein Akustisches Zwischenspiel“, das erstmals Instrumente wie Geige, Cello und Bratsche fest im Eden Weint Im Grab-Sound verankert zeigte, sowie 2014 des Spuks zweier Teil, „Geysterstunde II“. Und schließlich 2017 das umfangreiche Konzeptalbum „Na(c)htodreise“, das eine über 70-minütige philosophische Jenseitsreise nachzeichnete, angelehnt an die „Göttliche Komödie“ des italienischen Dichters Dante Alighieri. Nun also wurde der von der Band selbst als „schwermetallische Schauerromantik“ bezeichnete Sound, um eine neue inhaltliche Facette bereichert. „Tragikomödien Aus Dem Mordarchiv“ ist wie eine Krimiserie fürs Kopfkino – energiegeladen, spannend und bei aller Tragik doch auch ein wenig komisch. Da ich das CD-Review zu dem aktuellen Album geschrieben habe und diese mir richtig gut gefallen hat, folgt nun ein Interview mit dem sympathischen und geheimnisvolle Eden Weint Im Grab-Gründer Alexander Paul Blake.

logoSimone: Wie seid Ihr auf den Bandnamen Eden Weint Im Grab gekommen? War es aus einer Laune heraus, oder gibt es hierfür Hintergründe, die Ihr verraten möchtet?

Blake: Diese Frage müsstest Du meinem Vergangenheits-Ich von vor 16 Jahren stellen, denn der Name hat ja schon einige Äonen auf dem Buckel, haha! Nun, ich glaube, es ging darum, klarzumachen, dass sich bei Eden Weint Im Grab alles – oder vieles – um den Tod dreht, gleichzeitig aber eine Ebene dahinter anzudeuten. Wenn im Grab noch etwas weint, ist da zwar Trauer, aber auch Leben. Außerdem lautet die Abkürzung der Anfangsbuchstaben ja ‚ewig’, wodurch ebenfalls ein jenseitige Welt, vielleicht sogar ewiges Leben angedeutet wird. Ob ich den Namen heute noch mal wählen würde, weiß ich dennoch nicht. Denn so cool die Bedeutung auch ist, evoziert er doch gewisse Klischees, die man ab einem gewissen Alter eigentlich nicht mehr bedienen möchte.

Simone: Wer von Euch oder wie seid Ihr auf dieses geniale Konzept zu Euren neuen Album gekommen?

Blake: Da höre ich ein Kompliment raus. Vielen Dank. Nun, nach diversen Alben rund um Tod, Geister und das Jenseits wollten wir mal etwas Neues machen. Nun gut, „neu" ist bei solch einem Thema, das bereits in unzähligen Krimis verarbeitet wurde, natürlich relativ, aber für uns war es das, da es uns gewissermaßen vom Jenseits ins Diesseits führt – oder zumindest an die Schwelle. Ich weiß nicht, wie ich darauf gekommen bin. Diese Frage ist immer schwer zu beantworten. Die meisten Ideen sind einfach plötzlich da, wie ein Fremder, der dich auf der Straße anspricht und sagt „Hallo, hier bin ich!“. Und dann geht man eben ein Stück des Weges gemeinsamen, wenn man sich mag...

Simone: Wie lange habt Ihr gebraucht, um zu diesem Thema zu recherchieren?

Blake: Irgendwie werde in jedem Interview nach der Recherche gefragt, und ich fühle mich dann immer ein bisschen schlecht, dass ich nicht monatelang recherchiert habe, haha, sondern einfach mit dem gearbeitet hatte, was ich kannte oder was auf der Hand lag, z. B. die Poe-Story in ‚Der Meysterdetektiv’, den Fall des New Yorker Anwalts David Buckel, der sich kurz zuvor medienwirksam selbst verbrannt hat, in „Menschenfeuer“, Überlegungen zu Krieg und Massentötungen in „Soundtrack Für Den Massenmord“ oder eben Jack The Ripper in „Das Phantom Von Whitechapel“. Da gingen „Recherche“ und Textschreiben Hand in Hand. Es gibt noch ein paar historische Fälle, aber der Rest sind eigene Geschichten.

Simone: Was findet ihr so faszinierend an den Thema Mörder?

Blake: Ich finde Mörder nicht faszinierend! Im Gegenteil, ich finde Mord in jeglicher Hinsicht fatal. Aber: Ich agiere bei Eden Weint Im Grab ja nicht als der Privatmensch, sondern als die Kunstfigur Alexander Paul Blake. Und solch ein Thema, das von großer Dunkelheit und Morbidität umgeben ist, bietet sich für eine EwiGe Umsetzung einfach an. Mir geht es nur darum, das von persönlicher Faszination zu trennen. Eden Weint Im Grab ist eine Welt für sich, wie ein Paralleluniversum, das sich längst verselbstständigt hat.

Simone: Was findet Ihr so faszinierend am Tod und dem Jenseits?

Blake: Gegenfrage: Hast Du Dich nie gefragt, weshalb Du hier bist, und was nach dem körperlichen Ableben mit Dir passiert? Ich wundere mich eher, dass solch elementare Themen in unserer Gesellschaft so weit außen vor bleiben, bis sie dann direkt neben uns einschlagen, indem ein uns lieber Mensch oder auch nur ein Prominenter selbst getroffen wird. Ich frage mich eigentlich jeden Tag, was zur Hölle soll das alles hier...

Simone: Wie lange habt Ihr gebraucht, um die Songs für „Tragikomödien Aus Dem Mordarchiv“ zu schreiben und aufzunehmen?

Blake: Genau kann ich das nicht beantworten, da wir uns das nicht notieren. Generell geht das eigentliche Songwriting immer relativ schnell – pro Song drei bis fünf Stunden. Danach folgt eine recht lange Phase, in der ich den Rest der Band für die Recordings ins Studio bitte, um Teile der Demos noch mal „richtig“ aufzunehmen, und vieles noch geschliffen wird. Dies bedeutet insbesondere, dass zuvor programmierte Teile wie Drums oder Streicher noch mal aufgenommen werden. Dieser Prozess zieht sich aufgrund eines Zeitmangels auf allen Seiten schon ein bis eineinhalb Jahre hin, inklusive dem Mix samt einiger Korrekturdurchläufe.

Simone: Wer ist bei Euch für die Musik und die Texte zuständig? Macht ihr das zusammen?

eden weint im grabBlake: Bis auf ein paar Ergänzungen stammt alles von mir – womöglich noch ein Relikt der Zeit, da ich Eden Weint Im Grab als Soloprojekt geführt habe, aber sicher auch Resultat der Tatsache, dass die Demos schon immer so weit ausgearbeitet sind, dass den anderen oft gar nicht mehr so viel Platz bleibt, wie sie sich womöglich wünschen würden. Mea Culpa. Andererseits muss man auch sagen, dass ohne besagte Ergänzungen vieles auch minderwertiger klänge. Es ist als würde ich die Grundfeste des Hauses bauen und wir dann gemeinsam als Innenarchitekten arbeiten, wobei manche Zimmer schon fertiger sind als andere.

Simone: Worin seht Ihr die musikalische Entwicklung gegenüber „Na(c)htodreise"?

Blake: Ich würde sagen, „Tragikomödien ...“ ist etwas härter, gradliniger und ausgereifter. Insbesondere die Produktion klingt moderner und druckvoller. Ich würde sogar behaupten, es ist unser erstes Album, wo die Produktion endlich so klingt, dass sie der Musik vollends gerecht wird. Ich wollte ein kompaktes Album ohne große Längen und ruhige Songs dazwischen machen, nicht wieder ein über 70-minütiges episches Mammutwerk wie „Na(c)htodreise“.

Simone: Wieso habt ihr Einheit Produktionen, Winter Solitude & Kernkraftritter Records für die Vermarktung und den Vertrieb von „Tragikomödien aus dem Mordarchiv" beauftragt?

Blake: Winter Solitude ist unser eigenes Label. Daher ist es immer irgendwie involviert. Mit Einheit arbeiten wir ja nun schon seit ein paar Alben gut zusammen. Sie sind quasi unser eigentliches Label. Kernkraftritter kamen dann spontan noch ins Boot, weil sie vorgeschlagen haben, eine Vinyl-Auflage zu produzieren, die es sonst nicht gegeben hätte. Da haben wir uns natürlich nicht gewehrt, da Vinyl im Regal immer noch am schönsten aussieht, haha! So kam es am Ende zur für den Außenstehenden vielleicht etwas unübersichtlichen Dreierkonstellation.

Simone: Habt Ihr Lieblingssongs auf den aktuellem Album, um welche handelt es sich und warum?

Blake: Eine gerne gestellte Frage, die ich vermutlich je nach momentaner Laune anders beantworte, denn wie das mit Lieblingssongs so ist ... Sie wechseln öfter. Derzeit habe ich keinen bzw. alle, denn ich habe das Gefühl, dass auf diesem Album jeder Track seine Berechtigung hat. Etwas schwächer fand ich die drei Bonustracks, die es nur auf der CD gibt. Aber auch hier gehen bandintern die Meinungen auseinander, und es gab auch schon verwunderte Fan-Reaktionen, weshalb denn gerade die besten Songs nur Bonustracks seien, haha! So ist das eben mit den Geschmäckern.

Simone: Anfang des Jahres (Januar/Februar) tourt mit Wisborg aus Hannover, immer an den Wochenende in Deutschland. Kennt Ihr das Duo persönlich? Und wie bereitet Ihr Euch auf diese Tour vor?

Blake: Ja, klar kennen wir uns persönlich – da die Tour nun gerade läuft, ja eh, haha! Nette Jungs und eine tolle Band! Vorbereitet haben wir uns durch exzessives Proben, und was man im Vorfeld gar nicht glauben mag: Unmengen an planerischen E-Mails, Chatverläufen und Gesprächen. Wir haben das ja quasi komplett selbst organisiert, ohne Agentur, und der Aufwand ist schon enorm, so neben den täglichen Verpflichtungen, die man sonst so hat.

Simone: Gibt es, bevor Ihr auf die Bühne geht, bestimmte „Rituale“? Oder sucht Ihr eher die Ruhe?

Blake: Gesicht bemalen und die Rolle des Bühnencharakters schlüpfen, haha! Da muss jeder in der Band durch. Ansonsten haben wir an einem Konzerttag wenig Ruhe, da wir auch hier fast alles selbst machen. Da geht so ein Tag schnell vorbei und man fragt sich, wo die Zeit nur hin ist. Ach ja: manche spielen sich auch ein, haha!

Simone: Wie vereinbart Ihr die Tour mit Euren Familien? Oder nehmt Ihr Eure Lieben mit zu den Gigs?

Blake: Da wir ja nicht permanent auf Tour sind und auch nur an den Wochenenden, ist das kein großes Thema. Frag mich gerne noch mal, wenn wir eine dreimonatige Welttour gespielt haben, haha!

Simone: Ich hoffe die dreimonatige Welttour wird schnell folgen, hehe! Gibt es gegebenenfalls schon ein neues Konzept für ein neues Album, welches in Euren Köpfen entsteht und sich entwickelt?

Blake: Das gibt es in der Tat. Aber ich würde ja schon einen Teil unseres Pulvers verschießen, wenn ich das nun schon verrate. Es ist doch viel schöner, wenn die Leute eine Weile nicht wissen, was als nächstes passiert und sich dann überraschen lassen können. Und es wird sicher auch noch eine Weile dauern. Ich denke mal, die Pause zum nächsten Album wird wieder etwas größer, da insbesondere mich gerade einige andere Verpflichtungen gut auf Trab halten.

eden weint im grabSimone: Möchtest ihr unseren Lesern noch etwas sagen? Ihr hab die Chance auf das letzte Wort!

Blake: Danke für Eure Aufmerksamkeit, wenn Ihr das Interview bis hierhin gelesen habt. Beim Beantworten von Interviews bleibt das direkte Feedback ja immer aus und ich frage mich manchmal, erreicht das jemanden oder schreibe ich etwas in den luftleeren Raum. Ihr könnt ja mal kommentieren. Ansonsten as always: Hört doch auch mal rein in „Tragikomödien Aus Dem Mordarchiv“, wenn Ihr es noch nicht kennt. Das ist ja dank der Streaming-Dienste einfacher denn je – und ich hoffe, es lohnt sich.

Simone: Blake, da hast Du mich auf eine Idee gebracht! An die Leser von diesem Interview: Schreibt mir doch Eure Meinung und Kommentare zu diesem Interview an simone-CrossfireMetal@gmx.deIch bedanke mich für das Interview, freue mich mehr von Euch zu hören und wünsche Euch eine erfolgreiche Tour!

Blake: Dir auch vielen Dank für die Unterstützung und alles Gute!

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Autor: Simone Berger