Daniel: Hi Damager! Ich kenne Plorator und Dich eigentlich nur von Damage Source her. Wann ist die Idee zu Nauthik entstanden?
Damager: Naja, eigentlich hatten wir gar nicht die Idee, eine zweite Band zu starten. Ich hatte nur nebenbei an Sachen gearbeitet, die viel zu doomig für Damage Source waren. Plorator hat das irgendwann so 2016 mal gehört, wir haben angefangen, das auszuarbeiten, dann haben wir eine frühe Version von „Leviathan“ bei uns im Proberaum aufgenommen, zu dem ich sogar auch die Drums gespielt habe. So langsam bekam die Sache dann ein Eigenleben und wuchs immer weiter. Es wurde schnell klar, dass ich das mit meinen begrenzten Drummer-Fähigkeiten nicht adäquat spielen kann, also haben α?ώv gefragt, und letzten Endes wurde doch eine eigene Band daraus. Das war nicht der Plan, es ist aber einfach organisch entstanden. Nauthik hat ein eigenes Leben entwickelt und uns einfach mitgerissen. Da war wohl etwas in uns, das unbedingt raus wollte.
Daniel: Ist Nauthik für Euch eine richtige, gleichberechtigte Band zu Damage Source oder eher nur ein Nebenprojekt für zwischendurch?
Damager: Für mich persönlich ist die Musik, die ich schreibe, immer gleich wichtig, egal, wie oder unter welchen Namen es eventuell veröffentlicht wird oder ob überhaupt. Insofern sind auch Sachen, die noch unbenutzt bei mir auf dem Rechner liegen, gleichberechtigt. Was die Arbeit und auch die Leidenschaft angeht, die wir in Nauthik gesteckt haben, und die Nauthik von uns verlangt hat, ist es auf jeden Fall gleichberechtigt.
Daniel: Wie wichtig ist es Euch, dass sich sowohl Damage Source als auch Nauthik drastisch voneinander unterscheiden?
Damager: Bei Damage Source gibt es durch die vorherigen Veröffentlichungen und auch aufgrund der Tatsache, dass einfach mehr Leute kreativ beteiligt sind, natürlich einen gewissen Rahmen dessen, was die Band ausmacht. Ich bin außerdem auch kein Freund davon, bei bestehenden Bands auf einmal den Stil komplett zu ändern oder völlig experimentellen Kram zu machen. Das regt mich ja bei Bands, die ich selber gut finde, auch immer auf. Cleane, psychedelische Gitarren würden nicht zu Damage Source passen, selbst wenn ich das persönlich cool finde. Doomige Parts gibt es ja bei Damage Source hier und da sogar, aber wir möchten da eher noch mehr auf Schnelligkeit setzen in Zukunft. Bei Nauthik hatte ich also den Vorteil, quasi bei Null anfangen zu können und keine Grenzen zu haben. Außerdem war ich ja allein mit der Musik und konnte daher machen, was ich wollte, ohne die Meinung der anderen quasi schon mitzudenken. Ich habe einfach angefangen und bin dann der Musik gefolgt. Ich habe mich völlig auf das eingelassen, was entstanden ist und die Rationalität komplett ausgeschaltet. Es war völlig egal, ob man das auf der Bühne umsetzen kann, es war völlig egal, ob da noch eine vierte Gitarren-Ebene drüber kommt - alles, was der Song, was die Atmosphäre verlangt, wurde frei gelassen. Das Songwriting und auch die Recordings waren daher aber auch wirklich intensiv und fordernd für mich und ich denke auch für Plorator. Nauthik ist für uns teilweise kathartisch, schmerzhaft und sehr anstrengend.
Daniel: Ich kenne mich mit Funeral Doom leider mal so gar nicht aus… Welche Bands haben Euch für Nauthik beeinflusst?
Damager: Ich würde gar nicht mal sagen, dass Funeral Doom uns, beziehungsweise mich, so stark beeinflusst hat, da ich eher auf klassischen, epischen Doom stehe. Als Kind der Achtziger stehe ich vor allem Candlemass und besonders Trouble. Die Gitarren-Harmonien und auch der Sound von Trouble sind bis heute unerreicht. Aber mir gefallen auch Bands wie Reverend Bizarre, Solstice oder Procession. Dass man Black Sabbath vergöttert, muss ich ja jetzt nicht extra betonen, denke ich. Zusätzlich stehe ich aber auf alten Thrash und Death, und im Prinzip ist Nauthik die Summe von all dem.
Daniel: Ihr hattet 2017 ein Split-Tape mit Babylon Asleep veröffentlicht. Wie seid Ihr mit der Band in Kontakt gekommen? Oder war das die Idee des Labels The Crawling Chaos Records?
Damager: Wir haben mit Mario von Babylon Asleep hat ja bereits mit Damage Source in Sachen Recordings und Mixes sehr gut zusammengearbeitet. Irgendwann kamen wir dabei so ins Gespräch und haben festgestellt, dass wir die Neigung zu langsamer Musik teilen. Beide Bands hatten gleichzeitig etwas veröffentlichungsreifes in der Schublade, und es passte stilistisch zusammen, also haben wir es dem Holger vorgeschlagen, und er hat es veröffentlicht. Plorator hatte dann die Idee mit der besonderen Hülle aus diesem pergament-artigen Papier. Er hat das Artwork erstellt und hat die ganzen Verpackungen selber geschnitten, gebügelt, geklebt und zusammengebaut.
Daniel: Hat es Euch sehr geholfen, dass Ihr mit Damage Source bereits bei The Crawling Chaos unter Vertrag wart? Oder lief das tatsächlich unabhängig voneinander ab?
Damager:Klar, der Kontakt bestand ja bereits und man wusste, dass man professionell miteinander arbeiten kann.
Daniel: Bis auf das Intro sind alle vier Tracks des Split-Tapes auch auf dem gerade erschienenen Debüt-Album „Araganu“ enthalten. Wurden diese extra für das Album neu eingespielt oder so gelassen wie sie waren?
Damager: Die Stücke wurden komplett neu aufgenommen, teilweise auch neu arrangiert und haben alle einen neuen Text bekommen, passend zum textlichen Konzept von „Araganu". Auf dem Tape sind die Recordings ja zu einem großen Teil im Proberaum unter nicht optimalen Bedingungen entstanden, und wir sind froh, dass wir uns dafür entschieden haben, die Songs nochmal neu in dem Rahmen aufzunehmen, den sie eigentlich brauchen. Vor allem die Drums und damit die Dynamik profitieren enorm von den Aufnahmen im Studio.
Daniel: Den Songtiteln nach zu urteilen, scheint es sich bei „Araganu“ um ein Konzept-Album zu handeln. Worum geht es da genau?
Damager: Die Texte des Albums basieren auf dem Gedicht „Procurad´e é moderare“ von Francesco Ignaziu Mannu von 1794. Das Lied entstand im Rahmen der sardischen Revolution 1793-1796 und ist sehr geprägt vom revolutionären Geist dieser Zeit. Es ist eine Hymne der Befreiung von Tyrannei und Despotismus. Es ist ein Loblied auf die Freiheit. Gerade in der heutigen Zeit scheint es so zu sein, dass es neben dem Prinzip der Ausbeutung durch globalen Kapitalismus oder dem Unterordnen unter nationale Idiotie keine andere Wahlmöglichkeit mehr gäbe. Die Leute sehen alles nur noch Schwarz oder Weiß, dafür oder dagegen. Das ist völlig absurd. Und Freiheit oder Individualität kommt in beiden Konzepten leider überhaupt nicht vor, daher ist es nach meiner Ansicht wichtiger denn je, das Lied der Freiheit zu singen. Außerdem ist es auch lyrisch ein sehr schöner Text. Plorator hat es auf einer seiner Sardignien-Reisen entdeckt und es dann zum textlichen Konzept des Albums gemacht. Ich war sofort einverstanden. Er hat es auch komplett auf Sardisch gesungen.
Daniel: Wie lange hat es gedauert, die restlichen Songs für das Album zu schreiben?
Damager: Das lief über mehrere Monate im Winter 2017/2018. Insgesamt gab es aber im Entstehungsprozess immer wieder Pausen, in denen man sich quasi davon erholen und den Akku aufladen musste, so dass man eigentlich keinen genauen Zeitraum definieren kan.
Daniel: Wo habt Ihr aufgenommen? Und wer hat produziert?
Damager: Drums und Gesang wurden bei Mario Dahmen im Liquid Aether Audio Studio aufgenommen, und das Album wurde ja auch von ihm produziert. Die Gitarren habe ich in einigen langen Nächsten zu Hause aufgenommen, und wir haben dann bei Mario eine ziemlich aufwendige Reamping-Session gemacht, mit drei Verstärker-Türmen und einigen Effekt-Pedalen, weil wir einen wirklich guten und großen Gitarren-Sound wollten. Ich denke, das ist auch wirklich gut gelungen. Man hört gleichzeitig meinen Peavy Triple X, einen Ampeg-Kombo und einen Petersburg Amp über verschiedene Boxen, unter anderem geboostet vom Lichtlärm Audio Altar Fuzz - wirklich ein Killer-Set Up.
Daniel: Das Album ist bei Auric Records erschienen. Wie kam dieser Kontakt zustande?
Damager: Eugenio haben wir kennengelernt, als er mit seiner Band Excruciation hier in Köln auf einem der von Plorator mitorganisierten Rhein In Blood-Konzerte gespielt hat. Der Kontakt blieb, und er hatte mit Auric Interesse an dem Release. Eugenio und Mario haben uns wirklich super unterstützt und auch eine tolle Arbeit gleistet. Die limitierte Box mit Patch, Pin etc. ist wirklich super geworden.
Daniel: Wird es von dem Album ebenfalls eine Kassetten-Version oder sogar Vinyl geben? Ist in dieser Hinsicht irgendetwas geplant?
Damager: Eine Tape-Version wird es eventuell geben. Auric versucht da gerade etwas, es gibt aber noch nichts Konkretes. Vinyl wird es wohl leider zunächst nicht geben, obwohl wir das sehr gerne sehen würden. Für mich ist Vinyl immer noch das einzig wahre Medium für Musik.
Daniel: Spielt Ihr eigentlich auch live? Oder handelt es sich bei Nauthik um ein reines Studio-Ding?
Damager: Wir habe bislang ein Konzert gespielt zum Release des Tapes, zusammen mit Beltez hier aus Köln, was auch wirklich Spaß gemacht hat. Aber die Organisation von Mitmusikern und Proben waren ein logistischer Alptraum. Wir sind ja nur zu dritt, und ich kann ja nicht alle Gitarren und Bass allein auf der Bühne spielen. Wir brauchen also immer zusätzliche Leute. Mit den neuen Songs bräuchten wir eigentlich sogar drei Gitarristen und eine Menge an Proben, was schwierig zu organisieren ist. Niemand von uns ist Vollzeit-Musiker, aber alle haben Vollzeit-Jobs. Und dann Leute zu finden, die aus Leidenschaft für Doom und für einen feuchten Händedruck viel Arbeit und Zeit in so was investieren und die dann auch noch verlässlich sind und zudem auch noch charakterlich zu uns passen, ist nahezu aussichtslos. Und bevor wir etwas Halbgares auf die Bühne bringen oder mit Backing-Tracks arbeiten, lassen wir es lieber sein. Wer weiß, vielleicht kommt mal ein wirklich interessantes Angebot rein. Es fällt vermutlich leichter, Leute zu rekrutieren, wenn man einen Gig auf dem PartySan oder so was ähnliches plant, als einen Gig im siffigen Club um die Ecke....
Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Nauthik aus?
Damager: Wir werden anfangen, am zweiten Album zu arbeiten und suchen gerade nach einem passenden Thema. Ich fürchte, es wird eine ähnlich intensive Angelegenheit wie bei „Araganu", aber so entsteht eben Doom: aus Schweiß und Tränen.
Daniel: Na gut, Damager! Hast Du noch ein schönes Schlusswort?
Damager: Tune low, play slow!