ÄERA - Wir haben schnell festgestellt, dass unsere Musik Raum zum Atmen braucht!


Ich besitze alle Tonträger des Kölner Black- und Death Metal-Labels The Crawling Chaos Records und bin daher auf das tolle Cover-Artwork des „Schein"-Albums von Äera gestoßen. Das Interesse war direkt geweckt! Und als ich dann noch zufällig bemerkte, dass ich einen der Musiker sogar persönlich kenne, ohne von dieser Band gewusst zu haben, war eigentlich klar, dass ein ausführliches Interview Pflicht sein würde, um die Promotion des am 06.12.2019 erscheinenden Albums noch ein bisschen anzukurbeln.

logoDaniel: HELL-ö Simon! Wann und wie ist die Idee zu Äera entstanden?

Simon: Hallo CROSSFIRE, schön von Euch zu hören. Ja, wie ist Äera entstanden? Dazu gibt es tatsächlich eine interessante Geschichte: Milan (Gesang/Bass) und ich waren vor einiger Zeit in Norwegen und haben dort von Bergen aus eine mehrtägige Hüttentour durch die Hardangervidda, Europas größte Hochebene, gemacht. Auf der Rückreise zurück nach Bergen haben wir zufällig über das bekannte Foto von Peter Beste gesprochen, das den damaligen Drummer von Gorgoroth (Einar Selvik) in einer typischen Gasse in Bergen zeigt. Ich denke, Du kennst das Bild. Wir kamen also am Bahnhof an, und ich hatte uns für die letzte Nacht in Norwegen ein Appartement gebucht. Wir sind dann mit unserem Gepäck durch Bergen gelaufen, noch fix und fertig von dem Trip, und suchten unsere Unterkunft. Die haben wir dann auch gefunden und standen exakt vor der Tür, die man links auf selbigem Bild sieht. Wir haben es genau überprüft. Alles stimmte perfekt überein. Das war ein sehr seltsamer Moment. Man bedenke, dass Bergen die zweitgrößte Stadt Norwegens ist. Da ist die Wahrscheinlich so winzig, dass das Monate zuvor gebuchte Appartement ausgerechnet an der Stelle dieses legendären Black Metal-Fotos liegt, über das man sich kurz zuvor noch zufällig unterhalten hatte. Es hört sich vielleicht etwas kitschig an, aber wir wurden das Gefühl nicht los, diese Situation wollte uns irgendetwas sagen. Wir haben dann abends beim Essen zusammengesessen und sind quasi beide mit der Idee von Äera um die Ecke gekommen. Es war so, als wollten wir es beide schon lange aussprechen. Die Sache mit dem Gorgoroth-Foto in Norwegen hat uns dann durch diese Tür gestoßen, und es war quasi die Geburtsstunde der Band.

Daniel: Die Schreibweise des Bandnamens mutet seltsam an. Was bedeutet er?

Simon: Der Name Äera stammt von dem altdeutschen Wort „Äer,“ was „Erde“ bedeutet. „Äer" stammt aus dem Sprachschatz des Plattdeutschen, genauer genommen aus dem Münsterländischen Dialekt „Sandplatt", eine Mundart, die mein Großvater sogar noch sprach und die in unserer Region (Westmünsterland) in den kleineren Dörfern immer noch sehr verbreitet ist. Wir empfanden den Namen als passend, da er zum einen aufgrund der sprachlichen Herkunft unsere Wurzeln unterstreicht und zum anderen für eine gewisse Rückbesinnung zurück zur Natur und steht. Eine Zeile auf dem Album lautet „…spürst du die Erde, die uns trägt?“ Wir glauben, der Großteil unserer desillusionierten Gesellschaft muss die Frage leider mit „nein" beantworten.

Daniel: Handelt es sich bei Äera nur um ein Projekt für zwischendurch oder um eine richtige Band?

Simon: Äera ist eine vierköpfige Black Metal-Band mit allem was dazu gehört.

Daniel: Das Debüt-Album „Schein“ hat zwar nur fünf Songs, diese sind aber alle ziemlich lang. Wie lange hat es gedauert, die Songs zu schreiben und aufzunehmen?

Simon: Wir haben schnell festgestellt, dass unsere Musik Raum zum Atmen braucht. Die Tracklängen haben sich quasi von allein so ergeben. Die Atmosphäre, Spannung und Tiefe, die wir wollten erreichst du nicht in dreiminütigen Tracks. Die Songs nehmen sich die Zeit, die sie brauchen. Wir haben etwa eineinhalb, zwei Jahre gebraucht, die Songs zu schreiben und vorzuproduzieren, nochmal ein paar Monate für Finetuning und die Spielbarkeit, sowie zwei Wochen Aufnahme im Studio. Das war ein langer und intensiver Prozess, aber auch eine erfüllende Zeit, aus der wir viel mitgenommen und dazugelernt haben.

Daniel: Welche Bands sind die Haupteinflüsse für Äera?

Simon: Einflüsse kann man viele nennen. Und nicht nur musikalischer Natur. Ich würde sogar sagen, dass die nichtmusikalischen Einflüsse einen größeren Anteil an unserer Musik haben. Sicherlich beeinflussen und beeindrucken uns Bands wie Bathory, Agalloch, Alcest, Winterfylleth, oder auch Pink Floyd, The Doors und Led Zeppelin (um nur einige wenige Beispiele zu nennen). Das ist nicht von der Hand zu weisen, und man kann sich dem auch kaum entziehen. Dafür sind wir alle zu sehr Musikliebhaber. Aber wirklich emotional beeinflusst werden wir viel mehr durch das, was um uns herum alltäglich geschieht. Unsere konsumgesteuerte Gesellschaft ist trotz allen offenkundigen Missständen nicht dazu in der Lage oder gar bereit, diese prekäre Situation und diese Hilflosigkeit umzukehren und sich auf das Wesentliche zu besinnen. Diese allgegenwärtige Situation und was sie verursacht, sowie als Gegenpol das Bewusstsein um die Schönheit unseres Planeten ist es, die uns im Kern antreibt diese Musik zu schreiben und diese Texte zu verfassen. Und allgegenwertig auch die pure Liebe zur Musik natürlich.

Daniel: Lass uns mal über die Texte reden! Handelt es sich bei „Schein“ um ein Konzept-Album? Worum geht es genau?

Simon: „Schein“ ist eine zusammenhängende Geschichte. Es beschreibt den Weg eines unberührten Menschen, der aus der Erde heraus geboren wird und in selbiger unberührter Natur aufwächst. Er entdeckt das Feuer, dass ihn an und forttreibt, um neue Wege zu beschreiten. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, denn wir wollen jetzt nicht jeden Interpretationsspielraum vorwegnehmen. Das Album soll ja schließlich noch entdeckt werden können.

Daniel: Fiel es Euch eigentlich schwer, mal ein komplettes Album in deutscher Sprache zu verfassen?

Simon: Ganz im Gegenteil. In unserer Muttersprache können wir uns viel feiner und gezielter ausdrücken. Wir können unsere Gefühle besser in Worte fassen, tiefer in die Materie eintauchen und den Hörer damit gezielter mit auf unsere Reise nehmen. Wir haben uns sehr wohl dabei gefühlt. Wir glauben auch, dass es heutzutage einfach wichtiger ist, sich authentisch ausdrücken zu können, als „international“ zu klingen.

Daniel: Die Musik von Äera klingt sehr aufwendig. Spielt Ihr eigentlich auch live? Oder handelt es sich dabei um ein reines Studio-Projekt?

Simon: Wir haben viel Wert darauf gelegt, alles was wir schreiben, auch live umsetzen zu können. Damit habe ich die Frage, glaube ich, schon komplett beantwortet.

Daniel: Ich finde das Cover megaschön! Von wem stammt es? Und wie seid Ihr mit dem Künstler in Kontakt gekommen? Kanntet Ihr noch andere Werke vom ihm?

Simon: Danke! Das Cover hat Timon Kokott gezeichnet (https://www.facebook.com/TimonKokottArtWork/). Dazu gibt es übrigens auch ein Video, dass man sich auf unserem Youtube-Kanal ansehen kann. Hier sieht man im Zeitraffer, wie Timon das Artwork malt. Wir kannten ihn durch seine Arbeit für das Black Metal-Projekt Horn und dessen Album „Turm Am Hang.“ Das hat uns sehr gut gefallen. Ich bin daraufhin mit ihm in Kontakt getreten, und wir haben dann die Idee des Coverarts zu „Schein“ gemeinsam weiter ausgearbeitet. Er hat es fantastisch umgesetzt. Hier der Youtube-Link: https://www.youtube.com/watch?v=ILJGXMuXdP8

Daniel: Das Cover-Motiv eignet sich perfekt für eine Vinyl-Veröffentlichung! Ist in dieser Hinsicht schon irgendwas geplant?

Simon: „Schein“ wird es vorerst in limitierter Auflage als Digipack geben. Wenn alles gut anläuft, ist es nicht ausgeschlossen, dass wir in Abstimmung mit unserem Label auch eine Vinyl-Variante nachlegen.

äeraDaniel: Wie seid Ihr mit The Crawling Chaos Records aus Köln in Kontakt gekommen?

Simon: Ich habe mit eben benannten Timon darüber gesprochen, dass wir noch ein Label für Äera suchen. Er kannte Holger von anderen Projekten und Bands. So hat Timon uns mit Holger und The Crawling Chaos Records verknüpft. Wir sind sehr froh, nun Teil von Holgers „kleinem Chaos“ zu sein, wie er es immer liebevoll nennt.

Daniel: Wie sehen die Zukunftspläne mit Äera aus?

Simon: Jetzt erst einmal möglichst viel live spielen und uns dort behaupten und nächstes Jahr wird vermutlich noch eine EP oder Split veröffentlicht. Alles andere lassen wir entspannt auf uns zukommen.

Daniel: Na gut, Simon! Dann gebührt Dir noch das Schlusswort!

Simon: Danke für das Interview und das Interesse an Äera. Am 07.12. spielen wir unser Live-Debüt in Münster auf dem Wintermelodei. Wir hoffen dort auf einen guten Live-Start und Euren Support vor der Bühne. Bis dahin! Cheers!

https://aeera.bandcamp.com/releases



Autor: Daniel Müller