HELLACOPTERS, LUCIFER

Köln, E-Werk, 13.05.2019

Heute starten wir sehr zeitig, um der chaotischen Parkplatzsuche, wie zuletzt bei Disturbed, zu entgehen. Glück gehabt, denn sowohl im E-Werk als auch im gegenüberliegenden Palladium sind zeitgleich zwei Veranstaltungen. Im Gegensatz zum E-Werk, das wir heute besuchen, knubbeln sich vor dem Palladium schon bestimmt tausend Teenies. Scheinbar sind sie schon morgens angereist. Ganz anders auf unserer Seite, höchstens ein Handvoll Leute. Und dass bei einer ausverkauften Show? Und auch eine halbe Stunde, nachdem der Einlass begonnen hat tummeln sich lediglich wenige hundert Leute in der Halle. Haben wir irgendetwas verpasst? Spielt etwa die Band nicht? Fragen über Fragen. Des Rätsels Lösung hat ein Freund parat, den wir im späteren Verlauf treffen. Eine Vollsperrung auf der Autobahn sorgt für die Verspätung der Fans, so dass viele erst zu Beginn der Show des Headliners eintreffen.

 

lucifer live2019Jetzt sind es zwanzig Minuten vor Acht, und der heutige Support Lucifer kommt auf die Bühne. Am Schlagzeug sitzt der umtriebige Nicke Andersson. Er ist nicht nur Frontmann des heutigen Headliners, sondern zusätzlich in diversen anderen Bands unterwegs. Es gibt halt viel zu tun und Nicke packt es an. Jetzt erscheint auch sein Eheweib Johanna Platow-Andersson auf der Bildfläche und das Quintett ist bereit die Venue zu rocken. Was sie dann auch ausgiebig tun. Mit dabei natürlich auch Bassist Martin Nordin, der unter anderem bei Dead Lord den Tieftöner bedient. Ich habe die Band jetzt schon einige Male live gesehen und freue mich über den Retro Spirit, den diese Band ins Publikum transportiert. Angefangen von dem siebziger Bühnen Outfit mit langen Fransen, der knallenge rote Samt-Catsuit von Front Lady Johanna, die immer wieder ihre blonde Mähne wie wild schüttelt und so ganz Schweden like öfter mal ein Schluck aus der Wein oder Bierpulle nimmt. Es ist rein optisch schon ein Genuss, wird natürlich durch die akustische Darbietung nochmal getoppt. Das ist Rock ’N‘ Roll nach meinem Geschmack. Aber auch das bislang anwesende Publikum feiert die Truppe gehörig ab. Und dann kommt ein Gitarrenlauf, der mir nur allzu bekannt ist. Das ist doch, nein ist es nicht, oder doch? Jawohl es ist „Bomber“ von Motörhead hellyeah! Mit dem Song kann man nur gewinnen! Natürlich ist Lemmy nicht zu ersetzen, aber als Live Einlage ein wundervoller Song, der die Meute zum Ausrasten bringt. Bierbecher fliegen in die Luft, die ersten Jungs ziehen ihre T-Shirts aus und bangen los. Leider ist das Set nun durch, oder nein es gibt noch einen schnellen Nachschlag mit „California Son“ bevor man die Bühne verlässt und es zum Change Over geht.

Setlist: Faux Pharaoh, Phoenix, Ghosts, Dreamer, Anubis, Reaper on Your Heels, Bomber (Motörhead cover), California Son

 

hellacopters live2019 1Zügig geht es weiter, zumal vom WDR die heutige Show für die „Rockplast“ Reihe im Fernsehen mitgeschnitten wird. Tosender Applaus empfängt die Hellacopters aus der mittlerweile proppenvollen Halle. So macht das Spaß und ohne Kompromisse wird das Gaspedal durchgetreten. Frontmann Nicke, wie immer mit seiner unvermeidlichen, offiziersähnlichen Kappe, ist in seinem Element und dann natürlich Co-Frontmann Andreas Tyrone Dregen, kurz nur als Dregen bekannt. Der schwerstens tätowierte Gitarrist und Gründungsmitglied der Backyard Babies genauso wie von den Hellacopters hat bestimmt tausend Sympathisanten im Publikum, die ihn ausgiebig bejubeln. Und er begrüßt sie alle, voller Freude über diese Zuneigung. Es ist schon ein volles Brett was die Jungs da fahren, anders kann man es nicht beschreiben. Vollgas von Anfang bis Ende, selbst der Keyboarder geht ab wie ein Zäpfchen mit teilweise akrobatischen Verrenkungen an seinen Tasten. Es ist ordentlich Bewegung auf der Bühne, so wie man das bei einer Show in diesem Genre auch erwarten kann. Währenddessen steigt die Temperatur im Innenraum in Sauna Bereiche, eine Abkühlung kommt immer dann, wenn mal wieder eine Salve volle Bierbecher in die Luft fliegt. Ausgelassen tanzende Fans, die sich selig in den Armen liegend, leuchtende Augen bei den Mädels ob der schmucken Jungs oben auf der Bühne. Das hat schon etwas Antörnendes und wer hier nicht auf seine Kosten kommt hat selber schuld. Was soll ich sagen, die beiden charismatischen Frontmänner spielen sich die Bälle zu und haben sichtlich Spaß daran zusammen ihre schnellen Riffs in die Halle zu feuern. hellacopters live2019 2Wenn wundert es auch, bei solch einer positiven Resonanz. Heute kommen sowohl die Musiker als auch die Leute im Publikum voll und ganz auf ihre Kosten. Mitten im Getümmel treffe ich plötzlich auf eine charmante Mitarbeiterin des Veranstalters der Show im direkt gegenüberliegenden Palladium. Ja, hier ist die Musik eben deutlich besser, da bin ich mir sicher. Ein kleines Manko, das aber auch ganz normal für Bands aus Schweden ist, man spielt selten länger als siebzig Minuten. Der Grund ist ein ganz einfacher, wie mir einst Sängerin Liv Jagrell erklärte. In Schweden sind die Zuschauer nach diesem Zeitraum dermaßen betrunken, das es wenig Sinn macht weiter zu spielen. Nun da sind wir hier anscheinend trinkfester und es gibt noch drei Songs als Zugabe die genauso abgefeiert werden.

Setlist: Hopeless Case of a Kid in Denial, Alright Already Now, Carry Me Home, You Are Nothin', Born Broke, Like No Other Man, The Devil Stole The Beat From The Lord, My Mephistophelean Creed, Ghoul School, No Angel To Lay Me Away, Toys And Flavors, Down On Freestreet, Long Gone Losers, No Song Unheard, Psyched Out & Furious, Before the Fall, Soulseller, By the Grace of God, Tab, I'm in the Band, (Gotta Get Some Action) Now!



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Andrea Breitenbach