ENDZEIT FESTIVAL

Essen, Zeche Carl, 23.02.2019

Endzeit - index2014 wurde das bislang letzte Endzeit Festival in der legendären Zeche Carl in Essen ausgetragen. Jetzt – genau fünf Jahre später – ist es endlich wieder soweit! Vier Bands werden dazu dieses Mal eingeladen: Desaster (mit neuem Schlagzeuger Hont), die süddeutschen Senkrechtstarter von Traitor, Destroy Them (Thrash Metal aus Essen, mit Jerome Reil, dem Sohn von Kreator-Drummer und dem heutigem Schlagzeug-Roadie Ventor, an der Schießbude) und Decaptacon (Melodic Death Metal im Amon Amarth-Stil aus dem Ruhrpott, die den ersten fünfzig Gästen eine CD schenken). Da ist Stimmung garantiert!

Traitor - live - 2019Leider kann ich aus familiären Gründen erst später anreisen, so dass ich weder Decaptacon noch Destroy Them sehen kann. Ich schaffe es aber pünktlich zu Traitor, die um 21 Uhr loslegen. Sie kommen zwar aus Balingen, wo das Bang Your Head-Festival stattfindet, also weit weg von hier, waren im letzten Jahr aber öfter hier im Ruhrpott zu Gast: Pfingsten auf dem Rock Hard Festival, im Oktober im Vorprogramm auf der Darkness-Release Party, ebenfalls hier in Essen, und in Kamen beim Metal Force Attack vor knapp drei Monaten. Ihr witziges Intro mit dem Moderator, der ein bestimmtes Tape sucht, ist deshalb allgemein bekannt und sorgt schon vor dem ersten gespielten Ton für Belustigung im Publikum. Danach brennen Traitor wie gewohnt ein Feuerwerk ab. Diese Spielfreude ist schon enorm! Die Band ist ständig in Bewegung, rennt von links nach rechts und bangt, als gäbe es kein Morgen. Das Tempo ist hoch, die Soli wild und auch die Backing Vocals knallen wie Arsch. Besonders geil ist, dass hier Schlagzeuger Andreas Mozer der Leadsänger ist und nicht etwa jemand der drei Vorderleute. Dass er es scheinbar problemlos schafft, Uptempo, Tomläufe und Beckenbetonungen quasi nebenbei zu erledigen, ohne dabei aus dem Rhythmus zu kommen, ist mehr als faszinierend! Und die Spielfreude der Band überträgt sich auch aufs Publikum, denn sofort geht der Pogo los, es ist viel Bewegung in den ersten Reihen, und es gibt sogar Stagediver. Beim Titeltrack des ersten Albums, „Thrash Command“, wird das Publikum gebeten, auf die Bühne zu kommen, und so ist sie auch schnell randvoll gefüllt mit motivierten Headbangern. Hier geht eine wilde Party ab! Der Pegel bleibt bis zum Schluss ganz oben. Der Doppel-Raushauer, die Band-Hymne „Traitor“ und der Mitgröler „F.U.A.D.“, animiert die Menge ebenso zum Mitgrölen wie der abschließende Ramones-Coversong „Blitzkrieg Bop“, der praktisch der einzige langsamere Song des Sets zu sein scheint. Retro Thrash-Bands gibt es viele, aber Traitor haben tatsächlich in meinen Augen (und Ohren) das Zeig, sich ernsthaft in der Szene auf Dauer zu etablieren!

Setlist: Intro, Knee-Deep In The Dead, Thrash Command, Ebola, Death Division, Demonic Possession, Teutonic Storm, Reactor IV, Crucifixion, Venomizer, Traitor, F.U.A.D., Blitzkrieg Bop (Ramones-Cover)

Desaster - live - 2019Dann legen Desaster um 22.15 Uhr los. Dass es für die Band mal ein Leben ohne Husky geben würde, war für fast alle bis vor kurzem nur schwer vorstellbar. Noch unvorstellbarer ist jedoch, dass sein Nachfolger, Marco „Hont“ Hontheim, von den Radio-Deutschrockern Jupiter Jones kommt! Jawohl, denn was viele nicht wissen ist, dass Hont durchaus eine metallische Vergangenheit hat. 1997/´98 hatte er doch gemeinsam mit Desaster-Sänger Guido „Sataniac“ Wissmann bei der Death-/Thrash Metal-Band Divine Genocide gespielt, mit denen sie gemeinsam zwei ihrer drei Demos aufgenommen hatten. So lange ist Hont noch gar nicht dabei, und doch hat es den Anschein, als hätte er noch nie etwas anderes gemacht. Das anderthalbstündige Set hat er super drauf. Schon beim Opener „Divine Blasphemies“ blastet er, was das Zeug hält, und das zudem auch sehr präzise. Die Tomläufe rollen, und er man merkt ihm richtig an, dass er total Bock hat, hinter der Schießbude auszurasten. Mit Radiomusik hat das hier nichts mehr zu tun. Ich denke schon, dass ihn viele unterschätzt haben. Desaster klingen heute tighter als jemals zuvor. Dennoch nimmt dieses saubere Gebolze der Musik kein bisschen von ihrer Boshaftigkeit; ein perfekter Kompromiss! Die Setlist ist bunt gemischt. Von jedem Album (außer von „Angelwhore“) ist etwas dabei. Alte Klassiker und Songs neueren Datums geben sich die Hand. Mit „Black Celebration“ gibt es auch schon einen brandneuen Song der aktuellen Besetzung auf die Ohren, der bislang noch nicht veröffentlicht ist. Und auch bei Desaster gibt es keine Atempause. Auch hier sprüht die Band vor Spielfreude. Allen voran Gitarrist und Gründer Infernal und Drummer Hont gehen richtig ab. Sänger Sataniac, der bei den Ansagen manchmal klingt wie Martin van Drunen, welcher sich übrigens ebenfalls im Publikum befindet, gibt eher den seriösen Frontmann. Lediglich der als einziger mit Corpsepaint auftretende Bassist Odin steht wie ein ruhender Pol auf der Bühne. Ansonsten herrscht hier die rohe Black-/Thrash Metal-Urgewalt. Alles wird sauber runtergehobelt und lässt keine Wünsche offen. Einziger Wermutstropfen ist der Ausfall von Infernals Topteil in der Mitte des Sets, welcher zu einer knapp zehnminütigen Zwangspause führt. Ansonsten ist hier alles im grünen Bereich. Die Menge wird gefragt, ob sie noch satanische Musik hört, bevor „Satan´s Soldiers Syndicate“ ertönt. Zum Schluss gratuliert Sataniac Christian „Krugi“ Krug, der bei Ván Records arbeitet und sich ebenfalls im Publikum befindet, zum Geburtstag, bevor der Kult-Klassiker „Metalized Blood“ angestimmt wird. Hier bekommt die Band Unterstützung mit erheiternden Eunuchen-Screams von einem Fan aus der ersten Reihe. „Mögt ihr auch Bands aus Kalifornien?“, wird das Publikum gefragt, bevor „in Gedenken an Jeff Hannemann“ das Slayer-Cover „Black Magic“ einen würdigen Schlusspunkt setzt. Das Publikum ist danach zwar voll im Arsch, aber glücklich. Das Endzeit Festival der legendären Zeche Carl geht zu Ende und erinnert an alte glorreiche Tage an ebendieser Stätte. Wir hoffen alle sehr, dass das nächste Endzeit Festival nicht wieder fünf Jahre auf sich warten lässt. Denn kultige Konzerte wie diese machen richtig Spaß!

Setlist: Divine Blasphemies, Sacrilege, The Cleric´s Arcanum, Devil´s Sword, Splendour Of The Idols, Primordial Obscurity, Teutonic Steel, Damnatio Ad Bestias, Hellbanger, Profanation, Nekropolis Karthago, Black Celebration, Satan´s Soldiers Syndicate, Metalized Blood, Black Magic (Slayer-Cover)    



Autor: Daniel Müller - Pics: Daniel Müller