DESASTER - Spielen, Rocken und zusammen Bier trinken!


Ich höre Desaster schon seit meiner Berufsschulzeit Ende der Neunziger. In den letzten Jahren habe ich sie aber, ehrlich gesagt, etwas aus den Augen verloren, was aber auch daran lag, dass sie knapp zwei Jahre nahezu inaktiv waren. Das änderte sich schlagartig, als kürzlich – quasi zum dreißigjährigen Jubiläum der Band – der Wechsel an der Schlagzeuger-Position großes Aufsehen erregte; ein perfekter Zeitpunkt also, um kurz vor Jahresabschluss noch ein Interview anzuhängen und direkt mal nachzuhaken. Die Organisation des Interviews war aber nicht ganz einfach. Ein paar Termine wurden verlegt. Der Empfang am Festnetztelefon war für´n Arsch. Das Handy konnte nicht gleichzeitig telefonieren und das Gespräch mitschneiden… Nach langem Hin und Her hat es dann aber schließlich doch noch geklappt, und Gitarrist und Band-Gründer Markus „Infernal“ Kuschke ließ die komplette, lange Band-Geschichte noch einmal chronologisch Revue passieren! Falls Ihr Euch übrigens wundert: Ein aktuelles Foto von der neuen Besetzung gibt es noch nicht...

logoDaniel: HELL-ö Infernal! Weißt Du noch, wie es 1988 zur Gründung von Desaster kam?

Infernal: Ja, also… Als 15-/16-Jährige haben wir alle den Traum gehabt, eine eigene Band haben zu wollen und haben schon mal auf Akustikgitarren versucht, die ersten Songs zu schreiben, haha. Es war dann kurz vor Weihnachten, dass wir unseren Eltern in den Ohren gelegen haben, dass wir eine Band gründen wollen und Instrumente brauchen. Da haben wir dann die ersten Klampfen und Basse bekommen. Nur ein Schlagzeuger hatte noch gefehlt. Den haben wir dann erst im neuen Jahr bekommen, also 1989. Wir haben dann auch im Feuereifer die Grillhütte gemietet, um das allererste Konzert zu zelebrieren, hatten aber noch keinen einzigen Song geschrieben. Hauptsache, das erste Konzert schon mal, haha! Erst danach hatten wir unsere ersten Songs geschrieben. Deshalb datieren wir die Bandgründung auch erst im Sommer 1989. Aber eigentlich haben wir 1988 schon angefangen. Das ist richtig.  

Daniel: Woher kanntet Ihr Euch? Seid Ihr zusammen zur Schule gegangen? Oder wie war das?

Infernal: Ja, so ähnlich. Wir waren auf unterschiedlichen Schulen, aber im selben Schulbus nach Koblenz unterwegs und haben morgens immer schon Stagediving im Bus gemacht, die neuesten Alben auf Kassetten ausgetauscht usw., und von daher kannten wir uns schon, ja.

Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Infernal: Nein, das war unsere erste Band tatsächlich!

Daniel: Wie kam es dazu, dass Ihr die deutsche Schreibweise Desaster für Euren Bandnamen gewählt habt?

Infernal: Die Idee kam nicht von uns, sondern es gab ja auch den Destruction-Song „Total Desaster“. Die hatten das auch mit „e“ geschrieben. Und da wir große Destruction-Fans waren, haben wir dann den Namen und auch den eigentlichen „Fehler“ übernommen. Wir haben uns da auch gar nicht dran gestört. Wir waren eben die Deutschen Desaster, und wenn wir über die Band reden, sprechen wir den Namen auch gar nicht Englisch aus.

Daniel: Bei Metal Archives steht, dass die Band 1991 nicht existierte (1988-´90 und 1992 bis jetzt). Stimmt das? Und was war da los?

Infernal: Ja, das stimmt. Also, 1990 war die Flaute da. Wir hatten ja zunächst nur einen Session Drummer. Er war an der Berufsschule von unserem Sänger gewesen. Der hatte noch in einer anderen Band gespielt und hatte dann keine Lust und keine Zeit mehr, mit uns zu proben. Und unser alter Sänger damals, der Creator Cassie, hat dann auch angefangen, sich für andere Musik zu interessieren, und da sind die Wege so ein bisschen auseinander gegangen. Deswegen lag Desaster 1991 so ein bisschen „auf Eis“, bevor wir dann 1992 mit neuen Leuten weitermachen konnten.  

Daniel: Auf Euren drei Demos hattet Ihr noch das alte Logo mit den SS-Runen. War das Provokation oder gar nicht so gewollt? Vielleicht ein Tribut an Kiss? Und war das vielleicht auch der Grund, warum Ihr das Logo später „entschärft“ hattet?

Infernal: Uns ist das erst gar nicht aufgefallen, dass es so sehr den SS-Runen geglichen hat. Für uns waren das einfach nur Blitze. Aber als wir dann auch in die Öffentlichkeit getreten sind, da kam schon der ein oder andere Kommentar damals in der Richtung, obwohl wir das immer dementiert haben, da wir mir Nazikram nie etwas zu tun hatten. Und dann kam der Christophe Szpajdel, der „Logo-Man“, der schon tausende von Logos entworfen hat, von sich aus auf uns zu und fragte, ´Hey, ich habe gehört, Ihr habt Probleme mit Eurem Logo. Ich habe Euch da mal etwas gemalt´, und hat uns ein paar Entwürfe zugeschickt von anderen Logos. Und dann haben wir uns entschieden, bevor wir ein Album rausbringen – schon auf der Single, das war unsere erste Veröffentlichung, die Split mit Ungod – packen wir das neue Logo darauf, ohne die SS-Runen.  

desasterDaniel: Apropos Demos: Euer drittes Demo „Lost In The Ages“ gab es 2007 auch als finnische Bootleg-CD mit dem Impiety-Demo „Ceremonial Necrochrist Desecration“ (mit „c“) und ihrer 7“ EP „Salve The Goat…Iblis Exelsi“. Das Ding hieß „Ceremonial Necrochrist Redesekration“ (mit „k“). Kennst Du dieses Bootleg? Und hast Du eine Ahnung, wie es in Umlauf kam?

Infernal: Ja, habe ich schon gehört. Die hätte ich auch gerne, haha! Also ich kenne das. Davon habe ich gehört, aber ich habe es, glaube ich, noch nie in der Hand gehabt. Ja, keine Ahnung. Es ist ja immer so, wenn von jemandem Sachen rauskommen, weil Fans das geil finden und das rausbringen wollen. Wobei: Meistens sind das Geschäftsleute, die damit Geld verdienen wollen und bringen so etwas dann raus. Es ist nur immer traurig, dass man als Band dann kein Freiexemplar davon bekommt. Unsere Adressen stehen eigentlich auf allen Platten drauf. Deswegen könnte man uns da dann wenigstens etwas zukommen lassen. Auch „A Touch Of Medieval Darkness“ wurde vor ein paar Jahren gebootlegt. Das fand ich auch nicht ganz in Ordnung. Wir werden dadurch zwar nicht finanziell geschädigt – uns geht dadurch kein Geld durch die Lappen – aber die Plattenfirmen werden dadurch geschädigt, und die müssen sich dann damit rechtlich auseinandersetzen. Aber wir als Band haben die Songs halt irgendwann mal geschrieben und hätten wenigstens ein Freiexemplar verdient.

Daniel: Bootleg hin oder her: Die CD ist schon geil, oder? Schließlich ist es ja längst vergriffenes, kultiges Zeug, das jeder Sammler haben will. Wie stehst Du zu solchen Sammlerstücken im Allgemeinen?

Infernal: Ja, auf jeden Fall! Ich bin ja auch selbst Vinylsammler und habe das eine oder andere Bootleg mit im Schrank. Deswegen: Ich habe absolut nichts gegen Bootlegs. Ich bin da nicht wie Lars Ulrich von Metallica, der sich dann ins Hemd macht oder nachts nicht schlafen kann, weil irgendwelche Leute seine Musik bootleggen und ihm dann das nächste Portokleingeld durch die Lappen geht, haha! Ich bin dann stolz, wenn wir gebootlegt werden: Das ist ja auch eine Art Anerkennung. Aber wäre halt schön, wenn wir davon dann auch Exemplare für uns selbst bekommen würden.

Daniel: Wie kam es zu der Split-7“ mit Ungod im Jahr 1995? Kanntet Ihr die Band vorher schon? Oder war das die Idee des Labels Merciless Records?

Infernal: Das war eine lustige Geschichte eigentlich, weil früher, im Black Metal-Underground, waren sich ein paar Bands ein bisschen spinnefeint. Damals war das so: Wir fanden Ungod geil. Sie waren ja im Prinzip die erste deutsche Black Metal-Band der neuen Generation, die auch schon etwas auf Vinyl veröffentlicht hatten. Der Schiekron hatte wohl schon versucht uns zu kontaktieren und zu fragen, ob wir eine Split mit ihnen zusammen machen wollten. Aber durch die liebe Deutsche Post ist der Brief wohl abhandengekommen. Und er hat wohl gedacht, dass wir zu hochnäsig wären und kein Interesse an der Zusammenarbeit hätten und deswegen nicht zurückgeschrieben hätten. Dieses Missverständnis wurde aber zum Glück von unserem Freund Costa Stoios von Iron Pegasus Records aufgeklärt, der ja zu uns und zum Schiekron Kontakt hatte, der ja heute leider nicht mehr bei Ungod ist. Natürlich hatten wir da Bock drauf, und so ist das dann zustande gekommen und bei Merciless Records dann rausgekommen.  

Daniel: Euer Debüt „A Touch Of Medieval Darkness“ erschien 1996, ganze acht Jahre nach der Gründung der der Band! Das Album hat im Underground eingeschlagen wie eine Bombe! Wart Ihr Euch sofort bewusst, dass das Album Kult werden würde? Oder ist dieser Kult erst so nach und nach entstanden?

Infernal: Nein, eigentlich gar nicht so. Wir haben uns damals unheimlich geärgert, weil wir mit Desaster 1992 weitergemacht haben und immer wieder ausgebremst wurden. Wir hätten ja schon viel früher ein Debüt-Album rausbringen können. Dann wäre die Karriere vielleicht noch ganz anders verlaufen. Wenn man denn von Karriere sprechen kann… Aber das Ding kam ja erst 1996 raus. Wir hatten das 1995 aufgenommen. Aber wir hatten ja immer Probleme mit unserem damaligen Schlagzeuger. Die Proben verliefen alle schleppend. Und auch Merciless Records haben sich dann noch unheimlich viel Zeit gelassen, bis die mal die Platte rausgehauen haben. Die hätte eigentlich schon viel früher rauskommen können! Dann wäre sie vielleicht genauso ein Meilenstein geworden wie zum Beispiel wie von Mayhem oder sonst wem. Aber wer weiß? Man kann nur spekulieren. Aber klar sind wir stolz drauf, was wir erreicht haben. Wenn das heute als Kult angesehen wird, dann macht mich das natürlich stolz!  

Daniel: Auf Eurem zweiten Album „Hellfire´s Dominion“ war Euer größter Hit „Metalized Blood“, auf dem Thorsten „Toto“ Bergmann von Living Death die zweite Strophe gesungen hatte. Wie kam der Kontakt zu ihm damals zustande?

Infernal: Ja, wir hatten einen guten Kontakt zum Atomic Steiff, der ja auch mal bei Living Death getrommelt hatte und haben dann auch in Velbert, wo wir die Platte aufgenommen hatten, übernachtet in der Zeit. Und wir hatten ihn gefragt, ob er den Toto nochmal dazu bewegen könnte, wieder zu aktivieren. Er hatte sich ja schon musikalisch zur Ruhe gesetzt und lange gar nichts mehr gemacht. Aber er hatte es irgendwie geschafft, ihn nochmal aus der Gruft heraus zu bewegen. Da gab es auch eine lustige Geschichte: Der Toto war Feuer und Flamme und hat gesagt, dass er da mitmacht. Und dann hat er auf dem Weg zum Studio, im Auto, den Song noch schnell geübt. Wir hatten ihm die Demoversion schon geschickt, damit er weiß, was er da singen soll. Und dann hatten wir den Song laufen gehabt, und er hat dann an der roten Ampel mit seinem geilen Gesang am Abgehen, haha! Das war schon richtig geil!   

Daniel: Auf den ersten Alben hattet Ihr eine Mischung aus Black- und Thrash Metal, teilweise mit mittelalterlichen Melodien, gespielt. Warum hat es so lange gedauert, bis Ihr Euren festgefahrenen Stil hattet? Auf Euren letzten Alben hat sich der Stil ja etwas „festgefahren“. Oder täusche ich mich da?

Infernal: Na ja, „festgefahren“ eigentlich nicht, aber Du hast schon gut erkannt, dass wir diese mittelalterlichen Sachen früher sehr viel häufiger hatten. Die haben wir ein bisschen zurückgefahren, weil unser jetziger Sänger, der Sataniac, nicht so sehr auf diesen mittelalterlichen Kram steht. Wir haben das dann natürlich auch respektiert. Wir haben aber immer noch atmosphärische Sachen mal drin. Wir nennen das dann immer „Balladen“, wenn es mal etwas weniger tempomäßig ist, was wir machen, haha! Aber ich finde unsere Sahen immer noch ziemlich abwechslungsreich. Das letzte Album hat ja auch ganz gute Kritiken bekommen, wobei uns das eher weniger interessiert. Uns muss die Musik immer selber gefallen. Sonst würden wir das auch nicht n rausbringen.   

desasterDaniel: 2001 habt Ihr Euer letztes Konzert mit Eurem alten Sänger Oliver „Okkulto“ Martin auf dem Wacken Open Air gespielt. Wusstet Ihr damals schon, dass dies Euer letzter gemeinsamer Gig sein würde? Oder hatte sich das erst im Nachhinein herausgestellt?

Infernal: Gewusst haben wir das nicht, aber wir hatten es geahnt. Die Stimmung in der Band war schon sehr, sehr schlecht gewesen. Der Okkulto hatte sich ständig mit dem Tormentor in der Wolle gehabt. Es gab verschiedene Vorstellungen, wie es mit der Band weitergehen sollte. Gerade Tormentor ist ja einer – das merkt man ja heute auch - der würde am liebsten jeden Tag irgendwo spielen. Er ist halt ein geborener Musiker, sage ich jetzt mal. Ja, und Okkulto war mehr so der Zurückgezogene, der nur ausgewählte Konzerte spielen wollte, am liebsten vor ausgewähltem Publikum. Das hat halt irgendwann nicht mehr zusammen gepasst, und er ist dann ausgestiegen.

Daniel: Heute ist Wacken eine Kommerzveranstaltung. Warum gerade dort?   

Infernal: Es kann natürlich sein, dass er damals für sich gesagt hat, dass er gerade dieses Konzert noch mitnimmt, so als Highlight, aber das sind nur Spekulationen. Das weiß ich nicht.

Daniel: Ihr habt zwei Tracks des Wacken-Gigs („Sataniac“ und „Show Them How“) auf der „Sons Of Infernity“ 7“ EP veröffentlicht. Warum nicht den ganzen Gig? Man hätte ja auch ein kultiges Live-Tape machen können mit der kompletten Abschiedsshow oder so…

Infernal: Das war ganz einfach ein technischer Grund. Es waren die einzigen beiden Tracks, die einigermaßen brauchbar waren, haha! Der Sound ist nicht so berauschend gewesen, aber es bot sich auch an als Abschluss. Wir hatten ja mit „Sons Of Infernity“ noch einen neuen Studiosong. Den wollten wir nicht in der Versenkung verschwinden lassen. Den wollten wir noch unbedingt rausbringen, und wir brauchten dafür noch eine Rückseite. Da hatte sich das einfach so angeboten.

Daniel: Kennst Du eigentlich Okkultos neue Band Eurynomos? Und wie findest Du sie? Hast Du zu diesem Thema eine Meinung?

Infernal: Ja sicher! Klar, da spielt ja auch der Costa Stoios mit von Iron Pegasus Records und andere Bekannte. Man kennt sich ja hier. Ich habe die Band von Anfang an verfolgt und finde sie auch sehr gut. Ich bin auch mal gespannt auf das Debüt-Album. Das kommt jetzt bald raus; so Anfang nächsten Jahres, schätze ich.  

Daniel: Hattet Ihr eigentlich auch nach der Trennung noch Kontakt zu ihm?

Infernal: Ja, also kurz nach der Trennung war die Stimmung nicht ganz so gut. Da hatten wir so ein bisschen Knies gehabt. Aber irgendwann wächst auch mal Gras über die Sache. Man hat sich auch mal wieder getroffen. Wir haben heute ein ganz normales Verhältnis. Bei den Hellbangers Moselfranken, unserem Heavy Metal Fanclub, ist er ja auch Mitglied. Deswegen, da ist kein böses Blut mehr, und wir unterstützen uns gegenseitig. Da ist alles gut!   

Daniel: Wie seid Ihr danach auf Guido „Sataniac“ Wissmann als Nachfolger gestoßen? Kanntet Ihr ihn vorher bereits?

Infernal: Ja, uns zwar hatten wir mal ein Konzert organisiert. Da haben Asphyx gespielt, Warhammer und Divine Genocide, die alte Band vom Sataniac, aus der Eifel. Und da hat er mit seiner Band als Sänger und mit seiner Persönlichkeit sehr beeindruckt. Und als Okkulto dann ausgestiegen ist, war er eigentlich ziemlich direkt schon die erste Wahl. Wir haben dann ganz schnell zu ihm Kontakt aufgenommen, und schon war er der neue Desaster-Sänger.

Daniel: Euer Bassist Volker „Odin“ Moritz ist der einzige in der Band, der mit Corpsepaint auf die Bühne geht. Warum? Wäre es nicht viel cooler, wenn die Band optisch als Einheit auf die Bühne ginge? Es erinnert mich ein bisschen an Dead, als er bei Mayhem als einziger geschminkt auf die Bühne ging…

Infernal: Haha! Nein, das hat mit Mayhem weniger zu tun. Das ist ein bisschen historisch bedingt gewesen. Als wir die Band 1992 wieder rekrutiert hatten, da waren damals Okkulto mit an Bord und Odin. Sie waren halt große Black Metal-Fans und haben dann angefangen, sich für die ersten Gigs zu schminken. Der Schlagzeuger und ich waren da nicht so begeistert von und haben das nicht gemacht. Aber wir haben von Anfang an gesagt, jeder kann sich in der Band so präsentieren, wie er will. Und seit Okkulto dann ausgestiegen war, war Odin eben der Einzige, der dann noch mit Corpsepaint aufgetreten ist.  

Daniel: Ihr habt Euch nach 22 Jahren (!) von Eurem Schlagzeuger Stefan „Husky“ Hüskens getrennt, der von 1996 bis 2018 bei Euch hinter den Kesseln saß. Er ist ja sehr umtriebig, spielt jetzt bei Sodom und Asphyx, früher auch bei Carnal Ghoul,  Metal Inquisitor, Metalucifer, Deathfist und Decayed. Hat er sich einfach verrannt? War das der Grund der Trennung? Und seid Ihr überhaupt im Guten auseinander gegangen?

Infernal: Ja sicher! Wir sind im Guten auseinander gegangen! Wir respektieren und mögen uns immer noch gegenseitig. Es war so, wie Du schon vermutet hast: Es ist irgendwann einfach zu viel gewesen. Husky hat zwei Bands; sogar ziemlich große, und noch einen richtigen Job nebenbei. Und da war klar, dass er für Desaster nur noch wenig Zeit haben würde. Wir hatten ja ein ganzes Jahr gar nicht mehr geprobt und uns nur noch zu Gigs getroffen. Und der Vorschlag kam von ihm, dass wir uns für Live-Konzerte einen Ersatz-Drummer holen sollten, weil es schon absehbar war, dass er kaum noch Konzerte mitspielen kann. Und dann haben wir uns mit dem Session  Drummer so gut verstanden, dass das gut funktioniert und die Chemie stimmte und wir uns natürlich Gedanken gemacht haben, wie es mit Desaster weitergehen würde. Wir wollten ja auch nicht als „fünftes Rad am Wagen“ enden und wieder neue Songs schreiben und proben. Das war mit Husky einfach nicht mehr möglich. Und dann haben wir eben den Schnitt gemacht. Das ist uns natürlich schwergefallen! Wir sind zusammen groß geworden. Ich kenne den Husky, seit er fünfzehn ist! Das war sehr traurig auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite war es notwendig. Wir wollten Husky bei seiner Karriere auch nicht im Weg stehen. Er spielt jetzt bei Sodom. Das war eine Art Kindheitstraum von ihm, bei so einer Band zu spielen. Und da sind wir natürlich auch stolz, dass er das geschafft hat. Also, böses Blut gibt es auf keinen Fall!  

desasterDaniel: Euer Neuzugang am Schlagzeug ist überraschenderweise Marco „Hont“ Hontheim, der von 2002 bis 2018 bei der Deutsch Rock-Band Jupiter Jones trommelte, die mich im Radio immer mit ihrem Hit „Still“ auf der Arbeit nervten! Sehr „true“ wirkt das im ersten Moment gerade nicht, haha! Wie kam es denn dazu? Ihr werdet ja kaum Jupiter Jones im Radio gehört und gesagt haben, „Boah, Alter! Hör mal: Der muss bei uns trommeln!“, haha!

Infernal: Haha, ja! Was die Wenigsten natürlich wissen, ist, dass Hont vor Jupiter Jones auch ein Metal-Vorleben hatte. Er hat nämlich mit unserem Sataniac früher bei Divine Genocide zusammengespielt, in der Eifel schon, unter anderem. Er hatte auch schon bei Monastery gespielt. Die kamen aus Saarbrücken. (Also nicht die gleichnamigen Holländer aus dem damaligen Sinister-Umfeld. – Anm. d. Verf.) Die haben zwei CDs rausgebracht. Das war eine Thrash Metal-Band. Die haben aber nicht viel gerissen, Also, ich kannte die gar nicht, hehe! Wobei ich mich im Underground eigentlich immer ganz gut auskannte hier in der Gegend. Aber die CDs sind irgendwie an mir vorbeigegangen. Aber wie gesagt: Hont hat eine Metal-Vergangenheit, war dann auch froh jetzt, dass das mit Jupiter Jones dann im Sande verlaufen ist, denn er wollte auch mal wieder richtig Krach machen.

Daniel: Kannte er Desaster denn überhaupt?

Infernal: Ja, er hat ja immer Kontakt mit Sataniac gehabt. Die wohnen ja auch nicht weit auseinander in der Eifel. Er hat unsere Karriere und Sataniacs Einstieg bei uns auch verfolgt, und deswegen kannte er auch Desaster.  

Daniel: Ihr habt in diesem Jahr 30-jähriges Bestehen. Durch den Schlagzeuger-Wechsel gab es vermutlich keine Jubiläums-VÖ oder einen Jubiläums-Gig. Ist da für nächstes Jahr irgendwas geplant?

Infernal: Ja, wie gesagt, da wir ja unser offizielles Gründungsjahr auf 1989 gelegt haben, werden wir nächstes Jahr auf jeden Fall irgendwas machen. Geplant ist, dass wir auf jeden Fall eine Single veröffentlichen, wo es einen Song gibt, der „Black Celebration“ heißt. Den spielen wir jetzt auch. Der geht gut ab! Das ist der erste Song, den wir jetzt auch mit dem neuen Schlagzeuger, dem Hont, zusammen geschrieben haben. Was es sonst noch gibt, ob wir wieder ein Jubiläumskonzert machen, kann ich noch nicht sagen, weil wir unser 25-Jähriges in Bamberg ja erst groß gefeiert hatten, mit DVD, CD und LP. Ich denke, es wäre ein bisschen „over the top“, wenn man so etwas jetzt schon wieder machen würde; ein Konzert mit den ganzen Gastsängern, ehemaligen Mitgliedern usw. Das werden wir nächstes Jahr nicht machen!   

Daniel: Mal etwas anderes: 2015 erschien ein Desaster-Tribute-Album („We Worship Desaster“). Weißt Du, wie es dazu kam? Und wart Ihr Euch überhaupt darüber bewusst, dass Ihr im Underground einen so großen Einfluss hattet?

Infernal: Ja, haha! So  genau weiß ich das gar nicht mehr. Irgendwann kam mal jemand auf mich zu und erzählte mir, dass er das vorhat. Ich hatte erst überlegt, wer denn da mitmacht, haha! Also, über die Jahre hatte ich schon immer mal Coverversionen von uns zugeschickt bekommen und fand das geil, dass man selbst auch mal gecovert wird. Gut, dass mit der CD fand ich jetzt etwas übertrieben, weil, ich meine, so bekannt sind wir ja jetzt auch nicht. Aber die Songs mal mit einem anderen Sound von anderen Leuten gespielt zu hören, war schon eine coole Sache! Ich mag das Dingen natürlich! Ich habe aber keine Ahnung, ob sich das irgendwie verkauft oder sich da überhaupt jemand für interessiert.

Daniel: Wart Ihr Euch denn überhaupt darüber bewusst, dass Ihr so einen großen Einfluss auf die Szene hattet?

Infernal: Also, das wird mir eigentlich erst heutzutage so ein bisschen bewusst, als immer wieder unser Name in Interviews erwähnt wird; vor allem in südamerikanischen Ländern oder so. Ich kriege das schon immer wieder mit, dass wir wohl ein großer Einfluss waren. Was mich immer so ein bisschen schockiert, ist, dass wir in einem Atemzug mit Sodom, Destruction und Kreator genannt werden, weil wir ja eigentlich eine Generation später dazugekommen sind. Aber für die Jungs da unten gehören wir irgendwie mit dazu, deutscher Thrash quasi. Das ist schon der Hammer!   

Daniel: Gab es in den dreißig Jahren Desaster ein Album, das Du besonders oder vielleicht auch überhaupt nicht mehr magst? Und wenn ja: Warum?

Infernal: Also „gar nicht mehr“ gibt es nicht. Nein, ich mag eigentlich alle Alben. Wenn ich eine rauspicken müsste, dann sage ich immer „Tyrants Of The Netherworld“ von 2000 - das letzte Album mit Okkulto -, weil da irgendwie alles gepasst hat. Der Sound ist geil und düster. Die Songs sind geil. Die meisten Leute finden „Hellfire´s Dominion“ am besten, weil da eben „Metalized Blood“ drauf ist und „Teutonic Steel“, was auch immer wieder gefordert wird bei Live-Konzerten. Aber die „Tyrants Of The Netherworld“ gefällt mir persönlich am besten.   

Daniel: Odin und Du, Ihr seid jetzt noch die einzigen Band-Mitglieder von damals. Könntest Du Dir vorstellen - wenn er jetzt theoretisch auch noch aussteigen sollte – noch mit Desaster weiterzumachen? Oder hätte sich das Thema dann automatisch erledigt? 

Infernal: Oh, das ist immer schwer zu sagen. Wir haben auch früher immer gesagt, eigentlich besteht Desaster aus Tormentor, Odin, Sataniac und mir. Wir mussten uns jetzt aber doch schweren Herzens von Husky trennen. Ich finde, Musik muss gemacht werden, solange es eben Spaß macht und solange der  Spirit da ist. Wenn es natürlich keinen mehr interessiert, dann ist das so. Dann macht man die Musik eben nur noch für sich selbst. Klar, manche Bands sollten lieber abtreten, bevor es peinlich wird, hehe! Aber auf der anderen Seite ist Desaster, denke ich, eine Band, die alles bewiesen hat im Laufe der Jahre. Wir waren ja jetzt im selben Line-Up unheimlich lange zusammen. Wenn jetzt nochmal einer abtreten würde, keine Ahnung… Das kann man schlecht voraussehen. Ich lebe immer gerne im Hier-und-Jetzt und mache mir eigentlich kaum Gedanken über die Zukunft.

desasterDaniel: Was steht überhaupt in Zukunft mit Desaster an? Wird es bald ein neues Album geben?

Infernal: Ja, also wir haben jetzt wieder neuen Elan. Wir können wieder häufiger proben. Das macht natürlich unheimlich viel aus. Wir sind wieder eine richtige Band. Wir wollen spielen, rocken, Sachen ausprobieren und Bier trinken zusammen. Und das macht jetzt wieder richtig Spaß! Wir haben auch vor, wieder ein paar Konzerte mehr zu spielen. Da haben wir uns ja auch ein bisschen rar gemacht in den letzten Jahren. Wir wollen auf jeden Fall auch ein neues Album angehen, wo wir auch gerade ein paar Sachen ausprobieren mit unserem neuen Schlagzeuger. Das klappt super! Das wird aber wahrscheinlich noch bis 2020 dauern, bis da etwas Neues rauskommt, so Album-mäßig.

Daniel: Na gut, Infernal! Dann bist Du nun vom Marathon erlöst, haha! Hast Du noch ein schönes Schlusswort?

Infernal: Ja, ich will mich einfach mal bedanken bei allen, die uns immer supportet haben. Auch, dass wir jetzt ein Interview machen. Das freut mich natürlich! Ich bedanke mich auch ganz herzlich dafür, dass überhaupt noch Interesse an uns alten Säcken besteht, haha! Wir sind ja jetzt alle so Anfang bis Mitte vierzig. Ich beobachte das ja selbst auch in der Szene: Es gibt Bands, die gibt es schon ziemlich lange. Manche Bands werden auch etwas langweilig mit der Zeit, muss ich zugeben, und werden immer noch hochgelobt, der alten Zeiten wegen, obwohl sie sich ihren Ruf ruinieren. Ich hoffe, wir zählen noch nicht dazu! Die Leute sollen uns noch gut finden, weil wir noch gute Musik machen!   

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Autor: Daniel Müller