MAGOTH - Black Metal im Allgemeinen ist keine gesellschaftskonforme Musik!


Die Metal-Welt ist klein. Ich kannte Magoth-Sänger und Gitarrist Heergott nur als neuen Gitarristen von Cerberus und wusste gar nicht, dass er mit Magoth auch seine eigene Band hat. Umso überraschter war ich, dass das aktuelle Album „Anti Terrestrial Black Metal" als Zweitauflage zwecks Review ins Haus flatterte, welches mich restlos begeisterte! Ein Interview war somit mehr als angebracht, und Magoth punkteten als Gemeinschaft mit tiefsinnigen und ausführlichen Antworten. Wenn doch nur jede Band derart professionell an die Sache herangehen würde!

logoDaniel: HELL-ö Magoth! Bitte erzählt uns doch zunächst, wie es zu eurer Gründung kam!

Magoth: Magoth entstand im Jahre 2011 durch Frontmann Heergott aus der Intention, das alltäglich Wahrgenommene musikalisch angemessen zu verarbeiten. Daraus entwickelten sich erste Werke, die das Fundament von Magoth festigten. Es zählte nicht, die vorherrschende Thematik des Black Metal zu bedienen, sondern ein Gesamtgefühl zu vermitteln, das seine eigene Geschichte erzählt. Über den Protest gegen vorherrschende Konventionen, Tod, Chaos und Finsternis. Durch den Beitritt von Shagnar, Widrir und Havoc wird der Kerngedanke von Magoth nun gemeinsam mit hohem Anspruch fortgeführt.

Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Magoth: Ja. Alle Bandmitglieder musizieren bereits seit langer Zeit und waren oder sind in anderen Bands involviert. Dazu gehören inaktive Bands wie Cerberus und Abstinenz, aber auch aktive Bands wie Wrack. Doch mit Magoth haben wir das bisher intensivste Kapitel unserer Bandgeschichten aufgeschlagen. Magoth enthält unser aller Herzblut.

Daniel: Was bedeutet der Name eigentlich? Und woher stammt er?

Magoth: Laut Schriften von Abraham von Worms aus dem 15. Jahrhundert ist Magoth als Planetengeist Luzifer, Leviathan, Satan und Belial untergeordnet. Der Name beschreibt also genau die Intention, die hinter unseren Werken steht: Der Zusammenschluss von Kräften und der Blick auf das menschliche Treiben als außenstehender Beobachter. Entgegen der Erwartungen ist Magoth kein schlechter Dämon. Er agiert als ein Teil in der mystischen Welt. Genauso erfüllen wir unseren Part in dieser Welt.

Daniel: Welche Bands haben Euch am meisten beeinflusst?

Magoth: Unsere Musik wird vor allen Dingen von dem beeinflusst, was wir wahrnehmen und worüber wir philosophieren. Wir gehen mit offenen Augen durch die Welt und hinterfragen, was andere zu verschweigen versuchen. Die zahlreichen Bands des Black Metal-Genre – besonders während der zweiten Welle – inspirieren uns vielmehr dazu, unsere Emotionen auf diese Art auszudrücken. Es erscheint uns als der angemessene Weg, der Hässlichkeit und Ungerechtigkeit ein akustisches Antlitz zu geben. Ob und welche Verbindungen zu anderen Bands entstehen, soll der Hörer für sich selbst herausfinden.

Daniel: Worum geht es in Euren Texten? Geht es nur um die Erfüllung der üblichen Black Metal-Klischees, oder steckt auch eine Art Kernaussage dahinter, die Ihr vermitteln wollt?

magoth Magoth: Die Texte spiegeln einen Ausschnitt unserer Gedanken und Gefühle mit Blick auf die Gesamtheit des Weltgeschehens wider. Unsere Klassiker der ersten Stunde prangerten zumeist das Christentum an, welches den Menschen seiner Freiheit beraubte und viele der bestehenden Götterfiguren abwandelte. Heutzutage sehen wir den Menschen auf anderen Wegen beeinflusst, nämlich auf eine Art, die nicht sofort ersichtlich ist. Die Indoktrination in starre Denkmuster erfolgt nicht mehr durch körperliche Gewalt, sondern unterschwellig im Appell an die Denkfaulheit des Menschen. Doch nicht nur hinter den Texten steckt eine Aussage. Unser Sound ist die Übersetzung unserer Gedanken und der daraus resultierenden Gefühle in der Sprache der Musik; eine Symbiose. Black Metal im Allgemeinen ist keine gesellschaftskonforme Musik. Sie wartet nicht nur mit einem allgemeingültigen Kernthema auf oder dient gar einem geselligen Verweilen. Man muss die Mixtur aus Text und Sound für sich alleine erleben. Dann wird sich eine ganz persönliche Welt erschließen, in der besonders das Negative unverblümt sichtbar wird. Negative Empfindungen gelten für die meisten als Tabu, doch ist es der stärkste Protest gegen die Stagnation des Denkprozesses, der in dieser Welt beständig von Klischees befeuert wird.

Daniel: 2013 hattet Ihr zunächst ein Demo aufgenommen. Es blieb jedoch unveröffentlicht. Warum? Wart Ihr im Nachhinein unzufrieden damit? Gab es eine andere musikalische Ausrichtung? Was waren die Gründe dafür?

Magoth: Tatsächlich handelt es sich bei der Veröffentlichung von „Der Toten Gesang“ um das Demo von 2013, das von Heergott selbst eingespielt wurde. Der ursprüngliche Sound traf die Erwartungen nicht und die Zusammenstellung einer festen Bandbesetzung hatte  Vorrang. Das Warten lohnte sich, denn das resultierende Line-Up entfesselte im Zusammenspiel zugleich das wahre Potential der Werke und der Band als Ganzes. Die Songs wurden nicht mehr nur heruntergespielt, sondern von der Band gemeinsam zelebriert.

Daniel: 2016 habt Ihr das Demo „Der Toten Gesang“ veröffentlicht. Vier dieser Songs sind auch auf dem aktuellen Album „Anti Terrestrial Black Metal“ enthalten. Habt Ihr die Demo Tracks für das Album noch einmal neu eingespielt, oder stammen alle Songs des Albums aus derselben Aufnahme-Session?

Magoth: Für das Album „Anti Terrestrial Black Metal” wurden selbstverständlich alle Spuren neu vertont. Denn es ist das Zusammenspiel der vier Charaktere von Magoth, welches „Anti Terrestrial Black Metal“ seine fesselnde Energie und Tiefe verleiht. Die qualitativen Ansprüche an das Album waren sehr hoch, da die Atmosphäre der Songs ebenso außerhalb des Bandraumes spürbar sein sollte. Eine simple Übernahme des bereits vorhandenen Materials wäre also nie in Frage gekommen. Schlussendlich sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden, und die Reaktionen waren erstaunlich! Fans berichten uns, dass sie das Album fünfmal am Tag oder öfter abspielen, andere erzählen von trancehaften Zuständen beim Hören.

magoth Daniel: Ihr habt im Liquid Aether Studio bei Mario Dahmen aufgenommen. Wie seid Ihr mit ihm in Kontakt gekommen?

Magoth: Die Kooperation mit Liquid Aether Audio besteht bereits seit Anfang 2016, also vor der Veröffentlichung des Demos. Die Suche nach einem Tonstudio zum Mastern der Aufnahmen führte zu Mario Dahmen. Er bestach durch sein Wissen im Black Metal-Bereich und seine Fähigkeit, ein Album unseres Genres mit dem passenden Klangbild zu versehen. Die erfolgreiche Zusammenarbeit und die gleiche Vision im Bezug auf den Sound führten uns vor kurzem erneut in Marios Studio.

Daniel: Die Erstauflage Eures Debüts soll innerhalb von nur elf Wochen ausverkauft gewesen sein. Wie hoch war die Auflage überhaupt? Und wie hoch ist die Neuauflage dieses Mal?

Magoth: Die auf zweihundert Stück limitierte und handnummerierte Erstauflage war tatsächlich innerhalb von elf Wochen ausverkauft. Dabei handelte es sich um ein vierseitiges Digipack, das nicht mehr nachproduziert werden wird. Auch außerhalb Deutschlands erreichte das Debüt viel Aufmerksamkeit und Anerkennung, besonders im nordamerikanischen Raum. Die hohe Nachfrage führte schließlich zur Zweitauflage im edlen Jewelcase, welche auf dreihundert Stück limitiert ist. Diese Edition wird ebenfalls in nächster Zeit ausverkauft sein. Ob eine Dritte Auflage erscheinen wird, ist nicht absehbar.

Daniel: Laut Metal Archives habt Ihr „Anti Terrestrial Black Metal“ in Eigenregie veröffentlicht. Auf Eurer Facebook-Seite steht aber, dass Ihr bei der Plattenfirma ShagnArt unter Vertrag seid. Haben sie auch die Neuauflage gemacht? Oder ist das vielleicht sogar Euer eigenes Label?

Magoth: Bei „shagnART music” handelt es sich tatsächlich um das bandeigene Label, das für die Veröffentlichungen von Magoth genutzt wird. Der Selbstvertrieb ermöglicht der Band größtmögliche Freiheiten, sodass die Essenz unserer Schaffenskunst die Bandräume unverfälscht verlassen kann. Der Kerngedanke von Magoth hat für uns höchste Priorität. An der Kooperation mit einem externen Label besteht zwar Interesse, doch konnte bisher keines unseren Vorstellungen entsprechen. Nebenbei ermöglicht uns die Kooperation mit „EbonizeBooking” viel Autonomie bei der Auswahl der Konzerte.

Daniel: Das Cover sieht total geil aus! Von wem stammt es? Und wie seid Ihr mit dem Künstler in Kontakt gekommen?

Magoth: Der Schöpfer des Artworks ist der Künstler Gragoth von Luciferium War Graphics aus den USA. Der Kontakt entstand während der Vorbereitungen zum Debüt, da neben dem Sound auch die Visualisierung unserer Werke fundamental ist. Gragoth erschuf ein prägendes Artwork, das durch seine Stimmung und den Stil künstlerisch hervorsticht. Jene Gestalten, die das Cover zieren – symbolisch für die Bandmitglieder – wandern über einen schmalen Pfad in Richtung einer Höhle, um dort über die Menschheit und das Erlebte zu sinnieren. Es ist für uns der Übergang aus der Äußeren Welt in unser Innerstes, in das erweiterte Bewusstsein. Der Stil des Artworks erinnert an Black Metal Klassiker der Neunziger Jahre und vollendet das Gesamtbild unseres Debüts.

magoth Daniel: Das Artwork schreit geradezu nach einer Vinyl-Version! Ist da schon etwas in dieser Richtung geplant?

Magoth: Es erreichen uns ständig Anfragen nach einem Vinyl-Release  aus aller Welt. Doch haben wir bisher noch keinen Partner gefunden, der uns gebührend unterstützen möchte. So werden wir uns erst nach dem Release unserer kommenden Platte auf eine Vinyl-Pressung beider Alben konzentrieren.

Daniel: Soweit ich weiß, spielt Ihr auch live. Wann und wo kann man Euch denn mal wieder auf der Bühne sehen?

Magoth: Die Live-Präsenz ist ein wesentlicher Bestandteil der Band. Die Intensität unseres Sound wird bei den Shows noch um ein Vielfaches verstärkt und durch Faktoren wie unseren eigenen Live-Mischer abgerundet. Dieses Jahr performen wir unser Release „Anti Terrestrial Black Metal” nur noch zweimal: Am 04.08. beim Schlichtenfest Open Air und am 31.08. in Pilsen (CZ). Zum Ende des Jahres leiten wir exklusiv in die nächste Ära von Magoth ein: Bereits bestätigt sind Shows am 09.11. in Bonn, am 07.12. in Oberhausen und am 08.12. beim „Zeremonie der Schatten V” in Hofheim.

Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Magoth aus?

Magoth: War die jetzige Ära noch mehr vom Finden und Stabilisieren unseres Selbst in der Band geprägt, so werden wir uns ab der nächsten Ära als eine Einheit präsentieren, die Ihren Platz in der Welt gewählt hat.

Daniel: Na gut, dann soll Euch noch das gute, alte Schlusswort gehören!

Magoth: Stay Blasphemous!

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https://magoth.bandcamp.com/



Autor: Daniel Müller