POP EVIL - In der Heimat anerkannt, hierzulande noch Underground-Status


Seit 2001 existiert die Band aus Grand Rapids in den Vereinigten Staaten von Amerika. Ihr Alternative Rock findet dort großen Anklang und wird in einem Atemzug mit Größen wie Puddle Of Mudd, Pearl Jam und 3 Doors Down genannt. Man konnte in der Heimat einen Vertrag mit Universal Records an Land ziehen. In Germanien muss man noch kleinere Brötchen backen. Während des Akustik-Gigs und Promoabend im Rock Pit zu Köln ließen sich gerade mal zwei Handvoll Leute blicken. Und das, obschon der Abend gratis war. Zumindest Gelegenheit mit einem Interview anzugreifen. Mir gegenüber Sänger Leigh Kakaty, Drummerin Hayley Cramer und Gitarrist Nick Fuelling.

logoSteve: Freunde, wer gibt mir einen schnellen Überblick Eurer Bandgeschichte?

Leigh: Nach der Gründung bekamen wir im Jahr 2007 einen Plattenvertrag. Mit dem Namen Pop Evil mussten wir wohl einiges an argwöhnischen Blicken ertragen. „Pop“, das böse Wort in einer rockorientierten Umgebung. Hier gibt es noch Bluegrass und Ähnliches, haha. Man muss wissen, dass wir es anders meinen, eben das Pop böse ist. In unserer Gegend arbeitet man von 9 Uhr bis 5 Uhr, freut sich auf das Wochenende und geht zu einer fetzigen Show. Pop geht gar nicht. Rock motiviert. Rock lebt und passiert genau hier.

Steve: Einige Musiker des originalen Line-Ups sind bereits von dannen gezogen. Inwieweit gab es mit den aktuellen Mitstreitern neue Horizonte in Sachen Lyrics, Kompositionen und menschliche Faktoren?

Leigh: Keine Ahnung, wie wir uns verändert haben, aber eine Band heißt Leben, und das Leben verändert sich im Laufe der Jahre. Dazu gehören die Opfer, die man bringen muss, um erfolgreicher Musiker zu sein. Das ist auch heute in einem anderen Blickfeld zu betrachten und in anderen Maßstäben zu rechnen. Erfolg heißt heute nicht mehr im Stadion zu spielen und solch immense Auswirkungen. Man gibt sich mit weniger zufrieden. Wenn man da draußen ist und für das, was man machen will, genug Geld bekommt, ist es in Ordnung, aber viele machen, was anderes für die Kohle.

Steve: Das trifft nicht ganz als Antwort auf meine Frage zu. Sag es mit der neuen Platte! 

Leigh: Fangen wir mit dem Salz des Fundaments an, den Drums. Hayley ist jetzt fast zwei Jahre bei uns, und man muss gefestigtes Fundament haben, um als Band zu funktionieren. Da nutzt selbst der beste Gesang nichts, oder die Gitarren-Licks.

Steve: Und ich dachte, als ehemaliger Sänger immer, dass die Vocals das wichtige sind, haha.

Leigh: Du wirst lachen, aber das dachte ich auch immer. Doch wenn dein Drummer/In besser auf der Bühne ist als im Studio, dann gibt es einen gewaltigen Ruck im Sound und in der Show. Wir haben früher vielleicht mehr CDs oder Singles verkauft, aber jetzt haben wir den X-Faktor. Viele können die Drummerin auf dem Festival oder großen Gig nicht sehen, aber wenn sie das Flair hat, hört man es dem Song an. Das macht den Unterschied.

Steve: Da Du gerade Singles erwähnst: Ich habe gesehen, dass ihr da ganz firm seid; zwölf oder dreizehn Stück bislang. Lohnt sich denn der Aufwand wirklich so? Ich meine, die meisten Bands hätten da wohl Schwierigkeiten.

Leigh: Dieses Geschäft will immer wieder was Neues, und du bist nur so gut wie deine letzte Single. Sie sind wie Zeit-Kapseln. So waren wir damals, was können wir daraus machen? Man sollte besser werden, einen frischeren Sound kreieren und immer das Beste geben. Zu Hause ist das kein Problem mehr. Da spielen wir große Showcases mit allen unseren Hits, die jeder mitsingen kann. Jetzt gilt es die Fangemeinde zu erweitern. Wir nehmen Europa in Angriff. Es sind nicht unbedingt Radio-Singles, aber You-Tube Clips. Das geht dann auf verschiedene Kanäle, und man kann sehr fein damit promoten.

pop evlSteve: Ich habe gelesen, das Ihr in Nashville, Tennessee, aufgenommen habt. Das ist eher ungewöhnlich für Euer Genre.

Leigh: Jawoll. In dieser Stadt passiert einfach alles in Sachen Musik. Du gehst die Straße runter und kannst von einen Club in den anderen wandern und bekommst so ziemlich alles an Musik zu hören, was Du Dir ausmalen kannst. Das macht einfach Spaß, eröffnet Deinen Horizont und bietet Dir Facetten für Deine eigene Musik. Mit Hip-Hop bin ich mir nicht sicher. Die anderen großen Städte wie Chicago oder Seattle hinken da etwas hinterher. Dort gibt es auch eine Menge gute Musik, aber sie steht nicht im Vordergrund. In Nashville denkt man Musik. Du kannst sie atmen. Du gehst nirgendwo hin, ohne eine Gitarre oder ein Saxophon zu hören. Wenn Du woanders sagst, Du bist Rockstar, kann es sein, dass man Dich meidet. Hier bist Du auf der sicheren Seite. Es war großartig, in einer Gemeinschaft oder beziehungsweise Gesellschaft zu sein, die nicht auf Dich hinabsieht.

Nick: Nashville ist, einfach gesagt, die Hauptstadt der Musik.

Steve: Wie Duisburg in Deutschland. Duisburg Rock-City, haha. Wusstet Ihr das nicht?

Leigh: Wir haben aber nur die Musik in Nashville aufgenommen, den Gesang nicht. Wie gesagt, man sollte stolz auf das sein, was man musikalisch erschaffen hat und nicht Rechenschaft ablegen. Weder von wo man herkommt noch welcher Musikrichtung man angehört.

Steve: Grand Rapids.

Leigh: Genau!

Steve: Gibt es dort überhaupt Stromschnellen?

Leigh: Yep…im Grand River, haha.

Steve: Dachte nur…in Kanada gibt es einige “Rapids” Ortsbezeichnungen, ohne Stromschnelle. Oder Städte mit „Fälle“ im Namen, ohne Fälle, haha.

Leigh: Es war auch ein bisschen Geschichte mit im Spiel. Zum Beispiel hat der Countrystar Kenny Rogers ein Album im gleichen Studio aufgenommen.

Steve: Du kennst noch Kenny Rogers? Du bist wesentlich jünger als ich, haha.

Leigh: Ja, aber alle diese Stars, zum Beispiel Robert Plant, die im gleichen Studio waren, haben den gleichen Traum verfolgt. Es ist egal, ob man uns so sieht und uns erkennt. Wir kennen uns.

pop evilSteve: Du sagst des Öfteren, wie erfolgreich ihr zu Hause seid, wechselt aber ständig das Label. Ist das nicht widersprüchlich?

Leigh: Gute Frage. Aber Du beziehst Dich auf Europa. Hier sind wir nicht so angesagt. In der Heimat sind wir seit Langem bei eOne unter Vertrag. Hier ist es immer wieder eine Herausforderung und eine Frage des Geldes sicherlich. Man lebt von Monat zu Monat, und man kann es sich als US-amerikanische Band nicht immer leisten, hier aufzuschlagen. Man muss seine Schulden zurückzahlen können. Es ist eben auch ein Business. Wir wollten unseren Markt aber auch nicht überreizen. Selbst in Kanada wurde die Luft dünn. Und ich bin Kanadier, haha. Eigentlich ging es finanziell erst mit „Onyx“ (2013) etwas besser, so dass wir unsere Finger außerhalb der Heimat stecken konnten. Wir mögen Europa, und Hayley ist hier zu Hause. Sie kommt ja aus Großbritannien. Sie braucht die Zeit mit ihrer Familie.

Steve: Und ihr könnt alle bei ihrer Familie pennen, haha.

Hayley: Röööööchtöööch!!!

Steve: Ist es nicht komisch, wie viele kanadische Sänger in amerikanischen Bands singen? Haha!

Leigh: Klar, aber bei mir ist das anders. Ich wurde zwar in Kingston geboren, landete aber bereits zwei Monate später in den USA.

Steve: Ach so, Du und Deine Familie, ihr wart die Kanadier, die sich die US-Staatsbürgerschaft haben bezahlen lassen, haha. Ich wußte, es gab einige. Wo treten die Schwierigkeiten hierzulande auf, wenn man nur den Erfolg in Betracht zieht?

Leigh: Zum einen waren wir live hier einfach nicht präsent genug; halt unser Opening Spot für Five Finger Death Punch. Das war schon was. Wir wurden wirklich gefeiert. Das geschah alles ziemlich schnell; die ganze Tour und so. Die Fanbasis in Deutschland ist wirklich im Kommen. Wenn man hier akzeptiert wird, ist es ein treuer Anhang.

Steve: In meinem Umfeld kennt Euch leider niemand. Auch in der Redaktion gab es maue Blicke, wer das Interview machen sollte. Also musste der Chef selber kommen, haha. Wie kann das? Obschon wir zwei Reviews online haben und viele andere Redaktionen auch?

Leigh: Ganz klar: Was Erfolg ausmacht, ist, über den Teich schwappen und ohne Ende auftreten. Das würden wir gerne machen.

Steve: Ja, manchmal braucht eine moderne Band ihre Zeit. Als ich das erste mal von Five Finger Death Punch hörte, waren die Old School-Metaller nicht „amused“. Dann knallte die Band und heute treffe ich die gesamte alte Clique im Venue, haha.  Zakk Wylde geht doch demnächst hier auf die Bretter. Wenn Ihr in Kanada doch bereits mit Black Label Society unterwegs wart…

Leigh: Das wäre super! Auch die Festivals im Sommer wären eine gute Plattform, das neue Album mit dem gleichnamigen Titel „Pop Evil“ vorzustellen. Und dann können wir vielleicht nächstes Jahr wiederkommen, wenn wir hier etwas vertrauter sind. Und dann kann ja einer Deiner Kollegen ein Interview machen, haha.

pop evilSteve: Oh, das ist nicht so schlimm. Markus (Promotion) hat Hamburger-Teller versprochen, haha. Oh, verdammt. Das sollte ich doch nicht sagen, haha. Ein Blick in die Zukunft für die Crossfire-Leser…

Leigh: Beständig das Album promoten und live Stadt für Stadt aufs Korn nehmen. Die Mühle muss mahlen.

Steve: Große Unterschiede zur letzten Scheibe („Up“ – 2015)?

Leigh: Hayley und ihre Drumarbeit auf jeden Fall. Sie ist übrigens ein Multitalent. Sie spielt auch die Keyboards. Und singen kann sie auch. Das konnten wir für die aktuelle CD noch nicht so ausschöpfen.

Hayley: Dieses Album ist ohne großen Zeitdruck für die Band entstanden. Früher mussten die Jungs zwischen den Tourneen komponieren und ordentlich Gas geben. Heuer haben wir uns gesagt…einen Schritt zurück und easy. Ich denke, das reflektiert das Album auf jeden Fall wieder. Wie man Anhand des Albumtitels unschwer erkennen kann, ist „Pop Evil“ ein neues Kapitel für uns, und wir können endlich nur die Musik machen, die wir immer spielen wollten. Oder besser gesagt: Wir haben musikalisch den richtigen Weg eingeschlagen… the right way!

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Autor: Steve Burdelak