Daniel: Hallo Daniel! Erzähl uns doch bitte zunächst etwas über die Gründung und den Werdegang der Band!
Daniel Fries: Vor circa sechs Jahren fing ich an, ein instrumentales Album zu komponieren. 2005 habe ich dann Collin Leijenaar und Neal Morse nach einem Auftritt kennengelernt, und Collin und ich kamen ins Gespräch, da ich auf der Suche nach Musikern war, mit welchen ich meine Ideen teilen und eventuell verwirklichen könnte. So kam der Stein ins Rollen. Michael LePond kannte ich persönlich seit 2003, und Ted Leonard lernte ich über E-Mail kennen. Alle waren an den Ideen interessiert, und somit hatte ich eine Vision. Zu Derek Sherinian hatte ich bereits seit 2002 E-Mail-Kontakt. Erst letztes Jahr haben Collin und ich uns entschieden, mit Mike und Ted eine feste Band zu gründen; erst mal ohne Keyboarder, da alle Gastkeyboarder einfach zu sehr mit ihren Bands und diversen Projekten beschäftigt waren und sind.
Daniel: Handelt es sich bei Affector nur um ein Nebenprojekt oder eine richtige Band?
Daniel Fries: Affector ist eine richtige Band bestehend aus Ted, Mike, Collin und mir. Jordan, Neal, Alex und Derek sind Gastmusiker.
Daniel: Du bist der einzige Deutsche im Line-Up. Ein Holländer ist dabei. Alle Anderen sind Amerikaner. Wie bist Du mit allen in Kontakt gekommen? Und wie habt Ihr das mit den Proben gemacht? Eure Musik ist ziemlich komplex. Sehr spontan waren die Aufnahmen ja nicht gerade. Hast Du die Songs im Alleingang geschrieben? Oder wie habt Ihr das gemacht?
Daniel Fries: Alex Argento ist Italiener. Collin kontaktierte Alex, während Neal den Kontakt zu Jordan Rudess herstellte. Wir haben nie zusammen geprobt. Die Dateien wurden den Musikern über das Internet geschickt. Jeder hat für sich allein die Songs geprobt, bevor die Studioaufnahmen gemacht wurden. Collin und ich haben die Stücke eigentlich allein geschrieben. Ich habe Zuhause in meinem Studio die Grundidee der Stücke als Demo komponiert, aufgenommen und mit Demo-Gesang versehen. Dieses Demo habe ich dann Collin zugeschickt, welcher dann die finale Version mit mir erstellt hat. Also waren Drums und Gitarre als erstes fertig aufgenommen mit den Demo-Vocals. Dann hat jeder Musiker seinen Teil hinzugefügt. Wir haben ihnen allen Freiraum gelassen, damit jeder den Songs die besondere Note geben konnte!
Daniel: Wovon handeln Eure Texte? „Harmagedon“ klingt für Progressive Metal ja recht negativ, was für diese Art Musik eher ungewöhnlich ist…
Daniel Fries: Es handelt sich um Bibeltexte, welche von biblischer Endzeit-Prophetie handeln, angefangen von der Prophetie vom Leidensweg Christi („Salvation“) bis bin zur Machtübernahme des Anti-Christen und des anschließenden Eingreifens des wiederkehrenden Messias. Das Jahr 2012 ist ja interessant aufgrund des angeblich endenden Maya-Kalenders. Außerdem gibt es ja über „das Ende der Welt“ einige Spekulationen. Wieso lässt man nicht mal die Bibel musikalisch zu Wort kommen?
Um auf das Wort „negativ“ einzugehen: Der Titeltrack „Harmagedon“ ist natürlich keine leichte Kost. Es ist ein Ort (Har-Meggido) in Israel, wo sich die ganze kriegerische Szene abspielt. U.a. der Track New Jerusalem bringt aber durchaus wieder einen hoffnungsvollen Moment in das Album.
Daniel: Was hast Du eigentlich vor Affector so gemacht? Von allen anderen Bandmitgliedern weiß ich, dass sie in bekannten Bands der Prog-Szene aktiv waren und sind. Wie sieht es denn mit Dir aus?
Daniel Fries: Ich habe vor Affector viel Gitarre geübt, komponiert und in diversen lokalen Bands gespielt. Auch habe ich Gitarrenunterricht gegeben. Aber einer der Hauptgründe, weswegen ich der bislang Unbekannteste bin, ist, dass ich einen Hauptberuf habe. Ich bin Fachkraft für Nephrologie und beschäftige mich mit Dialyse (Blutwäsche), Aphereseverfahren und Nierenerkrankungen.
Daniel: Wie wichtig ist es für Euch, dass sich spielerisches Können und einprägsame Melodien die Waage halten? Der rote Faden ist ja immer gegeben. Die Songs an sich stehen ja trotz der technischen Versiertheit immer im Vordergrund.
Daniel Fries: Es geht nicht darum "Können zu beweisen", was ich als unreif ansehe, sondern die Musik steht im Vordergrund. Eines meiner Lieblingszitate ist "Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann, worüber zu schweigen aber unmöglich ist" (Viktor Hugo). Und genau dies versuchen wir umzusetzen. Je höher natürlich die technischen Fertigkeiten des einzelnen Musikers, desto komplexer mag das Endprodukt auch ausfallen. Aber auf jeden Fall ist zu berücksichtigen, dass beim Songwriting "weniger oft mehr ist", und es gibt trotz der Komplexität auf „Harmagedon“ Momente auf dem Album, wo man das hoffentlich hört. Es gibt musikalische Hauptthemen auf dem Album, welche miteinander verwoben sind und wiederkehren. So kann der Zuhörer nach und nach dieses Netz erkennen und die Musik entschlüsseln.
Daniel: Es wundert mich ein bisschen, dass ich zuvor nie etwas von Euch gehört habe, da ich selbst ein großer Fan von Dream Theater, Spock´s Beard, Enchant und Thought Chamber bin und alle ihre Alben in meiner Sammlung habe. Warum dauerte es so lange, bis der Stein ins Rollen kam?
Daniel Fries: Das liegt wie gesagt unter anderem an meinem Hauptberuf, der mit meiner Familie viel Zeit in Anspruch nimmt und an dem Zeitmanagement der Band und der Gastmusiker. Jeder von ihnen hat immer viel um die Ohren. Collin z. B. betreibt eine Musikschule, Ted hat auch (noch) einen Hauptberuf usw. Und wie bereits erwähnt, gibt es Affector ja erst seit Sommer 2011.
Daniel: Gehören die Bands der anderen beteiligten Musiker ebenfalls zu Deinen Lieblingsbands, so dass Du sie von Anfang an haben wolltest? Oder hat sich das alles eher zufällig ergeben?
Daniel Fries: Das stimmt, alle Bands gehören zu meinen Lieblingsbands und haben mich immer begleitet und beeinflusst, wobei ich natürlich noch viel mehr Lieblingsbands und Interpreten habe als diese.
Daniel: Warum ist Euer Keyboard-Posten eigentlich so wackelig? Vier Leute haben da ausgeholfen. Habt Ihr Euch mittlerweile auf einen festen Keyboarder festgelegt?
Daniel Fries: Die verschiedenen Keyboarder machen das Outcome der Songs so facettenreich und geben dem Album eine tolle musikalische Färbung. Das wollten wir so. Einen festen Keyboarder haben wir nicht bzw. noch nicht. Mal sehen, was die Zukunft bringt. Wir müssen das intern besprechen, ob wir das überhaupt möchten oder ob wir es wieder so wie auf unserem Debüt-Album machen mit Gästen.
Daniel: Welche Zukunftspläne habt Ihr mit Affector? Wird es eine Tour und weitere Alben geben? Und wird diese Besetzung weiterhin Bestand haben? Oder willst Du weiterhin pendeln, was das angeht?
Daniel Fries: Ziel ist, das nächste Album zu veröffentlichen und eine eventuelle Tour. Neue Ideen sind bereits geschrieben. Eine Tour wäre toll, und wir reden momentan darüber. Aber wir müssen erst einmal weiter abwarten, wie das Album aufgenommen wird. Die Grundbesetzung der Band bleibt, die Gastmusiker können sich ändern, wobei sie sich auch vorstellen könnten ein weiteres Mal für uns spielen. Wir werden es sehen...
Daniel: OK, Daniel! Die letzten Worte gehören Dir!
Daniel Fries: Die Resonanz des Albums ist bis jetzt genial, und dafür sind wir dankbar. Da wir aber leider in einer Zeit der illegalen Downloads leben, bitten wir alle Fans oder Leute die Fans sein wollen, ehrlich das Album zu erwerben! Denn davon ist unter anderem abhängig, ob eine Tour zustande kommt. Vielen Dank!
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