EUFOBIA - Musik wie ein Schlag ins Gesicht


Als ich von einem Promoter nach einem Review und Interview mit den bulgarischen Death Metallern Eufobia fragte und mir auffiel, dass das Review zu ihrem dritten, selbstbetitelten Album schon längst online war, entschloss ich mich, das Interview noch gerne nachzuschieben. Wer kennt hier schon Metal-Bands aus Bulgarien? Ich war überrascht, dass ich das Interview mit Sänger und Gitarrist Nikolay „Niki“ Bojakov sogar auf Deutsch führen konnte und kaum etwas korrigieren musste. Hut ab!

logoDaniel: Hi Niki! Na, alles klar? Eine Frage zunächst vorweg: Wie kommt es, dass ich dieses Interview mit Dir auf Deutsch führen kann? Kommst Du ursprünglich nicht aus Bulgarien? Oder hast Du vielleicht deutsche Vorfahren?

Niki: Nein, ich habe keine deutsche Vorfahren. Ich bin ein hundert Prozent Bulgare und stolz darauf. Mein Mutterland ist klein und vielleicht arm, aber es ist sehr schön, und ich liebe es sehr. Ich mag die deutsche und die österreichische Kultur, und deshalb habe ich Deutsch gelernt. Außerdem habe ich gute Freunde, deren Muttersprache Deutsch ist. Sie haben mir geholfen, diese wunderschöne Sprache zu lernen, und dafür bin ich ihnen natürlich sehr dankbar!

Daniel: Ist Englisch bei Euch im Land immer noch ein so großes Problem? Oder hat sich dies in den letzten Jahren etwas geändert?

Niki: Haha, Mensch! Das ist nur ein Vorurteil! Eigentlich sind die Englischkenntnisse seit dem Ende der kommunistischen Ära kein Problem mehr in Bulgarien. Ganz im Gegensatz dazu, sprechen fast alle jungen Leute heutzutage fließend Englisch. Ich auch, natürlich. Es gibt einen guten Grund dafür: Ohne gute Englischkenntnisse kann man in Bulgarien keinen guten Arbeitsplatz bekommen. Mein Englisch ist besser als mein Deutsch eigentlich, aber ich bin kein Engländer und deshalb spreche ich lieber Deutsch mit den Deutschen.

Daniel: Lass uns dann mal zu Eufobia kommen: Wann habt Ihr die Band gegründet? Und hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Niki: Die Band wurde im Jahr 2004 gegründet, glaube ich, aber ich habe schon seit langem aufgehört, die Jahre, die gehen, zu zählen. Tatsächlich hatten wir zuvor in anderen Bands gespielt, aber ehrlich gesagt, hatten wir damals fast keine Erfahrung. Zu dieser Zeit war ich Mitglied einer anderen Band, aber ich wollte meine eigene Band gründen. Ich habe den Bass-Spieler Stefan seit einiger Zeit gekannt und habe ihn eingeladen, in meiner zukünftigen Band einzutreten. Er hatte mit dem Schlagzeuger Blago in einer anderen Band zusammengespielt und hat mich davon überzeugt, dass er der richtige Kandidat für den Job war. Eufobia war bis 2008 nicht besonders aktiv. Dann hatten wir die Möglichkeit, mit wirklich professionellen Bands auf Tournee zusammen zu gehen. Das waren die legendäre Thrash Metal-Band Onslaught und die Band Suicidal Angels aus Griechenland. Diese Erfahrung hat alles verändert. Davor hatten wir vor allem zum Spaß gespielt, aber dann haben wir gesehen, wie eine echte Band aussehen soll, und wir haben uns entschlossen, ernsthafte Musiker zu werden und haben angefangen, alles professionell zu machen.

Daniel: Was bedeutet der Bandname genau?

Niki: Das Wort „Eufobia“ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet wörtlich „Furcht vor dem Guten". Viele Leute glauben, dass der Bandname „Furcht vor der Europäischen Union" bedeutet, aber das stimmt überhaupt nicht, haha! 

Daniel: Was hat das mit dem Symbol in Eurem Logo auf sich? Hat es eine tiefere Bedeutung?

Niki: Ich sage Dir die Wahrheit: Des Symbol in unserem Logo hat keine tiefere Bedeutung. Ich war einmal in der Schule, aber ich hatte mich schon sehr gelangweilt. Deshalb habe ich angefangen, auf dem Heft verschiede Symbole zu zeichnen. Dieses Symbol hat mir sehr gut gefallen und ist später unser Bandsymbol geworden.

Daniel: Welche Bands haben Euch beeinflusst?

Niki: Wir hören verschiedene Arten von Rock und Metal-Musik, und darum haben wir verschiedenartige musikalische Einflüsse, aber so wird unsere eigene Musik interessanter und ungewöhnlicher eigentlich. Wir wollen keine berühmte Band kopieren. Stattdessen versuchen wir, unsere eigene unverwechselbare Stimme zu finden. Ich persönlich höre Rock, Grunge, Punk, Black Metal, Death Metal, Hardcore, Grindcore und eigentlich fast alles, was eine Ovedriven-Rock-Gitarre drin hat. Ich könnte leicht Hunderte von Bands nennen, die ich mag, wie Napalm Death, Morbid Angel, Motorhead, Gojira, Dark Tranquility, Rotting Christ, Vader, Immolation, Behemoth oder Rammstein zum Beispiel, aber wenn ich nur einen Bandnamen sagen müsste, wäre dieser Name Death. Ich glaube, dass Chuck Shuldiner einer der talentiertesten Musiker, die je gelebt haben, war. Möge er in Frieden ruhen! Für mich persönlich wird er immer ein wahres Vorbild sein.

Daniel: Worum geht es genau in Euren Texten? Und steckt vielleicht eine bestimmte Botschaft dahinter, die Ihr den Hörern vermitteln wollt?

Niki: Heutzutage schreiben wir Texte über die Sachen, für die wir uns wirklich interessieren. Unsere Hauptquelle der Inspiration ist das Leben selbst. Wir haben viel erlebt, wie die meisten Leute auch, natürlich, aber Metal-Musik gibt uns die Möglichkeit, die negative Energie der Welt um uns herum in schöne Musik und sinnvolle Texte zu verwandeln. Ich muss zugeben, dass wir die Macht der Worte früher manchmal unterschätzt haben, aber nicht mehr. Manchmal sind wir von den Büchern inspiriert, die wir lesen oder von den Filmen, die wir sehen. Die meisten Texte von unseren zukünftigen Album, das wir bald aufnehmen wollen, werden zum Beispiel von den Romanen „Farm Der Tiere" und „1984" von George Orwell inspiriert. Da gibt es eine starke politische Botschaft. Leider hat die Welt in der letzten Zeit begonnen, wie die Welt von seinen Romanen auszusehen.

Daniel: Euer zweites Album hieß genauso wie Euer Demo: „Cup Of Mud“. Warum? Habt Ihr die alten Demotracks komplett neu aufgenommen? Oder wie kam das zustande?

Niki: Ja, das stimmt. Als wir das Demo aufgenommen hatten, hatten wir weder das Geld noch die Erfahrung gehabt, um die Aufnahme richtig gut zu machen. Seitdem wollten wir diese Songs wieder aufnehmen, denn die Leute konnten sie nicht wirklich genießen, wegen der schlechten Klangqualität. Nach der Veröffentlichung unseres Debüt-Albums „Insemination" haben wir angefangen, wie nie zuvor auf Tourneen zu gehen. Wir waren für ganze Monate unterwegs. Wir sing in einige Länder gefahren, die wir noch nie besucht hatten und dort haben wir viele interessante Leute kennengelernt. Wir wollten nicht, dass die Party endet und deshalb haben wir uns entschlossen, so schnell wie möglich ein neues Album zu veröffentlichen. Da gab es aber ein kleines Problem: Wir hatten so viel Zeit unterwegs verbracht, dass wir nicht genug Zeit gehabt hatten, um neue Lieder zu komponieren. Glücklicherweise hatten wir die perfekte Lösung für das Problem: Nachdem wir von der letzten Tournee zurückgekommen sind, sind wir direkt ins Studio gegangen und haben sofort angefangen, die alten Demotracks neu aufzunehmen.

eufobiaDaniel: Warum sind zwischen Eurem zweiten Album „Cup Of Mud“ und Eurem dritten, selbstbetitelten Album „Eufobia“ ganze fünf Jahre vergangen? Was war da bei Euch los? So lange musste man bislang nie auf einen Tonträger von Euch warten…

Niki: Der Grund dafür war ganz einfach: Als wir unsere früheren Alben vorbereitet haben, haben wir viele Kompromisse angenommen und darum war das Endergebnis nicht genau das, was wir wollten. Als wir aber angefangen haben, das dritte Album aufzunehmen, haben wir beschlossen, dass es nicht veröffentlicht wird, bis wir mit dem Ergebnis total zufrieden sind. Es war ein langer und schmerzvoller Prozess, der fast fünf Jahre gedauert hat, aber es hat sich zweifellos gelohnt! Deshalb wurde das Album einfach „Eufobia“ genannt. Ich werde den Moment nie vergessen, als ich die CD geöffnet habe und sie zum ersten Mal gehört habe. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass ich nichts ändern würde, auch wenn ich die Möglichkeit dazu hätte.

Daniel: Eure Songs sind alle recht kurz und überschreiten kaum die Drei-Minuten-Grenze, obwohl dort immer viel passiert. Das war auf allen drei Alben so. Woran liegt das?

Niki: Wir möchten, dass unsere Musik wie ein Schlag ins Gesicht wirkt! Sie soll kurz, aber brutal sein. Deshalb schreiben wir solche kurzen Lieder. Außerdem: wenn man nicht innerhalb drei oder zwei Minuten dem Publikum durch seine Musik sagen könnte, was man will, dann wäre eine ganze Stunde auch nicht genug. Würdest du da nicht zustimmen?

Daniel: Spielt Ihr eigentlich auch live? Und gibt es Pläne dafür, vielleicht bald auch mal bei uns in Deutschland zu spielen?

Niki: Aber natürlich spielen wir live! Ich glaube, dass jede Underground-Band viele Konzerte geben muss. Wir spielen sehr gern auf der Bühne. Bisher haben wir mehr als einhundertachtzig Konzerte gegeben. Wir sind eine der wenigen bulgarischen Metal-Bands, die regelmäßig durch Europa auf Tourneen gehen. Wir haben schon in Deutschland gespielt. Zum ersten Mal haben wir im Jahr 2010 das Land besucht, um unser Debütalbum „Insemination" zu promoten. Ich muss zugeben, dass es schon lange her ist, seit wir unser letztes Konzert in Deutschland gegeben haben, aber wir haben nicht aufgehört, an das deutsche Publikum zu denken, und hoffentlich werden wir bald wieder nach Deutschland kommen. Wir haben ein paar Freunde im Land, die unsere Musik mögen und die auf uns warten. Wir schreiben uns immer noch E-Mails. Wir vermissen sie und möchten sie bald wiederzusehen.

Daniel: Habt Ihr bei Euch in Bulgarien vielleicht schon mal als Support für größere Bands gespielt?

Niki: Unsere Band wurde oft als Support für berühmte Bands ausgewählt und das war ziemlich toll, aber für uns ist jedes Konzert wichtig, und es ist uns egal, ob wir vor tausenden Menschen oder in einem kleinen Club vor unseren engsten Freunden spielen. Wir versuchen jedes Mal, unser Bestes zu geben. Natürlich freuen wir uns sehr, wenn wir dieselbe Bühne mit größeren Bands teilen oder wenn wir auf wichtigen Festivals spielen, aber ehrlich gesagt, fühlen wir uns manchmal noch glücklicher, wenn wir vor ein paar Leuten spielen, wenn sie unsere Musik wirklich genießen. Bisher haben wir mit vielen großartigen Bands wie Arch Enemy, Dark Tranquillity, Rotting Christ, Vader, Immolation, Onslaught, Malevolent Creation, Pyogenesis, Gorgoroth, Sinister, Broken Hope, Christ Agony, E-Force, Agathocles, Negura Bunget, Suicidal Angels und so weiter die Bühne oder sogar den Tourbus geteilt. Als wir die Band gegründet hatten, haben wir nicht einmal daran gedacht, dass wir eines Tages die Bühne mit einigen unserer Lieblings-Bands teilen würden, aber wir haben es geschaft, und es war nicht leicht für eine Band aus dem ehemaligen kommunistischen Block. Glaub mir!

Daniel: Ivan Gemijev kam erst 2010 als zweiter Gitarrist dazu. Wie kam es dazu? Habt Ihr irgendwann gemerkt, dass Eure Musik eher auf zwei Gitarren ausgerichtet ist?

Niki: Ja, genau! Nach der Gründung der Band sind wir für einige Zeit ein Trio geblieben, aber unsere Musik ist immer komplizierter geworden, und wir haben gemerkt, dass wir einen zweiten Gitarrenspieler brauchen. Darum haben wir Ivan eingeladen, das vierte Bandmitglied zu werden.

Daniel: Alle anderen Mitglieder sind seit der Gründung 2003 dabei. Wie wichtig ist es Dir, gemeinsam mit langjährigen Freunden in einer Band zu spielen? Macht das nicht auch vieles leichter?

Niki: Ja, da hast du sicherlich Recht. Wir sind sehr stolz darauf, dass seit der Gründung kein Bandmitglied jemals ersetzt wurde. Das ist aber ziemlich selten, oder? Unsere Freundschaft ist das Geheimnis. Meine Bandkollegen sind nicht nur sehr gute Freunde von mir, sondern auch wunderbare Musiker. Natürlich streiten wir uns manchmal, aber ich weiß, dass jeder von uns die Musik, die wir machen, schätzt, die anderen respektiert und will, dass die Band erfolgreich ist. Deshalb sind wir schon so lange zusammen.

Daniel: Ich habe Euch erst mit Eurem dritten Album kennengelernt. Ihr dürftet ohnehin in Deutschland doch recht unbekannt sein. Sind alle drei Alben heute noch erhältlich? Und wenn ja: Wie kann man mit Euch in Kontakt treten, wenn man an den CDs interessiert ist?

Niki: Soweit ich weiß, ist unser Debüt-Album schon ausverkauft. Man kann das zweite und das dritte Album auf der Website unseres Plattenlabels bestellen. www.wizard.bg ist die Webadresse. Wizard ist der größte bulgarische Händler für Rock und Metal-Musik, und unser guter Freund Peter, der Besitzer des Labels, hat seine ausgezeichneten Beziehungen zu einigen der größten Labels oder Vertreiber von Metal-Musik verwendet, um unsere Alben weltweit zu vertreiben. Unser zweites Album wurde zum Beispiel vom Twilight Vertrieb verteilt, und darum kann man es auch noch in einigen Musikgeschäften in Deutschland oder Österreich finden, glaube ich. Man kann natürlich uns direkt auf Facebook schreiben, wenn man an unseren Alben interessiert ist.

eufobiaDaniel: Lass uns bitte auch mal kurz über die Metal-Szene in Bulgarien reden, denn ist ist ja weitestgehend unbekannt. Ich kenne nur Epizod, Impulse, Era, Konkurent, Mortal Remains und eine Black Metal-Band namens Ork. Gibt es eine richtige Metal-Szene bei Euch? Und welche Bands kannst Du uns noch empfehlen?

Niki: Aber du kennst doch schon viele bulgarische Bands. Die Wahrheit ist, dass es leider keine berühmte bulgarische Band gibt, aber auf der anderen Seite gibt es viele großartige Underground-Bands in Bulgarien. Ich würde dir und den Lesern die Bands Last Hope, Dash The Effort, The Revenge Project, Prokaza, Coprostasis, Hyperborea, Wartime, Velian, Dreg Starz, Fragments of Existence, Formless Reality, Agonic Faint, Inspell, Serpentine Creation, Axecutor, Menstrual Cocktail, Piranha, K.O.R.A. und viele mehr empfehlen. Es gibt viele Metal-Konzerte in Bulgarien von sowohl berühmten als auch Underground Metal-Bands. Es gibt auch viele Metal-Fans. Ja, bei uns gibt es eine richtige Metal-Szene auf jeden Fall, und die meisten berühmten Musiker mögen das bulgarische Publikum sehr. Frag die Mitglieder der berühmten deutschen Bands, die in Bulgarien gespielt haben, wenn du mir nicht glaubst.

Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Eufobia aus?

Niki: Wir haben schon vieles vor. Zunächst einmal bereiten wir uns auf zwei sehr wichtige Konzerte vor: Am 17. November spielen wir in Cluj-Napoka in Rumänien auf der Bühne des Klausenburg Metal Gathering Festivals, und danach spielen wir am 18. November in Bukarest auf dem Metal Gates Festival. Außerdem möchten wir bald ein neues Album aufnehmen. Wir haben schon einige der neuen Songs gespielt, und die Leute, die unsere letzten Konzerten besucht haben, kennen die schon sehr gut. Wir haben gerade ein neues Video zum Song „Graveyard" veröffentlicht, und wir müssen seine Promotion noch weitermachen. Im Frühjahr gehen wir auf Tournee auf dem Balkan, und dann sehen wir, was wir noch machen können. Vieleicht kommen wir auch nach Deutschland oder nach Österreich. Wer weiß?

Daniel: Alles klar, Niki! Das Schlusswort gehört Dir!

Niki: Zuerst möchte ich Dir dafür danken, dass Du uns die Möglichkeit gegeben hast, dieses Interview zu geben, damit die deutschsprachigen Metaller unsere Stimme hören können. Wir würden uns sehr freuen, wenn die Leser sich entschließen würden, unsere Musik zu hören und unsere Videos zu sehen. Wir warten darauf, dass sie auf unsere zukünftigen Konzerte kommen. Bis bald!

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Autor: Daniel Müller