NERVOCHAOS - Extreme Musik ohne Schubladendenken


Obwohl ich schon lange auf brasilianisches Underground-Zeug stehe, sind die Death Metaller NervoChaos, die es immerhin schon seit 1996 gibt, irgendwie völlig an mir vorbeigegangen. Dies änderte sich jedoch, als ihr neues Album „Nytophilia“ hier als Original-CD zum Besprechen eitrudelte. Auch wenn alles old school und vertraut klingt, haben sie dennoch das Kunststück vollbracht, ein eigenständiges Album vorzulegen, welches ohne Lückenfüller auskommt. Grund genug also, um das einzige verbliebene Urmitglied der Band, ungewöhnlicherweise Schlagwerker Eduardo Lane, zu kontaktieren und die gesamte Band-Geschichte dieser grandiosen Horde noch einmal Revue passieren zu lassen.

logoDaniel: HELL-ö Eduardo! Wie geht´s Dir? Bitte erzähl uns doch zunächst, wann und wie es damals zu der Gründung von NervoChaos kam!

Edu: Hail Daniel! Alles gut hier! Im September 1996 wurde die Band mit der Intention gegründet, aggressive und chaotische Musik zu machen. Wir spielen extreme Musik und wollen uns in keine Schublade stecken lassen. Bis heute haben wir sieben Studio-Alben, ein Live-Album, vier DVDs und eine Split-EP veröffentlicht und waren auf zahlreichen Samplern und ein paar Tribute-Alben vertreten.   

Daniel: Hattest Du zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Edu: Ja, in einer Band namens Siegrid Ingrid von 1992 bis 1996. 

Daniel: Welche Bands zählen zu Euren Haupteinflüssen? Und inwiefern haben sich diese Einflüsse in all den Jahren geändert?

Edu: Bands wie Venom, Motörhead, Slayer, Metallica, Sepultura, Iron Maiden, Black Sabbath, Judas Priest, Saxon, Thin Lizzy, Cannibal Corpse, Possessed, Morbid Angel, Napalm Death, Vulcano, AC/DC, Pentagram, Unleashed, Coven, Razor und noch viele andere sind bis heute immer ein großer Einfluss für uns geblieben.

Daniel: Dann lass uns mal kurz über Eure Texte sprechen, ja? Sie sind nämlich sehr antichristlich und satanisch ausgelegt. Wie viel Klischee oder Überzeugung steckt tatsächlich dahinter? Steckt da überhaupt eine bestimmte Botschaft hinter?

Edu: Unsere Texte haben eine Botschaft, ja! Du hast schon Recht, dass sie grundlegend satanisch, okkult und antichristlich sind. Aber wir haben auch einige Texte, die das harte, tägliche Leben beschreiben oder von Krieg handeln.  

nervochaosDaniel: Bist Du mit Büchern wie „Die Satanische Bibel” von Anton Szandor LaVey sowie „Das Buch der Lügen” oder „Das Buch des Gesetzes“ von Aleister Crowley vertraut? Und wie ist Deine Meinung über sie?

Edu: Ja, ich habe diese Bücher gelesen, als ich damit anfing, mich für diese Themen zu interessieren. Sie halfen mir dabei, mehr über diese Materie zu erfahren. Heute folge ich aber LaVey oder Crowley nicht mehr, sondern ziehe meine Schlüsse daraus und gehe meinen eigenen Weg.  

Daniel: Euer neues Album „Nyctophilia” erschien nach einer längeren Pause von drei Jahren. Warum hat es dieses Mal so ungewöhnlich lange gedauert?  

Edu: „Nyctophilia” ist unser siebtes Album. Wir hatten zwei Besetzungswechsel im Jahr 2015 und einen weiteren 2016 und sind zudem 2014 nach unserem letzten Album „The Art Of Vengeance“ und 2016 viel auf Tour gewesen. Wir hatten zwischendurch jedoch viel Zeit, Songs für ein neues Album zu schreiben und aufzunehmen. Wir blieben nach unserer Europa-Tour mit Incantation gleich einen Monat in Italien und nahmen „Nyctophilia” auf. Insgesamt hat der Prozess, bis das Album komplett fertig war, etwa drei Monate gedauert.    

Daniel: Ihr spielt also auch live? Wann kann man Euch denn mal auf deutschen Bühnen sehen? Do you also play live?  

Edu: Ja, wir scheuen uns nicht davor, auf die Bühne zu gehen und spielen etwa hundert bis hundertfünfzig Konzerte im Jahr. Wir spielen überall auf der Welt: in Lateinamerika, Südamerika, Europa, Afrika, Asien und natürlich viel bei uns in Brasilien. Wir waren 2008 zum ersten Mal in Europa und auch in Deutschland. Dieses Jahr startet unsere Europa-Tour im September. Ich hoffe, Du bekommst dann auch die Gelegenheit, uns dort live zu erleben.  

Daniel: Ich finde es immer seltsam, wenn ausgerechnet der Schlagzeuger das einzig verbliebene Urmitglied einer Band ist. Wie erklärst Du Deinen neuen Mitstreitern, was sie zu tun haben? Oder wie funktioniert das in der Band überhaupt?  

Edu: Ach, ein paar Bands gibt es schon, wo nur noch der Schlagzeuger übrig geblieben ist; nimm nur mal Monstrosity als Beispiel. Aber ich finde nicht, dass es darauf ankommt, welches Instrument das einzig verbliebene Urmitglied in einer Band spielt. Zudem bringen neue Mitglieder auch immer neue Einflüsse mit rein. Wir arbeiten sehr demokratisch zusammen. Alle Abstimmungen treffen wir gemeinsam.   

Daniel: Warum ist NervoChaos, trotz der zahlreichen Besetzungswechsel, für Dich immer noch dieselbe Band? 

Edu: Weil wir uns immer treu geblieben sind in dem, was wir tun. Wir suchen immer nach einem eigenen Sound, einem Markenzeichen, wenn man so will. So hat sich die Band seit dem Debüt  immer logisch weiter entwickelt. Es ist eine konstante Evolution. Aber dennoch sind wir dabei immer dieselbe Band geblieben.   

nervochaosDaniel: Ihr habt bis heute sieben reguläre Alben veröffentlicht. Gibt es ein Album, welches Du besonders oder vielleicht sogar im Nachhinein überhaupt nicht mehr magst? Und wenn ja: Warum?  

Edu: Ich mag alle unsere Alben. Jedes einzelne ist mir unheimlich wichtig und ist stellvertretend für die damalige Zeit, in der sich die Band zu diesem Zeitpunkt befand. Für mich persönlich hat das neue Album jedoch eine ganz besondere Bedeutung. Und das wird bis zu unserem nächsten Album wohl auch so bleiben.   

Daniel: Wenn jemand daran interessiert ist, all Euer Zeug zu kaufen, wie kann man am besten mit Euch Kontakt aufnehmen? Und sind überhaupt noch alle Eure Alben erhältlich? 

Edu: Man kann uns am besten über Facebook oder unsere offizielle Internetseite erreichen, die auch einen Online Store hat. Digital kann man unsere Musik aber auch über Bandcamp, Spotify, iTunes usw. bekommen. Wir haben alle unsere Alben noch auf CD, aber auch digital vorrätig. 

Daniel: Dann lass uns bitte auch mal kurz über die brasilianische Metal-Szene reden, ja? Ich bin nämlich ein Riesen-Fan von Kulthorden (alten) Sepultura, Sarcofago, Mystifier, Holocausto, Necrofago, Necrofago, MX, Mutilator, Cova, Vulcano, Krisiun, Grave Desecrator usw. Bist Du mit einigen dieser Bands in Kontakt? Und welche Bands, egal ob alte oder neue, kannst Du uns noch empfehlen?  

Edu: Ich bin auch ein großer Fan der brasilianischen Szene, die einen großen Einfluss auf mich hat. Ich bin mit den Leuten von Sepultura, Ratos De Porao, MX, Vulcano, Krisiun, Chakal, Leviaethan, Amen Corner, Sarcastic, Holocausto, Mutilator, Sarcofago, Korzus und noch einigen anderen befreundet. Ja, es gibt noch ein paar Underground Bands, die die Fahne hoch halten, gemeinsam auf Tour gehen usw., aber so eine richtig große Szene wie damals gibt es heute nicht mehr. Neben den Bands, die Du bereits erwähnt hast, würde ich euch auch noch Surra, Violator, Periferia S.A., Lobotomia, Calibre 12, Infested Blood, Decomposed God, As The Shadows Fall, Patria, Exterminate, Lacerated And Carbonized, Unearthly, Mysteriis, Flesh Grinder, Baixo Calao und Paura nennen. Ich könnte aber auch noch mehr aufzählen.  

Daniel: Mal etwas anderes: Du spielst, laut Metal Archives, auch noch bei Siegrid Ingrid, die aber schon lange nichts mehr gemacht haben. Wo genau liegen für Dich genau die Unterschiede zwischen NervoChaos und Siegrid Ingrid, sowohl musikalisch als auch textlich? Und ist die Band überhaupt noch aktiv?  

Edu: Siegrid Ingrid war eine Thrash Metal-Band, die aber nicht mehr aktiv ist. Sie haben zwei Alben veröffentlicht. Ich denke, dass unser Debüt „“ noch sehr nach Siegrid Ingrid klang, weil wir NervoChaos ja direkt nach der Auflösung von Siegrid Ingrid gründeten. Danach sind wir aber weiter unseren eigenen Weg gegangen.

nervochaosDaniel: Dann lass uns noch einmal kurz zu NervoChaos kommen! Was steht in naher Zukunft bei Euch an?

Edu: Wir waren gerade auf Tour durch Lateinamerika und Asien und spielen momentan eine Tour in Brasilien, die fünfundsechzig Konzerte in zehn Wochen beinhaltet. Danach werden wir auch in Europa auf große Tournee gehen und im Dezember nach Brasilien zurückkehren und unser neues Album „Nyctophilia”, welches im Frühling dieses Jahres erschien, weiter promoten. Ich denke, dass zwei Jahre reichen, um ein Album gut genug zu promoten.   

Daniel: Alles klar, Eduardo! Dann gehört Dir nun das Schlusswort!

Edu: Danke für solch ein interessantes Interview und Deine Unterstützung! Besucht unsere Internetseiten und kommt zu unseren Konzerten! For passion, not fashion! 

http://www.nervochaos.net 

https://www.facebook.com/NervoChaos  

 

 

 



Autor: Daniel Müller