Daniel: Hi Neal! Lass uns zunächst über dein neues Album „The Similitude Of A Dream“ sprechen. Wie kam es zu dieser Idee?
Neal: Entweder per E-Mail oder Facebook durch einen Fan. Ich weiß nicht mehr genau wann. Aber ich fand die Idee gut und behielt sie erstmal im Hinterkopf. Als ich dann mit ein paar Ideen für das neue Album experimentierte, wollte ich, dass sie in eine bestimmte Richtung tendieren, und ich griff diese Idee wieder auf. Es ist hilfreich, wenn man vorher weiß, wo es musikalisch und textlich hingeht.
Daniel: Was beeinflusst dich denn musikalisch?
Neal: Ich bin in einer musikalischen Familie aufgewachsen. Mein Vater hat in einem Chor gesungen. Als ich jung war, sang ich dort auch. Danach hatte ich die Beatles als einen großen Einfluss für mich entdeckt. Ich habe sie immer als eine Art musikalische Eltern für mich gesehen. Manchmal klingen meine Songideen nach den Beatles, ob ich will oder nicht, haha! Danach habe ich viel Prog für mich entdeckt; vor allem Yes, aber auch viel Singer-/Songwriter-Zeug, wie Paul Simon, Pete Townsend oder Elton John… alle möglichen Dinge. Eine Zeit lang habe ich auch viel Jazz gehört. Ich habe also ganz viele verschiedene Einflüsse.
Daniel: Worum geht es in deinen Texten? Gibt es eine Art Botschaft an die Hörer?
Neal: Im Großen und Ganzen geht es in meinen Texten um die Entdeckung des Spirituellen und zwar aus verschiedenen Sichtweisen. Ich mag es, Geschichten zu erzählen, in denen Leute sich wiederfinden. Ich nehme sie mit auf eine Reise der Erleuchtung. Das ist schon seit dem „Snow“-Album von Spock´s Beard so.
Daniel: Kürzlich erschien auch die DVD “Alive Again” von dir. Wirst du denn demnächst auch wieder nach Deutschland kommen, um die DVD zu promoten?
Neal: Der letzte Auftritt der „Alive Again“-Tour war in Deutschland. Er war etwas ganz Besonderes; einer der besten, den wir je hatten. Ich werde bald wieder in Deutschland sein, allerdings für die Promotion des neuen Studioalbums „The Similitude Of A Dream“. Ich liebe es, in Deutschland zu spielen. Dort trete ich schon seit vielen Jahren auf. Ich habe viele Freunde und Verwandte dort. Ich fühle mich in Deutschland beheimatet. Im Frühling werde ich wieder da sein. Ich kann es gar nicht erwarten, euch alle wiederzusehen!
Daniel: Ich war vor allem in den Anfangstagen ein großer Fan von deiner alten Band Spock´s Beard. Wie kam es dazu, dass du die Band 2002 verlassen hattest?
Neal: Ja, wir haben letztes Jahr das komplette „Snow“-Album auf zwei Festivals gespielt: auf dem Morsefest und auf dem Night Of The Prog Festival. Es war großartig! Es war schön, alle Spock´s Beard-Mitglieder, alte wie neu, vereint auf der Bühne gehabt zu haben. Für mich persönlich war das eine ganz tolle Erfahrung! Die Kurzfassung, warum ich die Band verließ, ist eine göttliche Eingebung, etwas völlig anderes zu tun. Damit begann ich dann ab 2003 mit dem „Testimony“-Album.
Daniel: Du hast immer viele prominente Gastmusiker auf deinen Alben, z. B. Kerry Livgren (Kansas), Steve Hackett (ex-Genesis), Jordan Rudess (Dream Theater) oder Paul Gilbert (Mr. Big, Racer X). Wie kamen diese Kontakte zustande?
Neal: Meistens durch gemeinsame Freunde und Bekanntschaften, aber immer über unterschiedliche Wege. An Steve Hackett kam ich z. B. über InsideOut Music, an Paul Gilbert durch Mike Portnoy.
Daniel: Bedeutet das, dass du nach dem Verlassen von Spock´s Beard heute immer noch fest in der Progressive Rock-Szene involviert bist?
Neal: Ja klar! Ich bin immer noch ein Teil der Szene! Allerdings weiß ich nicht, ob der dieser Szene noch gut folge. Ich habe nicht die Denkweise eines Fans. Da ist Mike ganz anders. Ich berufe mich auf meine Kreativität und meine eigenen Interessen. Da stecke ich eine ganze Menge rein.
Daniel: Du spielst gemeinsam mit Mike Portnoy (ex-Dream Theater), Pete Trewavas (Marillion) und Roine Stolt (The Flower Kings) auch noch bei Transatlatic. Wie kam es 1999 zu dieser Bestbesetzung? Stimmt es, dass Jim Matheos (Fates Warning) auch erst mit dabei sein sollte? Und wird es bald mal wieder etwas Neues von Transatlantic geben?
Neal: Alles begann damit, dass Mike mich angerufen hatte, zu einer Zeit, als E-Mails noch keine Relevanz hatten; die gute alte Zeit, als Leute noch miteinander telefoniert haben und die Dinosaurier noch die Erde beherrschten, haha! Er rief mich an und wollte mit Jim Matheos und mir ein Nebenprojekt starten. Wir redeten circa ein Jahr darüber, es kam jedoch nie zu einem Treffen. Ich schlug dann noch Roine vor und Mike Pete. Dann trafen wir uns endlich alle im Studio und nahmen das erste Album auf. Momentan liegt die Band aber auf Eis. Wir wissen noch nicht, wann es wieder weitergeht. Aber ich hoffe doch, dass dies bald passieren wird.
Daniel: Du spielst mit Mike noch in einer weiteren Progressive Rock-Band: Flying Colors. Wann und wie kam es dazu? Und wo liegen für dich genau die Unterschiede zwischen Transatlantic und Flying Colors, sowohl musikalisch als auch textlich?
Neal: Ich weiß gar nicht mehr, wann das genau war. Ich unterhielt mich mit Bill Evan und Steve Morse. Aber auch da dauerte es noch lange, bis es endlich losging. Für mich war es vor allem wichtig, mal etwas mit Steve auf die Beine zu stellen. Da ging es für mich persönlich los. Jede Band, mit der ich zusammen spiele und ein Album aufnehme, hat ihr eigenes Rezept. Jede Zutat, die hinzukommt, hat ihren eigenen Geschmack und verändert das Gesamtbild. Das bedeutet, dass Mike und ich zwar in beiden Bands spielen, sie aber von Grund auf verschieden sind und beide ihre eigenen Qualitäten haben.
Daniel: Dann erzähl uns noch schnell etwas über deine Zukunftspläne!
Neal: Wir haben gerade eine großartige Songwriting-Session für Flying Colors bei Steve zu Hause beendet! Als nächstes steht aber zunächst meine Solo-Tour für „The Similitude Of A Dream“ an. Damit werde ich alle Hände voll zu tun haben, denn wir spielen das ganze Album am Stück. Es ist hundert Minuten lang! Es gehört einfach zusammen; die Songs können nicht voneinander getrennt werden. Ihr könnt unsere Tourdaten auf der Internetseite der Plattenfirma nachlesen. Außerdem wird die Show vom Morsefest 2015 veröffentlicht werden, wo wir die kompletten Alben „? (Question Mark)“ (2005) und „Sola Scriptura“ (2007) am Stück gespielt haben; eine wahre 6-CD-Luxus-Version!
Daniel: Na gut, Neal! Das Schlusswort soll dir gehören!
Neal: Ich danke dir sehr und freue mich auf die Deutschland-Tournee im Frühling!
http://www.nealmorseband.com/
http://www.radiantrecords.com/
NEAL MORSE - Als Dinosaurier die Erde beherrschten …
Ich war Mitte bis Ende der Neunziger ein großer Fan von Spock´s Beard und sehr enttäuscht über den plötzlichen Abgang von Frontmann Neal Morse im Jahr 2002. Mit seiner christlichen Weltanschauung und Soloalben mit eben diesem Konzept, konnte ich nie etwas anfangen. Dennoch mochte ich auch seine Bands Transatlantic und Flying Colors noch sehr gerne. Die Interview-Anfrage mit dem charismatischen Sänger und Multi-Instrumentalisten nahm ich daher gerne an. Hat ein bisschen gedauert, aber pünktlich zu Weihnachten (wann auch sonst?) kam sein Interview zurück.
Autor: Daniel Müller