DARK MILLENNIUM - Das Unheil nahm seinen Lauf


Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich erfuhr, dass es seit kurzem ein neues Album von Dark Millennium gibt. Ihr 1992 erschienenes Debüt-Album „Ashore The Celestial Burden“ befindet sich seit damals noch als Original-Promo-CD in meiner Sammlung. Auch die beiden Demos stehen im heimischen Regal. Das zweite Album „Diana Read Peace“ ging bei mir damals irgendwie unter. Somit habe ich Dark Millennium fälschlicherweise viel zu lange nicht beachtet. Was die Band aber den vielen gehypeten Bands von heute voraus hat, ist die Zeitlosigkeit ihrer Musik. Damals waren Dark Millennium ihrer Zeit schon voraus, und auch heute passen sie in kein Schubladendenken und glänzen immer noch mit anspruchsvollem und eigenständigem Sound. Da ich die Band noch von früher kenne, hatte ich richtig Bock, Sänger Christian Mertens und Gitarrist Hilton Theissen in einem Interview auf den Zahn zu fühlen.

logoDaniel: Hallo Jungs! Fangen wir doch einmal ganz vorne an: Wie kam der Stein für Dark Millennium 1989 genau ins Rollen? Und hattet Ihr zuvor schon in andern Bands gespielt?

Christian: Anfangs haben wir zu dritt in Christophs Bude zusammengesessen und Songs von Motörhead und AC/DC gezockt. Nach einiger Zeit wuchs unser Interesse und unsere Motivation, eine „richtige“ Band zu gründen. Wir haben dann einen Proberaum in Bad Fredeburg gefunden und zunächst unter dem Namen Mortal Freight damit begonnen, eigene Stücke zu schreiben. Diese waren sehr vom Thrash Metal beeinflusst, aber als sich die Musik mit der Zeit mehr in Richtung Death Metal entwickelte, haben wir uns für den unserer Meinung nach passenderen Namen Dark Millennium entschieden. Nachdem wir das Line-Up komplettiert hatten, haben wir nach kurzer Zeit unser erstes Demo „The Apocryphal Wisdom“ eingespielt.

Daniel: Welche Bands haben Euch beeinflusst? Und haben sich diese Einflüsse bis heute geändert?

Christian: Unsere Einflüsse waren und sind bis heute sehr vielfältig. Jeder hat seine eigenen Favoriten, und da kann von Rock, Metal jeglicher Art, Elektro, Indie oder Grunge alles dabei sein. Ich persönlich mag sowohl extreme Arten von Metal genauso gerne wie z.B. einige Singer/ Songwriter-Sachen. Hauptsache es ist ungewöhnlich und dauerhaft interessant.

Daniel: Nach zwei Demos habt Ihr Euer Debüt „Ashore The Celestial Burden“ über Massacre Records veröffentlicht. Wie seid Ihr damals mit dem Label in Kontakt gekommen?

Hilton: Ein paar Labels, darunter auch Nuclear Blast, sind damals auf uns aufmerksam geworden. Da wir aber noch sehr unerfahren waren, übernahm Andy Siry unser Management. Massacre Records hatten damals das beste Angebot vorgelegt und erhielten den Zuschlag.

Daniel: Obwohl Eure Musik immer schon sehr technisch war, erschien Euer zweites Album „Diana Read Peace“ nur ein Jahr später. Hattet Ihr noch alte Ideen auf Lager? Oder wie schnell wart Ihr mit dem Songwriting?

Christian: Wir waren sehr schnell. Schon während der Gigs für die erste Platte hatten wir damit begonnen, an neuen Ideen zu feilen. Es stellte sich bald heraus, dass wir extrem viele und zudem sehr ungewöhnliche Ideen entwickelten, die letztendlich auch zu einer recht experimentellen Scheibe geführt haben. Die große Herausforderung  bestand darin, aus der Vielzahl an Ideen konkrete Songs zu basteln.

Daniel: Nach zwei Demos und zwei Alben in nur vier Jahren war vorerst Schluss. Warum? Was ist passiert?

Christian: Nach „Diana“ waren wir an einem Punkt angelangt, an dem es zunächst nichts mehr zu sagen gab. Die Tendenzen unter den einzelnen Mitgliedern bezüglich der weiteren musikalischen Richtung ging mittlerweile sehr weit auseinander, und ein gemeinsamer Konsens war zu dieser Zeit nicht mehr möglich. Eine weitere Scheibe unter dem Namen Dark Millennium wäre möglicherweise ein lauer Kompromiss geworden, und das wollten wir auf jeden Fall verhindern.

Daniel: Was habt Ihr in der Zeit zwischen 1993 und 2016 so getrieben, als es Dark Millennium nicht gab? Wart Ihr noch in anderen Bands aktiv? Oder hattet Ihr der Metalszene komplett den Rücken gekehrt?

Christian: Unterschiedlich. Die meisten von uns haben weiter Musik gemacht, in unterschiedlichen Bands. Ich selbst bin der Metalszene eigentlich immer treu geblieben und habe an verschiedenen Dingen gearbeitet, allerdings nie wieder mit der Konsequenz wie bei Dark Millennium.

Hilton: Ich habe mit Christoph noch an Projekten gearbeitet, in die unser Bassist Gerold ebenfalls involviert war. Meine musikalische Reise hat mich später allerdings durch unterschiedlichste stilistische Gefilde geführt, in denen ich reichlich Erfahrung sammeln konnte, die uns bei der Produktion des Albums nutzen konnte.

Daniel: 2015 erschien die Compilation „Out Of The Past“, auf der die ersten beiden Demos enthalten waren. Handelte es sich dabei um eine reguläre Veröffentlichung in Absprache mit der Band? Und wenn ja: Warum waren die beiden Tracks des Promo Advancetapes von 1993 nicht auch noch darauf enthalten? Die hätten doch locker noch mit auf die CD gepasst und Sammler hätten die Demos mit einem Schlag komplett gehabt…

Hilton: Wir haben jedwedes Vorgehen miteinander besprochen, denn dem Angebot von Century Media gingen ein paar andere voraus. Wir waren uns mit Philipp von Century Media einig, dass sich die beiden Songs  besser als Bonus Tracks der "Diana Read Peace"-Neuauflage machen würden, zumal eben ein Titelsong mit dem gleichnamigen Stück "nachgereicht" wurde.

Daniel: War diese Compilation eigentlich die Initialzündung für die Reunion? Oder verlief das eher zufällig in etwa zeitgleich?

Christian: Letzteres. Die Idee der Reunion entstand unabhängig von den Wiederveröffentlichungen, wobei diese natürlich insofern sehr hilfreich waren, um den Namen Dark Millennium wieder ins Gespräch zu bringen. Der eigentliche Entschluss, die Band wieder zum Leben zu erwecken, entstand bei einem gemütlichen Abend in einer alten Kneipe im Sauerland während eines Gesprächs unter Hilton und mir. Wir haben an diesem Abend festgestellt, dass es eine Menge an Ideen und Vorstellungen für ein neues Album gab, und waren einfach sehr neugierig, wie die Band heute klingen würde. So nahm das Unheil seinen Lauf.

dark millenniumDaniel: Ich war nicht nur überrascht, dass es 2016 eine Reunion gab, sondern auch, dass Ihr direkt ein neues Album am Start habt. Sind die enthaltenen Songs wirklich alle neu? Oder handelt es sich bei „Midnight In The Void“ um eine Art Mogelpackung, wo mehrere alte Fragmente zusammengetragen wurden?

Christian: In keinster Weise! Als wir uns entschieden haben, dass es eine Reunion geben würde (wobei von vorneherein feststand, dass dann auch ein neues Album aufgenommen wird), haben wir uns zusammengesetzt und die Arbeit am Songwriting aufgenommen. Natürlich hatte jeder von uns schon Ideen in der Hinterhand, die er mit in den großen Topf geworfen hat, aber diese stammten sicherlich nicht mehr aus den Neunzigern. Das Album ist unser aktuelles Statement.

Daniel: Findet Ihr, dass sich Euer Sound auf dem neuen Album geändert hat? Wie geht man nach 23 Jahren ein neues Album an, wenn man den Spagat zwischen Vergangenheit und Gegenwart schaffen will, ohne den alten Fans vor den Kopf zu stoßen?

Christian: Wir haben uns von vorneherein von allen möglichen Erwartungshaltungen freigemacht. Ziel war, ein Album aufzunehmen, von dem wir qualitativ überzeugt sind, und was sich musikalisch alle Freiheiten nimmt. Es ist ja auch so: Wir haben zwei Alben veröffentlicht, die sehr unterschiedlich ausgefallen sind. Kann man also von einer konkreten Erwartungshaltung bzw. von einem nächsten logischen Schritt sprechen? Ich finde nein. Ich glaube zudem, dass unsere Fans gerade das an uns schätzen, dass man bei dieser Band nie vorhersehen kann, was als nächstes passiert.

Daniel: Von früher sind heute nicht mehr alle dabei. Hatten die anderen keinen Bock mehr? Wurden sie vielleicht gar nicht gefragt? Und habt Ihr überhaupt noch zu allen Kontakt?

Christian: Ja, der Kontakt besteht in den meisten Fällen noch. Und bis auf die Position des Bassisten haben wir das Album in Original-Besetzung aufgenommen. Wir haben uns in diesem Fall nicht gegen jemand, sondern für Gerold entschieden, und ich bin mir sehr sicher, dass auf dieser Position – die leider immer etwas vakant bei uns war – endlich Konstanz gewährleistet ist.

Daniel: Wie seid Ihr auf Gerold aufmerksam geworden? Und kanntet Ihr vielleicht seine vorhergehenden Bands schon?

Hilton: Wie schon erwähnt, kannten wir Gerold seit Mitte der Neunziger, und uns verband neben unseren bisherigen musikalischen Aktivitäten zusammen mit Christoph und mir auch eine alte Freundschaft.

Daniel: Gibt es Pläne für Live-Aktivitäten in nächster Zeit?

Hilton: Wir haben bereits ein paar Konzerte in Holland und Deutschland gespielt und werden dieses Jahr auf dem Hammer Of Doom sowie kommendes Jahr unteranderem auf dem Taunus Metal Festival spielen. Weitere Gigs und eine Tour sind noch in Planung.

Daniel: Wie sehen überhaupt generell Eure Zukunftsplanungen mit Dark Millennium aus? Wird es noch mehr geben? Oder handelte es sich nur um eine Eintagsfliege?

Christian: Wir haben uns dazu entschieden, die Band wiederzubeleben, weil wir glauben, dass wir noch einiges zu sagen haben. Und das werden wir auch tun. Natürlich müssen wir alle Aktivitäten auch mit unserem beruflichen und privaten Leben koordinieren, aber das ist letztendlich eine Frage der Organisation. Die Geschichte wird auf jeden Fall weitererzählt, und das nächste Album wird definitiv nicht wieder 23 Jahre auf sich warten lassen.

Daniel: Na gut, Ihr zwei. Das Schlusswort soll Euch gehören!

Christian: Wir möchten uns herzlich bei allen Fans und Freunden bedanken, die die Band nicht vergessen haben und uns weiterhin unterstützen und begleiten. There’s a lot more to come!

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Autor: Daniel Müller