DEATH ANGEL - Vierzehn Jahre nach Thrash Of The Titans


Death Angel sind eine große Institution im Metal und eine der wichtigsten Thrash Bands. Bei keiner anderen Band mussten wir so lange auf einen Interviewtermin warten, aber CROSSFIRE blieb am Ball, dass die Mühen sich letztenendes auszahlen sollten. Zwar hatte ihr Werk „The Dream Calls For Blood“ schon fast zwei Jahre auf dem Buckel, das DVD / CD Set „A Thrashumentary“ wurde gerade veröffentlicht, doch das siebte Studioalbum war noch ihr aktuelles Epos und hat eine nähere Beleuchtung verdient. Vor ihrem Gig mit Kryptos im Turock zu Essen trafen wir uns mit einem gut gelaunten Ted Aguilar, am letzten Tag der „The Tour Calls For Blood".

logoJuli: Du bist 2001 zu Death Angel gekommen; Will, den du von deiner früheren Band Warfare D.C. kanntest, kam 2009 dazu. Wie lange kanntest du die anderen Bandmitglieder vorher schon?

Ted: Das ist eigentlich genau der richtige Zeitpunkt, um danach zu fragen: mein erster Auftritt mit Death Angel war vor genau vierzehn Jahren, am 11. August 2001 bei Thrash Of The Titans. Mark und Rob kannte ich schon lange von ihren Shows in den Achtzigern – ich ging damals zu allen Shows - , aber so richtig lernte ich sie erst kennen, nachdem Death Angel sich aufgelöst hatten und Mark aus New York zurückkehrte, und sie Swarm gründeten. Ich kam 2001 dazu, weil Gus weder konnte noch wollte. Er gab uns den Segen, war aber raus. Damals rief Rob mich an – das war ziemlich lustig – und fragte mich, ob ich davon gehört hatte, dass sie beim Thrash Of The Titans spielen würden, und ich sagte ihm, ich könnte es gar nicht abwarten, sie wieder auf der Bühne zu sehen, und da sagte er, dass Gus nicht könne und ob ich nicht für ihn spielen wolle.

Juli: Ihr habt „The Dream Calls For Blood“ mit der gleichen Besetzung aufgenommen, die auch live sehr stark ist. Wie sehr bist du in das Songwriting involviert?

Ted: Irgendwie sind alle in das Songwriting eingebunden, aber der Großteil kommt von Rob und Mark. Wenn Rob zu Hause Songs schreibt, nimmt er sie als Click Track auf und schickt sie an alle. Dann kommen wir ziemlich Old School im Proberaum zusammen und basteln gemeinsam daran herum. Dann spielen wir es ein paar Mal, und wenn wir nach einer Weile ein Gefühl dafür bekommen haben, fügen wir noch Teile hinzu oder verändern etwas anderes. Bei jedem Mal entwickelt sich der Song weiter. Rob kocht sozusagen, und wir würzen das Ganze dann. Insofern sind wir alle im Songwriting involviert. Rob ist derjenige mit der Vision, er ist der, der den Death Angel Sound kreiert.

tedJuli: Und wie war das bei den akustischen Parts auf „The Dream Calls For Blood“?

Ted: Die hat Rob auch geschrieben. Darin gibt es eine Besonderheit, von der wir gehofft hatten, dass die Leute sie bemerken, aber leider ist das bisher nicht passiert (lacht). Der akustische Part bei „Execution / Don’t Save Me“ ist das Riff von einem der Songs auf dem Album, das als Akustikversion gespielt wird.

Juli: Als Bonustrack habt ihr Black Sabbath’s „Heaven And Hell“ aufgenommen, das ihr auch manchmal live spielt. Warum gerade dieser Song?

Ted: Wir sind sehr große Fans von Ronnie James Dio, von seiner Black Sabbath Ära. Und Mark singt den Song so unglaublich gut! Als wir „The Dream Calls For Blood“ aufnahmen, hatten wir noch etwas Zeit, da die Lyrics für einen Song noch nicht fertig waren. Also schlug Mark vor, „Heaven And Hell“ aufzunehmen – ohne zu wissen, dass an dem Tag der Todestag von Ronnie James Dio war. Das war natürlich eine große Inspiration.

Juli: 2012 habt ihr die komplette „The Ultra Violence“ live gespielt.

Ted: Ja, das war das 25jährige Jubiläum des Albums. Das war eine großartige Inspiration und hat sehr das Songwriting für „The Dream Calls For Blood“ beeinflusst – vor allem die Geschwindigkeit. Beim Schreiben dachten wir die ganze Zeit „schneller, schneller, schneller“ (lacht).

Juli: Im Oktober geht ihr ins Studio, um das nächste Album aufzunehmen. Wie wird das klingen? Wird es so brutal und technisch werden wie der Vorgänger?

Ted: Wir haben zwar schon ein paar Songs geschrieben, aber es ist schwierig jetzt zu sagen, wie der Sound insgesamt werden wird. Natürlich wird es immer eindeutig nach Death Angel klingen, aber das tun alle unsere Alben, obwohl sie untereinander sehr unterschiedlich sind. „The Dream Calls For Blood“ ist wahrscheinlich eines meiner Lieblingsalben, aber wir haben es vor mittlerweile zwei Jahren aufgenommen und sind jetzt andere Menschen. Zudem sind wir mitten im Songwritingprozess; Mark hat schon ein paar Texte geschrieben, aber wir haben noch nichts davon gehört. Wirklich Form annehmen wird es erst, wenn alles zusammenkommt und wir, wie eben gesagt, gemeinsam anfangen, daran zu arbeiten. Daher kann ich noch gar nicht genau sagen, wie der Sound letztendlich wird.

tedJuli: Womit beschäftigst du dich außerhalb der Band? Was machst du mit Songideen, die nicht zu Death Angel passen; hast du irgendwelche anderen Projekte?

Ted: Ein paar von uns haben andere Projekte. Will z. B. hat Hammers Of Misfortune (Metal Blade Records), für die er gerade die Drums eingespielt hat. Mark ist bei Metal Allegiance dabei. Rob hat ein Akustikprojekt, mit dem er ein Soloalbum veröffentlichte. Ich habe momentan nichts, da Death Angel mich sehr in Anspruch nimmt. Wenn ich Ideen für Songs habe, schreibe ich sie auf und lege sie für später beiseite. Ansonsten gehe ich gerne mit meinen Hunden wandern; außerdem bin ich ein Filmjunkie – ich gehe oft ins Kino und schaue mir Netflix oder Dokumentationen an. Zur Zeit schaue ich mir viel Vice News an, das ist wirklich sehr guter, unabhängiger Journalismus. Sie recherchieren vor Ort und treffen ihre Interviewpartner persönlich. Ansonsten schaue ich mir romantische Komödien an. Oder Star Wars.

Juli: Was genau fasziniert dich so an Dokumentationen?

Ted: Ich mag gute Dokumentationen, die aufdecken, was unter der Oberfläche ist, und in die Tiefe gehen. Wenn Leute ihre Hausaufgaben machen und tief graben, finden sie meist wirklich interessante Sachen. Ich stelle gerne Fragen; der Hintergrund und die Details interessieren mich immer sehr. Ich wünschte mir, dass mehr Produzenten mehr Zeit darauf verwenden würden, tiefer zu graben. Generell bin ich jemand, der vieles hinterfragt, vor allem Klischees. Deutschland hat schließlich auch mehr zu bieten als Schnitzel, richtig? (lacht)

Juli: Und was würdest du tun, wenn du kein professioneller Musiker wärst?

Ted: Ich wäre so oder so im Musik Business, denn ich mag auch alles, was dort im Hintergrund geschieht, wie Management, Journalismus, Magazine, Booking Agenturen, Labels; es gefällt mir, wie das alles zusammenarbeitet. Das mache ich ja auch schon für Death Angel. Alles was behind the Scenes passiert, fasziniert mich total.

ted & juliJuli: Woran erinnerst du dich gerne, wenn du an Shows in Deutschland denkst?

Ted: Das letzte Mal, als wir hier gespielt haben, waren wir in der Zeche Carl (Essen). Die ist in der gleichen Stadt, aber die Leute kommen lieber hierher. Wir hatten ein paar gute Shows dort, aber die Shows in Deutschland sind eigentlich immer sehr gut. Wenn ich in andern Ländern bin, unterhalte ich mich gerne mit anderen Leuten über die Heavy Metal Szene hier. Besonders hier kaufen die Leute immer noch Alben, sie kaufen immer noch Dinge, die eine gewisse Habtik haben. Es ist wirklich cool zu sehen, dass es noch diese Hingabe zur Musik hier gibt. Die ist in den USA total verloren gegangen. Viele nutzen das Internet, sie streamen oder downloaden Musik. Das ist okay, aber hier sind die Leute noch tiefer in der Kultur verwurzelt, sie wertschätzen das gesamte Kunstwerk. Einen Download kann man mit einem Klick löschen. Die Leute hier stecken viel Zeit und Geld darein. Außerdem gibt es hier die Plattenbörsen, zu denen die Leute gehen und Sachen kaufen. Sie kaufen die Platten, die T-Shirts und sie gehen zu den Shows. Das gefällt mir sehr an Deutschland. Wir haben einige Festivals gespielt. Jedes Festival ist anders; das Headbangers Open Air hat wirklich Spaß gemacht. Alle dort waren so nett und so „into the Music“. Sie sehen sich von der ersten Band bis zu letzten alles an. Wenn drei Bands spielen, kommen alle schon zur ersten Band. Sie sind sehr offen, auch wenn sie noch nie von der Band gehört haben, nehmen sie sich Zeit, um sie anzuhören. In den USA macht man das nicht, was wirklich traurig ist. Wir spielen heute unsere letzte Clubshow, nachdem wir fünf Wochen auf Tour waren. Kryptos supporten uns, eine echt gute Band aus Indien. Genau genommen die einzige Band aus Indien, von der ich gehört habe (lacht). Sie haben mir erzählt, dass die Metal Szene dort gesünder wird. Das ist auch interessant: Du würdest sowas normalerweise nicht mitbekommen, wenn du nicht jemanden von dort triffst. Oder aus dem Internet – das ist eine gute Sache am Internet, mit einem Klick erfährst du Sachen; das schlechte daran ist, du bekommst auch Sachen umsonst mit einem Klick. Nichtsdestotrotz, was Informationen angeht, ist das Internet echt nützlich.

Juli: Okay, Vielen Dank für das Interview. Als letzte Frage würden wir gerne von Dir wissen, welches sind deine fünf wichtigsten Metal Alben für die einsame Insel?

Ted: Das ist echt schwer. Da sind echt mehr als fünf. Metallica - „Master Of Puppets“, Death Angel - „Act III“ weil es sehr abwechslungsreich ist, nicht nur Thrash, Slayer - „Reign In Blood“, Judas Priest - „Screaming For Vengeance“ und Black Sabbath - „Heaven And Hell“. Aber das ist echt zu wenig. Ich würde wahrscheinlich Rauchzeichen senden, damit mir jemand Nachschub bringt.



Autor: Juli Dienemann