VAEE SOLIS - Von der ungesehenen Sonne und ihrer Schatten


Vaee Solis sind eine Blackened Doom Metal-Band aus Portugal, die in vielerlei Hinsicht auffällt: Die Schreibweise mit dem Doppel-E wirkt merkwürdig, auch die Musik ist abgrundtief finster und wird von einer Sängerin abgerundet, deren Organ direkt aus der Hölle emporzusteigen scheint. Sechs Songs sind auf dem Album dieser Newcomer vertreten, die fast allesamt Überlänge haben und nicht mit Abwechslung, sondern ganz viel bedrückender Atmosphäre auftrumpfen. Die Digipack-CD ist soeben erschienen. Vorher gab es nur eine schöne, undergroundige Tapeversion. Wer für das Anti-Sommerwetter im Moment den passenden Soundtrack sucht, ist hier genau richtig. Bassist João und Sängerin Sophia stellten sich dem Federkrieg.

logoDaniel: Hey João! Wie geht´s? Lass uns mal ganz von vorne anfangen, ja? Wie kam der Stein für Vaee Solis 2014 ins Rollen?

João Seixas: Hallo CROSSFIRE Crew! Hier ist alles gut! Dieses Projekt spukte schon eine ganze Weile in meinem Kopf herum. Eines Tages traf ich mich mit unserem Gitarristen, und so kam die Band zustande. Wir schrieben alle Songs, machten ein paar Demoaufnahmen und komplettierten das Line-hup. Dann gingen wir ins Studio und jetzt sind wir hier!

Daniel: Was bedeutet der Name Vaee Solis eigentlich?

João Seixas: Der Name Vaee Solis bedeutet für uns „ungesehene Sonne“ oder auch „schwarze Sonne“, was sich auf die Alchemie und deren Prozesse bezieht. Beides erfüllt für uns denselben Zweck.

Sophia: Ja, es geht um den Archetyp der schwarzen Sonne, dem dunklen schattigen Aspekt des Bewusstseins, vor dem viele von uns zu flüchten versuchen.

Daniel: Habt Ihr vorher schon in anderen Bands gespielt?

João Seixas: Ja, wir haben alle schon in anderen Bands gespielt und tun das auch heute noch.

Sophia: Wir sind alle schon eine ganze Weile aktiv...

Daniel: Ich finde Euren Sound ziemlich einzigartig. Ihr verarbeitet sowohl Black Metal- als auch Funeral Doom-Elemente in Eurer Musik. Welche Bands zählen zu Euren Haupteinflüssen?

João Seixas: Ich denke, das setzt sich alles aus dem zusammen, was Filipe und ich zusammentragen. Wir mögen beide diese krassen Gegensätze, aber wir haben immer Bezug zum Black Metal, den wir beide mögen. Wenn es um Doom geht, dann mag ich eher das Sludge Zeug, während er mehr das klassische Zeug mag. Wenn ich ein paar Bands auflisten müsste, würde ich wohl am ehesten Corrupted, Winter, Noothgrush etc. nennen.

Sophia: Na ja, ich muss gestehen, dass ich eigentlich keine bestimmten Einflüsse habe, was Musik angeht. Ich will nicht sagen, dass es nicht bestimmte Bands gäbe, die mich beeinflussen, aber ich könnte sie nicht alle herausfiltern. Vieles, was ich in meiner Musik verarbeite, sind persönliche Erfahrungen aus dem wahren Leben, die über viel mehr als nur die Musik hinausgehen. Alles mögliche...

Daniel: Bei Portugal muss ich immer an ein warmes, sonniges Land mit fröhlichen Menschen denken. Wie zur Hölle kommt es, dass Ihr so depressive Musik macht?

João Seixas: Portugal ist definitiv ein warmes und sonniges Land, aber Ignoranz gibt es überall. Und dort wo Ignoranz ist, versucht auch immer jemand zu entfliehen.
Sophia: Tja, dort wo Licht ist... gibt es immer auch Schatten!

Daniel: Dein Gesang ist krank und genial, Sophia! Ich wäre nur beim Hören des Albums im Leben nicht drauf gekommen, dass da eine Frau singt! Was animiert Dich zu solch krankem Gesang?

João Seixas: Kunst und der Ausdruck des Künstlers sind nicht vom Geschlecht abhängig.

Sophia: Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, warum das immer so viele überrascht, wenn Frauen extrem singen. Ich versuche definitiv nicht, wie ein Mann zu klingen... Wenn ich mich mit anderen Sängern beschäftige, ist es mir völlig egal, ob er männlich oder weiblich ist. Ich weiß echt nicht, wo das herkommt. Aber es brodelt tief in mir, etwas rastloses... auch eine Spur Enttäuschung, vor allem, wenn man das Geschehen in der Welt betrachtet. Das pisst mich alles an!

Daniel: Wovon handeln Eure Texte? Wollt Ihr damit eine bestimmte Botschaft an Eure Hörer richten?

João Seixas: Ja, definitiv, denn sonst wären es nur aneinander gereihte Wörter, die keinen Sinn ergäben. Sophias Texte reflektieren unsere Persönlichkeiten und bringen eine Art Licht in die Dunkelheit.

Sophia: In unseren Texten gibt es viele verschlüsselte Botschaften. Aber sie können nur von denen richtig interpretiert werden, die wirklich nach einer bestimmten Bedeutung suchen.

Daniel: Der fünfte Song des Albums hat keinen richtigen Titel, sondern besteht nur aus einem Symbol. Was hat es damit auf sich?

João Seixas: Das Symbol selbst ist der Titel. Worte sind Symbole. Dieses Symbol steht für das Wort an sich.

Daniel: Fast alle Eure Songs dauern länger als fünf Minuten. War das von Anfang an so geplant, oder hat sich das eher zufällig so ergeben?

João Seixas: Das hat sich einfach so ergeben. Wenn wir Songs schreiben, dann denken wir vorher nicht darüber nach, wie lang sie schließlich werden sollen. Das ist einfach so passiert. Einige von uns mögen lieber längere Songs, andere wiederum kürzere. Ich denke, wir treffen uns dann ungefähr in der gesunden Mitte.

Daniel: Wie dauert denn das Songwriting an sich bei Euch?

Sophia: Da gibt es keine bestimmte Zeitspanne...

Daniel: Soweit ich weiß, gibt es Euer Album bislang nur als professionell gestaltete Kassettenversion, die auf 100 Exemplare limitiert ist. Warum? Denkt Ihr nicht, dass Ihr weitaus mehr als nur hundert Leute mit Eurer Musik erreichen könntet? Und sind auch eine CD- und/oder Vinylversion von Eurem Album geplant?

João Seixas: Die Limitierung auf hundert Exemplare war die Idee unseres Labels, das das Tape veröffentlicht hat. Die CD Version gibt es seit dem 21. August 2015.

vaee solisDaniel: Wie wichtig ist es für Euch persönlich, dass kultige, alte Tape-Format am Leben zu erhalten? Und halltet Ihr im Gegenzug von dem ganzen modernen, leblosen Mp3-Kram?

João Seixas: Für mich persönlich sind Tapes und Vinyl wirklich die kaufwürdigen Formate. Nicht vom „Kult“-Faktor her, sondern aus künstlerischer Sicht. Ich respektiere es aber auch, wenn Bands nur Musik aufnehmen und mit Coverartwork im „toten“ Format veröffentlichen.

Daniel: Warum habt Ihr nicht zuerst ein Demo gemacht. Oder war das Tape vielleicht ursprünglich sogar als Demo und nicht als Album angedacht?

João Seixas: Wir haben einfach deswegen kein Demo vorher gemacht, weil Demos eigentlich dafür da sind, sich ein geeignetes Label für sein Album zu suchen. Wir hatten von Anfang an eine klare Vision von dem, was wir wollen. Wir machen alle schon sehr lange Musik, und ein Demo kam für uns einfach für dieses Projekt nicht in Frage. Wir wollen einfach nur unsere Musik veröffentlichen und für ein richtiges Album war unsere Musik unserer Meinung nach auch schon gut genug.

Daniel: Wie seid Ihr mit Eurem Label Signal Rex in Kontakt gekommen? Kanntet Ihr schon ältere Veröffentlichungen von ihnen?

João Seixas: Ich sprach persönlich mit dem Besitzer des Labels und fragte ihn, ob er Interesse daran hätte, unser Album zu machen. Das Label, das die Tapeversion veröffentlichte, Degradagem, wird von einem Freund von Sophia und mir geführt.

Daniel: Spielt Ihr auch live? Und gibt es eventuell Pläne, auch mal zu uns nach Deutschland zu kommen in absehbarer Zeit?

João Seixas: Ja, wir spielen auch live. Bisher haben wir aber erst drei Konzerte gespielt. Wir würden aber voll gerne mal in naher Zukunft im Rest von Europa auftreten.

Daniel: Lass uns mal bitte über die Metalszene in Portugal sprechen, ja? Denn die ist hier leider weitgehend unbekannt... Wenn es um düsteren Metal geht, denke ich natürlich sofort an Moonspell und Heavenwood. Ich bin auch in Kontakt mit KarbonSoul, die ebenfalls eine Sängerin haben. Bei Black Metal denke ich zuerst an Decayed. Danach kommt aber auch lange nichts. Gibt es so etwas wie eine „richtige“ Szene bei Euch?

João Seixas: Ja, es gibt eine Szene hier in Portugal, und die ist gespickt von tollen Bands! Leider ist Portugal geographisch etwas abgelegen vom Rest Europas. Deshalb gibt es oft Probleme, Tourneen auf die Beine zu stellen. Es gibt auch eine kleine Szene, die sich für die „trueste“ hält und Machtkämpfe ausführt. Einige Bands, die ich wirklich sehr mag sind Corpus Christii, Irae, Grog, The Firstborn, Process Of Guilt, Filii Nigrantium Infernalium, Concealment und Infra.

Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Vaee Solis aus?

João Seixas: Wir wollen weiterhin Musik veröffentlichen, um uns spirituell auszudrücken.

Daniel: Okay, Leute! Danke für das Interview!

Sophia: Yeah, Leinen los!

https://www.facebook.com/vaeesolis
 



Autor: Daniel Müller