AKTE MINISTRY – DIE OFFIZIELLE AUTOBIOGRAPHIE - von Al Jourgensen & Jon Wiederhorn


Label:I. P. Verlag Jeske/Mader
Jahr:2014
Running Time:304 Seiten
Kategorie: Neuerscheinung
 

Wenn man als Nicht-Fan einer Band oder eines Stars eine Biographie liest, passieren zwei Dinge. Zum einen ist man überrascht was alles an einem vorbeigegangen ist aber zum anderen hat man kaum Verständnis für das dekadente und fast schon kranke Verhalten, noch befürwortet man das huldigende Benehmen der Anhänger. Das Menschen wie Mister Jourgensen in ihrer Karriere auf musikalischer Ebene Großartiges geleistet haben muss man anerkennen, auch wenn wir teilweise eine Ausschweifung in der Gesellschaft entdecken die immer verworfener wird. Ich meine es gab Momente zur Hochzeit der Aidsaufklärung, da hat man einen HIV-Erkrankten den Handschlag verweigert, aufgrund einer angeblichen Ansteckung. Hier wird erklärt wie cool es ein Bewunderer fand, Al noch mit der Drogennadel im Arm kennengelernt zu haben…als man sich die Hand zum Gruße reichte. Ja, tabulos ist sicherlich das richtige Wort für Al Jourgensen aber was bitteschön soll man daran toll finden. Jede Musikerbiographie, die ich bis dato gelesen habe (Aerosmith, Led Zeppelin, Status Quo und vor allem Mötley Crüe), handelte über einen grenzenlosen Drogenkonsum und jetzt legt man hier, doch teilweise stolz vor, dass alles toppen zu können. Fantastisch. Zudem ist Al jetzt clean. Gleicht aber seinen Konsumverlust mit literweise Alkohol aus. Nicht schlecht. Für den Fan mag Al mit sich selbst hart zu Gericht gehen. Jedes noch so unrelevante Fixer-Ereignis wird dargebracht, wobei ich mich ernsthaft frage, wie der gute Mann das alles behalten hat. Die meisten Junkies haben alles vergessen. Präsentiert werden die Eskapaden im Rahmen von Konzertereignissen und Privatleben. Ich möchte dem Schreiber nicht den Drang zur Wahrheit aberkennen, dafür ist das geschriebene Wort zu detailliert aber zumindest schwingt noch etwas Selbstbewunderung mit (ja auch wenn alle Fans mich dafür an den Pranger stellen wollen).

Natürlich erfahren wir hier wichtigen Fakten über den Musiker selbst, der als Pionier des Industrial-Metal durchaus seine Berechtigung hat, da er sich konsequent und begeistert durch die Genre arbeitete und meist seiner Zeit voraus war. Selbst die Geschichte zu den Revolting Cocks und anderen Projekten (Lard, Buck Satan & The 666 Shooters) kommen hier nicht zu kurz, wobei ich nach all den Drogen und Extrem-Parties über den Informationsreichtum erstaunt bin. Vielleicht hier auch mal ein großes Lob an Herrn Wiederhorn, der im Laufe seiner Journalistenkarriere so etwas wie eine Freundschaft zu Al aufgebaut hatte, für seine umfangreiche Recherche. Ob es ihm auch zu verdanken ist, das im Nachhinein durch Aussagen anderer zu Wort kommender Menschen, aus dem Dunstkreis des Erzählers, sich einige Widersprüche in den Geschichten auftun, lasse ich Mal dahingestellt. Etliche Stories aus den Kindertagen werden ebenso unvergesslich informationsreich präsentiert als wären sie gestern erst erlebt. Und dennoch steht der private Aspekt für den Sänger in diesem Buch meist im Hintergrund. Fraglich ist auch ob er die verschiedenen Menschen die er im Laufe seines Lebens trifft und beschreibt, in seinem Rausch nicht anders erlebt hat als sie wirklich waren und noch sind. Als Fazit stellt sich Al als simpler Mensch da, der „nur“ Musik machen wollte, ohne den Ruhm einzufahren. Selbstlos, missverstanden aber immer cool. Ja, das dieser Mann nach Dekaden im Rausch noch lebt ist erstaunlich, die Anzahl der bis heute komponierten Alben faszinierend aber ob ihn das sympathisch oder authentisch macht, wie viele es sehen, wage ich zu bezweifeln. Für mich war diese angebliche Autobiographie, die weitaus mehr Privatleben benötigt hätte kein Lesevergnügen. Ich hatte eher die ganze Zeit das Gefühl einen Egoisten zu erfahren der ohne Konsequenzen versucht das Leben rumzukriegen, ohne Rücksicht auf Verluste. Erstaunlich das Al`s Frau so stark zu ihm gehalten hat. Das muss Liebe sein!

ISBN 978-3-940822-01-7

Note: Keine Wertung
Autor: Steve Burdelak


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