RAGE, TRI STATE CORNER, LION TWIN

Köln, Essigfabrik, 08.10.2014

Als ich an diesem Mittwoch Abend von drei Interviews mit Informationen überfüllt aus dem Backstage-Keller in die Halle der Essigfabrik kam, musste ich mit Erstaunen feststellen, dass die Halle nur zu einem Viertel bevölkert war. Das kann jetzt viele Gründe haben. Zu viele Bands sind zur Zeit unterwegs, es ist Mittwoch, den Rage-Fans sind die Vorgruppen nicht hart genug, aber vor allem haben die Leute keinen Bock mehr, mitten in der Woche bis in die Puppen unterwegs zu sein. Dafür war die Stimmung wie zu einer coolen Party in meinem damaligen Single-Wohnzimmer. Nun, Grund zu feiern gab es schließlich für den Headliner. Dreißig Jahre Rage. Wer hätte das gedacht?

lion twinWie dem auch sei. Den Anfang machten die aus Wuppertal stammenden Lion Twin. Allerdings mussten sie auf ihren einen Teil-Zwilling verzichten. Gitarrist Jan Koemmet lag leider verhindert im Krankenhaus und musste seinen Part an einen anderen Mitstreiter abgeben. Der spielte ziemlich gut, aber natürlich fehlte die immense Bühnenpräsenz vom Jan, der ein Poser vor dem Herrn ist. Und das meine ich mehr als positiv. Ansonsten tat es der Band keinen Abbruch. Fronterin Li war super drauf und das machte sich bei ihrer Stimme bemerkbar, die mir wesentlich intensiver als beim letzten Gig in die Ohren fuhr. Überhaupt ist dafür, dass wir eine relativ neue Backing-Band vorgeführt bekommen, der Rhythmus auf der Bühne kraftvoll. Da haben sich die Konzertreihen mit Axxis und U.D.O. bezahlt gemacht. Das vorgetragene Programm stammte selbstredend von der aktuellen Schiebe „Nachville“, das immer noch frisch und reizvoll klingt. Songs wie „Day Of Anger“, das auf Konserve mit Udo Dirkschneider (ex-Accept) gesungen wurde, und der live natürlich etwas fehlte, ballerte kerzengerade in die Meute, die anscheinend auch für den Opening-Act gekommen war. Weiterhin begeisterte man mit „Occupy!“ und meiner Lieblingsballade „Wings Of Love“. Von dieser Truppe werden wir noch einiges hören.

 

tri state cornerNicht mehr ganz so unbekannt, zumindest hierzulande sind Tri State Corner, die in meinen Augen irgendwie nichts falsch machen können. Zum einen waren Sänger Lucky und ich mal in einer Band, sind Freunde bis auf Blut, und zum anderen ist die Mucke der Formation einfach nur „fett geil“. Ich habe schon viele gute Worte über die Musik von den Jungs verloren, und kann mich an dieser Stelle eigentlich mit Superlativen nur wiederholen. Lucky ist der Charmebolzen, Womanizer und einfach der Entertainer. Gut, der Witz mit „Album“ (dies ist bitte nur an Lucky gerichtet) ist jetzt wirklich abgedroschen, aber ansonsten hält der Bursche die Spannung auf den Brettern mit Witz, Emotionen und einem verdammtem Lächeln aufrecht. Dass wesentliche Pluspunkte mit dem herausragenden und leidenschaftlichen Bouzouki-Spiel von Bruder Ioannis geholt wurden, muss wohl an dieser Stelle nicht explizit erzählt werden. Das Markenzeichen der Truppe trägt die Musik bekanntlich durch das gesamte Konzept. Und das ist gut so. „Home“, so das aktuelle Album, wurde vorrangig bedacht, und nach dem groovigen Intro mit den Krachern „Faster“ und dem flotten „Free Prison“ eingeläutet. Allerdings ist es die Ballade „Kapia Stigmi“, deren griechischer Refrain einfühlsam von Ioannis gehaucht wird, welche für kilometerlange Gänsehaut sorgt. Keine Mannschaft bringt Emotionen so sorgfältig in der Musik und auf der Bühne unter, wie diese Boys aus Burscheid. Gefeiert, und das lauthals, wurden aber auch nach wie vor die Klassiker der Band, wie das unverzichtbare „Ela Na This“ und der Überflieger „Sooner Or Later“. Dick!!!

 

rageKomischerweise wurde es jetzt ein kleines bisschen leerer. So kann´s passieren. Dennoch strotze der Headliner Rage mit absoluter Professionalität, Kraft, Abwechslung, Partystimmung und unzähligen Hits. Den Anfang machte ungewohnterweise ein Kleines Akustik-Set. Vier Songs: „Into The Light“, „Feel My Pain“, „Turn The Page“ und „Empty Hollow“, unterstützt an den Percussions von Lucky, der gerade mal eben verschnaufen konnte. Aber er hatte sichtlich Spaß, so mal im Rampenlicht zu stehen. Diese Variante an Rage-Songs gefiel mir äußerst gut, und war überrascht, wie glänzend das Material passte. Auch Herrn Wagner an den Vocals muss ich ein fettes Lob aussprechen. Das hätte ich ihm nicht zugetraut. So kann man sich irren. Und sieh mal einer an…ich war nicht der einzige im Publikum, der begeistert war. Ganz im Gegenteil. Hätte Rage so weiter gespielt, wäre das sicherlich einigen lieb gewesen. Aber hier gab es Metal…und zwar das volle Brett. Rage versprechen was sie halten, und zünden mit „Carved In Stone“ gleich die Wände an. Die ersten Matten fliegen und das leider sehr überschaubare Publikum kommt in Wallung. Mit einer handvoll Neuzugängen wie „Forever Dead" oder gar „Great Old Ones“.

rageDoch Rage machen keine halben Sachen und hatten einige Überraschungen auf Lager. Victor Smolski spielte sein Gitarren-Solo und meisterte die Show mit Bravour. Unfassbar was in seinen Fingern steckt. Zudem kam im Laufe des Auftritts ein Überraschungsgast auf die Bühne. Manni Schmidt (ex-Grave Digger), auch ehemaliger Gitarrist dieser Formation, spielte unter anderem den Song „Enough Is Enough“. Ein feines Bild was Victor und Manni da auf den Brettern boten. Im weiteren Verlauf tauschten Victor und Drummer Andre Hilgers für ein Stelldichein die Instrumente. Zum Schieflachen. Aber auch die Band hatte sichtlich Spaß an der Sache. Mein Lieblingslied wurde geballert, „Don`t Fear The Winter“, und natürlich wurde „Higher Than The Sky“ gezockt. Selbstredend mit Singalong. Dass Rage zur Zugabe zurückgeholt wurden, verstand sich von alleine, und weil ich eh schon so begeistert war, war ein Song davon „Soundchaser“. Für das beste Rage-Konzert ever wurde somit das Jubiläum adäquat gefeiert. Viel Glück für die weiteren Jahre.



Autor: Steve Burdelak - Pics: Steve Burdelak