MICHAEL TENTEN - Gitarrist bei Ayscobe und Aktivist bei Sea Shepherd


Michael Tenten ist Aktivist bei Sea Shepherd, und war gerade zur Rettung der Grindwale auf den Gewässern um die Färöer Inseln unterwegs. Um die Projekte zu finanzieren, hatte er als Musiker die Idee des Samplers "A Tribute To Sea Shepherd-For The Ocean". Daran nahm er mit seiner eigenen Band Ayscobe teil, bekam aber auch prominente Unterstützung von Bands wie Domain, Shanghai Guns, Bleeding Red, Sapiency, Debauchery oder auch Die Apokalyptischen Reiter, die kostenlos Songs zur Verfügung stellten. Wir freuen uns sehr über die Möglichkeit, einem sehr engagierten Tierschützer und Musiker Fragen zu einer ganz besonderen Aufgaben und seines Einsatz stellen zu können. Wir finden es großartig, dass sich Michael Tenten seit Jahren für bedrohte Wale, Delfine, Robben und andere Meerestiere einsetzt, dadurch etwas Hoffnung verbreitet und ein Zeichen setzt - je mehr Sea Shepherd unterstützen, umso mehr Lebewesen können gerettet werden!

sampler coverMartina: Michael, Du bist Musiker und Aktivist. Ich nehme mal an, derzeit mehr Aktivist, oder?

Michael: Hallo zusammen! Ich versuche beides in der Waage zu halten! Von der Musik lebe ich und verdiene ebenfalls mit Spaß das Geld für mein Aktivistenleben.

Joxe: Du bist Gitarrist bei Ayscobe. Beschäftigt sich diese Band thematisch ausschließlich mit Umweltschutzthematiken?

Michael: Ayscobe beschäftigt sich mit einigen Themen. Unsere erste Platte handelte von einem Jungen, der sich in einer Psychose verliert. Ich finde es sehr wichtig, Songs eine Bedeutung zu geben, etwas, dass sie lebendig macht! Klar habe ich auch nichts gegen Spaßlieder oder Quatschsongs, die einfach rocken! Muss aber auch ernsthaft sagen, dass ich für solche Stücke und für Liebeslieder nicht geschaffen bin. Ich habe es versucht und rutsche sehr schnell in Kitsch ab!

Joxe: Seit wann bist Du schon Aktivist, und hast Dich entschieden, eine gewisse Zeit für die Mission auf dem Schiff zu verbringen?

Michael: Seit wann bin ich Aktivist? Sehr gute Frage! Kann ich nicht wirklich beantworten, da ich bereits in der Jugend die ein oder andere "Tat" begangen hab!
Die Entscheidung für den Einsatz fiel vor ca. zwei Jahren, es war anfangs nur eine Überlegung. Geplant war eine verdeckte Aktion. Daraus wurde dann eine etwas ausgedehntere Sache. Nachdem Sea Shepherd Frankreich die Aktion "Grindstop 2014" bekannt gab, war es eigentlich klar, dass wir so lange wie möglich daran teilnehmen und halt direkt agieren, falls nötig!

Martina: Die Aktion "Stoppt den Grindwalmord 2014" wurde gerade beendet. Wird es diese Aktion auch in 2015 geben?

Michael: Es ist eine Aktion für 2015 geplant. Aber wie genau es dieses Mal ablaufen wird, ist noch nicht bekannt! Die vier Speedboote werden nicht mehr teilnehmen dürfen, vermutlich! Was wirklich nicht gerade "gut" ist, da man auf den Färöern dringend schnelle Boote benötigt, um möglichst sofort an jeden der Killingcoves zu kommen, falls ein Grindarap ausgerufen wird. Also falls die Fähren oder die Fischer Grindwale vor uns entdeckt haben und bereits mit der Treibjagd in Richtung der Buchten begonnen haben!

Martina: Wie sah Dein "Alltag" auf der Pegasus aus, wie viele Personen waren an Bord?

Michael: Welcher Alltag? Hehe! Es gibt tatsächlich keinen geregelten Alltag an Bord! Auf der Überfahrt von Norwegen Richtung Shetlands, die drei Tage gedauert hat, wurde geschichtet: Skipper tagsüber und ich als Eule Nachtschicht was sich, als der Sturm begann, so oder so erübrigt hatte! 26 Stunden Windstärke Acht, da schafft es niemand wirklich zu schlafen, egal wie fertig man ist! In den Häfen zieht dann aber teilweise eine gewisse Routine ein! Aber zurück zum Einsatz. Es gibt Sachen, die laufen schon nach den ersten drei bis vier Tagen unbewusst ab! Angefangen bei den normalen Arbeiten, wie Ablegen, Segel hoch ziehen, Fernglas holen, Sicherheitskleidung anziehen und aufs Wasser starren, um jede Bewegung wahr zu nehmen, die einen Hinweis geben könnte! Man achtet genau auf die Fischerboote und nebenher auf den Horizont, ob man Finnen sichtet! Ist ständig im Kontakt mit den anderen Teams und immer angespannt, denn jede Sekunde kann was passieren!

Der normale abendliche Ablauf der Crew ist etwas anders: Man versucht in der Kabine etwas zu kochen, was auch teilweise wahrhaftig funktioniert! Dann sitzt man noch ein wenig zusammen. Geht ja nicht anders auf einem Zehn-Meter Segler! Richtet dann die Kojen für die Nacht. Ich habe im Steuerhaus geschlafen, sozusagen als "Nachtwache". Unter solchen Umständen bin ich sehr leicht wach zu bekommen und habe grundsätzlich in Kleidern geschlafen. Aber wie gesagt, gibt es keinen kompletten Alltag, weder auf dem Wasser, noch auf den Färöern! Es kann immer alles passieren, was mit Grindarap oder Sturm zu tun hat! Es sind auch Segel gerissen. Wir haben uns z. B. das Mastkreuz verbogen, die Hydraulik hat unter den starken Strömungen gelitten und musste repariert werden, und bei der Abfahrt von den Shetlands Richtung Färöer hatten wir einen Motorausfall!

Joxe: Hattest Du auf dem Boot überhaupt Gelegenheit, Deinem Hobby der Musik nachzugehen?

Michael: Ja, gelegentlich hatte ich die Zeit zu üben! Skalen und ein paar Fingerübungen halt! Da ich ja Gitarrenlehrer bin und davon meine Miete und meine Brötchen bezahle, kann ich mir sechs Wochen Pause nicht erlauben! Wir haben auf den Shetlends in Lerwick eine billige, aber sehr schön klingende Gitarre gekauft! Ich konnte keine mitnehmen, da ich zu Beginn mit dem Zug nach Sylt gereist bin und von dort auf die Pegasus! Wäre dann doch etwas viel Gepäck gewesen. Es war so schon schwer genug! Und so haben wir beschlossen, irgendwo eine billige Gitarre zu ergattern, was uns auch gelungen ist! Notfalls hätten mir die anderen Shepherds vor Ort auch eine geliehen, habe ich dann vor Ort erfahren!

Martina: Zu welchen Erfolgen haben Eure Aktionen schon geführt?

Michael: Das ist ein Thema, wo man beide Arten des Erfolgs nennen muss! Es gab Aktionen, die haben zum direkten Erfolg geführt: Piratenfischerei, Langleinen
und das Fischen in Schongebieten. Die Aktionen gegen den Walfang haben tausenden Walen das Leben gerettet! Auf den Färöern gab es mehrere effektive
Aktionen, wo keine Grindwale getötet wurden! Dann gibt es andere Aktionen, die führen nur nach Jahren zum endgültigen Erfolg, da man hierbei nur mit Bildmaterial und den öffentlichen Medien arbeiten kann! Wie auch in Taiji und der dortigen Delfinjagd! Es würde niemandem etwas nützen, wenn dort der Aktivismus endgültig als illegal angesehen werden würde oder die Aktivisten nach zwei Tagen bereits im Gefängnis wären! Bei solchen Aktionen muss man dauerhaft die Öffentlichkeit mit Bildmaterial und aktuellen Infos auf dem Laufenden halten, bis der öffentliche Druck groß genug ist. Zu hoffen bleibt, dass irgendwann die Vernunft der Regierung siegt und solche Morde der Vergangenheit angehören!

Martina: Kam es schon zu ernsthaften Bedrohungen oder Zwischenfällen für die Crew auf dem Schiff?

Michael: Es gab keine Bedrohungen von der Seite der Färöer! Wir wurden auf See öfters knapp vor dem Bug geschnitten und aus nächster Nähe von den
Vogefängern gefilmt und naja, die normalen Schimpfwörter wurden rüber gebrüllt! Aber eine richtig ernste Bedrohung, die zur lebensgefährlichen Situation geführt hätte, gab es nicht! Ein anderer wirklich ernster Zwischenfall war am Anleger in Tongisvagur bei Suduroy, am drittletzten Tag, bevor wir Heim gesegelt sind! Wir mussten uns bei Strömung und Wind von ca. fünf Bft längseits an einem größeren Schiff im Fjord befestigen. Also mit etwas Seegang! Morgens um ca. sechs Uhr ist auf einmal die Bugleine gerissen und das Boot ist durch die Strömung ausgebrochen. Wir waren noch in den Kojen und es war kurz unglaublich stressig, weil ernsthaft die Gefahr bestand, dass wir Bruch machen! Aber wir haben es dann geschafft, die Heckleinen und Landkabel auf unserem Schiff frei zu bekommen. Durch die Stromversorgung konnten wir auf den letzten Zentimeter den Motor wieder starten. Wirklich auf den allerletzten Drücker sind wir dann auf Abstand gekommen! Solche ähnlichen, aber nicht ganz so kritischen Situationen gibt es auf See öfter! Diesmal war es sehr knapp!

Martina: Wäre Deiner Meinung nach ein dauerhafter Einsatz vor Ort möglich und machbar, damit das sinnlose Abschlachten dieser Lebewesen gänzlich verhindert werden kann?

Michael: Auch eine gute Frage, da die Grindwaljagd theoretisch das ganze Jahr über stattfindet! Ich glaube, dass es wegen der Feindseligkeit von den Fischern gegen die Tierschützer nicht sinnvoll wäre, dauerhaft erkennbar vor Ort zu sein! Die Färöer haben im Herbst auch mit starken Stürmen zu kämpfen, was eine Jagd unmöglich macht! Dann kommt die Dunkelheit und geht fließend in die Frühlingsstürme über! Aber man sollte vor Ort Beobachter haben, einzelne Personen. Eine dauerhafte Aktion wäre wohl wirklich nicht effektiv und würde vermutlich nur für mehr Trotzverhalten führen!

michael tentenJoxe: Wie bist Du auf die Idee mit dem Sampler gekommen, welche Unterstützung hast Du erfahren?

Michael: Als ich das Interview von der Steve Irwine gesehen habe und die immensen Kosten für eine Arktisaktion erfahren habe, wollte ich von meiner Seite aus einen Beitrag leisten! Und selbst wenn das Geld jetzt nicht genügt, um die Aktionen am Südpol effektiv zu unterstützen, wird, so hoffe ich, auf jeden Fall genug Geld rein kommen, um Ausrüstungen zu kaufen und die Kampagnen vor Ort zu finanzieren.


Beispielsweise die Operation Sturmmöwen, ein Teil von Grindstop oder 2015 bei den Forschungen, ganz egal! Hauptsache es hilft. Ich bin davon überzeugt, dass der Sampler genau das schaffen wird. Es wird zusätzliches Geld eingenommen, um Sea Shepherd mehr zu ermöglichen! Klar, die Volunteers arbeiten alle aus eigener Tasche. Nur fahren die Boote nicht mit Luft und Wasser und die Crews, die während der ganzen Operation dabei sind, müssen Miete für die Häuser, Hafengebühren, Verpflegung und Anmeldungen etc. finanzieren! Und genau dabei sollen die Einnahmen helfen!

Joxe: Wie viele Bands wurden angesprochen, bei dieser Benefits-CD mitzuwirken? Sind das alles musikalische Favoriten von Dir?

Michael: Es waren insgesamt 17 Bands! Der Frank Wilkens hat mir sehr dabei geholfen und nein, es sind nicht alles musikalische Favoriten von mir! Ich lebe ja eher in der "Steinzeit" der Musik. Mache zwar Prog, aber bin und bleibe Pink Floyd, Deep Purple, Dio und Rainbow Fan! Ich habe auch versucht Arjen Lucassen zu überreden. Er wäre auch einverstanden gewesen, nur war es mit dem Label etwas schwierig! Vielleicht beim nächsten Mal. Aber ansonsten waren die Bands, die gefragt wurden sofort interessiert und einverstanden, ihren Beitrag zu leisten! Find ich spitze sowas!

Joxe: Hast Du weitere Projekte dieser Art geplant? Was liegt mit Ayscobe als nächstes an?

Michael: Ich hab zwei Projekte vor! Das erste ist eine Vol. 2 zu produzieren! Und dann noch ein Sampler, der mir als Douglas Adams Fan viel bedeutet: Einen Benefitz Sampler für http://www.savetherhino.org. Die Organisation ist von Douglas Adams gegründet und fand ihren echten Anfang mit dem Kampf um die
nördlichen weißen Nashörner, von denen es heute nur noch sieben Stück gibt. Hier ist dringend Hilfe nötig! Ayscobe ist schon an der Arbeit für das nächste Album. Wir sind fleißig am sammeln und schreiben! Wird wohl nicht mehr lange dauern! Da wir uns entschlossen haben, erstmal ein normales Album zu produzieren, mussten wir an komplett neuem Material schreiben! Das zweite Konzeptalbum wird erst gemacht, wenn ich genügend Sänger und Sängerinnen habe, um es auch umzusetzen! Danke für das Interview!

Zum Review des Samplers klickt bitte hier:

http://www.crossfire-metal.de/8675-0-VARIOUS-ARTISTS-A-TRIBUTE-TO-SEA-SHEPHERD-FOR-THE-OCEAN.html



Autor: Martina Thiele, Joxe Schaefer