Motörhead, The Damned, Skew Siskin

Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle, 12.11.2014

Ob man Motörhead wirklich noch einmal live erleben durfte, war lange fraglich. Diese Tour hätte schon vor zwei Jahren stattfinden sollen. Aufgrund von Lemmy's Gesundheitszustand wurden sogar die Nachholtermine vor einem Jahr abgesagt. Dies war nun schon der dritte Versuch. Skew Siskin im Vorprogramm sind geblieben, Saxon leider nicht, da sie selbst gerade auf Headlinertour sind und an diesem besagten Abend in Kopenhagen spielten. Dafür war die britische Punklegende The Damned mit dabei.

skew siskinDen Anfang machten - mal wieder - Skew Siskin, die ich schon so oft vorMotörhead gesehen hatte. Nie mochte ich sie. Doch heute war das anders! Die dürre, abgewrackte blondierte Punkgöre mit der Sturmfrisur und den zerfetzten Klamotten machte eine riesige Veränderung durch: Sängerin Nina C. Alice hatte schwarze, glatte, halblange Haare, war etwas korpulenter geworden und sauber gekleidet, so dass sie mehr wie eine edle Bankangestellte, als wie eine Punksängerin aussah. Stimmlich war bei ihr alles wie immer. Lemmy hat mal behauptet, sie klinge wie eine Mischung aus Bon Scott und Janis Joplin. Und das stimmt tatsächlich irgendwie! Die Mucke war simpel und straight und erinnerte auch ein ums andere Mal an AC/DC, und kam gut im Publikum an. Manchmal gibt es doch noch positive Überraschungen!

 

the damnedGespannt war ich auf den Auftritt von „Lemmy´s favourite Punkband“, The Damned. Obwohl Punk? Na ja, schon die Discographie zeigt, dass das längst nicht immer so war. Bis 1981 schon, dann kam es zu zahlreichen Besetzungs- und Stilwechseln. Von Psychedelic Rock bis Gothic Rock war alles dabei. Von der Urbesetzung ist nur noch Sänger Dave Vanian, der aber auch – genau wie Nina C. Alice wenige Minuten zuvor - eher wie ein Bankangestellter aussah mit seinem feinen Anzug und der nicht dazu passenden Sonnenbrille. Auch Captain Sensible, der zunächst 1978 ausstieg, ist wieder mit dabei, außerdem English Dogs-Trommler Andrew „Pinch“ Pinching. Musikalisch gab es mal alles queerbeet: Gothic Rock („Street Of Dreams“, „The History Of The World Part 1“, übrigens der einzige Song, bei dem der Keyboarder wirklich nötig war, der ansonsten nur in einem Schlafanzug gekleidet den Hampelmann machte), Psychedelic Rock („Silly Kids“) und ja, auch simplen, an die Ramones erinnernden Punkrock („Love Song“, „Machine Gun Etiquette“, „Wait For The Blackout“, „Ignite“, „New Rose“, „Neat Neat Neat“, „Smash It Up“). Vor allem die Gesangslinien waren live richtig gut und sauber vorgetragen und längst nicht so schrammelig, wie es sich eigentlich für eine Punkband gehört. Stellenweise unterhaltsam, aber auch ein bisschen zwiespältig...

 

motörheadDann war es endlich soweit! „We Are Motörhead! And We Play Rock 'n' Roll! Mit „Shoot You In The Back“ ging es los (in Hamburg zwei Tage später fragte er mit seinem Humor noch "How Are You Doing?" wo sich doch jeder fragte, wie es ihm nach seiner langen Krankheit ging, Anm. d. Red.) Es folgten „Damage Case“, „Stay Clean“, „Metropolis“ und „Over The Top“, bevor Phil Campbell, der dieses Jahr sein 30. Jahr bei Motörhead feiert, sein Solo spielen durfte. Etwas überraschend fand „Suicide“ vom 2005er Meisterwerk „Inferno“ den Weg in die Setlist. Motörhead waren gut drauf. Um Lemmys Gesundheit nicht besonders zu belasten, spielten sie nur noch alle zwei Tage, dafür erledigten sie aber alles mit Bravour. Lemmys Stimme klang längst nicht so angeschlagen, wie auf der Bonus-Live-CD des aktuellen Albums „Aftershock“. Auch wurden die Songs nicht so lahm gespielt, wie letztes Jahr auf dem FortaRock Open Air in Holland, mit Ausnahme von „Ace Of Spades“ vielleicht, bei dem das Tempo leicht gedrosselt war. Auch wenn Lemmy wirklich sehr dünn geworden war, legte er einen soliden Job hin und hatte die Fans auf seiner Seite. Die Spielfreude stimmte. Phil Campbell ist ein richtig guter Gitarrist geworden und Mikkey Dee´s Drumming war eh noch nie von dieser Welt. Zwischen die Klassiker gesellten sich mit „Do You Believe“ und „Lost Woman Blues“ sogar zwei Songs vom neuen Album. Ein paar Kritikpunkte gab es aber trotzdem: Zum einen die sehr grelle Lichtshow, die einen ständig geblendet hat, und zum anderen die viel zu kurze Spielzeit von gerade mal 75 Minuten, was für einen Headliner entschieden zu wenig ist. Dafür empfand ich Motörhead dieses Mal als viel lauter als sonst. Zudem war der Sound, übrigens bei allen drei Bands heute Abend, sehr basslastig. Aber trotzdem hat die Halle, die von Phil Campbell immer noch liebevoll „Philipshalle“ genannt wurde, Motörheadgefeiert und war froh, dass der Meister nach zwei Tour-Absagen doch noch einmal den Weg nach Düsseldorf gefunden hat.

Setlist Motörhead:
Shoot You In The Back
Damage Case
Metropolis
Over The Top
Guitar Solo
Suicide
Rock It
The Chase Is Better Than The Catch
Do You Believe
Lost Woman Blues
Doctor Rock (incl. Drum Solo)
Just ´Cos You Got The Power
Going To Brazil
Killed By Death
Ace Of Spades
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Overkill

 

 



Autor: Daniel Müller - Pics: Daniel Müller