HAARWEG ZUR HÖLLE - Herrmann Breuer


Label:ULLSTEIN
Jahr:2009
Running Time:253 Seiten
Kategorie: Neuerscheinung
 

Oh nein, bitte nicht schon wieder eine Rock'n'Roll Geschichte über die Zeit, in der Haarspray, Spandex, Lippenstift und laute Gitarren eine innige Verbindung eingegangen sind, die mit der Veröffentlichung von Nirvana's „Nevermind“ endet! Doch! Und hier ist das auch gut so. Denn anders, als bei den zur Zeit inflationär erscheinenden Rockstar Biografien, haben wir es mit einem „hart gerockten Heimatroman“ zu tun. Häh? Es verhält sich so: Breuer erzählt eine Story aus der gleichen Dekade, den 1980er Jahren, aber vor einem komplett anderen Hintergrund: Den bildet nämlich die Rockszene in und um München in dieser Zeit. Und das macht es nun schon wieder spannend. Keine Villen auf dem Sunset Strip, keine Privatflugzeuge oder Drogeneskapaden, Groupiegeschichten, alles weitestgehend klischeefrei. Natürlich nicht ganz, hey, eine gute Story aus diesem Milieu braucht ein paar davon, um glaubwürdig zu sein. Natürlich gibt es Sex (aber im ehemaligen, verwohnten Jugendzimmer), Drugs (hier aber meistens Bier) und jede Menge Rock'n'Roll, nur dass es hier jeder zwischen fünfunddreißig und Ende vierzig nachvollziehen kann, denn die Geschichte der Band Löve Stealer und ihrer Mitglieder hätte so oder so ähnlich eigentlich jedem von uns passieren können. Natürlich sahen Mötley Crüe und Poison für den geneigten pubertierenden Rockfan völlig normal aus, außer er ist mit der Thrasherclique aus der Parallelklasse zusammengerasselt. Die Style Beratung und die Schminktipps gibt es von der großen Schwester eines Mitmusikers, den ersten Sex auch. All das, was diese Generation am eigenen Leib erfahren hat, findet in diesem Plot statt. Eben genannter Konflikt von Fans unterschiedlich gelagerter Spielarten des Metals, der unbändige Wunsch nach der ersten Gitarre, der Ausbau des Proberaums und die ersten Erfolge bis zum Plattendeal (ok, das haben dann doch eher die wenigsten von uns erlebt). Das Ganze ist so lebensnah und mit einer gehörigen Portion Augenzwinkern erzählt, dass es tatsächlich schwer fällt, den Schmöker aus der Hand zu legen. Nur dass das eben nicht aufstrebenden Millionären passiert sondern einer Clique von Kumpels, die ihr Bierchen im Dorfkrug zischen und nicht in einem polierten Schickimicki Club. Dazu kommt, dass sich der Autor als Kenner der Szene entpuppt, dieses Wissen wohldosiert in den Plot einfließen lässt und damit die Glaubwürdigkeit der Geschichte noch unterstreicht. Für Liebhaber dieser bunten und lebensfrohen Ära des Rock'n'Roll eine unverzichtbare, weil liebenswerte und sehr unterhaltsame Lektüre!

 

Note: Keine Wertung
Autor: Tammo Krauß


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