VORLAUT - GEFALLEN AUF EIGENE GEFAHR

Label: | SELBSTVERTRIEB |
Jahr: | 2014 |
Running Time: | 38:11 |
Kategorie: |
Eigenproduktion |
Vorlaut bezeichnen sich selbst als "Deutschrock aus Schöppingen", wobei die kleine Gemeinde, nahe meinem Wohnort im nördlichen Münsterland bislang eher durch die ortsansässige Kornbrennerei und das jährlich stattfindende Bluesfestival mit Gastauftritten von zum Beispiel Johnny Winter und Bill Wyman bekannt war. Szenekenner behaupten sogar, dass hier der raketenhafte Aufstieg des Joe Bonnamassa einsetzte. Ich kenne den Sänger Johannes Alichmann seit mehr als zehn Jahren, kam aber erst in 2013/2014 in den Genuss einiger Gigs, u. a. im Rahmenprogramm der Rammsteincoverband Völkerball. Was da teils auf der Bühne und davor abgeht, erinnert an früheste Konzerte der Hosen, Die Ärzte, The Clash und den Sex Pistols. Da wird gepogt, gebangt, gecrowdsurft und gedivt. Und da geht auch so mal einiges zu Bruch und Ali immer mitten drin, mal mit Bierflasche und Zigge in der Hand, mal mit Wuschelperücke, kann auch sein, das Member des neu gegründeten Fanclub "Vorlaute Bande" e. V. "Scheissegal" in das bandeigene Mikro grölen. Ganz anders das mir nun vorliegende, lange Zeit erwartete Debüt "Gefallen Auf Eigene Gefahr", einer Eigenproduktion mit acht Songs und als Zugabe zweimal "Unplugged". Nach einem langsamen Intro mit Akustikgitarre, welches in Grundzügen an "Alex" erinnert, geht es dann mit dem Titelsong auch sofort los und, mich mächtig überraschend, so gar nicht an die Liveperformance erinnernd, mit einem unglaublichen Drive der Drums, dabei mitnehmender melodischer Riffs und einprägsamer, aus vollster Überzeugung vorgetragener Vocals / Shouts des auch als Rhythmusgitarrist auftretenden Ali. Allesamt kurzweilige Songs mit einem klasse Zusammenspiel der vier Protaganisten, von denen da noch Mike Middelhoff an der Leadgitarre, Ralf Bonnefeld (Rabo) am Bass und Maurice Neurink (Momo) am Schlagzeug zu erwähnen wären. Stilistisch ist die Performance im härteren Rock einzuordnen, mit den durch die an Volbeat erinnernden Riffs von Mike einem leicht melodischen Metaltouch bei rotziger Stimme und frechen, halt vorlauten Texten gepaart mit eingängigen, leicht mitzugröhlenden Refrains.
"... egal was andere sagen, wir bleiben wie wir sind, wir werden uns nie verbiegen, drehen uns niemals mit dem Wind... " aus dem Opener "Gefallen Auf Eigene Gefahr" sind einfache, klare, ehrliche Aussagen, die jeder versteht und den weiteren, kompromisslosen Weg der Band vorgeben. "Schwiegersohn" mit "...ich bin dein Schwiegersohn, ich bumse deine Tochter, du kannst nichts, wirklich nichts dagegen tun..." ist rotzig frech, witzig und zeigt gleichsam eigentlich die Unfähigkeit der ach so Angepassten auf, wenn es, wie im Song endet mit "...dieses Spiel hast Du verloren, denn in ein paar Monaten wird unser Kind geboren...", wobei man hier ehrlich eingestehen muss, dass keiner der Bandmitglieder, zumindest soweit bekannt, künftigen Vaterfreuden entgegen sieht. Bei "Saufen Für Den Regenwald" wird die allseits bekannte Werbung eines großen Gerstesaftherstellers mit "...der Regenwald wird abgeholzt fürs Bett und Klopapier, dabei kann man ihn leicht schützen mit nur einem Kasten Bier..." zunächst auf die Schippe genommen / persifliert und "jeder Mann und jede Frau, alle dürfen mal, also nicht lang überlegen, sonst wird das Bier noch schal..." erinnert mich an die dörfliche "Schützenfestkultur". Vorlaut werden ihren Weg in der Deutschrockszene mit klasse Riffs, eingängigen Arrangements und vorlauten, ehrlichen und klaren Statements in jedem Fall finden.
Note: 8 von 10 Punkten
Autor: Andreas Gey