Music From The Beast

Oberursel, Burgwiesenhalle, 27.09.2014

 flyerNach langer Fahrt im Ortskern angekommen, meinte ich zu meiner Freundin, dass hier wohl kaum ein Metalfest stattfinden würde, zumindest so verschlafen wie es aussah. Doch ich sah mich getäuscht. Vor der Halle tummelten sich bereits etliche Langhaarige. Präsentiert wurde hier heute die beiden ex-Iron Maiden Sänger Paul DiAnno und Blaze Bayley, sowie die Cover-Opener Maiden United und Thomas Zwijsen. Und das für fette vierzig Euro. Dafür war es recht voll. Wir kamen früh an und hatten Hunger. Doch vor Ort gab es lediglich Würstchen und Brezeln. Für mehrere Stunden einfach zu wenig. Es war die erste Veranstaltung dieser Organisation, die wohl alle Freunde und Familienmitglieder amotisierte. Zwei Interviews waren geplant, aber man hatte mich vergessen. Blaze machte es freudig spontan, aber auf Paul musste ich drei Stunden warten, bis er immer noch müde
und gereizt aus dem Hotel kam. Die Idee des Festivals war ziemlich cool, aber wie immer durften die Vorgruppen zu lange spielen und dann erwartete uns der Doppelheadliner, und so kamen wir acht Stunden völlig erledigt um circa ein Uhr morgens aus der Halle und hatten noch die Fahrt nach Duisburg vor uns. Für die Dauer von vier Bands völlig inakzeptabel.

thomas zwijsenDen Anfang machte der Solist Thomas Zwijsen. Ein klassischer Metal-Gitarrist mit niederländisch-belgischen Wurzeln, der auf einer akustischen Gitarre Iron Maiden Lieder zum Besten gab. Da sein zweites Epos „Nylon Maiden II“ in den Startlöchern steht (Release: 07.11.2014), war sein Repertoire entsprechend groß. Jetzt bin ich ja kein großer Freund von Cover-Versionen und schon gar nicht wenn man fetzige Metal-Tracks mit Orchester verhunzt, oder wie im vorliegenden Fall nur instrumental auf der Klampfe klimpert. Da fehlen mir zu viele Emotionen. Das sah, soweit ich es beurteilen konnte, das komplette Publikum anders. Jeder Klassiker von Iron Maiden, sei es „Fear Of The Dark“, „Wasting Love“ oder das melodische „Can I Play With Madness“, wurden teilweise euphorisch gefeiert. Dennoch, ich konnte mich nicht begeistern, da selbst mit Unterstützung von Violinistin Anne Bakker, das Material zu trist wirkte. Und wenn die Geige einsetzte, riss es teilweise echt an den Nerven. Es gab als Bonus noch ein eigenes Stück, dessen Titel ich aber leider nicht mehr parat habe. Für die Iron Maiden Fans anscheinend der richtige Anheizer, denn auch auf YouTube hat der Kerl fast vier Millionen Klicks. Die gesamte Spielzeit des Sets war für mich absolut zu lang. Denn auch hier ging es akustisch zur Sache…nur ein wenig fetter!



maiden unitedAls nächstes gab es noch mehr Gas aus dem Publikum. Maiden United, die ihr Album 2011 mit verschiedenen Gästen präsentierten, kamen heuer lediglich mit Threshold-Ausnahmestimme Damian Wilson. Das damalige Album „Mind The Acoustic Pieces“ wurde von mir gerade eben mit drei Punkten bedacht. Dafür erntete ich harte Worte, aber zu dieser Benotung stehe ich weiterhin. Hier agieren alles begabte Musiker und Sänger, aber es passt nach meiner persönlichen Meinung einfach nicht. Diese Band klingt als würde Marillion ihre Version der Iron Maiden Songs umgeschrieben haben. Ständig hatte ich die alte Garde mit Fish & Co vor den Augen und vor allem in den Ohren. So geil wie Damian bei den Prog-Metallern Threshold shoutet, so extrem nerven seine meist überlang eingesetzten Gesangsnoten in dieser Formation. Natürlich überschnitten sich einige Songs, wie erwartet und bei Paul DiAnno würde man sicherlich manchen Track zum dritten Mal hören. Die Performance war fast so bieder wie beim sitzenden Opener, denn lediglich Damian versuchte so etwas wie „Show“ zu erledigen. Aber auch dieses Mal gab es von der Spielzeit fast ein Headliner-Set und das hätte einfach nicht sein müssen.



blaze bayleyEin längerer Umbau fand statt, bevor der „dritte“ Iron Maiden Shouter topfit mit einer unbekannten Truppe die Bühne enterte. Und genau nach den ersten Aufnahmen mit meiner Kamera, trat Dom (Drummer von Paul DiAnno) an mich ran und sagte, Paul hätte jetzt schnell Zeit für ein Interview. Ätzend. Als ich rein kam war die Stimmung gereizt, weil Mister DiAnno eigentlich keinen Bock hatte. Dabei wurde ich doch nach einem Interview gefragt. Ich riss es in zehn Minuten ab und begab mich wieder vor die Bühne, wo Blaze Bayley (ex-Wolfsbane) in bester Laune seine sechs Jahre Iron Maiden Mitgliedschaft in fünfzehn Songs abriss. Was mit „Lord Of The Flies“ begeistert anfing, erreichte mit „The Clansman“ seinen Höhepunkt. Aber Herr Bayley war sich selbst nicht zu schade, „Iron Maiden“ zum Besten zu geben. Hier war alles im grünen Bereich und gerade Mal die vielen „Ohohohos“ gingen mir tierisch auf den Senkel. Aber das ist auch Iron Maiden. Im Nachhinein muss jeder zugeben, dass wohl die meisten Zuschauer wegen Blaze gekommen waren, denn nach seiner rastlosen Performance wurde es merklich dünner vor der Bühne. Aber dazu gleich. Blaze Bayley hat seine Stimme gut im Griff, ist ein echter Entertainer und jetzt bereue ich es schon ein bisschen, ihn mit Iron Maiden nicht live gesehen zu haben.



paul di'annoZu später Stunde kam dann Paul DiAnno mit seinen Phantomz auf die Bühne. Es ist seine deutsche Tourband, die ihn aber auch in andere europäische Länder seit Jahren begleiten. Unter einem neuen Bandnamen steht nun endlich eine CD an, aber dazu mehr im bald erscheinenden Interview. Fangen wir mit dem Positiven an. Obwohl schwer angetrunken (und weiter trinkend) war Paul ausnahmsweise gut bei Stimme. Zumindest was die erste Hälfte des Sets betraf. Später kamen dann zusehends Schwierigkeiten auf, die durch den Whiskey auf der Bühne nicht besser wurden. Siebzehn Songs sollten es werden, und das Publikum wurde fortwährend magerer. Zumindest an der Begleitband kann es nicht gelegen haben, die spielerisch und showmäßig alles an sich riss. Und das musste sie auch. Zum einen ist Paul durch seine Knie-Operation komplett eingeschränkt, so dass er selbst teilweise auf der Bühne sitzen musste, und zum anderen und hier ist wohl das größte Manko dieses Sängers angesprochen, beleidigt Paul alles und jeden frontal von der Bühne. Damit eckt er tierisch an und bekommt letztendlich negatives und fatales Feedback, bei dem sich nicht alle Teilnehmer am Konzert wohl fanden. Mancher reagierte mit Stinkefinger und Drohungen in Richtung Bühne. Was von Paul natürlich ebenso aggressiv beantwortet wurde, während andere einfach betrübt und enttäuscht nach Hause gingen. Zwischen den Klassikern wie „Prowler“, „Wrathchild“, Murders In The Rue Morgue“ und „Running Free“, sowie „Killers“, fand Paul die Metaller scheiße, auch die Poser, Sänger (da er ja der Beste ist) und Iron Maiden sowieso (seit er Geschichte ist). Das ist nicht jedermanns Geschmack. Von der Anwesenheit zweier Hells Angels im Fotograben waren auch die Wenigsten angetan. So kam was kommen musste, und der Saal war nach zehn Beiträgen nur noch halb so voll. Schön dass wenigstens einige Hardcore-Fans abfeierten. Das hatten zumindest die Phantomz verdient. Als mit der Zugabe „Blitzkrieg Bop“ von The Ramones das Ende eingeläutet wurde, war ich nicht wirklich traurig. Ach ja, es gab einen Track vom neuen Album, und der war echt nicht gut. Ich hoffe die Band hat da mehr zu bieten wenn das komplette Werk erscheint, sonst findet Paul mich demnächst als Kritiker auch scheiße!



Autor: Steve Burdelak - Pics: Steve Burdelak