Bang Your Head Festival 2014

Balingen, Messegelände, 11. & 12.07.2014

flyerDa wir bereits die gesamte Woche im Umfeld des Zollern-Kreises Urlaub gemacht und gestern schon die VIP-Pässe geholt hatten, war die Anfahrt heute morgen alles andere als stressig. Zumal seit vier Tagen zum ersten Mal der Lorenz brannte. Und das, obwohl der Namenstag des heiligen Laurentius, dessen Kurzform Lorenz ist, gestern war (insofern also die Mitte des Sommers). Um 9:30 Uhr war es bereits ungewöhnlich voll vor der Bühne. Vielleicht weil alle auf die deutschen Speed-Metaller Warrant warteten, eine der wenigen Bands, die selbst ich noch nicht live gesehen hatte. Doch das Konzert fiel ins Wasser. Gleich der Opening-Act führte zum ersten Wechsel. Die Düsseldorfer mussten passen, da ihr Drummer Arno Verstraten unter einer Sehnenscheidenentzündung litt.

 

Tag 1 - 11.07.2014:   Traitor, Accu§er, Warlord, Vain, Kissin' Dynamite, Riot V, Exodus, Michael Schenker & The Temple Of Rock, Sebastian Bach, Axel Rudi Pell.

traitorAls Ersatz stellte man die in Balingen beheimatete Formation Traitor auf die Bretter. Auch sie frönten dem Thrash-Metal, spielten „very“ oldschool und kamen dennoch ziemlich frisch und unverbraucht rüber. Die vier Recken aus dem schönen Baden-Württemberg gründeten sich 2004 noch unter dem Banner Meatgrinder, und wechselten bis ins Jahr 2009 nicht nur öfters die Besetzung, sondern gleich den Bandnamen mit. Dann wurde alles konkreter, ein Demo erblickte das Licht der Welt und dann 2012 kam das Debütwerk „Thrash Command“ auf den hiesigen Markt. Mittlerweile stand auf der Bühne ein seit 2013 festes Line-Up mit dem singenden Drummer Andreas Mozer, den beiden Gitarristen Gerd Hery und Matthias Koch, sowie dem Bassisten Lorenz (wenn das Mal kein Zeichen war) Kandolf. Innovation in jeder Hinsicht gleich Null (was in Balingen eh keiner will), aber Altbewährtes gut gespielt.

 

accuserAccu§er aus Siegen, die vor Kurzem noch mit ihrem Re-Release, „Who Dominates Who?“ (das Originalwerk erschien 1989), auf unserer Seite präsent waren, standen als nächstes mit der Axt bei Fuß. Vor zwölf Jahren gab es die erste Wiederbelebung der Truppe (und 2008 eine weitere Neubeatmung). Man hatte genug Zeit, den Thrash-Metal der Band wieder auf hohem Niveau anzusetzen, das auch in diesem Ambiente keine Probleme darstellte. Die Formation, die sich eher an Exodus und Testament orientiert, hatte zwar mit „Diabolic“ ein recht neues Werk am Start, konzentrierte sich aber im Wesentlichen auf Klassiker. Frontsau Frank Thoms brachte mit seiner Band das Publikum das erste Mal zum Toben, und niemand konnte anhand des Stageacting eine ältere Band vermuten. Hier brannte nichts an.

 

warlordKurz vor dem Mittagessen kam mit Warlord, den Amis, für mich die Überraschung des Tages. Ihr Kultstatus (hier sang sogar von 2001 bis 2002 Joacim Cans von Hammerfall) war wohl völlig an mir vorbeigerauscht. Was aber auch daran liegen mag, dass ich im Festival Guide des Veranstalters las, dass seit 2002 fast nichts veröffentlicht wurde. Im letzten Jahr erschien das Album „The Holy Empire“. Jenes ist dann wohl überhaupt nicht auf meinem Schirm gewesen. Schlimm, denn was die Veteranen mit ihrem 1984er Debütwerk „And The Cannons Of Destruction Have Begun..." und hier feilboten, war erste Sahne. „Child Of The Damned“ wurde in neuer Besetzung gespielt, was damals von Hammerfall gecovert wurde. Epik und Theatralik gebunden in wunderschönen Melodien, mit einem Mini-Ansatz an progressivem Stoff sind das Markenzeichen der Band, mit einem Shouter (Nicholas Leptos, seit 2013 dabei) der Extraklasse, konnte auch kaum etwas schief gehen. Das komplette Umfeld vor der Bühne war absolut begeistert, oder wie ich total überzeugt etwas Besonderes gesehen zu haben. Ergo: Alben anschaffen ist angesagt!

 

vainDavy Vain und seine Bande war seit geraumer Zeit eher regelmäßig in unseren Breitengraden unterwegs. Bei Vain, eher immer zweite Garde was den Erfolg angeht, konnte man sich hier und heute davon überzeugen, warum das so war und weiterhin bleiben wird. Wie schon auf dem Shout It Out Loud Festival 2012, wollte der Funke auch dieses mal nicht überspringen. Zwar hat der Kalifornier seine alten Hits aus den 80er Jahren, aber die wahren schon nicht das Gelbe vom Ei. Neuere Tracks wie vom 2011er Werk „Enough Rope“ kamen gar nicht zum Tragen und wirkten eher bieder. Wie das letzten Aufbäumen eines Sängers, der nicht aufhören kann, weil er ja nichts anderes gelernt hat. Das Stageacting und der Kontakt zum Publikum waren ganz ordentlich, aber weil die großen Melodien und Hooklines fehlten, war nicht mehr viel zu retten. Natürlich sahen das einige Poser-Chicks neueren und älteren Jahrgangs etwas anders, denn zum Einen hatten die Älteren keinen Sinn ihren alten Heroes zu kritisieren und die Jüngeren waren einfach froh, einen Star aus der Zeit, die sie nicht miterlebt hatten, sehen zu können. Der plötzlich einsetzende Platzregen machte den Auftritt nicht leichter.

 

kissin' dynamite Kissin` Dynamite, ebenfalls aus dieser Region, hatten einfach mehr als nur ein Heimspiel. Die Schwaben mit Ausnahme-Sänger Hannes werden hier vergöttert. Urplötzlich brechend voll vor der Bühne, entfachte die Band im nu mit dem Opener „Sleaze Deluxe“ einen Sturm, der sich gewaschen hatte. Hannes selbst ist ein Übertier. Von seiner Power könnte auch die gesamte Band zehren, wenn nicht jeder noch selbst für ansteckende Energie sorgte. Das Album „Money, Sex And Power“ hat zwar bereits zwei Jahre auf dem Buckel, aber die Songs haben ihren Spaß noch nicht eingebüßt. Selbst die Klassiker älteren Jahrgangs wurden gefeiert wie aktuelle Singles. Das machte der Band natürlich die Sache leicht und spornte sie, falls es überhaupt möglich war, noch zusätzlich an. Fast hatte ich mir gedacht, dass dieser Auftritt zumindest in Sachen Show das Highlight des Tages sein würde. Und so war es dann auch, denn niemand machte Kissin` Dynamite bis spät Abends diesen Posten streitig. Von derart Bands brauchen wir massig mehr in Deutschland.

 

riot vNatürlich war der Tod ihres Gitarristen Mark Reale vor zwei Jahren ein ziemlich derber Schlag für die Band. Zusammengebrochen ist man allerdings nicht und hat sich mit Nick Lee, einem sechsundzwanzigjährigen Gitarristen, der die Soli übernimmt, und dem neuen Shouter Todd Michael Hall verstärkt, und kommt als Riot V zurück ins Business. Ich war erstaunt wie cool die Band aufeinander eingespielt war, und das obwohl man noch kaum Zeit hatte, ein ordentliche Symbiose zu bilden, aber präsentierte Songs wie „Narita“,„Thundersteel“ (my alltime favorite), „Wings Are For Angels“, „Johnny`s Back“ oder „Fight Or Fall“, kamen wie aus einem Guss. Selbst das Zusammenspiel zwischen Mike Flyntz und dem neuen Klampfer war wunderbar, und man hatte Herrn Reale nicht ständig im Kopf. Todd Michael Hall erwies sich als unheimlich gute Wahl, gehörten seine Vocals doch mitunter zu den besten des heutigen Tages. Ich gehe mal davon aus, dass diese Truppe noch Jahre am Start sein wird, sofern man sich im Studio ebenso Nahe kommt.

 

exodusStehen die Bay-Area Thrasher Exodus eigentlich in Sachen Review außerhalb der Konkurrenz? Nun, viele würden dies bejahen. Ich persönlich, eher anderen Musikrichtungen zugewandt, habe sie erst spät, also in den 2000ern auf Konzerten erlebt, und bis dato nichts zu bemängeln gefunden. Wer die Riffattacken von Gary Holt (der bereits dreimal zur Band stieß) und Lee Altus (seit 2005 im Team) bevorzugt, wurde wieder auf höchster Ebene bedient. Da hatten die Amis leichtes Spiel. Zudem die Fans super euphorisch vor die Bühne wanderten, um die Reunion mit Brüllwürfel Steve „Zetro“ Souza“ zu feiern. Eigentlich ist er das „älteste Mitglied“ da er schon 1987 dabei war. Nun auch hier sein dritter Einstieg und eine Performance, als wenn alle schon immer dabei waren. Dass hier die Klassiker der Bandgeschichte rulten, „Piranha“, „The Toxic Waltz“, „Bounded By Blood“ und „War Is My Shepherd“, verstand sich fast von alleine. Die Matten in der Menge flogen wie wild, wussten die Fans doch, dass zumindest draußen heuer keine härteren Töne mehr fallen würden. Mit „Strike Of The Beast“ verabschiedete man sich für viele leider wesentlich zu früh. Band wie Publikum trieben sich zum Äußersten und werden hier in Balingen sicherlich zum letzten Mal aufeinander treffen.

 

michael schenkers temple of rockZu Michael Schenkers Temple Of Rock hatte im voraus eigentlich niemand eine Meinung. Eigentlich war auch niemand bereit, sich den Fingerflitzeeskapaden der letzten Releases des Gitarristen live zu stellen. Somit hoffte jeder inständig, dass das Hauptprogramm aus alten Michael Schenker Tagen stammen würde. Und so war es dann ja schließlich auch. Zudem hatte der fast sechzigjährige, aber wesentlich älter aussehende ex-UFO Klampfer (1973-1978 und 1993-2002) relativ bekannte Mitstreiter im Team, die allerdings nicht jeder sofort erkannte, wie die beiden ehemaligen ex-Scorpions Mitglieder Hermann Rarebell an den Drums und Basser Francis Buchholz. Als Sänger fungierte das ehemalige Rainbow-Mitglied Doogie White. Nun waren alle zumindest von der Songauswahl angenehm überrascht, die sich aus einem bunten Gemisch der Bands erstellte, in dem die Musiker bis dato spielten. So kam der Opener „Dcotor Doctor“ ziemlich cool, Scorpions „Lovedrive“ aber ehr mau. Eine Sichtweise, die sich durch das komplette Programm zog. Zumal Doogie zwar ganz angenehm singen kann, seine Stimme aber den passenden Tick zu einigen Titeln vermissen lässt. Seine lahme Bühnenaction machte die Sache nicht besser. Dafür gab es in der Mitte des Sets ein Instrumental, wo der gute Mann sich ausruhen konnte. Im weiteren Verlauf durften wir Songs wie „Before The Devil Knows You`re Dead“, „Rock You Lika A Hurricane“ (nööööööö…ging gar nicht) und „Rock Bottom“ lauschen. Es entstand eher ein gemischter Eindruck, wobei sich Herr Schenker am besten schlug.

 

sebastian bachVom Kanadier und ehemaligen Skid Row Aushängeschild Sebastian Bach, erwartete ich live nicht wirklich viel. Hat er mich bereits auf CD, DVD und diversen Konzerten im In und Ausland, fett enttäuscht. Mehr Lärm als Leistung. Anfangs bei „Temptation“ und „The Threat“ kämpfte er noch mit technischen Problemen, und im späteren Verlauf, insbesondere bei „18 And Life“ und „I Remember You“ mit der eigenen versiegenden Gesangsleistung. Ob am Anfang wirklich die Technik versagte, oder Bas nur schon anfängliche Probleme hatte, lasse ich mal dahingestellt. Fakt ist, dieser Sänger ist nur noch ein Schatten seiner selbst, der sich aufgrund seiner alten Schandtaten auf seinen Lorbeeren ausruht, und sich im amerikanischen TV gut verkaufen kann. Dieser Auftritt bestätigte wieder, dass er mit den meisten Songs absolut überfordert war und seine Begleitband um Längen besser agierte. Der einzige Vorteil, den dieser Fronter noch hat, ist seine Ausstrahlung (die sich mir auch nicht erschließt), die die ehemaligen Poser-Mädels noch für sich erkennen und zu lieben wissen. Natürlich gab es noch etliche positive Meinungen, aber die kann ich bei aller Liebe und Toleranz einfach nicht mehr ernst nehmen. Jeder andere unbekannte Sänger wäre für diese Leistung geteert und gefedert worden.

 

axel rudi pellFür einen kurzen Zeitraum konnte ich mir Evocation im Indoor-Bereich ansehen (war ziemlich cool), musste dann aber zum Headliner (und für mich den letzten Auftritt des Tages. Alle weitere Bands in der Messehalle: Grave, The Exalted Piledriver und Schirenc Plays Pungent Stench, fielen der Müdigkeit zum Opfer), Axel Rudi Pell, wieder vor die Hauptbühne. Hier sollte uns etwas ganz Besonderes erwarten. Für den Ruhrgebiet-Gitarrero gab es mächtig viel zu feiern. Einmal fünfundzwanzig Jahre Axel Rudi Pell, und dann noch dreißig Jahre Steeler-Debütalbum. Ergo, kamen die alten Steeler Mitstreiter als Gäste direkt zu Anfang auf die Bühne. Somit stand eine dreiteilige Show an, die von Axels Freund Thomas Weinkauf angesagt wurde, den einige vielleicht als „Harry“ von dem Polizei-Team „Toto & Harry“ (einige Leser wissen da sicherlich mehr) kennen. Der Abend begann also mit einer Steeler-Reunion (der einzigen Show in Europa), mit den ehemaligen Mitgliedern Sänger Peter Burtz, Thomas Eder an der Gitarre und Jan Yildiral am Schlagzeug. Es war ganz nett, aber weder Band noch Publikum waren extrem euphorisch. Selbst Axel wirkte nur mäßig begeistert. Nach vier Songs war der Fisch gegessen. Nun zum zweiten Teil des Happenings kamen diverse Versionen der Axel Rudi Pell Band zur Geltung. Jörg Michael saß am Kit und Rob Rock griff sich lediglich für einen Beitrag, „Nasty Reputation“, den Mikrophonständer. Danach gab er ihn weiter an Jeff Scott Soto. Er gab „Warrior“ und „Fool Fool“ zum Besten. Das konnte schon mehr begeistern. Dann kam Johnny Gioeli und der aktuelle Newcomer an den Drums, Bobby Rondinelli (ex-Rainbow, ex-Black Sabbath, ex-Riot). Natürlich gab es neben den Klassikern Kernsongs vom neuen Longplayer „Into The Storm“. Last but not least ging es dritten und letzten Teil über. Unter dem Motto Axel Rudi Pell und Friends gaben sich die Promis der Metal-Szene noch mal die Klinke in die Hand und interpretierten sieben Cover Songs. Das natürlich nach dem „Drum Battle“ zwischen Mister Rondinelli und Vinnie Appice. Dabei waren Ronnie Atkins (Pretty Maids); Michael Voss (Mad Max), Graham Bonnet, Tony Carey, Jeff Scott Soto und Doogie White. Veranstalter Horst Franz gedachte Ronnie James Dio mit „Long Live Rock `n´ Roll (gesungen von Jeff Scott Soto und Michael Voss). Man überzog mit „Smoke On The Water“ und es gab ein Finale mit allen Beteiligten samt Konfetti-Schauer…passend zum eigentlichen Regenfall.

 

 

Tag 2 - 12.07.2014:   More, Hirax, Mad Max, Ektomorf, Rob Rock, Stryper, Obituary, Unisonic, Anthrax, Europe, Twisted Sister.

more!Nachdem man 2011 unter Exmore firmierte, gab es nun eine Reunion unter More Endlich wieder eine Band, die ich noch auf meiner „habe ich nicht gesehen“-Liste hatte. Erstaunlicherweise kam mir der Sänger bekannt vor: Mike Freeland (ex-Parying Mantis). Die Jungs, die noch zur New Wave Of British Heavy Metal gehörten, waren leider nicht so großartig vom Erfolg beschert. Das machte aber heuer vor der Bühne keinen Abbruch, die noch überschaubare Schar an Fans und Neugierigen war durch die Bank weg begeistert. Das Problem meist älterer Bands, die nach Jahren wieder zusammenfinden und sich mit neuen Gesichtern schmücken ist, dass ihre Action zu statisch ist. Es wirkt als wenn man sich noch nicht gefunden hat. Verhalten werden die alten Klassiker geballert, aber es fehlte an sichtbaren Emotionen. Wahrscheinlich fehlte insgesamt die Bühnenerfahrung im neuen Regiment. Ob sich das findet, wird sich zeigen. More war musikalisch unantastbar, aber keine optische Augenweide.

 

hiraxDa waren natürlich Hirax, die den für mich unverständlichen zweiten Opener des Tages stellten, ein ganz anderes Kaliber. Wer sich vom Spaß und Überschwang des Fronters Katon W. De Pena nicht infizieren lässt, ganz egal ob einen die Musik anspricht oder nicht, sollte sich zum Arzt begeben. Dieser Mann ist Metal pur und benahm sich für seinen Brotherhood genauso wie sich die Szene gerne im Allgemeinen selber beschreibt, aber nur selten gibt. Katon mochte schon während des Sets alle Fans persönlich umarmen und selbst das gab nur einen Teil seines Charmes wieder. Natürlich war er auch Backstage das gleiche Tier und kaum zu bremsen. Erfreulich war es ebenso, dass seine komplette Mannschaft hinter ihm stand und sich begeistern ließ, es ihm gleich zu tun. Verbunden mit den Evergreens der Band, „Bombs Of Death“, „Immortal Legacy“ und der allgemeinen old-school Thrash Breitseite. Hirax gab es erst wieder seit dem Jahr 2000, und mit Gitarrist Mike Guerrero (seit 2011) und Drummer Jorge Iacobellis (seit 2008), waren noch zwei relativ neue Leute am Start, aber Katon war die Droge, an der sich alle ansteckten, und deshalb stellten sie Bands wie More und Konsorten partymäßig völlig in den Schatten.

 

mad maxDa hatte es eine der ältesten deutschen Melodic-Rock-Formationen nicht gerade einfach. Zumal nach den ersten Songs der tobende Regen einsetzte. Mad Max kam in der Reunionbesetzung, wieder mit Drummer Axel Kruse. Ihre moderaten Töne, im direkten Vergleich zu Hirax, ließ viele im Publikum verschwinden und nach der Schauer auch nicht wieder auftauchen. Und dennoch gab die Band Vollgas. Trotz des Umstandes, dass Fronter Michael Voss Sänger und Gitarrist in Einem ist, zog er eine coole Show ab und verblieb nicht ständig in Mikronähe. Die Band hatte bei ihrem ersten Auftritt in Balingen ever eine Riesenlaune mitgebracht, die sich in ihren Highlights wie dem Opener „Burning The Stage“ dem Kracher „Lonely Is The Hunter“ oder der The Sweet Cover-Version „Fox On The Run“, widerspiegelte. Leider gab es überhaupt keine neuen Songs. Das frischeste Stück war wohl aus dem Jahre 2006. Mit einem aktuellen Werk wie „Interceptor“ in der Tasche, einfach unverzeihlich. So viele Zuschauer kannten die Band von ganz früher (Gründung 1982) nu auch wieder nicht.

 

ektomorfDer Neo-Thrash des nächsten Acts aus Ungarn, wird öfters mal mit Soulfly und dann wieder mit Sepultura verglichen. In diesen Disput mische ich mich erst gar nicht ein. Fakt ist, mit Ektomorf wurde es brutal und krachend. Obwohl es wieder voller vor der Bühne wurde, spalteten die Jungs aus dem Osten eher die Meinungen. Die Einen ließen sich die Rübe vollbraten, die Anderen zogen schmähend zum Bierstand, weil ihnen der Sänger Zoltàn „Zoli“ Farkas nicht schmeckte. Zum Glück kam ihr letztes Album „Retribution“ im Januar bei AFM-Records raus und so hatte man im Nachhinein eine schöne Plattform, es zu promoten. Leider war der Sound, wie eigentlich bei einigen Acts in diesem Jahr, nicht das Gelbe vom Ei. Keine Ahnung, warum das heuer so ein Kampf war. „I Know Them“ entfachte eine kleine Party und die Band selbst verkaufte sich ganz gut, aber in Wirklichkeit sprang der Funke nicht so ganz über. Dafür schien der Sound der Truppe insgesamt zu monoton zu sein. Für mich war es das volle Brett, aber mit ihren Songs lief die Gang ständig Gefahr, den Punkt der Tristesse live zu überschreiten. Zum Glück gab es als Bonus die The Exploited Cover-Version von „Beat The Bastards“.

 

rob rockWie viele andere freute ich mich auf Mister Rob Rock, der gestern bereits mit Axel Rudi Pell ein Jubiläum feiern durfte. Leider wurden die meisten etwas enttäuscht, zumindest diejenigen, die ehrlich waren. Im Prinzip gehört Rob zu den kräftigsten Sängern der Szene, und das seit Jahren. Auch seine Songs sind oftmals, jeder für sich betrachtet, ganz ordentlich. Aber leider haben sie im Laufe der Jahre ihren Glanz und vor allem ihre Überzeugung im kompletten Gig verloren, da sie einiges wiederholten und es mit der Abwechslung dahin war. Solide gespielt, aber ohne Überraschungen und ohne großartige Actionshow. Der Meister wirkte etwas müde und vor allem gelangweilt. Vielleicht waren es einfach zu viele Bands in zu vielen Jahren. Seine Begleitband war mir nicht so bekannt, aber das spielte für die Fans vor der Bühne eh keine große Rolle. Zusammengefasst würde ich sagen, dass Mister Rock sich erstmal an ein neues cooles Album heranmachen sollte, und das wieder mit altem Mut präsentieren, als die abgetretenen Gassenhauer tot zu reiten.

 

stryperStryper hatte ich als Oberposer noch nie vor die Flinte gekriegt. Ihre Musik begleitete mich seit ich denken kann und ich wollte immer mal die gelb-schwarzen Outfits in Action sehen. Am besten noch zu den Zeiten, als die Bibeln ins Publikum flogen. Leider blieb mir dieses Erlebnis versagt, und so freute ich mich wie ein Specht auf den heutigen Nachmittag. Das Bibelwerfen blieb bekanntlich aus, und das Outfit trugen eher die Fans. Na ja, zumindest eine handvoll von ihnen. Die christlichen Hard-Rocker spielten allerdings nur powervoll heute. Ihre bekannten Balladen wie „Honestly“ und „I Believe in You“, blieben außen vor. Zum Set gehörte aber der Opener „Makes Me Wanna Sing“, „Free“, der Kiss-Covertrack „Shout It Out Loud“, das famose “Soldiers Under Command” und das unverzichtbare Stück, “To Hell With The Devil”. Schade nur, dass man nicht die aktuelle und rifftreibende Single “No More Hell To Pay”, vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 2013 präsentierte. Darauf hatte ich mich eigentlich gefreut. Wäre es doch ein ziemlich cooler Live-Hammer gewesen. Spielerisch und vor allem gesanglich vom Feinsten blieb man allerdings mit der Bühnenperformance eher verhalten. Und wieder ein Häksken in meiner Liste.

 

obituaryObituary waren mir noch frisch vom Rock Hard Festival 2014 in Erinnerung. Sie sind Death-Metal-Pioniere aus Florida und haben eine satte Fangemeinschaft, die vor der Bühne alles füllte was möglich war. Trotz des miesen Wetters kam fette Stimmung auf und die Matten kreisten zu Songs wie „Slowly We Rot“, der neue Hit „Inked In Blood“ oder gar „I`m In Pain“. Dummerweise absolvierten die Jungs ihr Set im kleinen Bühnenrahmen und waren im Gegensatz zu ihren Anhängern vor dem Wetter fies. Geht gar nicht! Das sorgte dafür, dass etwas Langeweile aufkam und immer mehr Zuschauer zum Essen oder Trinken abwanderten. Fronter und Haarezüchter John Tardy hat eigenartigerweise nicht nur aufgrund der Breaks weniger zu tun. In manchen Tracks schien er fast arbeitslos oder mit Haareschütteln beschäftigt. Da ich selber dem Hunger nicht abgeneigt war, weil das bei mir eher die Ausnahme ist, haha, nahm ich die zweite Hälfte des Sets vom restlichen Gelände aus wahr. Hier schien der Sound um einiges besser, nachdem er über einige tausend Köpfe hinweggeflogen war. Leider war das Essenangebot, seitdem die Veranstalter sich selber um die Fressalien kümmern, nicht so verlockend. Kelly Rosenberg mit seinen Fleischspießen fehlte mal total. Und er hatte immer für gute Laune gesorgt. Kelly…komm wieder!

 

unisonicUnisonic mit der All-Star-Besetzung sind mir schon einige Male unter die Augen gekommen. Und nie habe ich einen schlechten Auftritt mit ihnen erlebt. Die beiden Kürbisköpfe Kai Hansen und Michael Kiske konnten sich vor lauter Ansturm kaum retten, die anderen Jungs aus den Bands Krokus und Pink Cream 69 hatten ebenfalls alles im Griff. Allein Mandy Meyer, der ewig auf seine Saiten starrte, schien etwas Kontaktscheu zu sein. Mit „For The Kingdom“ hatte man noch schnell eine EP ins Rennen geschickt, und der Hauptangriff „Light Of Dawn“ stand schon in den Startlöchern. Herr Kiske, der mal der Meinung war, dass Metal tot sei, zeigte sich von seiner charmantesten Seite und lullte das Publikum fast ein. Da schien eher Axtmann Kai etwas verhaltener und ließ seinen Fronter gerne gewähren. Als Team noch recht frisch, aber relativ hoch im Billing, gab es aufgrund der wenigen Releases doch satte zehn Tracks zu Gehör. Das waren unter anderem „Unisonic“, Star Rider“, „March Of Time“, „My Sanctuary“, „We Rise“ und natürlich dem Helloween-Kracher „I Want Out“, der ohne Wenn und Aber von allen Seiten lauthals ertönte. Eine Formation, die wir wohl noch öfters sehen werden.

 

anthraxAnthrax, die ich das letzte Mal noch mit Shouter John Bush (bis 2010) live gesehen hatte, schlugen nun wieder mit Joey Belladonna auf, der bereits zum dritten Mal im Line-Up ist. Ihn hatte ich das letzte Mal Ende der 80er-Jahre mit Anthrax im Vorprogramm von Iron Maiden gesehen. Spaß hatte er in beiden Backen. Ein absoluter Power-Garant. Diese Amis, die zu den „Big Four“ des Thrash-Metals gehören, sind seit 1981 am Start und haben nichts an Überzeugungskraft eingebüßt. Dementsprechend wurde es ihnen von den Fans, die vor der Bühne schier auszurasten schienen (was in diesem Jahr eher selten geschah) gedankt. Nach „Caught In A Mosh“ und Indians gab es mit „In The End“ eine musikalische Hommage an Ronnie James Dio und Dimebag Darrel mit einem besonderen Leckerli. Banner mit den Konterfeis der beiden Sänger wurden links und rechts vom Drumset angebracht. Eine schöne Geste. Das es noch zum Covertrack „Antisocial“ im Original von Trust kam, verstand sich fast von alleine. Natürlich war Herr Bush ein geeigneter Sänger für diese Formation, aber Joey Belladonna ist einfach passender.

 

europeEurope hatte ich Mitte der 2000er auf dem Sweden Rock Festival gesehen. Nach den Streitigkeiten Backstage zu urteilen, hätte ich der Band kein Jahr Existenz mehr zugetraut. Aber voila! Hier waren sie. Und das in Bestform. Sänger Joey Tempest und Gitarrist John Norum bildeten immer noch das Duo Infernale, welche das Zentrum der Band war. Eigentlich lieben und hassen sie sich, was man live nie merkte. Da haben andere Truppen schon schlimmeres bewiesen. Aber schließlich stand das Erfolgsteam seit der Reunion 2003 auf den Brettern, und so war es ein Leichtes, alte und neue Tracks wie aus einem Guss zu servieren. Als Co-Headliner ein guter Posten, obwohl ich sie auch als Headliner akzeptiert hätte, nach so vielen Malen Twisted Sister. Dass Europe heuer härter klingen, liegt einfach daran, dass man die Chartbreaker-Songs aus der mittleren Karrierephase gerne außen vor lässt, bis auf „The Final Countdown“, „Superstitious“ und „Rock The Night“. Das war wohl ein Kompromiss, den Joey John gegenüber eingehen musste. Deshalb wahrscheinlich auch der Verzicht auf die Ballade „Carrie“. Aber sie hatten es richtig drauf, und boten den Fans was sie wollten.

 

twisted sisterTwisted Sister…die Balinger Hausband. So oder ähnlich heißt es im Publikumsjargon auf dem Bang Your Head Festival. Was jetzt nicht heißen soll, dass zumindest die Hälfte der Besucher nichts gegen den oftmals wiederholten Auftritt der Amis etwas auszusetzen hätten. Fakt ist, bei jedem weiteren Auftritt wurde die Stimmung in der Menge lascher und lascher. Während vor einigen Jahren noch der Boden bebte, erzeugte die Band heuer so eben ein Lüftchen unter den Zuschauern. Viele mockierten sich bereits über die bevorstehenden, überlangen Ansagen von Fronter Dee Snider…da war die Band noch gar nicht auf der Bühne. Dieses Mal trat die Band ohne Schminke und den berühmt gewordenen kostümierten Sister-Look auf. Schade, gerade jetzt wo ich meine neue Kamera am Start hatte. Nach dem Intro: „It`s A Long Way To The Top (If You Wanna Rock `n` Roll)” von AC/DC (vom Band), musste niemand auf die altbewährten Hits wie „Stay Hungry“, „You Can`t Stop Rock `n` Roll”, “I Wanna Rock”, “The Kids Are Back” oder insbesondere auf “We`re Not Gonna Take It” verzichten. Mit “Born To Raise Hell”, dem Motörhead-Cover, gab es Genesungswünsche an Lemmy Kilmister. Im späteren Verlauf wurde der Geburtstag von Basser Mark „The Animal“ Mendoza angekündigt, und das Publikum sang „Happy Birthday“. Als musikalische Beilage servierte die Band „Come Out And Play“ im Zugabenblock, und mit „S.M.F.“ setzte auch das Abschlussfeuerwerk ein. Auch heuer verkniff ich mir die Indoor-Bands. Das passt einfach nicht! Nachdem der Sound verklungen war, wurde das nächste Jahr mit dem zwanzigjährigen Bestehen des Festivals angekündigt. Natürlich wurde das Programm um einen Tag verlängert und man kann sich schon auf W.A.S.P., Pretty Maids, Morgana Lefay, Y&T, Tank und…wie geil…Exciter freuen.

Obwohl unsere beiden ex-Schreiber, welche die letzten zwei Jahre für uns nach Balingen gefahren sind, den Bericht 2013 ohne Erklärung schuldig geblieben sind, gehen 1000 Dankeschöns an Promoterin Birgit Bräckle für die volle Akkreditierung. Das ist nicht immer selbstverständlich! Weiteren Dank an Horst und Ines Franz, Kuno, Martin und Sascha von der Security und ganz besonders Herman Frank (Victory, Accept). Bis zum nächsten Jahr!



Autor: Steve Burdelak - Pics: Steve Burdelak