Bäääm-Festival

Kierspe-Rönsahl, Gut-Haarbecke, 18. & 19.07.2014

BÄÄÄM logo NEWS 2014Bis vor wenigen Jahren war das Gut-Haarbecke bekannt für seine dienstäglichen Events, auf denen Coverbands aufspielten. Dann wurde es für einige Zeit ruhiger um das einladende Venue. Dabei handelt es sich um einen Gutshof nähe Kierspe, idyllisch gelegen und von Wiesen umgeben. Erst jetzt hat das Gut-Haarbecke endlich zum Metal gefunden, und das Bäääm-Festival durfte sich an beiden Tagen über Temperaturen von dreißig Grad Celsius erfreuen. Bei bestem Sommerwetter und freiem Camping war mit sechzehn Bands für alles gesorgt.


Freitag, 18.07.2014: Eradicator, Gloryful, Craving, Custard, Bullet.

eradicatorDie Wahl eines zugkräftigen Openers fiel auf die Lennestädter Metaller von Eradicator, die mit dem Star Wars Intro auf die Bretter stiegen. Ihr schnörkelloser Thrash Metal sollte gleich klarstellen, dass Heavy Metal dieses Wochenende die Location regierte. Das sorgte dafür, dass schon viele Arme hoch gingen, und eine ganze Abordnung von Fans in den ansehnlichen Bäääm-Festival Shirts feierte in der ersten Reihe. "Wie gefällt es euch nach zwei Songs?" Klasse Ansagen ihres Shouters sollten im Laufe ihres Auftritts noch für Ausrufezeichen sorgen, denn die waren einfach kurz, prägnant und sympathisch. Wie viel die Wert waren, stellte man während des Festivals bei anderen Bands, denen das nicht so gut gelang, immer wieder fest. Aber auch ihr tightes Spiel sollte die Jungs weiter nach vorne bringen. Ihre bekannten Klopper wie "Born Of Hate", "Capital Punishment" und "When Bullets Drop Like Rain" wurden abgefeuert, aber auch das neue "States Of Atrocity", das auf dem im November 2014 erscheinenden Album stehen soll. Nach fast 45 Minuten verließen sie mit dem eingebauten Schlusspart aus Metallicas "The Call Of Ktulu" die Bühne. Klasse Auftritt, klasse Opener.

 

gloryfulMelodischer ging es danach mit Gloryful aus Gelsenkirchen zu. Der gut eingespielte Fünfer zockte locker sein Programm runter, und verbreitete absolut gute Laune. Ihr neues Album "Ocean Blade" beinhaltet Singalongs, die man auch wieder erkennen konnte. Eine deftige Note mehr Metal brachte ihr Six String Basser ein, der Backing Growls einwarf. Überhaupt ist er der Mann mit der meisten Metal Attitüde der Ruhrpottler, und das nicht nur durch seine Kutte, die er trug. Hauptaugenmerk der Fans war Neugitarrist Adrian Weiss, der optisch schon wegen des ausgefallenen Korpus seiner Gitarre auffiel. Für 40 Minuten konnten Gloryful mit coolem Metal inklusive Ohoho-Chören nicht nur die vorderen Reihen zum Mitshouten bewegen. Zum Glück wurden auf dem Bäääm kleinere Bands nicht mit zu kurzen Auftrittszeiten von unter einer halben Stunde abgefertigt.

 

cravingDie auf den Plakaten noch angekündigten Evil Invaders mussten schon vor Wochen terminlich bedingt absagen. Dafür sprangen Craving ein. "Bangt Eure Köpfe", so lautete nicht nur die erste Aufforderung des Vierers aus Oldenburg, während sich die Band dazu auf ihre Finger schaute, was die gerade spielten. Der Frontdreier bestand komplett aus Linkshändern, deren Instrumente zusammen achtzehn Saiten zählten. Und daraus holten sie Flitzeleads, ihren melodischen Black Metal umzusetzen. Teils waren Elemente von keltischem Folk mit drin, oder auch etwas Amorphis, doch Hauptaugenmerk war ganz klar Tempo. Leider wurde ihr Auftritt überschattet von technischen Problemen, dass wenn etwas schiefging, immer die Technik schuld sein konnte. Da musste ihr Fronter schon den ein oder anderen Spruch zur Überbrückung fallen lassen. Aber wie gute und treffsichere Ansagen gehen, ohne albern oder peinlich zu wirken, zeigten heute ganz klar Eradicator. Cravings Keyboards kamen aus dem Back, deren Fadeout den Auftritt beschloss.

 

custardCustard aus Herne waren in letzter Zeit sehr präsent in ihrer Umgebung, dass auch CROSSFIRE bereits aus Lünen, Bochum und Oer-Erkenschwick berichtete. Nach einer Begrüßung auf Deutsch, Englisch und Klingonisch legte die gut eingespielte Einheit los, das Gut-Haarbecke zu rocken. So oft wie man sie in letzter Zeit auf Bühnen unserer Breitengrade sehen konnte, kannte man inzwischen schon die Frage nach dem Kampfschrei der Spartaner vor "300" und erfuhr um seine Kaufabsicht von Heizdecken, wenn man das Arm-Hoch-Spiel von Shouter Oliver mitgemacht hatte. Überhaupt gab sich Frontsau Oliver wie immer, und egal ob das etwas schnellere "My Last Breath" oder "Charons Call" gezockt wurde, auf jeden Fall hatten Custard immer das Gut im Griff.

 

bulletBullet auf Gut-Haarbecke, dass man das noch erleben durfte. Noch im letzten Jahr hatte man die Location für ein Metalevent alles andere als auf dem Zettel, und jetzt spielte etwas so namhaftes wie Bullet hier. Und die stiegen nach einem seichten Akustikintro mit "Midnight Oil" und "Rush Hour" ein. Sie hatten wieder ihre eigene Beleuchtungsdeko mit, nämlich die selbst geschnitzten sechs Buchstaben ihres Bandnamens, auf denen Glühlampen blinkten. Nach "Turn It Up Loud" wurde ihr neuer Gitarrist Alex Lyrbo vorgestellt, der für Erik Almström kam. Ein paar Ansagen übernahm Basser Adam, wie auch die zur neuen Single "Storm Of Blades", vom gleichnamigen Album, welches im September 2014 erscheinen soll. Eine coole Uptemponummer mit mächtig Arschtritt, der "Full Pull" folgte. "Rolling Home", "Hey You", "Heading For The Top" erstrahlten in mächtig protzigem Sound, mit einem völlig sympathischen Acting dabei, für das die Schweden bekannt sind. Dann begrüßten sie ein früheres Bandmitglied, nämlich Adams Vorgänger am Bass, Lenny. Das Gitter einer Verstärkerbox wurde aufgeklappt, und dahinter stand der Rumpf einer ihrem alten Mitstreiter ähnelndem Puppe mit sich bewegenden Armen, die einer Person hinter der Box gehörten. Lenny selbst wanderte schon vor dem Album "Bite The Bullet" 2008 nach Thailand aus, und wurde dort Lehrer für Englisch. Mit "From Dusk Till Dawn", ihrem allerersten Song "Bang Your Head" und "The Rebels Return", beendeten sie unter starkem Beifall den ersten Festivaltag.

 

Samstag, 19.07.2014: Javelin, Split Heaven, Dragonsfire, Iron Fate, Billion Dollar Babies, Bloodbound, Metal Inquisitor, Warrant, Cage, Freedom Call, Grave Digger.

javelinAls Javelin den zweiten Festivaltag eröffneten, begann es sich vor der Bühne rege zu füllen. Das Hammer Urgestein, die Band kommt aus dem Westfälischen Hamm, mischte altes und neues Material auf ihrer Playlist zusammen. Immerhin konnten sie im Jahre 1982 erstmalig gehört werden, damit dürfte es keine Zweifler geben, ob mit dem Begriff Urgestein die korrekte Bezeichnung gewählt wurde. "Sea Of Sorrow", "Dark Broken Land" und "Phantom" sind erprobte Power Metal Stücke, die sogar in den hinteren Reihen wenigstens für Kopfnicken sorgten. Javelin lösten die undankbare Aufgabe, morgens um 11:00 Uhr zu eröffnen mit Bravour, wenn das auch bloß 35 Minuten waren.

 

split heavenAls nächstes konnten Split Heaven abgefeiert werden, und dazu gab es reichlich Gründe. Zur Zeit waren die Mexikaner mit Javelin und auch Cage unterwegs, aber sie waren schon bei ihrem 2012er Auftritt im Bahnhof zu Werl ein Garant für astreinen Metal und gute Stimmung. Alle fünf Mucker erschienen mit schwarzen Hüten, analog zu ihrer aktuellen Scheibe "The Devil's Bandit", und es ging ein Ruck durch die Menge. Mit ihrem klassischen Metal überzeugten sie einfach, und es war schön festzustellen, dass sie schon so einige Hits auf ihrem Konto haben. Allen voran Oberkracher "Right To Rule", für das sie schon Bier aus Publikum gereicht bekamen. "Psycho Samurai" folgte und "Waiting For The Angel Of Death" war noch so ein Hit, den sie aus ihrem Hut zauberten. Großartiger Auftritt, blieb nur zu hoffen, dass sich Split Heaven hier in unseren Breiten öfter sehen lassen werden.

 

dragonsfireDragonsfire spielten gegen die langsam aufkommende Hitze an, welche die Quecksilbersäule wieder bis auf dreißig Grad steigen ließ. An Basser und Shouter Torsten Herbert ist die soeben beendete Fußballweltmeisterschaft offensichtlich nicht spurlos vorbei gegangen, fühlte er sich doch bewogen, im Deutschlandtrikot aufzutreten. Die Hessen traten mit drei Gitarristen an, doch ihrem lustigen Drummer wurde noch immer nicht das Headmikrophon abgenommen. So mischte er sich auch diesmal wieder in seiner bekannt liebenswürdigen Art in die Ansagen ein. Aber solche Songs wie "Raging Fire", "Speed Demon" und "Wings Of Death" mundeten der Audienz, und wer noch Bock drauf hatte, konnte am Merchandisestand eine riesige Pommesgabel, wie man sie vom Cover ihrer EP "Speed Demon" kennt, unterschreiben.

 

iron fateIron Fate aus Goslar brachten ganze drei Jahre keine neue Scheibe raus, dennoch konnten sie mit ihrem soliden Powermetal gnadenlos überzeugen. Sänger Denis Brosowski röhrte und bekam alle schwindelerregenden Höhen hin, allein das verdiente Respekt. Aber die Androhung von der Bühne zu gehen, wenn die Audienz nicht komplett die drei Worte des nächsten Titels mitsingen würde, haben sie nach "I Want Out" nicht wahr gemacht. Das war die letzte Kai Hansen Nummer bei Helloween, die sie da coverten. Na ja, dass sie die Led Zeppelin aus Dresden wären, stimmte ja auch nicht. Mit dem abschließenden "Victim Of Changes", sehr detailgetreu dargebracht, gingen sie als Sieger von der Bühne. Ein starker Gig mit einem der besten Sänger dieses Festivals!

 

billion dollar babiesBei den Schweden von Billion Dollar Babies stand ein Song von Alice Cooper Pate für ihren Bandnamen. Sonst geht es bei ihnen aber mehr um Optik mit viel Schminke und Mad Max Ausdruck, in der sie eine alles andere als statische Show ablegten. Ihr Backdrop war so riesig, dass man nur das erste Wort ihres Bandnamens lesen konnte. Mit sleazy Hardrock mehr die moderneren Hörer und Poser ansprechend, schien auch der ein oder andere Oldschooler mit ihnen zufrieden gewesen zu sein. Endlich wurde auch mal das Bäääm richtig ausgesprochen, und nicht wie die Sänger der meisten deutschen Bands den Namen des Festivals fälschlicherweise und nicht weniger lustig mit 'Bemm' aussprachen.

 

bloodboundDie Mitgrölrefrains von Bloodbound aus Schweden sind schon echte Dinger, die zwischen den Ohren kleben bleiben können. Bereits fünf ganze Longplayer haben sie auf dem Plan, da kann man bereits schon von einer gewissen Routine sprechen, wenn es ums Songwriting geht. Immerhin postierten sie auch ihren Keyboarder mit auf der Bühne, statt auf Einspieler vom Band zurück zu greifen. Ein Pluspunkt mehr auf der Authentizitätsskala. Zwar sang Basser Anders Bromann auffallend tiefe Backings, aber in Sachen Bandsound, der sonst klar und druckvoll kam, war bei zwei zockenden Gitarristen oft aber mehr Keyboard zu hören. Bei "Book Of The Dead" ging es aber schon etwas erdiger zur Sache.

 

metal inquisitorNur ausgewählte Events wollten sie spielen, ihre aktuelle Scheibe "Ultima Ratio Regis" zu promoten, und das Bäääm gehörte dazu. Metal Inquisitor aus Koblenz wurden von der Die-Hard-Fraktion sehnsüchtig erwartet, und mit "Confession Saves Blood" wurden sie erlöst. Die Metaller von der Moselmündung sind schon echte Verfechter des Reineisentums, und die einzige Band des Festivals, welche komplett in coolen Shirts auftrat, denn da waren auf der Brust Logos von Skullview, Monsters Of Rock 1987, Desaster, Ozzy Osbourne und Slayer zu sehen. Folgerichtig gab es Metal Inquisitor Rufe zwischen den Songs zu hören, während Shouter El Rojo immer wieder eine Lage Bier bestellte. "Call The Banners" und das galoppierende "Restricted Agony" machten auch durstig, da biss die Maus keinen Faden ab. Zum Schluss stellte El Rojo fest, dass sie noch niemand von der Bühne schmeißen wollte, sagte "Doomsday For The Heretic" an und bestellte noch eine Lage. Sehr gut, die Band hier in dem Billing gesehen zu haben.

 

warrantLange war es ruhig um die Düsseldorfer Warrant. Doch seit vier Jahren geben sie wieder Gas, ihren alten Backkatalog auf den Bühnen des Landes noch einmal aufleben zu lassen. Nun schreiben sie wieder neue Songs, die sich offensichtlich nahtlos in die Setlist mit Songs wie "Scavangers Daughter" von ihrer 84er "First Strike EP einfügten. Das machte Bock auf ein neues Album. Der Dreier bekam bei seinem Auftritt Unterstützung. Den mit einem schwarzen Umhang und Henkerskapuze nennen sie den Enforcer, den Titelanimalus ihrer Scheiben, von denen das 85er Debüt auch so hieß, und dessen Titeltrack ebenfalls nicht ohne den axtschwingenden Enforcer über die Bretter gehen durfte.

 

cageSean Peck war dieser Tage recht umtriebig. Er sang das Death Dealer Album ein, trat als Shouter bei Warrior auf und hat auch noch seine Hauptband Cage am Start. Und auch dort gab es einiges zu tun, mussten erst in 2013 die Gitarristen Dave Garcia, und Casey Trask, sowie Drummer Sean Eld eingearbeitet werden. Von dem Ergebnis konnte man sich für die nächsten 65 Minuten eingehend überzeugen. Sean selbst setzte auf den Rob Halford Style, mit Sonnenbrille und fett langem Ledermantel, als ob ihr Tempometal bei diesen Temperaturen keine Opfer fordern würde. Doch der Halford Lookalike sang und schrie sich in voller Montur durch Songs wie "War Of The Undead", "Scarlet Witch", "Staring Through The Eyes Of The Beholder" und "The Metal Devil", aber das erste was er ablegte, war seine Sonnenbrille. Erst zur Zugabe zog er den Mantel aus, der Kalifornier ist ganz sicher hitzebeständig. "Philadelphia Experiment" und "Final Solution" beendeten einen coolen Gig, dem man besser beiwohnte.

 

freedom callFür die nächsten achtzig Minuten wurde es wieder etwas langsamer, wesentlich weicher und melodischer. Freedom Call bediente nicht das gleiche Publikum wie die Amis von Cage, sorgten aber auch mit Sprüchen wie "Prost ihr Säcke...", welche man offensichtlich auch im heimischen Nürnberg kennt, für Auflockerung. Bezeichnend für ihren heutigen Sound waren zum Beispiel der selbsternannte 'happiest Song ever', nämlich "Farewell". Noch dunkel kann sich der Verfasser dieser Zeilen erinnern, wie sie 1999 Vorgruppe von Saxon und Skew Siskin waren, als sie ihr Debütalbum "Stairway To Fairyland" veröffentlichten. Seit dem floss viel Wasser durch die Pegnitz, und heute co-headlinten sie das Bäääm, wo sie mit "Power And Glory", ihrem Anthem und "Warriors" zum Ende kamen.

 

grave diggerBis jetzt waren fünfzehn Bands auf dem Bäääm zu sehen, nur der Headliner fehlte noch. Grave Digger, die mit "Hell Funeral", dem Opener ihrer nagelneuen Scheibe "Return Of The Reaper" die Korken knallen ließen, setzten grundsolide auf Bewährtes. Axel Ritt, die Haare immer im Gesicht, war nicht durch seine gestreifte Gitarre der Blickfang, sondern auch der Hinhörer, wie er ältere Songs alleine spielte, die im Original auf zwei Gitarren basieren. Auch bei den Gladbeckern stand der Keyboarder permanent mit auf der Bühne, hier natürlich der Reaper himself. Durch das Gut fegten "Killing Time", "Knights Of The Cross", die Neuen "Grave Desecrator", "Season Of The Witch" und "Tattooed Rider", sowie "Hammer Of The Scots", "In The Dark Of The Sun", und "Excalibur". Die Arme gingen hoch und Grave Digger Rufe waren die Folge, welche Chris, die Massen dirigierend, mit Mitsingparts honorierte. Auf gar keinen Fall durfte "Rebellion" fehlen, das wohl beste Stück von Grave Digger, inklusive Dudelsäcken aus der Konserve. Erwartungsgemäß war "Heavy Metal Breakdown" der letzte Song, welcher den Gig und das erste Bäääm-Festival beendete.

Bis in die Morgenstunden sorgten die Aftershowparties mit Oldschool Metal DJ für eine abgerundete Sache. Vielen Dank an alle Helfer, und an eine freundliche Security, die manches auch mal nicht zu ernst nahm. Auf ein Neues in 2015!



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer