BLOODLAND - Apokalyptische Visionen aus dem Osten


Bloodland aus Ostdeutschland haben über Facebook mit mir Kontakt aufgenommen. Die Mucke, Old School Death Metal, der locker den frühen Neunzigern entsprungen sein könnte, gefiel mir auf Anhieb. Ich orderte ihre beiden CDs und fand außerdem per Internet heraus, dass drei der beteiligten Musiker schon zu DDR-Zeiten in der Extrem Metal Szene unterwegs waren. Welchen besseren Grund könnte es geben, um ein Interview für CROSSFIRE zu arrangieren?

Daniel: Hallo Chris! Erzähl uns doch zunächst etwas über die Gründung, den Werdegang und die Veröffentliclogohungen von Bloodland!

Chris: Bloodland hat sich im Juni 2008 in Bad Dürrenberg/Sachsen-Anhalt gegründet. Ich war der Bandgründer und habe mir damals noch vier weitere Leute gesucht, die auch Old School Death Metal spielen wollten, was gar nicht so einfach war. Das Line-Up besteht aus Musikern, die schon in anderen Metalbands (M.A.D., Senistro, Overlord) reichlich Erfahrungen sammeln konnten. Das aktuelle Line-Up besteht aus: Stephan Wagelöhner - Vocals (seit 09/2013, vorher: Maik Schmidt) Peter Bucks - Leadgitarre, Stefan Pilling - Rhythmusgitarre, Rob Eilenberger - Bassgitarre und mir (Chris Ludwig - Drums). 2009 fingen wir dann an, live zu spielen und hatten bisher zahlreiche Gigs. Im Februar 2010 wurde unser Debüt mit vorerst vier Songs fertig, welches "Buried Alive" heißt. Seit Mitte 2013 ist unsere neue CD "Apocalyptic Visions" auf unseren Gigs erhältlich.

Daniel: Welche Bands haben Euch beeinflusst?

Chris: Gespielt wird derber Old School Death Metal, wobei wir uns an Genrekollegen wie Obituary, Cannibal Corpse, Severe Torture oder auch Torture Killer und Bolt Thrower halten, die uns dabei beeinflusst haben.

Daniel: Wovon handeln Eure Texte? Geht es hauptsächlich um die Erfüllung der typischen Death Metal Klischees? Oder steckt auch eine gewisse Botschaft dahinter?

Chris: In den Texten geht es überwiegend natürlich um typische Death Metal-Klischees. Wir sind dabei unpolitisch und auch nicht fremdenfeindlich. Die Botschaft, die eventuell dahinter steckt, dass die Menschen sich selbst und die Welt zerstören. Das bringen wir auch auf unserer CD "Apocalyptic Visions" zum Ausdruck.

Daniel: Ihr habt bis jetzt zwei Mini-CDs als bedruckte CD-Rs veröffentlicht. Wieso habt Ihr alles in Eigenregie gemacht? Gab es kein Interesse von irgendwelchen Labels?

Chris: Wir haben die erste CD bzw. Promo in Eigenproduktion gemacht und bei der zweiten CD waren wir im Studio, aber wir haben sie aus Kostengründen vorerst nicht pressen lassen. Derzeit sind wir noch auf Labelsuche und hoffen, mal zukünftig auf ein Label zu stoßen, das uns nicht nur abzockt, wie man oft hört. Unter den Labels gibt es auch viele schwarze Schafe.

Daniel: Ihr spielt auch viel live, soweit ich weiß. Wie wichtig ist es Euch, auch auf der Bühne zu stehen und nicht nur gelegentlich ins Studio zu gehen?

Chris: Live spielen ist vor Studio natürlich das Wichtigste, um bekannt zu werden. Man lernt bei den Gigs auch viele Leute und Veranstalter kennen und knüpft Kontakte. Wir haben bisher in Clubs und auch auf Festivals gespielt, allerdings bisher leider nur im Osten der Republik.

Daniel: Mit welchen Bands habt Ihr denn schon so live gespielt? Waren das nur unbekannte Underground Bands oder waren da auch schon etwas größere Namen darunter?

Chris: Gemeinsame Gigs mit bekannten Bands und auch die mehr in der Ostmetalszene eine Größe sind (außer mit vielen Untergrundbands), hatten wir bisher u. a. mit Manos, Varg, Die Apokalyptischen Reiter, Postmortem, Fleshless, Master, Purgatory, Defloration, Debauchery, Darkened Nocturn Slaughtercult, Mastic Scum, Lay Down Rotten, Demogorgon, Milking The Goatmachine, Torturized und z. B. auch noch Accu§er, welche vielen noch aus den 90er Jahren bekannt sind.

Daniel: Kommen wir nun mal zu Dir, Chris, denn Du bist ja im Underground schon ein ziemlich alter Hase. Du spielst noch bei Disembowlment, von denen es auch eine Mini-CD gibt („Hymns Of Massacre“). Beide Bands spielen Death Metal. Wo liegen für Dich genau die Unterschiede zwischen beiden Bands, sowohl musikalisch als auch textlich?

Chris: Mit Disemboweled sind wir jetzt mit unserem neuen bzw. zweiten Album "Cadavers" ins Nice To Eat You-Label aufgenommen worden, welches dem Fleshless-Sänger Vladimir Prokosh aus Tschechien gehört. Der Unterschied zwischen Bloodland und Disemboweled ist, dass Disemboweled Brutal Slam Death und Bloodland Old School Death Metal spielt. Beide Richtungen sind das, was ich gerne mache, textlich unterscheiden sie sich aber kaum.

BLOODLAND chrisDaniel: Lass uns mal etwas in Deiner Vergangenheit wühlen, OK? Du warst ja schon zu DDR-Zeiten aktiv. Du hattest von 1986 bis 1992 eine Thrash Metalband namens M.A.D. Wie kam es damals zu der Gründung dieser Band?

Chris: M.A.D. hieß übrigens erst in der gleichen Besetzung 1986 bis 1988 Speed. Erst 1988 bis allerdings nur Mitte 1991 existierte M.A.D. Die Band gründete sich aus vier Leuten aus der gleichen Kleinstadt und wir kannten uns schon jahrelang von der Schule. Wir interessierten uns alle für Metal. Zunächst probten wir in meinem Keller in einem Mehrfamilienhaus, dann später in unserem städtischen Jugendclub. In dieser Zeit spielten wir damals mit Panther, Manos, Biest, Feuerstein und Pharao und waren auch mit Argus (später hießen sie Moshquito) in der DDR zunächst unterwegs.

Daniel: Welche Bands haben Euch damals beeinflusst? Und wie seid Ihr an diese Einflüsse herangekommen? Gab es so eine Art Schwarzmarkt, wo Ihr Euch Euer Zeug besorgt habt?

Chris: Uns haben viele Bands beeinflusst, aber hauptsächlich Bands wie Kreator, Sodom, Celtic Frost, Slayer, Destruction, Death  und Bathory. Einige von unseren Kumpels hatten sich damals Platten von Metalbands durch ihre Omas aus den Westen mitbringen lassen. Desweiteren gab es bei uns im Radio die "Heavystunde" auf dem Jugendradio Sender DT 64, welcher jedes Wochenende internationalen Metal spielten. Direkt einen Schwarzmarkt gab es in meiner Wohnortnähe nicht. Manche haben sich das auch in Ungarn gekauft, da es das dort zu kaufen gab.

Daniel: Es gab nur ein Demo von Euch, nämlich „Of Live And Death“. Habt Ihr das Demo im Studio aufgenommen oder wart Ihr tatsächlich im Studio? Ich frage deswegen, weil die meisten Texte auf Englisch verfasst waren, was der Staat bestimmt nicht so toll fand, und weil ich mal gehört habe, dass man im Ostblock zwei Jahre Musik studiert haben musste, um überhaupt ein Studio betreten zu dürfen. Wie war das bei Euch?

Chris: Damals waren wir mit M.A.D. im Studio und haben dafür relativ viel Geld bezahlt, obwohl es ein grottiger Sound geworden ist. Was Du meinst, das waren die großen Studios, wo die angesagten Bands der DDR drin waren, wie z. B. Puhdys, Karat, City und Berluc etc. Wir waren ja nur eine kleine unbekanntere Band. Für Bands, wie uns damals, gab es auch kleinere Untergrundstudios, wo auch englische Texte kein Problem waren.

Daniel: Hattet Ihr mit dieser extremen musikalischen Ausrichtung überhaupt die Chance gehabt, Konzerte in der DDR zu spielen? Oder habt Ihr eigentlich immer nur im Proberaum existiert?

Chris: Wir hatten auch sehr viele Muggen im gesamten Osten und waren natürlich nicht nur im Proberaum. Wir hatten derzeit in der DDR eine "Oberstufe" als Einstufung (mit Musikerausweis). Die mussten wir machen, um live spielen zu dürfen. Metal in der DDR ging aber trotzdem auch und war für uns unproblematisch. So haben wir es zumindest empfunden. Wir hatten keine Probleme. Ich kenne aber andere Bands, die Schwierigkeiten durch den Staat bekamen, wie z. B. Caiman (heute Macbeth) und Argus (später Moshquito). Die haben Spielverbot bekommen und haben sich dann umbenannt. Wir haben „Bombenhagel“ von Sodom gecovert, allerdings ohne Nationalhymne. Dann hätte uns mit Sicherheit die Stasi auch am Arsch gehabt.

Daniel: Es gab eine kurzzeitige Reunion von M.A.D. Von 2006 bis 2008. Welche Idee steckte dahinter? Und warum währte die Freude nur so kurz?

Chris: Die Sache mit "nochmal M.A.D. in der Urbesetzung" war nur mal eine lockere Idee. Allerdings coverten wir damals nur Motörhead Sachen, hatten kaum eigene Songs und merkten dann, dass unsere Musikgeschmäcker nicht mehr auf einen Nenner kamen. Wir sind dann letztendlich wieder unserer Wege gegangen.

Daniel: Gab es zu der Zeit vielleicht auch einen Re-Release des Demos auf CD-R oder so? Oder hat man heute echt gar keine Chance mehr, an das Demo heran zu kommen?

Chris: Nein, wir haben keine CD-Release gemacht, da von Seiten der Band kein Interesse bestand. Wir hatten die Songs damals nur auf Kassette und es gibt nur ein paar gebrannte CDs. Ich glaube auch kaum, dass die noch jemanden interessieren.

Daniel: Du hast ja auch mal bei Feuerstein gespielt. Ich kenne nur einen Studiotrack von ihnen („Teufelbraut“). Gab es noch mehr Aufnahmen?

Chris: Ich war damals bei Feuerstein nur ca. drei Monate dabei und war mit ihnen mit dem Song "Teufelsbraut" in Erkner bei Berlin im Studio. Ob es noch mehr Aufnahmen gab, ist mir nicht bekannt. Die gab es vielleicht, aber nicht zu meiner Zeit. Feuerstein hatten bestimmt Aufnahmen, aber ich weiß nicht, wann sie noch genau im Studio waren. Sie hatten „Teufelsbraut“ im Radio dann gespielt.

Daniel: Man hat heute das Gefühl, vielleicht auch nur durch den Samplertrack, dass Feuerstein eine größere Metalband in der DDR war. Oder täusche ich mich da? Habt Ihr oft live gespielt? Wie hoch war Euer Bekanntheitsgrad wirklich?

Chris: Ja, Feuerstein hatte viele Livegigs und Touren und war im Osten ein Begriff.

BLOODLANDDaniel: Warum fielen Feuerstein denn überhaupt auseinander?

Chris: Ich weiß nur, dass Feuerstein sich aufgelöst hatte, nachdem ich ausgestiegen war, aber warum genau, weiß ich nicht. Das war, glaube ich, 1989.

Daniel: Wie war die Metalszene in der DDR eigentlich so? Ich kenne viele Bands wie Formel I, Babylon, Prinzip, Biest, Rochus, Hardholz, MCB, Plattform, Metall, Darkland, Moshquito, Manos, Blackout (die später Depressive Age hießen und vielen Leuten bekannt sein dürften), Regenbogen usw. Hatten diese Bands alle untereinander Kontakt? Gab es so etwas wie Metalpartys und gemeinsame Konzerte, bei denen man sich gegenseitig unterstützt hat?

Chris: Natürlich gab es auch Metalpartys und die Bands kannten sich auch größtenteils und hatten auch Kontakt untereinander. Die DDR bzw. die Metalszene war ja recht übersichtlich.

Daniel: Bleiben wir noch einmal kurz in der DDR-Szene, kommen aber nochmal zurück zu Bloodland: Euer Sänger Maik Schmidt hat zu DDR-Zeiten bei der Thrash Metalband Panther gesungen, von denen ich sogar beide Demotapes in meiner Privatsammlung stehen habe. Kanntet Ihr Euch schon aus DDR-Zeiten? Oder habt Ihr Euch erst viel später kennengelernt?

Chris: Maik Schmidt, damals bei Panther, wohnte ein Wohnblock weiter und ich kannte ihn seit meiner Kindheit. Er war und ist ein enger Freund. Klar, nach so vielen Jahren.

Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Bloodland aus?

Chris: Die Pläne mit Bloodland sehen so aus: so viele Gigs wie möglich zu machen, mal wieder auf größere Festivals zu kommen, ein zu uns passendes Label finden und mal wieder ein weiteres Album raus zu bringen. Wir hoffen das gelingt uns alles!

Daniel: Na gut, Chris! Die letzten Worte gehören Dir!

Chris: Cheers! ;)

http://www.bloodland-death.de/

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Autor: Daniel Müller