Muskelrock Festival

Alvesta (Schweden), Tyrolen 29.05.2014 - 31.05.2014

flyerNach dem Festivaldebüt im Jahre 2009 war es für den Verfasser dieser Zeilen ein besonders schöner Moment, wieder im Tyrolen zum Muskelrock Festival zu Gast sein zu dürfen. In der Tat ist dieser Event noch ein wahres Eldorado für Metaller, in einer Größe etwa des Headbangers Open Airs, jedoch mit einer ganz eigenen Handschrift. Das Tyrolen ist ein Vergnügungspark der Sechziger, einer Symbiose aus Jahrmarkt und Abenteuerspielplatz ähnlich, mit bunten Holzhütten für Dosenwerfen und einer Schießbude. Auch die beiden Bühnen, auf denen die 28 Bands des Festivals für drei Tage im Wechsel spielten, waren aus Holz. Die Hauptbühne stellte eine auf einer Anhöhe errichtete Blockhütte dar, welche an ihrer Längsseite keine Außenwand hatte, sondern die Bühne. Eine hallengroße Hütte in Form eines Achtecks mit einer offenen Seite besaß die zweite Bühne, wo trotz der offenen Seite Indoorfeeling vermittelt wurde. Neben vielen Besuchern aus ganz Europa war es natürlich schwedisches Publikum, das den Löwenanteil ausmachte. Wenn sich auch nicht alles Nordfolk klassisch kleidete wie der typische Keep-It-True Besucher und mitbangend abfeierte, wurde einfach abgetanzt und textsicher mitgegrölt, was sich besonders zu den Metalklassikern bei den Aftershowparties in einer Art antikem Zirkuszelt zeigte, welches die DJ's bis weit nach Aufgang der Sonne beschallten, und noch eine ganz kleine dritte Bühne bereit hielt.

Tag 1: Vornth, Ambush, Tombstones, Beast, Katla, Screamer, Magister Templi, Horisont, Witch Mountain, Claudio Simonetti's Goblin, Antichrist.

vornthAm Mittwoch veranstaltete die Band Dynamite für die ersten Ankömmlinge, und das dürfte etwa schon die Hälfte gewesen sein, eine Releaseparty für "Blackout Station" mitsamt Auftritt. Den Opener des ersten Festivaltages stellten Vornth (Foto) aus Uddevalla, deren Debütalbum beim Verfasser dieser Zeilen auf Dauerrotation lief. Sie spielten in Shirts von Niefelheim und den Mentors, und deckten mit ihrem Oldschoolsound die gesamte extremere Stilistik ab, welche ihre eigene Urtümlichkeit besonders kultig machte. Da passte vor lauter Unbekümmertheit ein Timingfehler eher positiv ins Bild. Schön zu erleben, wie sie auch live das Feeling der Platte rüberbrachten, denn der Speedkracher "Axemurder" und das erhabene "Grave Of The Living" waren schon der Burner. Schade für den, der das verpasst hat.

 

ambushAus dem Nachbardorf Växjö kamen die klassischen Axtschwinger von Ambush, die mit Heimspielvorteil die Freilichtbühne eröffneten. Ihr aktuelles Album "Firestorm" sollte dabei der Mittelpunkt sein, welches auch gleich mit dem Titeltrack und natürlich mit dem Hit "Natural Born Killers" berücksichtigt wurde. Ihr Sound gehörte zwar nicht zum Härtesten, jedoch zeigten sie mit einer Menge Accept Acting klar, wo bei ihnen das Herz schlägt. Selten hat man als Fotomann eine Band vor der Linse, bei der nahezu alle Bilder Volltreffer sind. Ihre Gitarreros, von denen der Blondeste als ein 'KK Downing' vorgestellt wurde, schöpften aus den Vollen, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. So geht Heavy Metal! Das fiel ein Ausfall der Amps nicht weiter ins Gewicht, weil das aufgepeitschte Publikum das locker durch Mitgrölen überbrückte.

 

tombstonesDanach waren die drei Norweger von Tombstones im Achteck wesentlich tiefer im Sound, brachten aber bei fettem Sound drei mal so viel Action wie andere Slowmotionbands. Schade dass das einige mit ihren Bierdosen in der Hand nur von draußen vor der Absperrung mitbekamen. Von den Securitykräften bekam man erklärt, dass man keine Getränke mit in die Halle nehmen dürfe, auch von dort keine mit hinaus. So gelten halt in Schweden die Gesetzte. Dahingegen war es aber täglich bis 18:00 Uhr erlaubt, eigene Getränke mit auf das Gelände zu nehmen und diese außerhalb der Trinkbereiche zu vernichten. Irgendwie albern, aber fanfreundlich. Darauf wurde von dem Personal in blau und leuchtgelb sehr streng geachtet, freundlich aber auch bestimmend. Immerhin konnte man vor der Absperrung etwas auf der Bühne erkennen.

 

beastAuch bei der Bandauswahl galt der Löwenanteil den schwedischen Zockern. Beast aus Stockholm mit ihrer megaposigen Shouterin bearbeiteten als nächstes die Draußenbühne. Maria im unangreifbaren Shirt von Lizzy bewegte sich unentwegt wie eine Große über die Bretter, einfach rockig, bestimmend und geil. Stimmlich lag sie nahe an Sandy Saraya, falls die noch jemand kennt. Auch spielten sie Hardrock, nur wesentlich zackiger als Saraya. Auf jeden Fall kam alles schön dirty, und sie rockten bei strahlendem Sonnenschein den kleinen Park wie die Sau, und ein Song wie "Nightrider" blieb einfach zwischen den Ohren kleben.

 

katlaDagegen waren die vier weißen Masken von Katla aus Stockholm, optisch wie aus Porzellan, ganz anders unterwegs. Eine barfüßige Sängerin in weißem Kleid, mit ihren Bandmates ganz in schwarz, sorgte sonst klassisch besetzt mit Gitarre Bass, Schlagzeug und Gesang auch für ein paar differenzierte Klänge mit ihrer Geige, welche die groovige Monotonie auflockerte. Und weil es hier im Tyrolen zum Spielplatzambiente passte, gab es hier nicht nur eine Drehscheibe und eine Tischtennisplatte, sondern es stand in der achteckigen Überdachung auch ein Dreirad herum, auf dem wohl jeder Besucher in den drei Tagen einmal gesessen hat. Irgendwie erinnerte der Gitarist von Katla darauf an die Filme von Saw ("Ich möchte ein Spiel spielen...").

 

screamerDie Schweden von Screamer liefen heute etwas außer der Wertung, wurden aber dennoch mit Spannung erwartet. Nach dem Weggang ihres Shouters am Bass, Christoffer Svensson, der besonders stimmlich eine große Lücke riss, hat man aber für beide fehlende Positionen vorübergehend einen Ersatz gefunden, und zwar mit Oskar alias 'Burning Night' von den Norwegern Night. Dafür dass man nach Aussagen der Band vor diesem ersten Auftritt in dieser Besetzung nur dreimal geprobt haben will, gab man sich ziemlich tight. Oskar besitzt eine hellere Stimme als sein Vorgänger, und er sang gerne in einigen Passagen noch höher als im Original. Aber er punktete auch, wenn er es noch tiefer tat, wie bei "All Over Again". Die Band spielte ihre Hits wie das laut mitgesungene "Keep On Walking", "Rock Bottom" und natürlich "Screamer". Die beiden Gitarristen agierten agiler als noch zuletzt, und verabreichten auch damit dem Gig mehr Energie, als man erwarten durfte. Man konnte feststellen, wie viel die geilen Screamer Songs wert sind, wenn sie eine unbekannte Stimme singt. Übrigens noch: So eine klasse Band wie Night hätte hier auch prima ins Billing gepasst!

 

horisontBei Magister Templi nahm eine gleichbleibende eintönige Glattstimme den Raum, und die Fünferbesetzung mit zwei Gitarren und einem dauerbangendem Basser gab fetten Sound ab, doch irgendwann musste mal Festnahrung eingeschoben werden. Das Essen hier war mal etwas anderes als Fastfood. Es gab zwar auch Hot Dogs (2,50 Euro) und Burger (fünf Euro), aber andererseits auch Pizza, Chili oder einen liebevoll garnierten Teller mit Tortellini und Schinken für umgerechnet sechs bis neun Euro. Dann war es Zeit für Horisont (Foto), fünf Jeanstypen, welche die größte Crowd bis jetzt vor die Bühne lockten. Die helle Stimme des Shouters schnitt sich durch den frühen Abend, der jetzt bei untergehender Sonne plötzlich ganz schön kühl wurde. In Formation immer am Bühnenrand abrockend, zeigte das Vollbartquintett unlangweilig mit viel Retrofaktor, wie man die Masse rockt.

 

witch mountainWitch Mountain betraten die Bühne im Achteck. Ihre Sängerin, begleitet neben Drums auch von einer smart riffenden Linkshänder Gitarre am Bühnenrand und einem groben Rickenbacker Bass, konnte mit heller Stimme zeigen, dass im Doom auch Frauen etwas zu sagen haben. Während man dieses Phänomen an diesem Donnerstag noch für etwas Besonderes hielt, sollte man tags drauf schon eines besseren belehrt werden. Aber dazu später mehr. Uta konnte es auch unclean, und nicht nur mit "Shelter" vom Album "Cauldron Of The Night" gestaltete das Quartett aus den USA einen tiefen Lavagig mit Trägheitsgarantie, nach dem man für eine Zugabe zurück kehrte, das überdachte Achteck noch einmal zu bedröhnen.

 

antichristDie Italiener von Claudio Simonetti's Goblin aus den Siebzigern brachten Keyboard- und bassdominierte Instrumentalmucke, bei der die Gitarre und Bass mehr Beiwerk waren. Doch noch mehr durfte man von dem Gig einer Band erwarten, die hier 2009 ihren ersten Auftritt hatte, aus der Gegend stammt und nach dem Song von Slayer klingt, der ihnen den Namen gab. Gemessen daran, dass viele Shirts von Antichrist (Foto) getragen wurden, sollte es zu ihrem Gig voll werden im Achteck. Sie gehörten zu den extremsten Bands des Festivals, und hatten natürlich auch viele Fans mitgebracht. Fast schon Gewohnheit, denn sie spielen auf dem Muskelrock nun zum fünften Mal. Hier klangen sie wieder etwas mehr nach ihren Anfangstagen, als noch zuletzt in Essen im Vorprogramm von Ketzer. Kaum war der letzte Ton geshoutet und das Mikrophon runter genommen, schloss sich schon der Vorhang zur Bühne. So plötzlich ging der erste Festivaltag zu Ende, denn Rufe nach Antichrist blieben unerhört; es war keine Zugabe mehr drin und der Vorhang blieb geschlossen. Also auf ins rot-weiß gestreifte Partyzelt, dem Sonnenaufgang entgegenfeiern.

 

Tag 2: Lizzies, Serpent Warning, Mud Walk, Ocean Chief, Protector, Seremonia, Overdrive, Ranger, Turbo, Slough Feg, Uli Jon Roth, (I Am The) Mansion, Five Finger Discount.

lizziesEin reiner female Act durfte den zweiten Tag auf der Open Air Bühne eröffnen. Da standen vier kleine Mädchen auf der Bühne und ließen die Sau raus. Sie nannten sich Lizzies, und wer dabei an einen Tribute von Phil Lynott dachte, war schief gewickelt. Das waren vielmehr amtliche Metallerinnen aus Madrid, und sie hatten mit Elena eine rotzige Röhre am Mikro, die vom Start weg überzeugte. Aussagen wie der Songtitel "Heavy Metal Warriors" lag zu ihrer Beschreibung nahe, zumal sie auch Gitarre und Bass von den ebenfalls vor Ort anwesenden Bullet Jungs geliehen bekamen. Und wer "Heavy Metal Ears" von den alten Holländern Picture covert, und vor allem "On The Run" von der NWoBHM Legende Crucifixion, kann nur fette Ausrufezeichen setzen. Wer zum Headbangers Open Air fahren wird, kann sich noch dieses Jahr selbst davon überzeugen. Ein Schwertkampf mit den Hälsen mutete an, die cremeweißen Bretter von Hampus und Adam doch noch kaputt machen zu wollen. Nachdem man sich bereits vom jubelndem Publikum verabschiedet hatte, war doch noch Zeit für einen weiteren Song. Respektabler Auftritt!

 

serpent warningAuf dem Muskelrock häuften sich offensichtlich die Doombands mit einer weiblichen Stimme. Die Doomer Serpent Warning aus Finnland, die gerade ihr selbstbetiteltes Debüt raus hatten, bestachen doch erst einmal mit einem skurrilem Aussehen ihres Gitarristen. Mit Schlapphut und Umhang bekleidet, und dazu eine Flying V umhängen habend, war schon ein gewöhnungsbedürftiger Anblick. Zum Anthem "Serpent Warning" hatte er das Zeug aber abgelegt. Nach einer Band wie Lizzies zog es jedoch mehr in den sonnig warmen Biergarten, wo man für nicht mal sechs Euro einen halben Liter Gezapftes bekam. Für schwedische Verhältnisse nicht bemängelbar.

 

mud walkDie Ansagen der Bands machte gemäß des Festivalnamens ein knapp bekleideter Muskelmann, der zu seiner trockenen Art und bei zurückhaltenden Andeutungen einer Pose ein paar Sätze auf Schwedisch fallen ließ. Es legten die Göteborger Mud Walk los, die von der Draußenstage aus groovige Siebziger Sounds erzeugten. Psychedelisch durfte man es auch nennen. Auch hier wurde ein Umhang getragen, allerdings diesmal von einer Sängerin, die auch eine Mundharmonika bearbeitete. Die Songs zogen sich etwas, dafür punktete man mit erdiger Gitarrenarbeit und etwas mehr Action als bei Serpent Warning.

 

ocean chiefOcean Chief war die erste Band heute ohne einer Frau im Line-Up. Aber noch einmal war es Doom, und wiederum eine Band aus Schweden, die einen etwas späteren Beginn erwischten. Die Drums standen weiter vorn am Bühnenrand, offensichtlich weil Drummer Tobias Larsson auch der Sänger dieser Formnation ist, und zusätzlich auch seinen Frontmann stehen sollte. Da mussten die Keyboards hinter ihm im Back Platz finden. Und die routinierten Ocean Chief brachten die Urgwalt rüber, mit zahlreichen Phasen von erheblichem Gebrumme, aber auch mit gehörigem Punch, denn Tobias ist sicher kein Fellstreichler. Man wurde ohne Pause schön durchgegroovt, bis die alten Balken des Achtecks absolut wurmlos waren.

 

protectorDann war mal so etwas wie Krach auf dem Gelände, als Protector endlich die härtere Gangart bedienten. So ein deathiger Thrashbolzen wie "A Shedding Of Skin" trifft immer. Seine Ansagen brachte er auf Deutsch, obwohl Nagelarmband Shouter Martin Missy schon länger in Schweden wohnt, sich aber für sein schlechtes Englisch entschuldigte. Dafür fügte er in seinen Ansagen aller Songs das Jahr ihres Releases an, und es waren die meisten Tracks aus den Achtzigern, wie 1989 "Urm The Mad", übrigens mit Drumsolo, 1988 "Golem" oder 1993 "Lost Properties". Aber auch neueres Zeug vom 2013er Album "Reanimated Humunculus" war dabei. Protector hatten sichtlich Spaß an ihrem Auftritt, das sonst melodischer unterwegs gewesende Publikum übrigens auch.

 

seremoniaSeremonia kommen aus Finnland, trugen alle ein blitzförmiges Kreuz um den Hals und spielen rote Gibson Gitarren. Soundmäßig schlossen sie sich den heutigen Bands des Nachmittages an, mit groovigem Retrosound und mal wieder einer Sängerin. Überhaupt waren viele Bands mit Sängerinnen am Start, nämlich exakt ein Drittel des Bellings. Das geile Cover ihrer Scheibe "Ihminen" konnte man sofort wieder erkennen, da hatten die Finnen echt etwas sehr Markantes am Start, das beim Merchandise ein Eyecatcher war. Tiefe Gitarren, fast folkige Chöre und ein paar Speedanfälle sorgten für mächtig Applaus.

 

overdriveWas ein richtiges Festival ist, kramt es auch alte Heroes hervor und steckt sie mit ins Billing. Im Falle von den Schweden Overdrive, established 1980, traf das auch zu 80% zu. Vier alte Herren und ein junger Sänger sprangen auf die Bühne, als wäre in der Zwischenzeit nichts gewesen. Deren junger Sänger war übrigens Per Karlsson, der nicht zuletzt auch bei den unangreifbaren Portrait für Gänsehaut sorgte. Dieser tauschte immer wieder mit Basser Pelle Thuresson die Position. Warum auch nicht, war Pelle doch bis 1985 der Sänger von Overdrive, und stimmlich respektabel, aber lag damit etwas hinter Per. Alte Sachen wie "Living In Sin" vom "Swords And Axes" Album, hatten ebenso wie der Titeltrack nichts an Reiz verloren. Sehr respektabel auch das agile Acting der Herren, das alte Eisen ehrwürdig zu performen, ohne schon zum selbigen zu gehören. An dieser Stelle darf auch noch angemerkt werden, dass Portrait super mit ins Billing gepasst hätte.

 

rangerRanger, die finnischen Speedheroes, wurden heiß erwartet. Das riesige Backdrop mit dem Motiv des Covers ihrer neuen Seven-Inch "Shock Skull", war an sich schon Intro genug. Leider war am Merch dieser soeben erschienene Zweitracker nur als Tapeversion erhältlich. Mit Doppel Flying V Attacken im geliebten Obertempo wurden keine Gefangenen gemacht. Neben bewährten Granaten wie "Supreme Evil", "Knights Of Darkness" und ihr Anthem wurde mit "Death Zone" ein neuer Song vorgestellt. Die tobende Menge brachte einige Crowdsurfer hervor, dass nicht alle Mädels unversehrt aus der ersten Reihe kamen, waren aber stolz, ein 'Andenken' an den Gig von Ranger bekommen zu haben. Richtiger Metal ist eben kein Ponyhof. Nach vierzig Minuten war leider schon alles vorbei. Bands eines solchen Kalibers kann es einfach nicht genug geben.

 

turboBereits vor dem Turbo Gig wurde aus dem Publikum von ihren Landsleuten die Polenflagge geschwenkt, in einer Art, dass der Muskelmann während seiner Ansage darauf eingehen musste. Sänger Thomasz begann schon vor dem Gig damit, den Refrain "Think And Fight", dem Opener des neuen Albums "The Fifth Element", bei der Audienz anzustimmen. Überhaupt gelang es der Band immer wieder, die Mitsingteile in den Slowparts erfolgreich auf die ersten Reihen zu übertragen. Das war Powermetal mit allen Schikanen, mal etwas hardrockig, dann wieder kantiger. Manchmal so kantig, dass man eine einzige Geräuschkulisse erballerte. Nach "This War Machine" vom neuen Album kam das Urgestein zum Ende, und schloss mit "Soldier Of Fortune" ab.

 

slough fegDie Amerikaner von Slough Feg, ehemals The Lord Weird Slough Feg, sind an Eigenständigkeit unschlagbar, und es damit wert, einmal live erlebt zu haben. Durch bloßes Ankratzen der Saiten, das wie ein Check der Instrumente erschien, aber tatsächlich die ersten Töne des Auftritts waren, nahm der Reigen der Ungewöhnlichkeiten seinen Lauf. Dazu wurde schon wild gepost, dass Shouter und Gitarrist Mike Skalzi dabei auch gerne mit einem Bein über den Fotograben auf die Absperrung grätschte, dann tauchte er mal ohne Gitarre am Mikro auf, dafür aber mit Hut. Lange Ansagen und insgesamt sehr viel Action waren sein Metier, als ob Stillstand Rückschritt bedeuten würde. Stilistisch könnte das klassischer Metal sein, wenn die Anteile von Prog und eigenem Folk nicht so hoch wären. Eine sehr außergewöhnliche Erscheinung im Metal, mit einer Eigenständigkeit, die ohne treffende Vergleiche auskommt.

 

uli jon rothErfrischend zu dieser späten Stunde brachte Mister Uli Jon Roth eine Kette von Hits aus den Siebzigern. Unüberhörbar war Gitarrist bei den Scorpions er zu dieser Zeit, und startete mit "All Night Long", das auch 1979 deren Livescheibe "Tokyo Tapes" eröffnete. Mit im Programm waren "Longing For Fire" und "We'll Burn The Sky", zwei Stücke von Rudolf Schenker. Daher kann dem Uli nicht ansatzweise so etwas wie Eigensinnigkeit angehangen werden, denn welcher große Gitarrist tritt schon mit noch zwei weiteren Gitarristen an? Seine eigenen Stücke sang er auch selbst, während Gitarrist Niklas Turman den größten Anteil inne hatte, zumal er auch näher an Klaus Meine kommt als Uli. Es wurde "The Sails Of Charon" nachgelegt, sein wohl bestes eigenes Stück aus dieser Ära. "In Trance", "All Along The Watchtower", "Pictured Life" und "Catch Your Train" beendeten den regulären Set, bis die geforderte Zugabe kam und seine alte "Dark Lady" die Lichter ausbließ. Im Anschluss zockten im Achteck (I Am The) Mansion, übrigens mit weiblichen Vocals, spirituellen und psychedelischen Langsamrock, und im Partyzelt sorgten noch Five Finger Discount mit einer überschnellen Psychobilly-Western Mischung für Rock 'n' Roll Stimmung, bevor die DJ's sich um die Beschallung kümmerten.

 

Tag 3: Night Demon, The Tower, Iron Thor, Gold, Holocaust, Axxion, Scout Parrè Phillips, Mindless Sinner, Black Trip, Satan, Satan's Satyrs, Angel Witch, King Dude.

night demonDie Running Order des Festivals war sehr einfach, denn der Beginn einer jeden Band war immer zur vollen Stunde, und an allen drei Tagen begann man um jeweils 14:00 Uhr. Eine weise Entscheidung der Verantwortlichen, denn es wurde tatsächlich bis in den Vormittag gefeiert. So war man an diesem dritten Tag dennoch ganz schön gerädert, doch die erste Band machte vieles mit ihrer zackigen Vollanmach Attitüde wieder flott. Zwar lag Gewitter in der Luft, Donner war auch schon zu hören, und die Anlage der Open Air Stage war schon mit Plane abgedeckt. Doch erstmal kam Sonne, und Donner gab es nur von Night Demon (Foto). Die abrockenden Metaller aus Kalifornien waren einige Wochen quer über den Planeten unterwegs, mit nur einer EP im Gepäck, und brachten erstmal "Road Racin'" von Riot. "Ancient Evil" war schon auf dem Keep-It-True Festival voll der Abräumer, wozu Basser und Shouter Jarvis auch schon mal ohne Mikro in die Menge schrie. Ein starkes Brett war auch "Lightning To The Nations", da gab es nichts zu meckern. Im Achteck spielten danach The Tower, eine Viererbesetzung um einen Basser mit Indianerschmuck. Sie rockten im Midtempo oder schlepprifften sich psychedelisch durch ihr Programm. Während die cleane Stimme zunächst noch recht leise war und immer lauter wurde, gab es draußen dann doch etwas Regen, das einzige Mal übrigens auf dem diesjährigen Muskelrock.

 

iron thorGar nicht wirklich nur ein einziges Mal spielte der kanadische Bodybuilder Thor auf diesem Festival. In der Vergangenheit bereits war er so etwas wie ein Markenzeichen für das Muskelrock geworden, dass es nicht schwer für die Formation Iron Thor war, bestehend aus Members von Iron Kobra und Sex Gepard, die voll im Outfit den Kanadier huldigen und Tribut zollen, auf das Billing zu rutschen. Ihre Setlist bestand natürlich aus Thor Songs wie "Thunder In The Tundra". Ihr ebenfalls bemuskelter Frontmann, seinem Vorbild ziemlich ähnlich, war schon beim ersten Song in den Fotograben gesprungen, die erste Reihe auf seine Weise zu begrüßen. In einem gestellten Duell gab es Geprügel mit einem Kontrahenden und abschließenden Wrestlingeinlagen. Der Vierer verabschiedete sich mit "Let The Blood Run Red", den Hammer des Thor empor streckend. Ein nicht ganz ernst gemeinter Auftritt, aber ein sehr unterhaltsamer. Der Sound war echt klasse, und viele erwogen es sogar zu sagen, Iron Thor wären besser als Thor selbst gewesen.

 

goldDie Niederländer Gold bloß als eine weitere erfolghabende Band aus dem Powervice und The Devils Blood Umfeld zu bezeichnen, wäre nun etwas zu einfach. Und dennoch muss der Vergleich zu Letztgenannten angeführt werden, denn Gitarrist Thomas Sciarone spielte dort, und schien die ein oder andere Idee von ihnen mit eingebracht zu haben. Mehr als noch auf ihrer Scheibe "Interbellum", die bei uns volle Punktzahl erhielt. Sängerin Milena trug ihre Haare streng, verfügte aber über eine Menge Ausstrahlung, die ihnen zusammen mit ihrer scharfen Stimme und der straighten musikalischen Ausrichtung Applaus bis in die letzten Reihen bescherte. Die getragene Psychedelic haben sie in sich, profitieren über lange Strecken auch davon, und streuen auch einige Riffs ein.

 

axxionAxxion waren auf dem letztjährigen Headbangers Open Air der Abräumer...da freute man sich doch besonders auf ein Wiedersehen. Das gab es auch mit Lizzies und Night Demon im Publikum, die den Kanadiern nicht nur auf die Finger schauten, sondern auch mit abrockten. Und dazu wurden Songs wie "Wild Racer" und "Hard Rockin' " auch gemacht. Dem Gitarrenmann Sir Shred unterlaufen übrigens nie Spielfehler. Klingt hier mal was komisch, dann hat der sichere Flitzefinger das auch so gewollt. Shouter Dirty D begab sich auch mal ins Publikum, und sagte mit "Liar" einen neuen Song an. Neu waren auch die Coverversionen von Y & T's "Mean Streak" und "Ride Of The Chariots" von ihrem Landsmann Thor, der hier ja auf dem Muskelrock vergöttert wird. Dementsprechend heftig waren die Rufe nach Zugabe. Das Festival mit den wohl meisten female fronted Bands im Billing, hatte zeitgleich mit Scout Parrè Phillips noch eine weibliche Stimme im Angebot, welche die Zeltbühne rockte. Doch der Verfasser dieser Zeilen entschied sich, mit Alison Thunderland, der Schlagzeugerin von Axxion vorlieb zu nehmen.

 

holocaustZum ersten Mal trat die Legende der NWoBHM in Schweden auf, und Oberschotte  John Mortimer an Gitarre und Vocals fügte dazu an: "So Be Gentle With Us!" Holocaust spielten die Hits aus ihrer fünfunddreißigjährigen Geschichte, wie "Dance Into The Vortex", "Iron Will" oder das mal von Metallica gecoverte "The Small Hours". Insgesamt hämmerte der klare Bass etwas lauter, als Johns Gitarre, und klar war auch noch ein Produkt von Holocaust. Am Merch gab es von ihnen ein eigenes Getränk, nämlich Raki, stilecht mit dem Holocaust Label auf der kleinen Flasche. Das Eldorado war aber der Song, auf den alle warteten, nämlich die NWoBHM Hymne "Heavy Metal Mania" zum Abschluss.

 

mindless sinnerMindless Sinner war eine weitere alte Band aus Schweden, deren Wurzeln bis in die frühen Achtziger zurück reichten. Sie begannen ihren Soundcheck gleich mit einem offensichtlich sehr bekannten Mitsinger "Standig On The Stage" vom 1986er Album "Turn On The Power". Mit viel Melodie und auch nicht wenig Tempo stiegen sie in ihren Set ein. Ihre Songs haben auch heute noch Bedeutung, dass "Here She Comes Again", "Key Of Fortune" und auch "Master Of Evil" von der gleichnamigen 1983er EP abgefeiert wurden. Für manchen Geschmack mit etwas zu vielen "Ohoho-Chören" ausgestattet, bekamen sie jedoch große Teile der Audienz zum Mitsingen. Geil auch ihr Acting, denn die alten Herren haben richtig abgerockt, ohne am Monitor zu wurzeln.

 

black tripHier beim Muskelrock gab es auch keine Einlasskontrollen, wie man sie aus Germanien kennt. Am weit geöffneten Eingangstor saß ein Mann im Rentenalter oder ein nettes Fräulein allein auf einem Gartenstuhl, und nickte bloß die durchgehenden Bändchen an den Armen ab. Die kurzen Wege zum Zelt oder zum Auto ermöglichten es, dort mal eben zwischen den Bands Nachschub zu Fassen. Dem Auftritt von Black Trip fieberten viele entgegen, und sprachen schon im Vorfeld angeregt darüber, diesen Gig auf keinen Fall verpassen zu dürfen. Und das auch von Leuten, die sonst nicht gerade auf Occult-Rock stehen. Ungewöhnlicher war aber eher, dass ihr Sänger ganz links auf der Bühne stand, und die drei Bretter links von ihm. Der Sound der fünf Schweden hatte etwas von der NWoBHM. Ihre Metalattitüde unterstrichen sie mit der Riot Coverversion von "Outlaw", und ihren Rock 'n' Roll Einschlag mit Motörheads "Built For Speed". Damit konnte man auch nur gewinnen.

 

satanWenn auch irgendwie das Intro verreckte, das NWoBHM Urgestein Satan tat das nicht. Und zwar ganz im Gegenteil, wie sie mit ihrem Achtziger Hit "Trial By Fire" loslegten. Wie es zu erwarten gewesen sein durfte, mischte sich neues Material ihres grandiosen aktuellen Werkes "Life Sentence" mit den Klassikern. So folgte "Break Free" auf "Twenty Twenty Five", als gehörten sie zusammen, wie "Siege Mentality" und "Kiss Of Death" als gleichaltrige Geschwister durchgehen würden. Schon komisch wenn die Menge nach Satan ruft, und dabei eine so sympathische Band auf der Bühne steht. Shouter Brian Ross kündigte an, dass Satan keine Coverversions spielen, stimmte aber das von Judas Priest bekannte "Breaking The What.." mit vier Wiederholungen an, peitschte die Fans damit auf, um dann noch einmal zu sagen, dass Satan keine Coverversions spielen. Schade nur, dass Basser Graeme English, der bei Skyclad eher wurzelt und bei Satan völlig aus dem Häuschen ist, meist nur im Hintergrund tobt. Immer wieder geil diese Band zu sehen, und mit den Worten "We were satan and you were fucking amazing!" verabschiedete Shouter Mister Brian Ross sich von der Menge. Kann man es besser machen? Wohl kaum. Satan war die Band des Festivals.

 

satans satyrsDie undankbare Aufgabe, den Slot zwischen zwei unangreifbaren Bands der NWoBHM zu füllen, kam den Amerikanern von Satans Sartyrs zu. Das waren drei Kerle im Stil der Siebziger gekleidet, die sich durch ihren doomigen Set groovten und kloppten, mal tiefriffig aber auch speedy, und das kam schon an. Nur nach so einem Gig von Satan gelang es nicht jedem, sich schnell wieder runter zu fahren. Daher waren Satans Satyrs grad nicht adäquat. Durch stetig anreisende Bands, die das ausgelegte Sortiment bereicherten, war ein regelmäßiger Besuch des Merchandise Standes sinnvoll, zumal die Shirts hier umgerechnet freundliche elf bis vierzehn Euro kosteten. Es gab hier auch keinen Backstagebereich. Alle Bands mischten sich vor und nach ihren Auftritten unter die Gäste, und es konnte vorkommen, dass man plötzlich neben Mister Brian Ross stand. So war man stilecht eingestimmt auf die nächste Band der Gründerzeit.

 

angel witchUnd das waren Angel Witch, die auf dem Livesektor in letzter Zeit wieder gut Gas gegeben haben. Sie spielten draußen bei schon ziemlich kalten Temperaturen ihren Mix aus alt und neu. Logisch, denn mit "As Above, So Below" haben sie eine amtliche aktuelle Scheibe im Koffer, von der solche Tracks wie "Dead Sea Scrolls" auf keinen Fall fehlen durften. Auch Klassiker wie "White Witch" bekamen fetten Sound, da die Band mit ihren beiden Paulas nur die eigenen Amps benutzt. Blöderweise gab es zwei Ausfälle der kompletten Anlage, dass nur die Monitorboxen auf der Bühne zu hören waren, und das ausgerechnet zum Intro des Oberpflichtsongs "Angel Witch", den sie dann noch einmal ganz von vorne performten, mit Unterstützung von Feuersäulen am vorderen Bühnenrand. Ein sehr fetter Auftritt, der wahrscheinlich nur von Satan an dieser Stelle hätte übertroffen werden können.

Den letzten Auftritt auf dem diesjährigen Muskelrock bestritten drei Amerikaner aus Seattle, die unter dem Namen King Dude firmierten und mit zwei Paulas relaxte Klänge verursachten, die lediglich von Drums begleitet wurden. Neben zwei Kreuzen auf der Bühne gab es für die Ohren eine undefinierbare Psychomischung aus laut und leise a la Nick Cave. Egal, den gelungenen Abschluss fand man eh nur im nahegelegenen Partyzelt. Vielen Dank Muskelrock, vielen Dank Schweden, wir kommen wieder!



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer