Daniel: Hey Joschi! Erzähl uns doch zunächst etwas über die Gründung, den Werdegang und die Veröffentlichungen von Undertow, solange Du nicht der Meinung bist, dass das hier den Rahmen sprengt, hehe!
Joschi: Hallo! Okay, ich versuch´s mal. Gegründet haben wir Undertow 1993 zunächst zu viert, also mit zwei Gitarristen, wobei der Mike damals noch vor dem ersten Gig ausgestiegen ist. Wir haben dann zwei Demokassetten aufgenommen und 1996 unsere erste Demo CD „Slope“, die im lokalen Underground ordentlich Staub aufgewirbelt, und uns in die ganzen hiesigen Clubs und Jugendzentren geführt hat. Zwei Jahre später kam es dann zu einem Deal mit Sub Zero Records und wir brachten „HarmOnE“ an den Start; unsere erste offizielle Scheibe! Zwei Jahre später und etliche Konzerte mehr gab es zunächst einen Drummerwechsel – für Chris kam Kuddel. Wir wurden dann von Silverdust Records übernommen und brachten „UnitE“ raus. Labelmäßig war das gleich ein völlig anderes Feeling, da sich die Leute viel mehr um uns kümmerten, eine entsprechende Promo schalteten und einfach eine super Zusammenarbeit da war. Dann hatten wir das Glück, noch zwei Scheiben für Silverdust rausbringen zu können, nämlich „34ce“ und „Milgram“. Die beiden Scheiben verhalfen uns zu vielen Konzerten mit größeren Acts und etlichen Touren, u. a. End Of Green, Crowbar, eine Europa Tour mit Pro-Pain usw.! Zwischen den Veröffentlichungen gab es erneut einen Drummer-Wechsel. Auf Kuddels Hocker nahm der Raini Platz. 2008 waren wir dann ohne Deal und die Arbeiten zu „Don´t Pray To The Ashes“ gestalteten sich sehr entspannt und ohne Zeitdruck. Als wir die Scheibe in den Händen hielten, gingen wir auf Labelsuche und fanden schließlich in Robby von Supreme Chaos Records den richtigen Mann. Für die „...Ashes“ (2010) bekamen wir dann überschwängliche Kritiken von allen Seiten der Metalpresse, und wir spielten sehr viele und coole Konzerte zu dieser Veröffentlichung, und eine Tour mit Hackneyed. Die vielen Konzerte, so schön sie auch waren, brachten jedoch einen erneuten Drummerwechsel mit sich, der allerdings nicht hätte besser ausfallen können, denn Kuddel übernahm wieder seine alte Wirkungsstätte und zimmerte 2013 mit uns die aktuelle CD „In Deepest Silence“ ein. Darauf zu hören ist auch unser Neuzugang Brandy an der Leadgitarre. Und was soll ich sagen? Wir fühlen uns stabiler und wohler denn je, zum 20-jährigen Bandjubiläum!!!
Daniel: Woher kommt der Name Undertow? Ich hatte erst den Verdacht, dass Ihr Euch nach dem gleichnamigen Tool-Album benannt habt, das ja auch in Eurem Gründungsjahr 1993 erschien. Musikalisch habt Ihr allerdings nichts gemeinsam…
Joschi: Das wäre ja naheliegend, hatte aber tatsächlich nichts damit zu tun. Zu etlichen anderen, teils fürchterlichen Namensvorschlägen kam dann irgendeiner von uns mit Undertow an! Das fanden wir alle klasse. Und als Tom dann noch raus fand, was das Wort genau bedeutet, war´s dann eh klar! Unsere Musik sollte auch eine Sogwirkung haben!
Daniel: Welche Bands haben Euch überhaupt so beeinflusst? Und haben sich Eure Einflüsse in all den Jahren verändert?
Joschi: Na ja, ich denke, wir alle hören schon seit Ewigkeiten Metal und haben sehr viele gemeinsame Lieblingsbands, vieles aus dem Thrash-/Doom-/Hardcore- und Death Metal-Bereich. Da wir aber auch sehr viel Musik aus anderen Bereichen hören, mischt sich das halt auch entsprechend in unseren Stil mit ein. Ich denke, wir haben auch mittlerweile so eine eigene Nische gefunden, wo wir alles mögliche an Stilen kombinieren und zu einer charakteristischen Mischung zusammenfügen, die dann typisch nach Undertow klingt!
Daniel: Wovon handeln Eure Texte? Gibt es eine bestimmte Botschaft, die Ihr Euren Fans vermitteln wollt?
Joschi: Also bestimmte Botschaften gibt’s jetzt textlich nicht unbedingt; von meiner Seite aus zumindest nicht. Ich verarbeite in meinen Texten meist das, was ich bei meiner täglichen Arbeit als Psychiatriepfleger so erlebe. Und da gibt’s quasi endlos Stoff... Und Tom verarbeitet eigentlich auch meist eher realistische Themen.
Daniel: Ihr habt schon sehr viel live gespielt, unter anderem auch mit größeren Bands wie Crowbar, Pro-Pain, Danzig, Kreator, Volbeat, Paradise Lost usw. Wie kam das zustande? Hattet Ihr Kontakt zu den Bands? Wart Ihr Local Support? Oder hat das Euer Label für Euch arrangiert?
Joschi: Die meisten Konzerte und Touren mit diesen Bands kamen tatsächlich über persönliche Kontakte, Sympathien und Freundschaften zustande. Tom, unser Basser, macht ja nun schon seit Jahren unser Booking und ist da ein echter Fuchs! Dazu kommt, dass wir selbst einfach recht unkomplizierte Typen sind und keine großen Ansprüche stellen, auch nach zwanzig Jahren nicht. Ich denke, das haben zum Beispiel Crowbar und Pro-Pain auch gleich gemerkt, und deshalb haben wir zu diesen Bands auch nach wie vor guten Kontakt.
Daniel: Ist es Euch wichtig, mit Bands zusammen zu spielen, die Ihr selber mögt? Oder schleust Ihr Euch überall mit ein, um auf der Bühne zu stehen?
Joschi: Es ist natürlich immer cool, mit Bands zu spielen, die wir selber mögen. Das muss jetzt aber nicht erzwungen sein. Wir spielen gerne überall, wo man uns bucht und sehen will, so lange die Umstände nicht völlig aus dem Rahmen fallen... Also es sollte halt schon möglichst ein Line-Up sein, wo wir vom Stil her einigermaßen zu passen.
Daniel: Sind irgendwelche Festivalauftritte für nächstes Jahr geplant? Wisst Ihr schon etwas?
Joschi: Ja! Kommt gerade alles nach und nach, zum Beispiel sind wir auf dem Summer Breeze Festival 2014 zu sehen.
Daniel: Ihr seid jetzt schon zwanzig Jahre dabei. Wie habt Ihr Euer Jubiläum gefeiert? Gab es spezielle Auftritte dafür, evtl. mit einer Setlist, in der Ihr Songs berücksichtigt habt, die Ihr ewig nicht mehr gespielt habt, Sondereditionen alter Alben, eine Compilation mit raren Tracks, Fanclubtreffen oder so?
Joschi: Oh, das war der Hammer! Wir hatten ein riesiges Programm zusammengestellt mit über zwei Stunden Spielzeit. Songs, die wir schon lange nicht mehr im Programm hatten plus Gastauftritte von Mitgliedern der Vorbands Breschdleng und End Of Green, zu denen wir ja enge Freundschaften unterhalten. Die Location war auch was Besonderes: ein altes, restauriertes Bürgerhaus namens Schranne in Giengen an der Brenz; das Städtchen gleich neben meinem Heimatort. Wir hatten über 400 Gäste, von Düsseldorf bis aus dem Schwarzwald. Durch Zufall bekamen wir im Vorfeld auch noch einen Restbestand sämtlicher alter Scheiben ab der „UnitE“ von Silverdust, und konnten diese dann auch an dem Abend anbieten. Die Aftershowparty war natürlich ebenso außergewöhnlich, hahaha!!!
Daniel: Gibt es Dinge, die Ihr in den zwanzig Jahren im Nachhinein lieber anders oder gar nicht gemacht hättet?
Joschi: Nach zwanzig Jahren sieht man viele Dinge, die man gemacht hat, heute in einem anderen Licht, und manches würde man vielleicht auch anders machen. Aber wir sind froh, dass wir nie vor der Wahl standen „Musik oder Job“, denn das ist in good old Germany eh ein schwieriges Unterfangen. Und da wir alle unsere Familien zu versorgen haben, stellte sich die Frage bei uns eigentlich nie. Wir verdienen bis heute kein Geld mit der Musik, haben aber unglaublich viel Spaß im Proberaum und auf den Bühnen, wenn wir zusammen unterwegs sind. Ein wunderbarer Ausgleich zu unseren Jobs!
Daniel: Welche Höhen und Tiefen gab es in Eurer Karriere?
Joschi: Es gab sehr wenig Tiefen in unserer Bandgeschichte. Die Drummer-Wechsel hauten zunächst immer ordentlich ins Gebälk, jedoch relativierten sich diese Ereignisse immer wieder, weil dann immer die richtigen Leute am Start waren. Hammer! Höhen gab´s mit jeder Veröffentlichung, Highlights natürlich die Touren mit oder ohne Nightliner, diverse Festivals, aber auch Album des Monats im Rock Hard mit der letzten CD „Don´t Pray To The Ashes“. Da kauft man sich seit Mitte der Achtziger dieses Heft, verpasst so gut wie keine Ausgabe und plötzlich ist man selbst mittendrin. Unglaublich schön!!!
Daniel: Welche Zukunftspläne habt Ihr noch mit Undertow?
Joschi: So wie jetzt kann´s ruhig weiter gehen. Und auch gerne noch a bisserl mehr. So lange die Leute uns noch sehen und hören wollen, werden wir am Start sein. Große Ziele haben wir uns nie gesetzt, haben immer alles auf uns zukommen lassen und so werden wir´s auch weiter halten. Ich denke, das ist das beste Rezept, um weiter zu machen bei einer Band unserer Größe!
Daniel: Na gut, Joschi! Die letzten Worte gehören Dir!
Joschi: Schön, dann bedanke ich mich fürs Interview und alles Gute für 2014!