MARILLION, JACOB MOON

Köln, Essigfabrik, 15.11.2013

Nach dem Interview mit Bandchef Steve Rothery (Gitarre) konnte ich in der Essigfabrik verweilen, und die regen Vorbereitungen für das Konzert beobachten. Gleich fiel mir auf, wie klein das Venue für diese Band sein würde. Bestätigt wurde diese These nach dem Auftritt des Opening-Acts Jacob Moon, den ich am Merchandise-Stand traf und ich nicht mehr auf dem normalen Weg in den Fotograben konnte, ohne zerquetscht zu werden. Meinen Dank an die Security für das Hereinlotsen in den Bühneneingang. Das nenne ich mal Overloading einer Halle. Dürfte im Notfall eine gefährliche Sache werden. Komischerweise spielte hier eine „Normalo-Band“ für ein „Normalo-Publikum“, und die scheinen immer ein wenig aggressiver als die Metaller zu sein. Mal fünf Minuten drüber nachdenken. Da gab es echt komische Momente im Publikum.

 

JACOB MOONPünktlich ging das Licht aus und als nicht angekündigter Überraschungs-Act, kam der absolut unbekannte Kandier Jacob Moon auf die Bretter. Nur mit einer Gitarre bestückt, spielte er das Set komplett alleine und führte uns in seine Kunst des Live-Looping ein (Begriff wird in seinem Review auf unserer Seite erklärt). Das sorgte einerseits für fette Begeisterung, und bei den anderen Zuschauern für lahmen Applaus. Sein Programm bestand aus Songs seiner eben erschienenen Scheibe „Fascination“ und verschiedenen Cover-Stücken von Marillion und Rush, eben den Songs, mit denen er sich in seiner Heimat und den eben erwähnten Bands einen Namen gemacht hat. Seine Stimme war angenehm und warm, aber seine Interpretationen der gecoverten Stücke, insbesondere „Subdivisions“ von Rush, stießen bei mir nicht auf Gegenliebe. Zudem finde ich es doof Songs zu spielen („Lavender“), die der Hauptact auf der Playlist hat. Jedoch für einen unbekannten Star mit neuen Ideen gab es mehr als nur höfliches Feedback und der Rush an den Merchandise-Stand, wo Jacob fleißig Autogramme gab, war geballt.

 

MARILLIONNach der üblichen Umbaupause kamen Marillion unter euphorischen Ausrastern seitens der Fans auf die Bühne. Sänger Steve Hogarth, aufgeputzt wie ein greisiger Harry Potter mit Krückstock, faszinierte von erster bis letzter Minute mit einer emotional geballten, ausdruckstarken Show, die den Schauspieler in seiner Seele widerspiegelt. Das lieben seine Fans. Allein die Gesichtsmimik immer entsprechend faszinierend, erzählte schon Bände über das gerade gespielte Stück. Steve lebte seine Songs mit einer Inbrunst, die Ihresgleichen suchte. Nur ab und an vergriff er sich an Instrumenten (Keyboard, Gitarre und mehr), um seine Mitstreiter zu unterstützen. Der Opener „The Invisible Man“ (die Setlist wurde im Laufe des Gigs aus einem Umstand, den ich leider nicht verstanden habe, kurzzeitig geändert) brachte das Konzept des Konzerts bereits auf den wichtigsten Punkt: heute würden wir was erleben, selbst kleine Patzer! Mister Rothery war einen kurzen Moment in einem völlig anderen Film und spielte ein Gegenthema) und Ähnliches wurde mit viel Verständnis und Humor seitens der Fans akzeptiert. Ja selbst der größte und perfekteste Profi wird älter. Doch Komponist und Gitarrist Steven Rothery war das Gegenteil seines Fronters. Bescheiden, ruhig und immer dankbar. Nach jedem Applaus, und sei er noch so klein, gab er etliche Verneigungen von sich. Devot bar jeden Starruhms und sehr liebenswert. Aber in seinem Element gab er derart filigrane und gefühlsschwangere Soli von sich, dass man manche Träne in den Augen, selMARILLIONbst der männlichen Zuschauer, glitzern sehen konnte. Der Mann im Hintergrund, Drummer Ian Mosley, hielt die Songs zusammen, war aber optisch kaum von Bedeutung, da er hinter einem völlig verbauten Kit saß. Keyboarder Mark Kelly hingegen freute sich tierisch auf die Reaktionen, die die Songs hervorriefen, dass er fortwährend im Kreis grinste. Weiteres Aushängeschild war Basser Pete Trewavas. Seine seitliche Performance wuchs stetig im weiteren Verlauf des Auftritts und die Licks, die er mal so eben aus dem Ärmel zauberte, da viele Dinge innerhalb der ansonsten festen Songstrukturen auch mal improvisiert sein durften, waren zauberhaft und aufregend. Spontan wurde „Montreal“ vom letzten Album, „Sounds That Can`t Be Made“ gespielt, das für helle Aufregung und erneuter Bewunderung sorgte. Natürlich wurde das Stück, „Garden Party“ aus der Fish-Ära, frenetischer als alles bisher gehörte gefeiert. Eine würdige Zugabe. Satte zwei Stunden haben die Briten ihren Jüngern beschert, die mehr als zufrieden nach Hause gingen. Ich komme wieder.



Autor: Steve Burdelak - Pics: Steve Burdelak