U.D.O. / SISTER SIN / SISTER

Recklinghausen, Vast-Arena, 01.12.2011

Auf der Heavy Metal Landkarte der Veranstaltungsorte war das liebliche Städtchen an der A2 bislang recht tot, und müsste somit Ver-Recklinghausen heissen, wenn nicht heute der Tourtross von U.D.O. und Sister Sin hier laut Station machen würde. Doch die Vast-Arena entpuppte sich als hervorragende Location für diesen Event, und es war gut zu sehen, dass sich auch einige jüngere Nachwuchsbanger zwischen die Altrocker mischten. Denn gerade jetzt, wo es Accept wieder auf den Bühnen und im Player gibt, sollte es sehr interessant zu beobachten sein, wie die Band, und gerade die Fans heuer damit umzugehen wissen. Werden viele Accept-Songs in der Setlist zu finden sein, oder nur die Wichtigsten? Werden nur noch wenige U.D.O.-Die-Hard Fans zugegen sein? Die Antworten sollten nicht lange auf sich warten lassen…
 
SISTER 2011-12 re 1Den Auftakt erledigte eine Band namens Sister aus Schweden, und die hatten nach einem Trompetenintro musikalisch einiges zu sagen. Bei Gitarrist Lestat hing an einer Kette ein Totenschädel um den Hals, und auch sonst hatte die Sleazeband nicht nur optisch mit zerrissenem, schwarzen Outfit Punkallüren zu bieten. Scheinwerfer vom Bühnenback blendeten das Publikum fast permanent, was sich auch bei den beiden noch folgenden Bands nicht ändern sollte. So war der Mucker, der jeweils ganz vorn am Bühnenrand stand, aus den ersten Reihen nur schemenhaft auszumachen. Dennoch konnte jeder mitbekommen, wie lebendig der Vierer agierte. Die Bühnenaktion konnte nicht anders, als quirlig beschrieben werden, denn selten bekommt man einen Opener zu sehen, der richtig Gas gibt. Die rotzigen Songs hatten Arschtritt, blieben aber trotz einiger Mitsingspielchen nicht im Kopf kleben. Sänger Jamie stellte zum Schluss noch die Band vor, mit einem Rikky Riot (Foto) am Bass.  Der Rikky Riot? Ja, genau. Der Bassist, der vor zwei Jahren auf der Deutschlandtour von Arch Enemy bei der Vorband Sister Sin ausgeholfen hatte. Sister hatten dreissig Minuten, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, die sie auch erfolgreich ausnutzten.
 
An den Ständen für Merch gab es Shirts aller Bands ab 20 Euro. Einen Spass erlaubten sich Sister Sin, auf den Shirtrücken alle ihre Tourdaten von einem Jahr zu printen. Die nehmen nicht nur die ganze Fläche ein, sondern sind auch so klein, dass sie so eben noch lesbar sind. CD’s und reichlich Gimmicks, die mehr oder weniger verzichtbar sind, findet man besonders bei Bands, die eh massig verticken. So gab es am Stand von U.D.O. Rev-Raptor Schals, Gürtel und auch ein geschnürtes Fussballtrikot im 50er Jahre-Stil. 

SISTER SIN 2011-12 re 1Nach dem Umbau prangten zwei grosse Sister Sin Aufsteller im Back, die mit dem Kürzel T.S.O.T.U.G.  auch gleich den ersten Song ansagten. Das Publikum hielt sich noch im hinteren Teil der Halle auf, als sie mit dem Titelstück „True Sound Of The Underground“ ihres aktuellen Megaalbums loslegten. Heute gab es optisch mal keinen Rock bei Sängerin Liv, sondern flatschenge Lederhosen in ferrarirot. Schon bei den folgenden „Better Than Them“ und „One Out Of Ten“ wurde schnell klar, wie tight und professionell die Schweden nach mehreren hundert (!!) Gigs, die sie seit ihrer letzten Germanypräsenz absolviert haben, geworden sind. Liv brüllt immer noch wie keine andere Sängerin im Metal, und setzte ihre Stimme besonders bei „Outrage“ so versiert ein, dass der Song tatsächlich noch besser als auf Platte klang. Drummer Dave, heute im geschmackssicheren Bathorty Shirt, lieferte mit tightem Punch zusammen mit Neubasser Strandh (Foto rechts) einen soliden Teppich, auf dem sich Liv und Gitarrist Jimmy (Foto links) austoben konnten. Die hielten sich jedoch weitestgehend an die bekannten Urversionen, und teilten sich zum Posen ein Podest vorne an der Bühnenmitte. In einer Ansage wurde schon mal dem Headliner gehuldigt, und dann das Cover „24/7“ gezockt, für das sich im Vorfeld der Headliner himself stark gemacht haben soll, dass Sister Sin den Track mit in ihr Programm aufnahmen.

SISTER SIN 2011-12 re 2Wie weit sich Liv’s Stimme entwickelt hat, zeigt, dass ihre erste Single „On Parole“ im Programm auftauchte. Diese grossen Melodien darin verlangten der Vokalistin alles ab, und diese brachte hier wiederum eine noch grössere Gesangsleistung, als sie das bei der Studioaufnahme tat. Und das bei voller Action. Ihre Moves und Posen sind prägnanter geworden, was bei „Beat Them Down“ und „Love/Hate“ vom Publikum, welches sich nun vermehrt vor der Bühne aufhielt, lautstark honoriert wurde. Beim abschliessenden Motörheadsong „Rock ‚n’ Roll“ konnte eine Liv (Foto) mit ihrer tiefen Stimme einen Shouter wie Lemmy schon mal erblassen lassen, doch hier muss endlich mal ein Lob an Jimmy ausgesprochen werden. Jimmi, der daran Schuld ist, dass die Schweden mit nur einer Gitarre einen so fetten Sound hinbekommen. Diesen Job erledigt er alleine, und mit Bravour, egal ob riffend, oder solierend. Sister Sin haben einfach alles, was das Metallerherz begehrt. Riffs, Arschtritt, Attitüde, kräftige Vocals, und vor allem Songs. Leider war nach vierzig Minuten Ende, und man musste sich trotz massiver Zugaberufe streng an den Zeitplan halten. Sehr Schade, denn wann bekommt man schon mal eine Band zu sehen, bei der alles nahezu perfekt stimmt?
 
UDO 2011-12 re 3Anders bei den Haudegen von U.D.O., denn die punkteten vor allem mit ihrem Backkatalog und dem von Accept. Ihr Bühnenaufbau aus Lichteinheiten mit Stahlträgern wurde im Rev-Raptor-grün beleuchtet, bis zu den Klängen von eben jenen welchen Titelstückes die Bühne geentert wurde. Bei den Bekleidungen dominierten Tarnfarben, und die Tracks „Thunderball“ und „Leatherhead“ wurden nachgefeuert. Der erste Acceptsong war heute Abend „Screaming For A Lovebite“ vom „Metal Heart“ Album. Zu  „Vendetta“ durften wir einen im Takt stampfenden Stefan Kaufmann (Foto rechts) erleben, der dann auch das umjubelte Riff zu „Princess Of The Dawn“ anzupfte. Die schätzungsweise zu drei Vierteln gefüllte Halle wohnte unermüdlich den endlosen Mitsingspielchen aktiv bei, und bekam mit „I Give As Good As I Get“ vom neuen Album, welches auch als Video ausgekoppelt wurde, die erste kleine Verschnaufpause. Igor Gianola (Foto links) durfte ein langes Gitarrensolo zocken, und bekam dazu lustig Unterstützung von Stefan aus dem Back. Einen Ausflug durch das Publikum durfte dabei nicht fehlen. Nach „Neon Nights“ und „Break The Rules“ zog sich noch ein Drumsolo dahin, nachdem vor allem die Acceptsongs mit langen Choreinlagen und Soli schon sehr ausgedehnt wurden.

UDO 2011-12 re 1„Man And Machine“, „Up To The Limit“ und „Two Faced Woman“ schlossen den regulären Set vor „Metal Heart“, welches wieder laaaaange Mitsingspiele beinhaltete, die von Udo (Foto) mit sympathischen Ansagen „Ich brauche Eure Hilfe“ ausgeglichen wurden. Danach war erstmal Schluss, bevor man für vier Zugaben zurückkehrte. „Bogeyman“ war die erste, und gleichzeitig der letzte eigene Song in der Setlist heute Abend, denn „24/7“ wurde ja schon von Sister Sin gebracht. Udo stimmte mit dem sehr singfreudigen Publikum ein Geburtstagsständchen für Arnold, dem Mischer am Pult an, und widmete ihm „I’m A Rebel“. Noch einmal verschwand die Band von der Bühne, während lautstark „As Fast As A Shark“ gefordert, aber „Balls To The Wall“ geliefert wurde. Doch dann kam mit einem Riesenschrei endlich doch noch das vehement geforderte „As Fast As A Shark“, und man verabschiedete sich mit Shakehands nach 112 Minuten Spielzeit. Weil im Moment viele Metaller Acceptsongs lieber von Accept hören wollen, und obwohl für U.D.O.-Fans Accpetsongs in jeden U.D.O.-Gig gehören, wäre auch ein reiner Gig mit U.D.O. Songs denkbar, denn dann hätten die Kracher „Holy“, „Go Back To Hell“, „Heart Of Gold“, „Private Eye“ oder „Independence Day“ noch im Set Platz gehabt, und man hätte allen etwas gegeben, was Accept nie tun, nämlich U.D.O. Songs spielen!





Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer