FLESHCRAWL - Fleisch für eine neue Scheibe


Die deutschen Death Metal Veteranen von Fleshcrawl sind schon seit über 20 Jahren aktiv und waren nachweislich die erste Band unseres Landes, die den typischen Schweden-Sound fuhr, der heute wieder so schwer im Kommen ist. Das letzte Album ist von 2007. Es war also viel zu lange ruhig. Zufällig traf ich sie aber auf dem Parkplatz beim Rock Hard Festival 2013 in Gelsenkirchen, betrank mich mit ihnen und machte ein Interview klar. Ursprünglich wollte ich Drummer Basti befragen, da er das einzige noch verbliebene Urmitglied ist. Der reichte es dann aber aus zeitlichen Gründen an Shouter Sven weiter. Hier ist es:

FLESHCRAWL logoDaniel: Hey Sven! War cool, Euch auf dem Parkplatz des Rock Hard Festivals getroffen zu haben! Erzählt mal zunächst, wie Eure Eindrücke von dem Festival waren und wie es überhaupt dazu kam, dass Ihr dort gespielt habt. Immerhin habt Ihr ja auch schon seit 2007 kein neues Album mehr veröffentlicht…

Sven: Hey Daniel, alles fit bei Dir? Wenn ich so deine Frage lese, fällt mir als erstes der Whiskey ein, den ihr dabei hattet, haha! Im Ernst, das Rock Hard Festival ist immer eine sehr feine Angelegenheit. Die Location spricht für sich und es ist jedes Jahr wie auf einem großen Familienfest. Wie Du sicher heraus hörst, bin ich öfters dort, um genau zu sein, seit dem ersten Mal jedes Jahr. Das Rock Hard Festival hat einen fixen Termin in meinem Terminkalender, haha! Pfingsten ist immer reserviert. Was jetzt jedoch noch nicht Deine Frage beantwortet, haha! Welche Band will nicht auf dem Rock Hard spielen? Wir natürlich auch, und wie es der Zufall so wollte, spielten wir 2012 auf dem „Stromgitarrenfest“ unserer Kollegen von Postmortem. Dort war unter anderem ein gewisser Götz K. anwesend. Nach unserem Gig meinte er: „Geile Sache, ihr spielt Rock Hard 2013“. Also haben unsere Live-Qualitäten wohl für uns gesprochen.

Daniel: Fangen wir mal ganz vorne an. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Ihr Euch unter dem Namen Morgöth gegründet habt und dann schließlich in Suffocation, bevor Ihr Euch schließlich in Fleshcrawl umbenannt habt. Morgoth und Suffocation gab es ja bereits, waren das auch die Gründe, warum Ihr Euch schließlich umbenannt habt?

Sven: Keine der von Dir genannten Bands hatten damals eine Veröffentlichung vorzuweisen. Damals wusste niemand von der Existenz dieser Bands. Als die Sache mit Fleshcrawl ins Rollen kam, wurde ein Namen gebraucht und man einigte sich auf Morgöth. Nach kurzer Zeit kam ein erstes Lebenszeichen einer deutschen Band namens Morgoth, und wir änderten unseren Namen in Suffocation. Die Geschichte wiederholte sich, und als wir unser Demo unter dem Namen Suffocation veröffentlichten, kam uns auch ein Tape einer gleichnamigen Band aus den Staaten unter die Finger, haha! Aller guten Dinge sind ja aber bekanntlich drei und wir änderten wiederum unseren Namen in den noch heute gültigen.

Daniel: Welche Bands haben Euch hauptsächlich beeinflusst? Waren es nur die Großen wie Dismember, Grave usw.? Oder waren auch unbekanntere Bands wie Nirvana 2002, Gorement, Crematory usw. dabei? Gibt es noch irgendwelche Geheimtipps, die Du für erwähnenswert hältst, wenn es um schwedischen Death Metal geht?

Sven: Generell haben uns zu allererst die Altvorderen inspiriert, d.h. Slayer, Venom, Hellhammer/Celtic Frost, Destruction, Death, Autopsy, Slaughter, Bathory, Nihilist, Carnage, Master, um nur einige zu nennen. Aber du hast schon Recht, der spezielle Einfluss den Sound betreffend, kam unter anderem von den von Dir genannten Bands. Wobei man unbedingt noch Entombed und vor allem Edge of Sanity nennen muss. Geheimtipps gibt es viele, aber was es für old school Maniacs wirklich anzutesten gilt, sind Bastard Priest. Die hauen mich seit ihrer ersten Scheibe um. Kein reiner Elchtod, aber räudig und old school as fuck!!!

FLESHCRAWL bandDaniel: Wie sieht das mit Euren Texten aus? Geht es da nur um die Erfüllung alter Death Metal-Klischees? Oder haben sie tatsächlich auch eine Art Botschaft, die Ihr vermitteln wollt?

Sven: Im Großen und Ganzen entsprechen die Lyrics vollkommen den typischen Klischees. Aber wenn man zwischen den Zeilen liest, kann man öfters auch sozialkritische Passagen entdecken.

Daniel: Wenn ich mich nicht verzählt habe, dann habt Ihr sechs Songtitel mit dem Wort „Flesh“ drin („Festering Flesh“, „Carved In Flesh“, „Made Of Flesh“, „Flesh Bloody Flesh“, „Fleshcult“, „Nothing But Flesh Remains“). Ist das immer als eine Art Hommage an die eigene Band oder musikalische Vorbilder gedacht oder ergab sich das immer eher zufällig?

Sven: Das hat sich mittlerweile zu so einer Art Running-Gag entwickelt, haha! Wer, wenn nicht wir, ist prädestiniert dafür, das Wort „Flesh“ in seinen Titeln zu verwenden? Aber wenn Dir zählen Spaß macht, dann nimm Dir die ganzen Texte zur Hand und check mal, wie oft dann „Flesh“ verwendet wird. Da sehen sogar Manowar alt aus, Mann!

Daniel: Ihr habt in den Anfangstagen schnell ein Label gefunden und Euer Debütalbum „Descent Into The Absurd“ veröffentlicht, das ich damals, als es raus kam, schon zum ersten Mal gehört habe. Ich fand es immer faszinierend, dass Ihr, auch damals schon, so verdammt Schwedisch geklungen habt. Wolltet Ihr Euch damals bewusst von anderen deutschen Death Metal-Bands abgrenzen?

Sven: Nein, nicht wirklich. Es basiert lediglich auf unserer Vorliebe für diesen Gitarrensound, den wir, meiner Meinung nach, über die Jahre perfektioniert haben.

Daniel: Glaubst Du, dass Euer Sound auch ein Grund dafür war, dass Ihr Euer Debüt ausgerechnet bei dem schwedischen Label Black Mark Productions veröffentlicht habt? Wie kam dieser Kontakt überhaupt zustande?

Sven: Nein, auf keinen Fall. Klar ist Black Mark Production ein schwedisches Label, aber das hatte nicht mit ihrem Interesse an Fleshcrawl zu tun. Meiner Meinung nach wollten Black Mark einfach nur ein größeres Stück vom großen Death Metal Kuchen ab haben. Nach Edge of Sanity kamen wir, Necrophobic und einige weitere dazu. Der Kontakt kam durch unsere Initiative bzw. Bewerbung zustande, nachdem die erste Single über Morbid Records raus kam.

Daniel: Was hältst Du eigentlich von dem deutschen Death Metal-Nachwuchs so? Ihr wart ja vor 20 Jahren die einzige deutsche Band, die richtig schwedisch klang. Heute machen das echt viele. Ich denke da vor allem an Lifeless, Revel In Flesh, Sulphur Aeon, Chapel Of Disease, Slaughterday usw. Kennst und magst Du diese Bands? Und findest Du es gut, dass die Leute hier in Deutschland endlich auf den Geschmack gekommen sind, wo wir doch in einer Brutal Death- und Technical Death Metal-verseuchten Zeit leben? ;-)

Sven: Klar kenne und vor allem höre ich auch die von Dir genannten Bands. Die meisten kenne persönlich, viele sogar schon sehr, sehr lange. Einige sogar aus den alten Tapetrading Zeiten. Neue Bands und doch alte Hasen, haha! Ich finde auch gut, dass vermehrt wieder Bands und Fans diese Art des Death Metal zu schätzen wissen. Im Grunde genommen ist jedoch Musik immer Geschmackssache und vielleicht interessiert diese Art des Death Metal in ein zwei Jahren niemand mehr. Dann werden Fleshcrawl immer noch unsere Art Death Metal spielen, wie wir es in den letzten zwei Dekaden auch gemacht haben!!!

Daniel: Basti ist als Schlagzeuger der Einzige von Fleshcrawl, der noch aus der Urbesetzung mit dabei ist (das Interview war ursprünglich an ihn gerichtet, Anm. d. Red.). Findest Du das nicht merkwürdig? Normalerweise ist doch immer der Sänger oder der Gitarrist das Aushängeschild der Band…

Sven: Da nun ich Deine Fragen beantworten darf, muss ich da jetzt etwas ausholen. Klar ist Basti das einzige verbliebene Gründungsmitglied, aber Mike an der Gitarre kam nur kurz nach dem Release von „Descent Into The Absurd“ in die Band. Und wenn Du die ersten zwei Scheiben miteinander vergleichst, wirst du erkennen, dass es bei der „Impurity“ schon deutlicher in die schwedische Richtung ging, als noch auf der „Descent Into The Absurd“. Was meine Wenigkeit anbelangt, kenne ich Mike schon vor meiner Zeit in Fleshcrawl und ich bin mittlerweile auch schon 18 Jahre dabei. Wir sind damals schon um die Häuser gezogen und nach einem Gig meiner damaligen Band kamen Mike und Stefan (Ex-Gitarrist) auf mich zu und fragten, ob ich nicht Fleshcrawl beitreten wolle. Wäre ich damals wie heute nicht auch auf diesen Sound gestanden, hätte ich niemals die Bands gewechselt und hätte es beim gemeinsamen Bier trinken belassen, haha! Du siehst: Wir haben alle den gleichen Virus in uns.

FLESHCRAWL bandDaniel: War Dir trotz der vielen Besetzungswechsel von Anfang an immer klar, dass die Band auf jeden Fall immer unter dem Namen Fleshcrawl weitermachen würde?

Sven: Fleshcrawl stehen für ihre Art des Death Metal. Sollte sich daran etwas ändern und es käme Grindcore dabei heraus, muss man sich die Frage schon stellen, ob dies unter dem Namen Fleshcrawl unter die Leute gebracht werden muss. Besetzungswechsel sind immer zu kompensieren, wenn sich der Stil einer Band nicht zu sehr ändert. Wir haben in den letzten zwei Jahren mit verschiedensten Schlagzeugern live gespielt, da Basti für diese Zeit berufsmäßig in Dubai weilte. Hat es sich nach Fleshcrawl angehört? Ja, verdammt! Mit Basti macht es aber sicherlich mehr Spaß, haha!

Daniel: Gibt es in all den Jahren ein Fleshcrawl-Album, das Du besonders oder überhaupt nicht mehr magst?

Sven: Nein, eigentlich nicht. Ich stehe hinter allen Releases. Sie spiegeln Fleshcrawl zum jeweiligen Zeitpunkt wider. Ich hätte im Nachhinein vielleicht einige Sachen anders gemacht, aber wie gesagt: Spiegel des jeweiligen Zeitpunktes.

Daniel: Welche Zukunftspläne habt Ihr noch mit Fleshcrawl? Wird es bald endlich mal wieder ein neues Album von Euch geben? „Structures Of Death“ ist von 2007 und hat mal eben so sechs lange Jahre auf dem Buckel…

Sven: Wir werden die Fahne des Death Metal weiterhin hoch halten. Solange wir Spaß an dieser Art Musik haben, werden Fleshcrawl bestehen, und so wie es aussieht, werden wir auf unseren alten Tagen nichts mehr daran ändern. Uns ist bewusst, dass sechs Jahre eine lange Zeit sind für eine Band ohne Release auf dem Markt, aber hey..... Wir kommen mit einer neuen Scheibe um die Ecke! Wenn wir eine neue Scheibe haben, müssen wir niemanden mehr etwas beweisen. Aber sei beruhigt, wir arbeiten an neuem Material.

Daniel: Warum hat es dieses Mal eigentlich so lange gedauert? Der letzte Besetzungswechsel bei Euch ist doch schon elf Jahre her…

Sven: Besetzungswechsel ja, trotzdem wurden wir immer wieder aufs Neue zurück geschmissen. Wie ich bereits sagte, musste Basti beruflich für zwei Jahre ins Ausland. In dieser Zeit wollten wir anderen weiterhin an der Live-Front präsent sein, also spielten wir sämtliche Gigs mit Session-Drummern. Dies hatte zur Folge, dass wir immer wieder neue Schlagzeuger einlernen mussten und somit gar keine Zeit für neue Songs hatten. In unserem Alter kommen dann auch noch private Angelegenheiten dazu und schwupps sind mal fünf Jahre vorbei. Basti ist nun wieder fest im Bandgefüge verankert und wir arbeiten wie gesagt an neuem Material.

Daniel: OK, Sven! Die letzten Worte gehören Dir!

Sven: Danke, Daniel, für das Interview! Beim nächsten Treffen geht der Whiskey auf mich! Und Danke an alle Death Metal Maniacs weltweit für den Support. Cheers, Sven.

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Autor: Daniel Müller