WARLORD - Wir haben noch einen langen Weg vor uns


Über zehn Jahre nach dem letzten Lebenszeichen „Rising Out Of The Ashes“ und dem ersten Warlord-Konzert überhaupt, in Wacken 2002, sind Warlord mit einem neuen Album und einer Mini-Tour wieder zurück. William J. „Bill“ Tsamis hatte lange mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen und will es jetzt noch mal wissen. Der Auftritt auf dem Keep-It-True 2013 war fantastisch! Und auch das neue Album „The Holy Empire“ weiß zu überzeugen. Ob die Freude wieder nur kurz ist, oder dieses Mal länger als nur zwei Jahre anhält, erzählt uns der Saitenhexer, der mich mit sehr ausführlichen und ehrlichen Antworten genauso verzauberte, wie einst seine Melodien, als ich sie 1997 erstmal auf CD gehört habe! Aber lest selbst:

WARLORD logo INTI 2013Daniel: Hey Bill! Erzähl uns doch zunächst, wie es zum Auftritt auf dem Keep-It-True kam! War das Eure einzige Show oder habt Ihr eine komplette Tour gespielt?

Bill: Oliver hat schon seit vielen Jahren versucht, uns für das Keep-It-True zu buchen. Als meine Gesundheit es mir endlich erlaubte und ich mit vielen Fans lange darüber diskutiert hatte, wo wir in Deutschland spielen sollten, sind wir mit ihm in Kontakt getreten. Der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt. Wir gingen dann zu der Agentur Musicbox Concerts in Griechenland und sie haben uns angeboten, noch zwei weitere Shows dort zu spielen. Das haben wir sofort wahrgenommen, da es für uns eine einmalige Chance war, mit Warlord auch endlich mal in Griechenland zu spielen. Wir haben noch ein drittes Zusatzkonzert gespielt, weil die Nachfrage so hoch war. Die Fans waren immer großartig und so ist es auch selbstverständlich, dass wir davon eine Live-BluRay und DVD machen werden! Allerdings war das keine richtige Tour an sich, nur eine Art Test, so zu sagen, um zu sehen, ob wir in meinem gesundheitlichen Zustand überhaupt dazu in der Lage sind, eine solche Tour durchzustehen. Ich habe gemerkt, dass ich es kann und halte es für sehr wahrscheinlich, dass wir im nächsten Jahr eine richtig große Tour absolvieren werden.

Daniel: Welche Bands haben Euch eigentlich damals musikalisch beeinflusst?

Bill: Eigentlich das alte, klassische Zeug: Black Sabbath, Scorpions (von denen ich immer ein großer Fan gewesen bin), Deep Purple, Rainbow, Judas Priest; all das mächtige Zeug. Aber ich habe auch meine ethnischen Einflüsse, was Melodieführung und Songaufbau angeht. Später habe ich dann New Wave Of British Heavy Metal Bands wie Iron Maiden für mich entdeckt. Und ich wurde stark von den großen klassischen Komponisten beeinflusst, als ich lernte, klassische Gitarre zu spielen. So kannst Du also z. B. auch Bach zu meinen Einflüssen zählen!

Daniel: Wovon handeln Eure Texte im Allgemeinen?

Bill: Ich habe immer Texte über Dinge geschrieben, die mich interessieren, allerdings mehr mit einer philosophischen Ader. Für mich werfen sich immer große Fragen auf, die uns schon seit Menschengedenken beschäftigen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Eines meiner Lieblingsthemen, das auch wegweisend für “The Holy Empire” ist, ist der Bereich des persönlichen Kampfes mit sich selbst und der Beharrlichkeit. Meine Texte beinhalten auch immer biographische Elemente, heute vielleicht sogar noch mehr als früher.

Daniel: 1984 habt Ihr ein “Live”-Album mit dem Titel “And The Cannons Of Destruction Have Begun” veröffentlicht, das ein echter US Metal-Klassiker geworden ist. Ich habe mal gelesen, dass es ursprünglich als Promovideo für Konzerte geplant war, um Euch zu buchen. Unglücklicherweise habt Ihr aber vor 2002 noch nie live gespielt?! Warum nicht? Was ist damals schief gelaufen?

Bill: Ja, das stimmt. Der Grund, warum wir nie live gespielt haben, war, dass wir diese Art Musik so originalgetreu und perfekt wie möglich rüberbringen wollten. Das hat sich bis heute nicht geändert. Wir hatten kein Glück dabei, Leute zu finden, um es wie geplant umzusetzen, als dafür die richtige Zeit war. Und dann war unser Stil in Amerika nicht mehr sonderlich populär. Es kamen also mehrere Faktoren zusammen.

WARLORD billDaniel: Stimmt es eigentlich, dass Du zwei Pseudonyme (Destroyer und The Raven) hattest, damit es so aussah, als wenn Ihr damals sowohl einen Gitarristen, als auch einen Bassisten hattet, hehe? Wieso?

Bill: Ja, auch das stimmt, haha! Ich habe zwei verschiedene Bühnennamen verwendet, weil ich es sinnvoll fand, wie eine richtige Band dazustehen, weil das seinerzeit so Standard war. Wir setzen alles daran, einen besseren Plattenvertrag in Amerika zu bekommen, was aber leider nicht geklappt hat…

Daniel: Warum hat sich die Band den schließlich 1986 aufgelöst?

Bill: Wir waren an einem Punkt angelangt, wo wir sehr lange erfolglos versucht haben, einen Plattenvertrag an Land zu ziehen. Metal Blade waren damals noch sehr klein. Wir hatten absolute keine Ahnung, wie groß wir außerhalb von Amerika, in Ländern wie Deutschland, Italien, Japan und Griechenland, waren. Hätten wir das gewusst, dann hätten wir wohl die Ausdauer gehabt, weiterzumachen. Aber zu der Zeit gab es ja kein Internet und man wurde auch nicht über solche Dinge informiert. Gleichzeitig wurde die Metall-Welt auch von Glamrock und Hair Metal überrannt und wir hatten es einfach satt, zum wiederholten Male abgeschossen zu werden, auch wenn wir öfter im Radio gespielt und in der Presse erwähnt wurden. Dadurch kam es zu Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Band und anstatt weiterzumachen, haben wir dann alles hingeworfen.

Daniel: Ihr hattest in den Achtzigern zwei verschiedene Sänger, die sich Damien King (I & II) nannten. Gab es ein bestimmtes Konzept innerhalb der Band oder wie kam das zustande?

Bill: Wir haben einfach gedacht, dass es cool wäre, den Bühnennamen zu übernehmen. Wir waren offensichtlich noch jung und naiv! Unsere Fans mögen die Namen aber immer noch und verweisen uns auch heute noch mit einem Augenzwinkern darauf. Die Zahlen hinter den Damien Kings gingen sogar bis zur III. Rick Anderson war der Dritte im Bunde. Wir hatten natürlich nicht von vornherein geplant, ständig unseren Sänger auszutauschen, obwohl letzten Endes doch alles gut ging. Die Geschichte ist ja allgemein bekannt. Jack Rucker (Damien King I) war etwas älter als wir und suchte nach Auftritten für Geld. Er hatte damals schon eine Familie zu ernähren. Er verließ die Band, kam vorher schon einfach nicht mehr zu den Proben und dann haben wir Rick Cunningham (Damien King II) in die Band geholt. Er war ein cooler Typ und hatte großes Talent, war aber auch nicht immer einfach, wenn es darum ging, an seinem Stage-Acting zu arbeiten. Er war noch nicht richtig bereit dafür. Viel später ist mir dann aufgefallen, dass ich Sänger immer wie Instrumente behandelt habe, soll heißen, dass ich ihnen immer die exakten Gesangslinien vorgegeben habe, und ich hörte auf, mir Vorwürfe zu machen, nur weil wir keinen festen Sänger gefunden hatten. Das erklärt auch viele unserer späteren Entscheidungen und wie sie dann verwirklicht wurden.

Daniel: Was machen Eure Ex-Sänger heute? Weißt Du das? Und hast Du sie jemals gefragt, ob sie zu Warlord zurückkehren wollten?

Bill: Ich habe keine Ahnung, was Jack Rucker heute macht. Mark und ich haben oft versucht, ihn ausfindig zu machen. Aber da hatten wir kein Glück. Dasselbe gilt auch für Rick Cunningham, obwohl ich glaube, dass sein Sohn Mitglied des Warlord Battle Choirs (einer offiziellen Warlord-Fanseite im Internet mit Genehmigung von Schlagzeuger Mark S. Zonder; Anm. d. Verf.) ist! Ich hoffe, dass es beiden gut geht, weil sie beide ein Teil des Warlord-Erbes sind. Sie waren echt nette Leute!

Daniel: Nach der Auflösung ging Mark Zonder zu Fates Warning und Du hast ein neues Projekt namens Lordian Guard ins Leben gerufen. Die Musik war viel atmosphärischer als Warlord, mit Keyboards und weiblichem Gesang. Verglichen mit Warlord, hatten Lordian Guard auch ein sehr christliches Image. War es Dir von Anfang an wichtig, dass sich beide Bands, Warlord und Lordian Guard, drastisch voneinander unterscheiden?

Bill: Na ja, Lordian Guard ist insgesamt ganz anders als Warlord und hatte eine andere Daseinsberechtigung. Es ist in der Tat so, dass das christliche Image bei Lordian Guard sehr stark ausgeprägt war, was mir sehr wichtig war, wie jeder weiß, denn ich habe meinen Glauben und meine Glaubwürdigkeit nie verleugnet. Lordian Guard war nur als Projekt geplant und ich hätte auch nie gedacht, dass es solch große Ausmaße annehmen würde. Mein großer Dank hierfür geht an Jürgen Hegewald von Hellion Records. Ich wollte aber tatsächlich musikalisch in eine andere Richtung gehen, was mir und einigen engen Freunden auch Riesenspaß gemacht hat. Es wird gesagt, dass die neuen Warlord viele Lordian Guard-Elemente aufweisen. Anders herum hatte man Lordian Guard auch Warlord-Elemente nachgesagt. Es mag vielleicht etwas schwierig auseinanderzuhalten sein, aber für mich sind diese Elemente eins. Aber nein, eigentlich war es mir nicht wirklich wichtig, dass sich Lordian Guard musikalisch von Warlord unterscheiden. Das hat sich zwar so ergeben, war aber nicht von vornherein so geplant. Die Musik an sich hat mich dort hingeführt.

WARLORDDaniel: Es sollte noch ein drittes Lordian Guard-Album mit dem Titel “The Holy Empire” geben. So heißt nun aber das neue Warlord-Album. Handelt es sich hier um dieselben Songs? Und warum ist das Lordian Guard-Album damals nicht mehr erschienen?

Bill: Ich habe sowohl die Titel, als auch ein paar Riffs und andere Elemente der Songs beibehalten. Und obwohl es sehr wohl Elemente von Lordian Guard auf “The Holy Empire” gibt und das Album denselben Titel trägt (der tatsächlich ursprünglich für Lordian Guard geplant war), handelt es sich nicht um das gleichnamige Lordian Guard-Album. Was dieses besagte Album angeht: Es wurde aus denselben Gründen niemals veröffentlicht, aus denen Warlord 2002 wieder auf Eis gelegt wurden. Es gibt wichtigere Dinge im Leben.

Daniel: 2001 gab es bereits eine Warlord-Reunion. Ich liebe „Rising Out Of The Ashes, das 2002 veröffentlicht wurde! Ich habe mich nur gefragt, wie es dazu kam, dass Joacim Cans von Hammerfall das Album eingesungen hatte. Mochtest Du ihre Coverversion von „Child Of The Damned” so sehr? Oder gab es auch andere Gründe dafür?

Bill: Joacim ist ein toller Sänger. Wir hatten in der Vergangenheit immer das Glück, wirklich tolle Sänger gehabt zu haben und Joacim ist da keine Ausnahme. Ja, ich mochte ihr Cover von „Child Of The Damned” sehr, aber mir war wichtiger, dass er ein echter Warlord-Fan ist! Für jedes Warlord-Mitglied ist es enorm wichtig, sich so in die Musik hineinversetzen zu können, wie Mark und ich es tun! Joacim hat nicht nur eine tolle Stimme, sondern er konnte sich auf richtig in den Songs entfalten. Wie bereits erwähnt, für mich ist der Sänger auch ein weiteres Instrument. Und ich versuche immer, die besten Leute für meine Musik zu bekommen, obwohl das natürlich nicht immer möglich ist. Bislang hat noch kein Jorn Lande bei mir angeklopft. Aber wir waren sehr glücklich damit, dass Joacim es machen wollte. Er ist ein toller Musiker und passte auch perfekt zu uns auf dem Album!

Daniel: Jetzt haben sich Warlord wieder reformiert; wieder mit einem anderen Sänger. Warum habt Ihr Joacim Cans nicht wieder gefragt? Hammerfall machen gerade Pause. Er hätte also auch Zeit gehabt. Oder war er nie eine Option?

Bill: Also zunächst einmal, ist es keine Reunion im eigentlichen Sinne, weil wir uns nie wirklich aufgelöst hatten. Viele Dinge fernab der Musik sind mir und meiner Familie passiert, wie viele Fans auch wissen, die es mir unmöglich machten, überhaupt neue Musik zu schreiben. Ich war lange fast dem Tode nah und meiner Frau ging es ähnlich schlecht. Ich habe Joacim aus zwei Gründen nicht gefragt, ob er das neue Album einsingen würde. Erstens hat Joacim gerade sehr viele andere Dinge um die Ohren, die seine gebührend Talente fordern. Er schaut mittlerweile weit über den Tellerrand des Metal hinaus, um sich musikalisch auszudrücken und es freut mich für ihn, da ich seine Karriere immer sehr genau verfolgt habe. Wir hatten nur wenig Zeit für dieses Album. Bedenke, dass ich nicht einmal wusste, ob ich die Aufnahmen überhaupt lebendig beenden würde! Ich hielt es nicht für angebracht, Joacims Zeitplan durcheinander zu bringen. Es wäre unfair gewesen, ihn danach zu fragen. Und zweitens bemerkte ich, dass die Songs einen anderen Sängertypen benötigen würden, als sie so langsam Gestalt annahmen; einen Gesang mit anderem Umfang und anderer Klangfarbe. Natürlich habe ich Rick gefragt, was die Herausforderung bejahte.

WARLORD shield INTI 2013Daniel: Ich habe bei Metal Archies gelesen, dass Richard M. Anderson, der wohl 1986 schon einmal bei Warlord gesungen hatte, „The Holy Empire“ eingesungen hat. Der Sänger, den Ihr auf dem Keep-It-True dabei hattet, war aber deutlich jünger. Wer war es? Und warum war Richard nicht mit dabei?

Bill: Ja, da hast Du recht. Rick war damals Damien King III und hat leider, bis auf ein paar Demos, nie die Gelegenheit gehabt, ein Warlord-Album einzusingen. Das heißt, bis jetzt! Der Sänger auf dem Keep-It-True ein junger, talentierter Freund von uns. Sein Name ist Agiles Lavery und er hat eine sehr kraftvolle Stimme, die perfekt auf unser altes Material zugeschnitten ist. Um Deine Frage zu beantworten: Mit Rick ist nichts schief gelaufen. Wir wollten für die Shows absolute Präzision und Exaktheit. Wie viele Warlord-Fans wissen und ich es Dir vorhin auch schon erzählt habe, sehe ich den Gesang immer auch als weiteres Instrument. Rick hat das vollste Verständnis dafür und deshalb arbeite ich auch so gerne mit ihm zusammen. Das Material, auf das Warlord-Fans jetzt fast 30 Jahre für die Live-Umsetzung gewartet haben, beinhaltet nicht weniger als fünf verschiedene Warlord-Anhänger, meine Frau Vidonne eingeschlossen, da wir bei „War In Heaven“ auch einige ihrer Gesangslinien verwendet haben. Giles war dafür am besten geeignet, weil er einen sehr breiten Stimmumfang hat und jeden bisherigen Warlord-Sänger am besten imitieren kann, d. h. Rick hätte zwar kein Problem damit gehabt, all diese Songs live zu singen, wären aber vom Feeling her anders rübergekommen. Ich wollte den Fans die originalgetreusten Albumversionen bieten. Ich habe also lange mit Rick darüber diskutiert und er hatte auch überhaupt kein Problem damit, da er meine Musik und meine Wünsche der Verwirklichung komplett versteht.

Daniel: Ist Warlord denn heute nur ein Projekt für zwischendurch oder eine ernst zu nehmende Band?

Bill: Warlord ist heute schon so etwas wie eine richtige Band aus der Perspektive der Frage heraus. Wir haben mit Philip einen phänomenalen Bassisten gefunden und das ist alles, was eine „richtige Band“ zum Songs schreiben und spielen braucht: Gitarre, Schlagzeug und Bass. Aus meiner Perspektive heraus brauchen Warlord jedoch eigentlich nur Mark und mich, um Warlord zu sein. Das unterscheidet uns von vielen anderen Bands, wenn es um die Standard-Definition einer Band geht. Aber ich glaube, sogar wenn wir zwei nicht zusammen spielen würden, würden die Fans uns weiterhin unterstützen. In den letzten 30 Jahren haben viele Leute Warlord sehr intensiv verfolgt. Das haben wir unseren Fans zu verdanken!

Daniel: Welche Zukunftspläne habt Ihr noch mit Warlord? Werdet Ihr dieses Mal länger als nur zwei Jahre durchhalten?

Bill: Das kann ich noch nicht sagen! Ich habe immer gesagt, wenn Warlord-Fans unsere Musik mögen, dann werden wir weitermachen, solange meine Gesundheit mitspielt. Also wenn alles glatt läuft, dann werden wir auf jeden Fall weitermachen. Die Fans scheinen die Musik immer noch zu mögen, wie die Albumverkäufe zeigen. Wir haben bereits die dritte Auflage des neuen Albums pressen lassen. Das ist Wahnsinn in der heutigen Zeit! Wir haben also anscheinend noch einen langen Weg vor uns!

Daniel: OK, Bill! Die letzten Worte gehören Dir!

Bill: Ich möchte mich bei allen Warlord-Fans für die lange Unterstützung in all den Jahren bedanken! Und natürlich unseren deutschen Fans, weil wir noch eine ganze Weile in Deutschland geblieben sind und von allen sehr gut aufgenommen und behandelt wurden. Von daher hoffe ich, dass wir uns bald wiedersehen!

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Autor: Daniel Müller