RADIO SCHWARZER ENGEL & FRIENDS FESTIVAL

Oberhausen, Kulttempel, 24.05.2013

Aus einer Idee wird irgendwann ein Plan. Genauso erging es Guido Kinnigkeit, Sprecher des Internetradios Schwarzer Engel und gleichzeitig Veranstalter des ersten Gothic Festivals in Oberhausen. Der Plan: Sechs Bands, eine Bühne, coole Location, günstiger Eintritt und jede Menge Spaß. Schon klar, dass ich mir dieses Ereignis nicht entgehen lassen wollte. Also machte ich mich am 24. Mai bei saukaltem Wetter auf den Weg nach Oberhausen und meine Erwartungen waren recht groß, kamen doch auch einige Bands die eine Woche zuvor auf dem Wave Gothik Treffen in Leipzig gespielt hatten.

PARANOID ANDROID, ES23, LOST IN DESIRE, ENTER AND FALL, BETAMORPHOSE, READJUST.

PARANOID ANDROIDAls erste Band des Abends sollte Paranoid Android die Bühne rocken, doch der Soundcheck diverser Bands dauerte wohl länger als gedacht, so dass das Duo, welches auch auf dem Wave Gothik Treffen gespielt hat, erst mit einer Stunde Verspätung auf der Bühne stand! Zu diesem Zeitpunkt war allerdings auch noch nicht so viel Publikum da, so dass diese Verzögerung zwar ärgerlich, aber sicher auch ganz gut war. Paranoid Android, die ihre Musik selber als Futur-New-Wave klassifizieren, waren für mich die Enttäuschung des Abends. Neben schrillen Keyboards, die sicherlich zwischendurch eine schöne Melodie, aber schlechten Sound ablieferten, gab es schrägen Gesang und zwei Typen die sich hinter Ihren Sonnenbrillen versteckten. Sänger und Gitarrist Guido Vortex versuchte sicher alles, um ein wenig Stimmung in das immer noch spärlich gesäte Publikum zu bringen, aber über eine etwas nettere Poberaumatmosphäre kam er nicht heraus. Nach einem für mich nicht enden wollenden Set von fünfundvierzig Minuten verließ diese Combo die Bühne und für mich blieb eine Frage offen: Wie hatten es diese Jungs zum Wave Gothik Treffen geschafft?

 

ES23 danielAls nächste Band standen ES23 aus Bochum auf den Brettern die die Welt bedeuten. Meine Hoffnung, dass es nach der ersten Combo nur besser werden konnte, wurde nicht enttäuscht. Was sicherlich für alle Beteiligten sehr ärgerlich war, es traf immer noch nicht viel mehr Publikum ein, doch dies sollte leider auch den ganzen Abend so bleiben. Aber ES23 schafften es schon mit Ihrem ersten Song "What If" das Publikum in ihren Bann zu ziehen und es wurde kräftig zu ihrem Dark & Harsh Electrosound getanzt. Sänger Daniel wirbelte so über die Bühne, dass man als Zuschauer seine helle Freude daran hatte. Der Sound war super klar und ihre Musik echt eingängig und tanzbar. Selbst ich, die ja bekannterweise mehr auf handgemachte Musik mit echten Drums und Gitarren steht, war von den Jungs begeistert und erwischte mich beim Mitwippen. Der für mich beste Song dieser Band an diesem Abend war "Heaven Or Hell" der eine echt düstere Stimmung verbreitete.

 

LOST IN DESIRELost In Desire, die nun folgten, waren zwar auf Grund ihrer sehr rockigen und handgemachten Musik die Außenseiter auf diesem Festival, aber für mich persönlich die beste Band des Abends. Die vier sympathischen Österreicher spielten  handgemachten Alternative Rock, der durch Gothic Rock genauso wie durch Electronic Sounds beeinflusst wurde. Alles in allem eine interessante, rockige, tanzbare Mischung. Sänger und Gitarrist Stefan war auf der Bühne sehr charismatisch und mir schoss sofort das Wort "Rampensau" in den Kopf. Leider waren sowohl der Backgroundgesang als auch die Keyboards nicht immer zu hören, man merkte aber trotzdem sofort, dass diese Band ein hohes Potential hat. Egal ob eigenkomponierte Stücke, wie ihre neu erschienene Single "Put Out That Light",  welche man auf ihrer Bandseite http://www.lostindesire.com kostenlos downloaden kann, oder Coversongs wie "Rebel Yell" oder "Tainted Love", die vier rockten einfach. Zwar gab es ab und an kleinere Pannen, aber auch diese wurden professionell gemeistert. Eine Band von der man sicher in Zukunft noch einiges hören wird und auch hören will.

 

ENTER AND FALL jenna

Nach diesem Ausflug in die Rockszene wurde es dann mit Enter And Fall wieder elektronischer. Enter And Fall gelten in der Electro Szene als die Newcomer schlechthin, und das, wie ich sagen muss, vollkommen zu recht. Der Sound dieser Truppe, der sowohl treibende EBM Beats als auch melodischen Synthiepop vereint, lädt zum Zuhören und Tanzen ein. Was mich an dieser Combo besonders faszinierte ist die Tatsache, dass David mir hinterher verriet, dass die Mitglieder dieser Band über ganz Deutschland verteilt wohnen und daher gemeinsames Proben manchmal etwas kompliziert sei. Diese Tatsache rang mir echt Bewunderung ab, denn sie wirkten eingespielter als so manche Band, die sich dreimal in der Woche im Proberaum trifft. David, der ab dem dritten Song durch Sängerin Jenna unterstützt wurde, hat eine sehr interessante Stimme und der Wechselgesang der beiden klang sehr interessant, lediglich im Duett klangen die beiden Stimmen etwas disharmonisch, eine Tatsache, an der Enter And Fall noch arbeiten sollten. Ansonsten boten die vier eine tolle Performance, die man sich gerne angesehen hat und ab dem ersten Juni 2013 auf ihrer Deutschlandtour ansehen kann.

 

BETAMORPHOSE patrickDass es noch elektronischer, aber nicht weniger tanzbar werden konnte, bewiesen mir dann Betamorphose. Auf ihrer Facebook Seite schreiben sie über sich selbst "Infernales Drumfeuer, treibende Synthies, sphärische Flächen gepaart mit Grüßen direkt aus den tiefsten Abgründen der elektronischen Musikhölle!" und ich muss sagen, diese Beschreibung passt! Auch wenn diese Musik immer noch nicht meins ist, muss ich sagen, diese Jungs haben mich total beeindruckt. Sänger Patrick bewies nicht nur sein gesangliches Können, nein, er hatte auch überhaupt keine Berührungsängste. Sprang er doch einfach irgendwann während des Sets samt rot beleuchtetem Mikroständer ins Publikum und ging auf Tuchfühlung. Auf gut Deutsch gesagt, sang und performte er sich den Arsch aus der Hose, und das Publikum dankte es ihm am Ende des Sets mit Zugaberufen. Dieser Bitte kamen die Jungs gerne nach und überraschten mich ein weiteres mal: es griff Sänger Patrick doch tatsächlich zur Gitarre und es wurde "Whisky In The Jar" von Metallica angesagt, die es bereits schon von Thin Lizzy gecovert haben. Dass hierbei das Gitarrensolo aus dem Original in ein Keyboardsolo verwandelt wurde, war sicher ganz interessant, traf aber nicht meinen Geschmack.

 

READJUST jayAls letzer Act des Abends kam dann Readjust auf die Bühne. Readjust machen Melodic Body Electro und vereinen so starke Melodien mit Elementen aus EBM und Dark Electro. Mit dieser Art der Musik ernteten sie unter anderem auch beim Wave Gothik Treffen 2013 große Anerkennung. Auf der Bühne konnte die Band mich durch eine energiegeladene Show überzeugen und man merkte Sänger Jay seine absolute Professionalität an! Sehr gut gefielen mir hier die Songs "Pech und Schwefel" sowie "Silent Pain". Nach ungefähr einer Stunde Spielzeit beendete aber dann auch Readjust ihren Set und ein toller, interessanter Abend fand nach fast acht Stunden guter Musik in der anschließenden Aftershow Party ein schönes Ende. Ich hoffe auf eine Wiederholung im nächsten Jahr, denn dieses kleine aber feine Festival hat es verdient, sich in der Szene zu etablieren.



Autor: Heike Vogt-Laudien - Pics: Manuel Leichsenring